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Full text of "Zeitschrift für vergleichende Sprachforschung auf dem Gebiete der indogermanischen Sprachen"

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FROM THl LIBRARY OF 

Professor Karl ^einridj Kau 

OF THK UNIVKRSITY OF HKIDKLBKRQ 

PRESE NTED TO THE 
UNIVERSITY OF MICHIGAN 

BY 

mv. pljilo parsons 

OF Detroit 

1871 



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ZEITSCHRIFT ^«£!» 

FÜR 

VERGLEICHENDE 

SPRACHFORSCHUNG 

AUF DEM GEBIETE DES 

DEUTSCHEN, GRIECHISCHEN UND 
LATEINISCHEN 

HERAUSGEGEBEN 



Br. ABAXiBBaT KUBIN, 

PROFESSOR AM CÖLNISCHEN OTMNABIUM ZU BERLIN. 



BAND XVI. 



BERLIN, 

FBRD. DÜMMLBR'S V£RI,AOSBCGHHANDLUNG 

(HAHRWITZ UND GOSSMANN) 

1867. 



Verzeichnifs der mitarbeiter. 



Director dr. Ahrens in Han- 
nover. 

Dr. Andresen in Bonn. 

C. Arendt z. z. in Peking. 

Prof. Ascoli in Mailand. 

Prof. dr. Th. Aufrecht in Edin- 
burg. 

Prof. dr. Ag. Benarff in Ber- 
lin f. 

Prof. dr. Th, Benfey in Qottin- 
gen. 

Privatdoc. dr. Bichell in Mifr- 
burg. 

Dr. A. Biriinger in Manchen. 

Staatsrath dr. 0. Boehtiingh in 
Petersburg. 

Prof. dr. Bollensen in Witzen- 
hansen a. d. Werra. 

Prof. dr. F. Bopp in Berlin. 

Prof. Michel Brial in Paris. 

Prof. dr. Ernst Brüche in Wien. 

Dr. Jos, Budena in Ungarn. 

Prof. dr. G. Bühler in Püna. 

Dr. Sophus Bugge in Christia- 
nia. 

Prof. dr. W, Corssen in Berlin. 

Prof. dr. G. Curtius in Leipzig. 

Dr. Berthold Delbrück in Halle. 

Dr. Lorenz Diefenbach in Frank- 
furt a. M. 

Director prof. dr. A, Dietrich 
in Hirschberg. 

Prof. dr. H, Dünt»er in Coln. 



Dr. O. Ebel in Scbneidemnhl. 

Dr. Gitst, Eschmann in Bursr 
steinfurt. ^ 

Oberbibliothecar Prof. dr. E. 
Förstemann in Dresden. 

Dr. Froehde in Liegnitz. 

Dr. G, Gerland in Magdeburg. 

Director dr. A, Goehel in Co 
nitz. 

Prof. dr. Grafsmann in Stettin. 

Hofrath J. Crrtmm in Berlin f. 

Prof. dr. V. Grohmann in Prag. 

Prof. dr. M, Hang in Reutlin- 
gen. 

Dr. Ludwig Himel in Franen- 
feld (Cant Thargan). 

Hofrath dr. Holtamann in Hei- 
delberg. 

Prof. dr. Hupfeld in Halle f. 

J. B. Janhu in Florenz. 

Prof. dr. Jülg in Inspruck. 

G, Jurmann in Wien. 

Prof. dr. H. Kern in Leyden. 

Prof. F, Kielhorn in Bombay. 

Justizr. dr. Th. Kind in Leipzig. 

Prof. dr. Kirchhoff in Berlin. 

Dr.iT. f. Knoblauch in Tübingen. 

Dr. Reinhold Köhler in Wei- 
mar. 

Prof. dr. A, Kuhn in Berlin. 

Gymnasiallehrer dr. Gustav Le- 
gerlotz in Soest. 

Dr. F. A, Leo in Berlin, 



verzeichnifs der mitarbeiter. 



Prof. dr. H, Leo in Halle, 
Prof. dr. R. Lepsius in Berlin. 
Prof. dr. M. Lexer in Freibarg 

i. 6. 
Prof. dr. C. Lottner in Dublin. 
Prof. dr. A, Ludwig in Prag. 
Dr. W. Mannhardt in Danzig. 
Dr. H, Mariens in Bremen. 
P^of. dr. Mafsmann in Berlin. 
Dr. Maurophrydes aas Kappa- 

docien in Athen f. 
Prof. dr. Leo Meyer in Dörpat. 
Dr. Michaelis in Berlin. 
Frana Misteli in St. Gallen. 
Prof. dr. Th. Möbius in Kiel. 
Prof. dr. K. Müllenhoff in Berlin . 
Prof. dr, Max Mütter in Oxford. 
Prof. dr. Friedrich MüUer in 

Wien. 
Prof. dr. Mussaßa in Wien. 
Dr. Pauli in Stettin. 
Dr. tgn. Petiers in Leitmeritz. 
Dr. Friedt. Pfeiffer in Breslau. 
Prof. dr. A. Pictet in Genf. 
Prof. dr. A. F. Pott in Halle. 
Prof. dr. Karl Regel in Gotha. 
Dr. kick. Rödiget in Berlin. 
Dr. tiosselet in Berlin f. 
Prof. dr. R. Roth in Tübingen^. 



Prof. dr. J. Savelsberg in Achen. 
Hofrath prof. dr. A. Schleicher 

in Jena. 
Dr. Johannes Schmidt in Jena. 
Prof. dr. M, Schmidt in Jena. 
Prof. dr. Schmidt^ Göbel in Lern- 

berg. 
Prof. dr, Schnitzer in Ell wangen. 
Dr. Schröder in Merseburg f. 
Prof. dr. H. Schweizer- Sidler 

in Zürich. 
Dr. W, Sonne \n Wismar. 
Prof. dr. Spiegel in Erlangen. 
Prof. dr. H. Steinthal in Berlin. 
Director G, Stier in Colberg. 
Dr. Strehlke in Danzig. 
Dr. Techen in Wismar. 
Dr. L. Tobler in Aaraa. 
Dr. W. Treitz in Bonn. 
K, Walter in Freienwalde a. O f- 
Prof. dr. A, Weber in Berlin. 
Prof. dv,Hugo Weber in Weimar. 
Prof. dr. Weinhold in Kiel. 
Prof. dr. Westphal in Breslau. 
Dr. Wilbrandt in Rostock. 
Fr. Woeste in Iserlohn. 
Oberlehrer dr. Zeyfs in Marien- 
, Werder. 
Prof. Zyro in Bern. 



Inhalt. 



Seite 

'Avla, von Leo Meyer 1 

Homerische etymologien, von H. Düntzer (schlurs) 14 

Die spräche des kleinen kaiserrechts, von Birlinger 89 

Zum schwäbischen und alemannischen, von demselben 47 

lieber skr. hSridravä, von dr. Carl Pauli 60 

Lautwandel von a in x, von dr. J. Savelsberg .54 

Mittelniederlftndische psalmen, hymnen und gebete etc., von Karl Re- 
gel. Angezeigt von M. Lexer^ 74 

Ign. Petters andeutungen zur stoflTsammlung in den deutschen mundarten 

Böhmens. Angezeigt von dems 75 

And r. Meister die vocalverhältnisse der mundart im Burggrafenamte. 

Angezeigt von dems 77 

Oimbr. innarzent, innerhalb, Yon Ign. Petters 78 

Tirol, intolmat, indessen, von dems 79 

2!ips. und nordbohm. pottom, von dems 80 

Zur geschichte' altdeutscher declination. III. Der dat. plur., von For- 

stemänn 81 

Die italischen gottemamen. Erste abhandlung, von Grafsmann . . 101 

Lateinisches ubd romanisches. I, von As coli 119 

V 

Die Berhta der Cechen, von Ign. Petters 127 

Vergl. grammatik der griech. und lat spräche, von Leo Meyer. 11,2. 

Angezeigt von Schweizer-Sidler 129 

Geschichte der lat. verba auf -uo. Von dr. Carl Pauli. Angezeigt 

von dems 134 

Studj Ario-Semitici di G. J. Ascoli. Articolo secondo. Angezeigt 

von dems 140 

Die dorische partikel KA, von Hugo Weber. Angezeigt von dems. 154 
Jos. Sanneg, de vocabulorum compositione Graeca praecipue Aeschy- 

lea. Angezeigt von Rieh. Rödiger 165 

Bto^t -O-iexeloq^ &iff(paToqy -Q-faniahdq etc., von dems 158 

Die italischen gottemamen. Zweite abhandlung, von Grafsmann. . 161 

Lateinisches und romanisches. II, von Ascoli 196 

Primftrwurzel sta, laut von sich geben, von dems 213 

Primärwurzel kra, kar, ertönen; und anderes, von dems 216 

Lexicon palaeoslovenico-graeco-latinum emendatum auctum edidit Fr. 

Miklosich. Angezeigt von L. Diefenbach 220 

Physiologie der menschlichen spräche (physiologische laletik) von dr. 

C. L. Merkel. Angezeigt von J. Schmidt 226 

Miscellen: 1) wurzel mü flechten. 2) muskara, masculus, von A. Weber 237 
ergo, erga, von Wilbrandt 238 



VI Inhalt. 

Seite 

Ueber das gerundium, von L. Tobler 241 

Wetter, von B. Delbrück 266 

xQovw, rtteren, von dems 271 

TfiJLo-oi', von dems 273 

elogium, von H. Düntzer 275 

S^Xo^f von dems. 278 

Etymologische mittheilnngen: Evtiroq^ tivlov, avU, von J. Savelsberg 286 

F. Bttcheler Grundrifs der lat. declination, angezeigt von W. Gorssen 290 

A. Fulda Untersnchongen aber die spräche der homerischen gedichte L, 

angezeigt von Bich. Bodiger 808 

G. G. Hense Poetische personification in griech. dichtangen etc., ange- 

zeigt von dems. 818 

Grammaire compar^e des langues indo-eorop^ennes par M. Franf ois Bopp, 
traduite sur la äeuxi^me edition et pr^c^d^e d'une introdnction 
par M.Michel Br^al. Tome premier, angezeigt von A.Knhn. 815 

Etymologisches, von J. Schmidt 818 

JioaSoTOf;^ von Bich. RSdiger 820 

Zur geschichte altdeutscher declination. IV. der gen. sg., von Forste- 
mann ..... 821 

üeber die declination der starken subst. im gotischen, von W. Treitz 844 
Lautwandel von «■ in x (Fortsetzung), von J. Savelsberg . . . . 866 
Ueber die in ablativform erscheinenden italischen praepositionen , von 

Zeyfs 871 

Erklärungen nmbrischer und lat. worter. 1) vufro, vufeto, Yufinno. 

2) fiiki^ mel; von dems 888 

Zui geschichte altdeutscher declination (Nachtrag zu XY, 172 ff.), von 

Ign. Petters 885 

Th. Mobius, altnordisches glossar, angezeigt von A.Kuhn. . . .889 
Ulfilas, bearbeitet und herausgegeben von F. L. Stamm. Dritte auf- 
läge, besorgt von dr. M. Heyne, angezeigt von dems 890 

Hgliand. Mit ausführlichem glossar herausgegebep von Moritz Heyne, 

angezeigt von dems 890 

Saggi dei dialetti greci delF Italia meridionale raccolti ed ülustrati da 

Domenico Gomparetti, angezeigt von Th. Kind ..... 891 
Lautwandel von «r in x (fortsetzung), von J. Savelsberg . . . .401 

Zur dialektforschung, von dr. Birlinger 481 

Ueber einige numeralia multiplicativa, von J. Schmidt 480 

Die entstehung der skr. tenuis palatalaspirata, von G. J. As coli . . 442 

B. Langkavel botanik der späteren Griechen, angezeigt von Ernst 

Kuhn 460 

Eine Imperativform im gothischen, von H. Kern 451 

Barbara und ßngßagoq^ von Max Müller .... ^. ... . 458 

Nachtrag zu s. 410, von J. Savelsberg 455 

Sach- und Wortregister, von Ernst Kuhn 456 



'Avla. 

JbiS ist nicht viel, was sich an bisher gemachten erklärungs- 
versuchen des griechischen avia anfahren lälst. Benfey in 
seiner allumfassenden weise hat es im griechischen wurzel- 
lexikon nicht übergangen, aber was er darüber zu sagen 
wagt, kann nicht befriedigen; die Zusammenstellung mit 
dem altindischen anaja-, unglück, das Böhtlingk und 
Roth mit den bedeutungen ^schlechtes regiment, schlechte 
Verwaltung, unangemessenes betragen, vergehen, noth, elend, 
mifsgeschick, unglück^ aufführen, ist in bezug auf die be- 
deutung ebenso bedenklich, als in bezug auf die form und 
auch von Benfey selbst wieder verworfen in den nachtra- 
gen (11, s. 341), wq avia zur verbalform an „athmen, hau- 
chen^ gestellt wird als eigentlich „zustand, wo man ver- 
schnauft, erschöpfung^ bezeichnend. Die letztere erklärung 
tri£% aber die eigentliche . bedeutung des wertes auch kei- 
nesweges, und der Übergang von „athmen, lechzen, nach 
luft schnappen^ zu „erschöpft sein, müde sein^, wie ihn 
Fulda in seinen Untersuchungen über die spräche der ho- 
merischen gedichte, s. 207, erläuternd angiebt, ergiebt sich 
ganz gewifs nicht als ein sehr leichter und natürlicher. In 
Bopps vergleichender grammatik findet sich das wort avia 
nicht erwähnt, ebenso wenig in Georg Curtius' grundzü- 
gen; auch Pott schweigt darüber in den etymologischen 
forschungen. Da ist nur, II s. 598 , das von avia abge- 
leitete av'iago — in sofern ungenau, als die ältere form 
avläQo mit gedehntem i allerdings auch mehrfach begeg- 
net — kurz angeführt mit der bemerkung, dafs Buttmanns 
behauptung rücksichtlich der quantitätsumstellung sich sehr 

Zeitachr. f. vgl. Bprachf. XYI. 1. 1 



2 Leo Meyer 

bestreiten lasse. Die letztere ist vielmehr ganz entschie- 
den unrichtig. Buttmann führt nämlich, bd. 11 s. 449, x^' 
XaQog ,5 schlaff" und ficagog „unrein* als bildungen auf 
agog an, wie sie als meist verbalia zunächst von verben 
auf dio und aivco ausgehen, und fügt zu „wobei merkwür- 
dig ist, dafs nur avtagog das a lang hat* mit der anmer- 
kung „wahrscheinlich durch Umstellung der quantitäten: 
avla^ aviäQog^, Ganz abgesehen von dem unerwähntlas- 
sen der form avlägog mit gedehntem t durfte auch das ab- 
geleitete aviagog gar nicht unmittelbar mit ;^aAa()og und 
ähnlichen bildungen zusammengestellt werden. Bildungen 
der letzteren art sind unabgeleitete und finden sich im zwei- 
ten bände meiner grammatik von s. 207 an zusammenge- 
tragen, zahlreiche abgeleitete auf t^qo dagegen, denen auch 
aviäQO' zugehört, in dem die bewahrung des inneren alten 
a durch das ihm vorausgehende i- veranlafst wurde, von 
8. 573 an. 

Auch die zweite aufläge der etymologischen forschun- 
gen, so weit sie bis jetzt vorliegt, scheint auf das wort 
ävla nirgend zu kommen. In der Zeitschrift findet sichs 
nicht behandelt vor dem vierzehnten bände; darin aber, 
s. 275, findet sich eine kurze angäbe .darüber von Auf- 
recht. Er sagt, avia sei unlust, Unbehagen, Widerwärtig- 
keit, was durch einige homerische stellen so wie die ein- 
zige des Hesiodos, die das wort enthält, erläutert wird, 
und giebt dann als „einfachste deutung* die Zerlegung in 
avica „unwunsch* von der wurzel ish „streben, begeh- 
ren*,- im altindischen bedeute an-ista nicht nur „uner- 
wünscht**, sondern auch „widerwärtig" und im neutrum 
„Widerwärtigkeit*. Böhtlingk und Roth führen es auch 
noch in der bedeutung „mit dem gesetz oder den guten 
Sitten im Widerspruch stehend, verboten, verrufen* an und 
bringen zu den verschiedenen bedeutungen auch mehrere 
stellen bei aus der nachvedischen spräche. Der Übergang 
von „unerwünscht" zu einem stark betonten „widerwärtig, 
beschwerlich, lästig* ist ein so leichter und natürUcher, 
dafs auch wir z. b. unser „unerwünscht* sehr wohl in den 
letztgenannten bedeutungen gebrauchen können und wirk- 



dvla. 3 

lieh mehrfach gebrauchen. Unmöglich aber kami man von 
einem participiellen „unerwünscht^ nun ohne weiteres auf 
ein abstractes „unwunsch^^ für ^Widerwärtigkeit^ znrück* 
schliefsen wollen; derartiges wahrscheinlich zu machen hätte 
es noch ganz besonderer ausführungen bedurft. Es ist aber 
auch von formeller seite gegen die gegebene deutung noch 
zu bemerken, dafs durch das angesetzte ccviaa keinesweges 
das gedehnte i in ävia eridärt sein würde, dazu wäre bei 
dem angenommenen Zusammenhang etwa ein aviajä nöthig 
gewesen. In meiner grammatik II, 406 stellte ich aviä oder 
homensch aviri vorläufig mit zu den bildungen lauf altes ja, 
freilich mit dem zusatz „das wegen seines gedehnten i 
doch kaum hieher gehört^ ; es gehört aber ganz sicher nicht 
dahin und hätte anderwärts untergebracht werden sollen. 

In der homerischen spräche zeigt ävivi durchaus ge- 
dehntes t und ebenso fast alle daraus geflossenen bildun- 
gen; das einfache wort begegnet nur an fünf stellen in der 
Odyssee, die wir sämmtlioh ^hersetzen sowie weiterhin auch 
alle die, die ableitungen des wertes bieten, um seine alte 
bedeutung möglichst hell zu beleuchten. Alkinoos sagt 
Odyssee VII, 192 in bezug auf Odysseus: wir wollen der 
entsendung gedenken, 

^Q X ^ ^slvog ävev&a novov xal aviijg 

nofjji^ vcp' rjfABxkQff ßi}V natgida yaiav ixtjraij 
dafs d^ fremdling ohne mühe (anstrengung) und beschwerde 
(wie sie das stürmische meer brii^t) unter unserm geleit 
sein heimathsland erreiche. Eumaios sagt Odyssee XV, 394 
zu Odysseus: du brauchst nicht vor der zeit zu bett zu 
gehen, 

(XV it] xal TtoXvg vnvog, 
auch ist vieler schlaf beschwerlich. Ganz ähnlich ist die 
Wendung Odyssee XX, 52: 

avhi xal t6 (pvkdaceiv 

ndifw^ov kyQYii^eovTay 
beschwerlich ists auch zu wachen die ganze nacht schlaf- 
los. Antinoos sagt zi^ Odysseus XVII, 446: 

tig äaifAmp toSb n^fjia ft^ogtiyaye Saitog dvir^v, 
welcher gott hat diese plage gebracht als beschwerde des 

1 * 



4 Leo Meyer 

mables, hat dich hieber gebracht, uns beim mahle beschwer- 
lich zu werden. Dann ist das wort noch gebraucht von 
der Skylle Odyssee XII, 223: 

JStwXXtjv S' ovxir kfAvd^eöfojPy angrjxrov avifjv^ 
die Skylle nannte ich noch nicht, die unüberwindliche plage, 
oder, darf man wohl noch sinnlicher auffassen „das unüber- 
windliche ungethüm^. Von avirj aus ging das adjectiv 
avJfjQo- „mit besch werde versehen, besch werde verursa- 
chend, beschwerlich^, das bei Homer auch nur in der 
Odyssee vorkömmt und zwar an drei stellen, an zweien in 
der Verbindung mit nrwxog „bettler% also ganz ähnlich 
gebraucht wie das Saivog avitj in bezug auf den Odys- 
seus, der als bettler beim mahle beschwerlich wurde. So 
heifst es Odyssee XYII, 220: 

n^ öf] TovSs ^oXoßQOV äysig^ ajuiyccpTB avßcSva, 

ntwxov dmjQoVf Sairaiv anoXvfxavTiJQa\ 
wohin führst du nun diesen herumtreiber, du entsetzlicher 
sauhirt, diesen beschwerlichen bettler, den verschlinger des 
abfalls vom mahle? In ganz ähnlicher wendung sagt An- 
tinoos Odyssee XVII, 377: 

ov jrciXig rjLUV akijuoveg elal xal äkkoi, 
mw^ol dvit]Qoi^ daiTcSv aTiokvficevT^QBg; 
haben wir nicht schon genug andere landstreicher, be- 
schwerliche bettler, die den abfall des mahles verschlin- 
gen? An der dritten Odysseestelle 11, 190 ist von Bekker 
statt des früher gelesenen dpitjQiöveQov gewifs nicht mit 
unrecht die comparativform ccvifjQcirBQOV hergestellt, an 
der man wohl des trotz des vorhergehenden langen voca- 
les gedehnten innern w wegen anstofs genommen hatte. 
Eurymachos sagt zu dem alten Halitherses: wenn du den 
jüngeren mann (den Telemachos) zum zorne reizest, 

avT^ uiv foi nQCJTOP dvif]g(iite(}OV üarai, 
wirds ihm selbst freilich zunächst gröfsere beschwerde 
(plage) bringen, du aber sollst schwer büfsen. 

Aufser dem adjectivischen avlfjQog ist in der homeri- 
schen spräche von dvit] auch noch abgeleitet das verb 
avldo) „ich belästige, ich beschwere, ich verursache jeman- 
dem beschwerde^, mit auch Überall gedehntem innerem t. 



avln. 5 

In der Ilias findet siehe nur ein einziges mal, sonst noch 
sechs mal in der Odyssee. So gebraucht es Odyssee XX> 
178, Melanthios gegen Odysseus: 

^bIv\ hl xal vvv hvd-dS' äviriöBiQ xara Sdifia 

avigag alti^dov^ 
fremdling, willst du auch jetzt noch hier im hause be* 
schwerlich sein, die männer anbettelnd? worin also wieder 
derselbe gedanke entgegentritt, der Odyssee XYII, 220 
und 377 in der Verbindung ntcaxog ävifjQog ausgedrückt 
lag. Ganz ähnlich ist die wendnng, die Odyssee XIX, 66, 
Melantho gegen Odysseus braucht: 

^eiv\ hl xal vvv kv&aS' avitjrfsig Sia vvxta 

Sivevcov xara ^oixov^ 
fremdliug, willst du auch jetzt noch hier beschwerlich sein 
(oder zur last fallen) die nacht durch im hause herumstrei- 
chend? Odyssee I, 133 hat Telemachos die Athene aus der 
gesellschaft der freier fortgeführt, 

firi ^eivog avitj&slg ogvfjiaydtp 
detTivq) jraSrjaeiev, 
damit sie nicht durch den lärm belästigt am behaglichen 
genufs des mahles gestört werde. Odyssee XV, 335 sagt 
Eumaios zu Odysseus: 

äkXa fiiv' • ov yccQ rig roi aviäxai naQBOvn^ 
bleibe nur hier, denn niemand wird durch deine gegen wart 
belästigt, niemandem fällst du zur last. In bezug auf die 
Penelope sagt Odyssee U, 115, Antinoos drohend: 
ei 8* h' dviijaei ye nolvv x^ovov viag 'ji^ctiüv^ 
td (fQOpiova dvcc d'VfAOV ä ^oi nBQi Swxev !dä'7Jvtj^ 
aber wenn sie noch lange die söhne der Achäer (durch 
Verzögerung) quälen will, dias im sinne habend, was ihr 
im reichen mafse Athene gab, nämlich kunstfertigkeit und 
list. Odyssee III, 117, sagt Nestor zu Telemachos: Alle 
leiden und irrfahrten der Achäer würde dir niemand er- 
zählen können, auch wenn du fünf oder sechs jähre hier 
bliebest und nachfragtest, 

ngip xev dvi^&eig arjv nctzgiSa yaiav ixoco, 
eher würdest du belästigt (das ist es würde dir zu viel 
werden) wieder nach hause reisen. Der einzige vers der 



6 Leo Meyer 

Ilias, der das verb apiap enthält ist 11,291; Odyssens 
sagt, die Achäer jammern wie kleine kinder und verwitt- 
wete weiber unter einander, nach hause verlangend, 

t; l^riP xal novog karlv apitj&ivra veead-at^ 
freilich ringt ja wohl, wer belästigt ist (beschwerden zu 
ertragen hat), darnach nach hause zu kehren; wer auch 
nur einen monat von seiner gattin entfernt ist und die be- 
schwerden der stürme und des meeres auszuhalten hat, und 
wir sind schon neun jähre hier. 

Aufser äviav begegnet in der homerischen spräche 
auch noch ein von ävti] abgeleitetes verbum dvld^eiv^ im 
ganzen siebenmal und darunter auffalliger weise dreimal 
mit kurzem ^, nämlich in dem versschlufs vnsQcfidXwg dviaCu 
Ilias XVIII, 300, und in den beiden versanfangen aXX 
OTB dti ^' avia^ov Ilias XXIII, 721, und dXX' qtb Stj q 
dvia^{e) Odyssee IV, 460. An den letzteren beiden stellen 
darf man vielleicht das p auswerfen und lesen dXk* ors 
d' Tjvia^ov und dXX' ora S' fjvia^{e). Von dvt^dp gar nicht 
verschieden zu sein scheint dvid^eiv Odyssee XIX, 323, 
wo Penelope in bezug auf Odysseus sagt 

T(3 d* äkyiov 6g XBV kiteivoav 
TOVTOV dvid^y &VfiOff&6Qog^ 

wehe dem, der ihn belästigt beleidigend (mit beleidigun- 
gen), und ebenso verhält sicbs mit Ilias XXIII, 721 : 

dXX' OTB Srj p dvtct^op kvxpt]u2S(xg !Aycnovg^ 
als sie (Aias und Odysseus, deren keiner den andern im 
ringkampf zu besiegen vermochte) die Achäer quälten, ih- 
nen lange weile und mifsmuth verursachten, dadurch dafs 
sie nicht fertig wurden, worin also das dvid^eiv einen ganz 
ähnlichen gedanken wiedergiebt, wie das dvitjßsig im munde 
des Nestor Odyssee III, 117, und das in bezug auf die Pe- 
nelope gebrauchte dpttjasi Odyssee II, 115. 

An den übrigen fünf stellen ist dvid'Qtiv intransitiv 
gebraucht und sagt zunächst „mit beschwerde oder mit 
quäl behaftet sein". So Odyssee XXII, 87, wo es von 
Eurymachos, der von Odysseus getroflFen niederstürzt, 
heifst: 



ai'/a. 7 

er schlug mit der Stirn auf den boden, gequält in seiner 
Seele, das kann nur heifsen ^in todesqual, in todesangst^. 
Dieselbe versbeginnende wendung ist Uias XXI , 270, in 
bezug auf Achilleus gebraucht, von dem gesagt wird, als 
ihn der Skamandros, vor dem er schon vorher angstvoll 
{öfBlcag vers 248) fortgelaufen war, aufs schlimmste be- 
drängt, 

o ()' itfjoae noaolv kmida 
&v^(p avid^wv^ 
er sprang in die höh voll todesangst, wie er denn auch 
unmittelbar darauf sich jammernd an Zeus um hülfe wen- 
det; jetzt soll ich in elendem tode im flusse zu gründe ge* 
hen, sagt er vers 281. Abgeblafster ist die bedeutung 
Odyssee IV, 460, wo vom Proteus, als er sich in einen 
löwen, dann in einen drachen, einen panther, einen eher, 
in Wasser und zuletzt noch in einen bäum verwandelt hat, 
Odysseus aber mit seinen gefährten ihn unverrückt fest- 
hält, erzählt wird 

äkl' ore ÖTJ (>' dvia^' 6 yBQ(av oXocpma ^BiScig^ 
als aber der verderblich gesinnte greis beschwerde em- 
pfand, das ist müde wurde. Von seinen geföhrten sagt 
Telemachos Odyssee IV, 598, 

ijSr] fLiot avidtovaiv ital^oi, 
sie fühlen schon beschwerde, es wird ihnen beschwerlich- 
oder unbequem zu warten, sie können das warten nicht 
mehr aushalten. Die letzte stelle, die noch anzuführen ist, 
findet sich Ilias XVIII, 300 > wo Hektor die Troer ermu- 
thigt, sie auffordert zu essen und wach zu bleiben und 
dann hinzufügt 

Tgwiav Ö' 6g xteccrsaaiv vnBQCfmkcog dvid^ei^ 
^vlke^ag Xqfotai> Sovco xaraätjfAoßogijaat' 
Twv TLva ßiXtEQOV iöTiv knav^kfiBV r} tisq 'Axaiovg, 
wer von den Troern durch schätze übermäfsig beschwert 
ist, der nehme sie und gebe sie dem volke zu gemeinsa- 
mem verzehren; es ist besser, dafs einer von denen sie ge- 
niefst, als die Achäer. 



8 Leo Meyer 

Weiter zugehörige formen bietet die homerische spräche 
nicht; die angefahrten reichen aber auch völlig aus, die 
bedeutung von avit] als „besch werde, plage** zu erweisen 
und damit stellt sich das wort denn unmittelbar zum gleich- 
bedeutenden altind. ämivg. Die auch formell genaue Über- 
einstimmung von am Iva und dviij bedarf keines weiteren 
beweises. Das innere wau hat aviti oder also äpi^tj in 
der homerischen spräche ohne zweifei noch gehabt; sicher 
bezeugt von anderer seite her ist es meines wissens aller, 
dings nirgends, denn das bei späteren begegnende aviygog 
„beschwerlich, betrübend, widerwärtig, schlecht**, das die 
Überlieferung an aviri oder ävia anknüpft, wird man mit 
etwaigem y an der stelle von altem j: kaum daf&r anfüh- 
ren dürfen. Der Übergang von altem innerem m zu spä- 
terem n kann als bekannt vorausgesetzt werden ; in meiner 
grammatik, seite 67 und 68 des ersten bandes, habe ich 
die beispiele, deren ich damals gleich habhaft werden 
konnte, zusammengestellt, BlvarBg-^ brudersfrau, neben dem 
unmittelbar zugehörigen altind. jämätar-, Schwiegersohn, 
mag hier wiederholt sein. 

Böhtlingk und Roth stellen amivä zuerst mit der be- 
deutung „plage, drangsal, schrecken** auf, die sie aus dem 
BigvSdas mit mehreren stellen belegen, die wir sämmtlich 
hersetzen, dabei, wie auch im folgenden, den ausgang der 
einzelnen Wörter nicht nach der indischen weise, sondern 
etymologisch gebend: 
11,33,2: vi asmät dväshas vitaram vi anhas 
vi amiväs kätajasvä visüKld, 
fort scheuche (o Rudras) von uns die feinde, zur seite fort 
die noth, fort die plagen nach allen Seiten. 
X, 37,4: j^na sürja gjotiää badhase tämas 
gagat ka vi^vam udijarsi bhänünä 
t^na asmät vi^väm äniräm änähutim 
apa amiväm apa dusvapniam suva, 
mit welchem lichte du, o Surjas, vertreibst die finsternifs 
und mit welchem glänze du alle menschen auftreibst, mit 
dem vertreibe von uns alles siechthum und opferunterlas- 
sung, plage und übeln schlaf. 



avla- 9 

X, 63) 12: apa amlvam apa vipvam anähutim 
äpa aratixn durvid&tr&m aghäjatäS) 
fort die plage, fort alle Opferunterlassung, fort die ungün- 
stige bosheit des bedrohenden (treibet, o aUe.götter). 
1,35,9: apa ämlväm bädhate v^ti stiriam 
abhi krän^na ragasä djäm rnöti, 
fort treibt (Savitä) die plage, er bringt die sonne, durch 
schwarze nacht steigt er zum himmel empor. 
Hinzuzufügen ist noch: 

VIII, 18, 10: apa ämlväm äpa sridham 

äpa sedhata durmatim 
äditjäsas jujötanä nas ähasas 
fort jaget die plage, fort die feindesschaar, fort die bösge- 
sinnten, o Aditjas, befreit uns von noth. 

Weiter geben die Petersburger als bedeutung von 
ämlvä „dränger, plagegeist (oft von dämonischen wesen)'^, 
was sogleich erinnern muls an die oben schon erwähnte 
bezeichnung der Skylle als änQtjxrov aAjrriv Odyssee XII, 
223. Belegend werden aus dem Rigvedas angefahrt: 
VII, 38, 7: gambhäjantas ähim vfkam räkäänsi 
sänemi asmät jujavann ämlväs,. 
vernichtend den drachen, den wolf, die bösen geister, mö- 
gen sie gänzlich von uns abhalten die plagegeister. 
1,189,3: ägne tväm asmät jujödhi ämivas 
änagniträs abhi ämanta krätfs, 
o Agnis, du wehre von uns ab die plagegeister, die den 
Agnis nicht verehrenden menschen mögen sie quälen. 

IX, 85, 1: indräja söma süäutas pari srava 

äpa ämlvä bhavatu räkäasä sahä, 
dem Indras, o Somas, schöngeprefst fliefse rings, fort möge 
sein der plagegeist mit dem unhold. 
III, 15, 1: VI pägasä prthünä pöpukänas 

bädhasva dviääs rakääsas ämlväs, 
mit weitem scheine leuchtend verscheuche (o Agnis) die 
feinde, die unholde, die plagegeister. 

VII, 1, 7: vipväs agne äpa daha ärätls 

j^bhis täpöbhis ädahas gärütham 

prä nisvaräm Kätajasva ämlväm. 



10 Leo Meyer 

alles übelwollen brenne fort, o Agiiis, mit den gluthen, mit 
denen du den lärmunhold branntest, fort scheuche lautlos 
den plagegeist. 
X, 98, 12: ägne bädhasva vi mfdhas vi durgaha 
apa amiväm äpa rakäänsi sedha, 
o Agnis, treibe fort die feinde, fort die gefahren, verjage 
den plagegeist, fort die unholde. 

Als dritte bedeutung wird im petersburger Wörterbuch 
zu ämivä noch besonders gestellt „leiden, krankheit (auch 
die persönlich gedachte Ursache der krankheit)^ und dazu 
werden als belegstellen aus dem Rigvedas angezogen 
VI, 74, 2: sömärudrä vi vrhatam visüKim 
amivä ji nas gäjam ävivepa 
äre bädhethäm nirrtim paräkäis 
asme bhadra säu^ravasäni santn, 
o Somas und ßudras, zernichtet nach allen Seiten die krank- 
heit, die in unser haus eindrang, in die ferne scheuchet 
das verderben fort; uns möge heilbringende ruhmesfälle zu 
theil werden; 

X, 162, 2: jas te garbham ämlva 
durnamä j6nim ä^kj^ 
agnis tarn brähmanä saha 
nis kravjadam anina^at, 
welcher krankheitsdämon deinen leib, welcher unhold deinen 
schofs bewohnte, den hat Agnis mit dem spruch, den fleisch- 
fressenden, vertrieben. In bezug auf diese stelle führt Roth 
in den erläuterungen zu Jäskas' Niruktam eine im Wörter- 
buch nicht aufgenommene männliche form am Ivan- an, 
unter der „wohl der krankheitsdämon zu verstehen** sei. 
Das Wörterbuch bietet neben dem weiblichen amivä auch 
noch ein ungeschlechtiges ämlva- „leiden, schmerz^ mit 
nur einer belegstellc aus dem Rämajanam. 

An die wendung kätajate ämlväm oder amiväs 
„er verscheucht die plage (plagen) oder den plagegeist^, . 
wie sie schon aus Rigvädas VII, 1, 7 und II, 33, 2 entge- 
gentrat, schliefst sich die Zusammensetzung amlvakätana- 
;,leiden, plagen (plagegeister) verscheuchend", die im Rig- 
vedas auch mehrere male entgegentritt, so 



avla, 11 

I, 12, 7: kavim agnim üpa stuhi 

satjädharmänam adhvar^ 
devam anHvaKätanam, 
den weisen, den Agnis, preise, den wahrhaft gerechten, 
beim opfer, den plagen verscheuchenden gott; 
X, 137, 6: äpas id vi\ u bheäa^fs 
äpas amivaKatanis, 
heilsame wasser, plagenverscheuchende wasser; 
VII, 8, 6: 9am j4d stötfbhjas äpajß bhäväti 
djumat amivalcätanam raksöhä, 
welches (lied, vaKas) heilbringend den lobsängern, dem 
verwandten, sei, lautschallend, plagenverscheuchend , un- 
holde tödtend. Noch eine andere Zusammensetzung mit 
amiva- als erstem gliede ist amiva-hän- „leiden, plage 
tilgend", die auch mehrere male im Rigvedas begegnet, so: 
I, 18,2: jäs revän jäs amivahä 

vasuvid pustivardhanas 
sa nas sisaktu yäs turäs, 
welcher reich ist, welcher plagen tödtend, schatzgebend, 
nahrung mehrend; der sei uns hold, welcher schnell ist; 
1,91,12: gajasphänas amlvahä 
vasuvid pustivardhanas 
sumiträs söma nas bhava, 
den hausstand fördernd, leidtilgend, schatzgebend, nahrung 
mehrend^ ein lieber freund, o Somas, sei uns; 
VII, 55, 1: amivaha västös pate 
vi^vä rüpani ävi^an 
säkhä sup^vas edhi nas, 
leidtilgend, o Schützer des hauses, in alle gestalten einge- 
hend, ein holder genösse sei uns. 

Als schlufsglied findet sich amiva in dem adjecti vi- 
schen an-amlva- „ungeschwächt, kräftig, gesund; ge- 
deihlich, munter, fröhlich", das im Rigvedas auch mehrere 
male vorkömmt, so: 

111,62,14: sdmas asmabhjam dvipade 
katuspade ka pa^ave 
anamivÄs iSas karat. 



12 Leo Meyer 

Somas schaffe uDsern leuten und dem vierföfsigen vieh 
kräftiges (ohne plage) gedeihen; 

X, 17,8: anarnlväs isas a dhehi asm^, 
ungestörtes gedeihen schaffe uns (o Sarasvati); 

X, 18, 7: ana^rävas anamlväs suratnfis, 
thränenlose, leidlose (muntere), edelsteinreiche (frauen, ga- 
nayas). Substantivisch ist die ungeschlechtige form von 
anamlvä- gebraucht: 

X, 14, 11: suasti ka asmäi anamlvam Ita dbähi, 
Wohlsein verleihe ihm und leidlosigkeit (gedeihen). Genau 
entspricht dem adjectivischen anamlva- „leidlos, nnge- 
schwächt^ gedeihlich^ im griechischen das erst in späterer 
zeit auftauchende av-ävio^ „schmerzlos, ohne trauer, un- 
gekränkt; nicht kränkend, nicht beleidigend'^. 

In der Zeitschrift ist über ämlvä schon gehandelt im 
ftinften bände seite 50 und 51, wo auch bereits mehrere 
der von uns aufgezählten Rigvedasstellen angezogen sind, 
und Seite 341 und dann im achten bände seite 89, an der 
letzteren stelle von Benfey, der auf die etymologie des 
Wortes etwas näher eingeht. In seiner grammatik fahrt 
er Seite 155 4mlvä als einzige primäre oder unabgelei- 
tete bildung auf Iva an, wornach man also das gedehnte 
I darin für verbaler natur halten müfste, wie ganz ebenso 
auch in den auch als unabgeleitete bildungen angefahr- 
ten muSivan- und muälvant-, dieb, hrälvant- und 
pvasivant-, deren sufSxformen vant und van im gründe 
von jenem va nicht verschieden sind. Es schliefst sich 
aber 4mlvä an die verbalform am mit der präsensform 
amati oder vedisch auch amiti oder amiti; besonders 
angefahrt davon werden das perfectparticip emiv&ns- 
„schädlich, verderblich^ und die causalform ämajati „er 
befällt, er beschädigt^ er ist schadhaft, er ist krank^. Das 
einfache verbum wird mit den bedeutungen „gehen, einen 
laut von sich geben, ehren^ angegeben, die aber durchaus 
unbelegt sind; es begegnet häufiger in Verbindung mit 
abhi in der bedeutung „mit gewalt gegen jemand vor- 
schreiten, plagen^, wie wir sie schon oben aus ßigv^das 
I, 189,3 beibrachten, wo um abwehr von den plagegei- 



avta» 13 

Stern (ami y äs) gebeten wurde and hinzugeftigt: anagni- 
trfts abhi ämanta krätfs, sie mögen die den Agnis 
nicht verehrenden menschen quälen , der zusammenbang 
also noch recht deutlich zu fühlen ist. An abhi- am 
schliefsen sich noch an abhjamana-, n. anfall, bedrän- 
gung, abhjamita- oder abhjänta, krank, abhjami- 
tra-, n. angriff, abhjamin-, angreifend; zu dem einfa- 
chen am, das man mit den bedeutungen „beschweren, schä- 
digen^ und ähnlichen, vielleicht auch „krank sein^ wird 
ansetzen dürfen, gehören noch ama- „andrang, wucht, un- 
gestüm, betäubung, schrecken, krankheit^, nebst ama- 
vant- „ungestüm, stürmisch, schrecklich, kräftig, gewal- 
tig% amasa-, m. „krankheit^, amata-, m. „krankheit^, 
amatra- „ungestüm, heftig% ämati „dürftig, arm ^. Wei- 
ter hat man noch dazu gestellt ämä- = griech. (afio-, »roh, 
ungekocht'', lat. amäro- „bitter, widerwärtig'', altind. 
aml&- „sauer", dessen Zusammenstellung mit unserm 
ampfer als von Pictet herrührend von Kuhn in den bei- 
tragen II, s. 381 angeführt und noch weiter begründet 
wird; ferner das altnord. ama „beschweren, belästigen", 
nebst dem männlichgeschlechtigen ami „besch werde, nach- 
theil ", und anderes mehr, das wir hier nicht weiter ver- 
folgen. 

Dorpat, am fünften märz [2l8ten februar] 1866. 

Leo Meyer. 



14 Düntzer 

Homerische etymologien. 

32. xoloavQTog^ xoX(p6g, xv^ißa^og, 

(SchluTs.) 

Das wort steht bei Homer vom lauten schall vieler 
nahenden schritte, wogegen ^, 10 in bezug auf den einen 
dem hause nahe kommenden Telemach: lIoSwv d' vno 
Sovnov axomag^ K, 354: '0 d' ccq ^otyi Sovnov axovaag 
vom laufe des Odysseus und Diomedes. iJf, 146f.*heif8t 
es von den wilden Schweinen : Tcir kv o^eaaitf avSgwv i^öt 
xvvüv äij^arai xoXoövqtov lovra^ wo iovra auf die bedeu- 
tung des wortes ein besonderes licht wirft^ gerade wie 
k7tB()x6fX6Vov iV, 472, gleichfalls vom eben "Oars fiivst, xo- 
kocvQTov InBQxo^iBvov Tiokvv ccvöqwv. Dagegen braucht es 
Hesiod. Theog. 880 von dem an der erde alles wegraffen- 
den winde, vom wehen des Sturmes, wenn er von den die 
Saatfelder zerstörenden winden sagt: Ilifinlevaai xoviog xai 
aoyakeov xoXoav^tov. Äristophanes (Plut. 532), der das 
wort aus dem epischen sprachgebrauche nahm, wandte es 
auf das gemurmel von kindern und alten firauen an, die 
an einem orte versammelt sind. Der bildung nach erin- 
nert es an xovioQTog^ das die erhebung von staub, die 
Staubwolke bezeichnet. Homer hat dafür xoviacdag^ 
das mit a&Xog^ bewegung, zusammengesetzt ist. Die 
alten nahmen auch xoloavQvog als Zusammensetzung und 
erklärten 6 raiv cpQvyävwv rixog, 6v Ttoiovat avQO^tva, wo 
sowohl die unerwiesene bedeutung von xoXct cpQvyava als 
der homerische gebrauch bedenken erregt, oder 6 uard 
xohpov hTtiavQfiog^ wo es xo?.(poav()T6g^ wenigstens xoIwövq^ 
Tog heifsen müfste^ oder endlich fjieyag &0Qvß6g^ wo sowohl 
GVQTog in der bedeutung O'OQvßog wie xoXog als (liyag an- 
stöfsig ist, da das launige aristophanische xoloxv^ia nicht 
die grofse woge bezeichnet, sondern die ruhige fluth, 
deren kraft gebrochen ist. Will man bei der annähme 
einer Zusammensetzung stehn bleiben, so müfste man xolog 
in der bedeutung geräusch nehmen, was sich wohl recht- 
fertigen liefse. Die wurzel xc^ rauschen haben wir schon 
in xUadog, xelaQv^eiv nachgewiesen, und sie ist in xoloiog 



homerische etymologien. 15 

(Hesychios hat auch Tcokoiri^ cfcovrj) nicht zu verkennen*). 
Kolq)6g^ lärm, wovon xokrpäv^ konnte als ableitung von 
einem solchen xolog gelten oder es stammt von der Wur- 
zel selbst. Freilich sind die sonstigen bildungen auf (oog 
anderer art (pcegS^og, aatQcpog, oXoqxaiog^ natQmog, na- 
TQ^ogy fiTjTQtpogy nannwog)^ aber auch oiog in xoloiog steht 
in dieser beziehung neben dXXocog, b^oiog u. a. ganz aliein, 
und es dürfte kaum angehn für beide eine wurzel xAo^ an-* 
zunehmen. Die richtigkeit des jota subscriptum kann man 
mit recht bezweifeln (es entstand aus der herleitung von 
xoloiog) und das lange la auf rechnung eines ausgefallenen 
digamma setzen. Vgl. auch akmg, äXbati neben äloäv. Auf 
des Hesychios xokovciv und xoXovfißäv im sinne von &0' 
Qvßüv ist freilich nicht viel zu geben, ebenso wenig auf 
Tcokovuv in dieser bedeutung, das schon Herodian anfuhrt; 
es könnten leicht falsche lesarten für xoltaav oder xoIcdüv 
sein, das aus Antimachos angeführt wird. Kokog als i^o^ 
Qvßog bei Hesychios ist wohl, gerade wie Tcoka cpQvyavaj 
aus der erklärung von xokoavQvog geflossen, xoXoog im 
etym. nur verschrieben für xok(p6g. Aber gesetzt xokog 
hiefse wirklich lärm, welche bedeutung hätte dann die 
ganze Zusammensetzung? Buttmann erklärtes ein schrei- 
endes geschwärm; aber diese bedeutung entspricht nicht 
dem homerischen gebrauche und {Ti;()6£V faeifst schleppen, 
schleifen, aber nicht schwärmen. Mufs denn aber 
das wort nothwendig eine Zusammensetzung sein, kann es 
nicht von einem einfachen xoloavQeiv kommen, wie xooxv- 
Tog, akakrjTog , oJx'Tog (neben oi^-t/g), xaviog-rog, ogvfiay^ 
Sog? KoloavQSiv würde auf ein xokoaog führen, wie oko^ 
ffVQBai^ai auf ein okotfog, Jammer (vergl. okocpcowg^ oko- 
(fvävog^ das ein 6ko<pv^€iv voraussetzt). Ein sufßx oao 
kommt freilich nicht vor, aber o<f<so in xokoaaog^ gegen 
dessen Zusammenstellung mit wz. kr9, emaciare, kr^as, 
macer, dem lat. grac-ilis (Curtius I, 122) doch xok- 
-tovt]^ xok'Oq)biv^ collis, culmen einspruch thun möchten. 



♦) Trotz Curtius I, 109 ziehe ich hierher auch xüfcrOatj Hflfvfir, auch 
xoAa$ und xaktlv. Vgl. zeitschr. V, 899. 



16 Dttntzer 

Ein ableitendes aao zeig&a &i-ctaog^ ritjy-'aaog ii,h, (Zeit- 
schrift XIV, 201 f.); ein xokotfog statt xokccaog dürfte dor&h 
den einfluls des o der ersten silbe entstanden sein, wovon 
xoXoa-vQBiVy xoloavQ'Tog sich ganz einfach herleiteten. Dafs 
ein xoXoaog sich nicht nachweisen Iftüst, kann gegen diese 
deutnng keinen einwand bilden, da häufig genug uns die 
mittelglieder fehlen. So setzt xoXsTgäv ein xoletijQ vor- 
aus, von WZ. kal, stofsen, die aufserdem in xoAcr^og, xo- 
läntBiv, auch wohl in xolä^siv^ dann in xMbiVj oxikXsiv 
erscheint, mit ableitendem c in calx, wovon caiceus, 
calcitrare, das wohl ein caicitrum (vergl. talitrum) 
voraussetzt, wie penetrare, elutrire ein penetrum, 
elutrum (vgl. feretrum, spectrum). Kokog^ verstüm- 
melt, wovon xokoßog, xokovsiv (Curtius II, 160), würde 
sich durch eine modification der bedeutung dieser wurzel 
erklären. Dagegen scheinen xokov ei nge weide, xoXsog^ 
xovleogt ja auch xuXov auf eine wz. xo, gleich xv, xi zu- 
rflckzugebn (Curtius no. 94), wovon xotkog^ xavkog, xvAor, 
xvkiBiVf xvxkog, eil i um. Vgl. xdot, das Hesychios xotkoi- 
fAccra erklärt, xäg gefängnifs, xv-a&og neben xv-ki^. Aus 
der mit einem labialen vermehrten wurzel xv haben sich 
manche namen hohler gefafse gebildet (Curtius no. 80 nebst 
xvntj^ xvnekkov, xvtpiktj, cupa), und sie erscheint in der 
bedeutung des biegens, krümmens {xvnreiv). So ist 
auch xvfiß-axog die Wölbung des helmes und als adjecti- 
vum heifst es gebogen, insofern der kopftkber vom wa- 
gen zur erde stürzende in einem bogen herabf&Ut; beide 
kommen von derselben wurzel wie xvfißt], a^og ist blofs 
ableitend. Ein xvßtj köpf scheint müssige erfindung der 
alten, die xvßqßog und xvfißaxog dadurch erklären wollten. 
Eine dritte wurzel xvq in der bedeutung krümmen (Cur- 
tius no. 81) ist keine modification des xt;, sondern r ist 
hier ursprünglich. 

33. xavaxV', xovaßog^ xopinog, 

Kavaxv findet sich bei Homer vom tönenden erze 
(AT, 105.794), vom geräusche der laufenden maulthiere(^,82), 



homerische etyraologien. . 17 

nur in einer spätem stelle {1\ 365) vom klappern der zahne, 
wofür M, 149, wo freilich xava^rj nicht in den vers gegan- 
gen wäre, jcofATiog steht {ndrayog iV, 283, ägaßog K, 375), 
xavaxi^eip von den getroffenen mauerbalken (M, 36) und 
x^ 399 von dem die klagen wiederhallenden gemache, xa- 
vaxüv vom erzbecken ( T, 469). Kovaßoq hat nur die 
Odjssee einmal (x, 122), und zwar von dem geräusche der 
von gewaltigen steinen getroffenen menschen und schiffe, 
dagegen Iliivs und Odyssee sowohl xovaßuv wie xovaßi^siv^ 
beide nur mit ö/neySaXkov, das eine vom wiederhalle der 
schifte (ß, 334. /7, 277) und des hauses (p, 542) und von 
metallen (0, 648. 4>, 593), das andere vom tonen der erde 
unter den tritten der männer und rosse (£,464) und vom 
getroffenen erze (2V, 498. (i>, 255). Weder im Wechsel der 
formen auf sli/ und i^£ti/, noch in dem von xava^i^uv und 
jenen läfst sich eine bestimmte wähl erkennen; die flber- 
lieferang scheint hier sehr getrübt, doch dürften xovaßog 
und seine ableitungen stärker sein als xavaxrj^ xava^eiv^ 
xava^i^Biv, KofATiog findet sich, wie erwähnt, vom klap- 
pern der zahne, dann aber auch vom klatschen (i?-, 380), 
xofiTisiv M, 151, wo der vers einen spondeus erforderte, 
vom getroffenen erze. Selten ist ndrayog^ vom klappern 
der zahne, vom brechen der baumäste (/7, 769), vom her- 
einfallen in den Strom (0, 9) und vom aufeinanderstofsen 
der kämpfenden ( 0, 387 )• Von jedem dumpfen geräusche 
steht SovTiog^ so auch von fufstritten und Speeren, von der 
charybdis; wo der vers ein metrisch kürzeres wort fordert, 
tritt an' seine stelle xrimog^ das so von tritten gebraucht 
wird {K, 532. 535. P, 175. T, 363. n, 6. r, 144), von schil- 
den und helmen (M, 338), von jedem geräusche der käm- 
pfenden (Y, 66. 9), 237). Krvnuv findet sich meist vom 
donner, aber auch von fallenden bäumen (fP,119), von 
dem durch einen wald herabstürzenden felsen (iV, 140). 
JovnBiv steht nur von dem, welcher zur erde stürzt, fast 
immer in dem versanfange Sovnfjoev di neadvi 3ov7tfjcai 
fallen im kriege iV, 426, SeSoimwg gestorben 4^,679. 
'Agaßetv nur in dem versschlusse aQcißriat 8i TßiJjr«' hn 
cnrr^. JS^tagayog findet sich nicht, aber wohl apLaQayüv, 

Zeitschr. f. vgl. sprachf. XVI, 1. 2 



18 DUntzer 

vom rauBchenden meere (JS, 210), vom doimer (0, 199), 
von der vom geschrei der vögel wiederhallenden wiese (£, 
463). An den beiden stellen, wo a/Aagaysl sich findet, 
könnte auch xrvniBi stehn, aber ftlr auagayijaij pafste kei- 
nes der übrigen Wörter in den vers. BgiuBiv^ wovon ßQovvTj^ 
findet sich nur in ^Bydlci ßgifAU von der donnernden woge 
(^, 425) und in ß^ifAsvai vom meere und vom brausenden 
winde (ß, 210- S, 399). 

Dafs xovaßog und xava^f] von derselben wurzel kom- 
men, hat man I&ngst bemerkt und beide auf die skr. wz. 
kau bezogen, wovon glocke komme. Aber kankani 
heifst nicht glocke, sondern bezeichnet eigentlich einen 
reif, daher auch einen solchen, woran sich ein glöckchen 
findet. Das glöckchen heifst kinkini, was onomatopoe- 
tisch ist, wie tintinnabulum. Die wurzel kan heifst 
nicht ohne weiteres sonare, sondern weheklagen, wie 
kanita zeigt. Auff&llt es, dafs selbst Curtius (I, 110) ca- 
nere hieher zieht, da doch Casmena und carmen kei- 
nen «weifel lassen, dafs die ursprüngliche form cas-nere 
ist. Vgl. Corssen kritische beitrage 406. Man hat kvan 
sonare hierher gezogen, wovon köna, das ein bestimm- 
tes musikalisches instrument bezeichnet. Vgl. zeitschr. IX, 
13. Dafs wirklich die wurzel kvan bei den griechischen 
Wörtern zu gründe liege, kann man billig bezweifeln, da 
man in diesem falle eher xvvaßog, xvva^ri erwartete. Max 
Müller (zeitschr. IV, 277) nimmt eine doppelte ausweitung 
eines ursprünglichen xon an, xofATi und xovan^ wober x6^- 
ftOQ und xovaßog^ indem er ^n kfAn kven vergleicht (oficpi^^ 
kpont]). Aber xavaxtf^ das er ganz ausschliefst, liegt dem 
xovaßog doch viel näher als xofinog. Das herabsinken des n 
zu ß ii^äre in diesem falle auffallend, und auch die verglei- 
chung trifil nicht ganz zu. Nur im falle, dafs keine näher 
liegende deutung sich ergäbe, würde man mit recht o^Kpr]^ 
hvomq zu xofinog, xovaßog stellen können, so dafs in einem 
falle der labiale bei der kürzern form aspirirt, im andern 
bei der gedehnten zur tenuis geworden wäre. Walter 
(zeitschr. XII, 375. 380) sieht in xavaxri eine erweiterung 
durch/, in xofin^ xovß durch labiale; a sei in xava^ti und 



homerische etymologien. 19 

xovaßoc; eiDgeschoben. Es kann kein zweifei sein, dafs 
xccva^fj von der wz. xav stammt, wie areva^v von wz. arav^ 
laxfj von i, jri, Kovaßog aber stellt sich neben ä^aßoQ 
(von derselben wurzel wie ägdaaBiv) *), i^ogv-ßog (vgl. tov- 
'&QV'g, d-QV'Xog, d-Qv^lkog)^ or-oßog (vergl. otot-vCbiv) und 
andere bildungen mit /9, wie (plolaßog^ fiiaaßog^ der mit- 
telriemen, worin man irrig, wie in ixarofjißr), ßovg ge- 
sucht hat, (idtaßog {udvaiog)^ xoXoßog. Vgl. zeitschr. V, 
323. KofATiog wird eigentlich pochen sein, eine Verstär- 
kung der WZ. xon schlagen. So heifst auch ndrayog ei- 
gentlich schlag; der stamm ist derselbe wie in nx'auiv 
(vgl. ncck-aieip) und der anklang an nctiuv (najrmv, wie 
pav-ire zeigt) nur zufallig. ^udgctyog kommt wohl von 
WZ. (jficiQ, die mit d verstärkt, wie wir oben annahmen, 
in afisgäaUog erscheint, und bezeichnet also ursprünglich 
den die obren verletzenden, scharf treffenden schall. 

34. ovQia^og^ aavQOJtrjg. 

Dals beide Wörter die untere spitze des Speeres be- 
zeichnen, ergibt sich deutlich aus den wenigen stellen. Von 
dem in die erde gefahrenen Speere heifst es iV,612f. P, 
528: 'Eni d' oigia^og neXsfit'xäti eyx^og. iV, 442ff. fahrt 
der Speer in das herz {xagdit}), rj gd oi danaigovaa xai 
ovglaxov TieXifAi^av. Dagegen steht aavQtaTriQ in der stelle 
der Doloneia {K^ 151 ff.), wo Diomedes und die seinen im 
zelte schlafen: 'Yno xgaalv ö' 'iyov danidag* 'iyx^a de ü(piv 
ÖQ&' km aavQdüTrJQog kki^kavo. ^avQcorrjg hat auch Hero- 
dot VII, 41. Bei Hippokrates, Dioskorides und Äretaeos 
findet sich ovgaxog, und diese form hat auch Aelian, wo 
die „sogenannten* oiga^ol räv xagnificDV die spitzen der 
halme sind, woran die ähren sitzen. Ohga^og ist demnach 
eine ableitung von ovQa und heifst das endstöck, wie 
Gxouaxog von arofia kommt, v^nia^og von vijniog. Aber 



*) Das zu gründe liegende a^ ist onomatopoetisch. Vgl. ä^ad'o?, a^a- 
t,in\ *Aqaa(Kw zn derselben wurzel mit ^tiaanv zu ziehen, dürfte wegen 
der genannten Wörter nicht angehn. 

2* 



20 Düntzer 

Homer bildete sich eine dem verse entsprechendere form 
ovQiaxoQ^ indem er ein adjectivum oijQioq voraussetzte, so 
dafs ovQiov das endstück des Speeres oder vielmehr des 
Schaftes ist, ovgiaxog das dazu gehörende eisen. Aehnlich 
bildete er inTiioxctitrig ^ inTtioxccgf^VG^ ^* ^i^ regelrechten 
formen mnoxc^ivfjg^ iTinoxceQfirjg nicht in den vers gingen; 
mnioxaitfjg ist derjenige, der inmog ;^acri7 auf dem helme 
hat, iTiTiioxccQfAfjg derjenige, der in der inmog x^Qf^^lt i^ 
dem kämpfe zu wagen, sich zeigt. ^avQioriiQ wollten die 
alten von avavgog herleiten, womit nichts gewonnen ist; 
denn weder pafst die bedeutung noch darf die weglassung 
des r fQr irgend wahrscheinlich gelten, da von av nur 
der erste consonant wegfallen könnte, wenn überhaupt an 
einen wegfall zu denken wäre. Bei Hesychios findet sich 
die glosse aavQoiroig doQaai^ voig cavQwriJQag Sx^vai xara 
Ttjg kmSoQatiSog. 2avQü)T6g setzt ein cavQog in der be« 
deutung von aavQvtiTriQ voraus. Nur so erklären sich auch 
die glossen aavQoßgi&kg Hyx^^^ ^^' ^^^ aavQCDvfJQog ß(x()v^ 
und GavQOiTTjQ doQavoi^Tjx)] '^ denn obgleich Hesychios öav- 
ktaTfjQ geschrieben fand, so ist doch kaum zu bezweifeln, 
dafs dieses schriebfehler war. Hesychios führt aavagog, 
(Toßagog an, das auf eine wurzel aav, gleich av, führt. 
Dieselbe wurzol erkennen wir auch in aavQtj, aavgiyytij 
(Taigog, als namen der eidechse und eines Seefisches {rga" 
XOVQog); beide sind von ihrer raschen bewegung benannt. 
Sollte nun dieselbe bedeutung nicht auch ursprünglich un- 
ser aavQog gehabt, es eigentlich die dahinstürmende lanze, 
wie alxptiq (zeitschr. XY, 58 f.), bezeichnet haben, so dafs es 
später, wie gleichfalls alxf^^Vj ^^f einen besondern theil 
der lanze übertragen worden wäre? Eine bestätigung die- 
ser sich von selbst darbietenden vermuthung bietet uns 
aavviov, wurfspiefs, dar, welches vielleicht von einem 
acevvog gebildet ist, wie dxovTiov von äxu)v, 2avQ(avi^Q 
ist eine durch einen verbalstamm auf o vermittelte Weiter- 
bildung von GavQog^ wie axgoiTrjQLOv (axgiattjg) von äxgov, 
Oder wäre aavgog lanze, aavgwrrig der zur lanze ge- 
hörende fufe^ und nur milsbräuchlich später wxcYl aavgog 
gleich aavgcDTT^g genommen worden? Man kann hierfHr 



homerische etymologien. 21 

aavQwtrjQ öoQaTOÜ^i]X}] anfuhren. Später nannte man den 
öavQWTTJQ auch atvQct^^ was eigentlich den ganzen schaft 
bezeichnet, und aräd-fir^j die spitze hnidogatig^ was aber 
später auch von dem aavQwtr^Q gebraucht ward. Bei He- 
sychios ist die bemerkung unter aavQMTfjg: Jtjloi xai 
aTd&fAi]v^ xsGTov, verdorben, da crroffV^icti^ sich gerade auf die 
vorher gegebene gewöhnliche bedeutung des wertes bezieht. 
Hiefs dex xeovog wirklich GavQcorrJQ^ so könnte sich das 
wort nur auf die bunte färbe beziehen, wie Hesychios selbst 
aavQWTog Tioixilog erklärt. Vgl. die glosse: Ksatov ifiävrcc^ 
Tov noixilov ifjidvTa. Ist örjXoi xccl xecTvov ipidvxct zu le- 
sen, oder öT(i&f^t]v im nominativ in den ersten satz des 
Hesychios: 2avQCDT7Jg, ro Höx^^^ov aiS^giov tov Sogccrog 
gleich nach aavgwrrjQ zu setzen? 

35. go&og^ kniggoi^og^ knitdgQod^og, hTtixovgoq, 

ßoi]d'6g. 

Bei Homer findet sich gotftog nur «,412: 'ExToöi^ev 
pikv ydg ndyoL o^isg^ dfAcpl öh xvfxa ßkßgvx^v po&iov^ liaafi 
d' dvaSiSgofAB nirgri. Von der überlieferten deutung rau- 
schend, brausend abzugehn ist durchaus kein grund 
gegeben. Die rauschende welle bricht sich an den felsen 
und brüllt; die welle rauscht schon, ehe sie zum felsen 
kommt. Vgl. w, 241f.: !AfX(fl 8t nirQtj Sstvop kßsßQv^Bi. 
So heifst denn auch naliQQo&tog 6,430. /, 485 rückrau- 
schend, insofern die welle, die rauschend herankam, rau- 
schend zurückgeht. Vergl. dipoQQoog zurückfliefsend. 
Das bei god-iog zu gründe liegende Qo&og hat Hesiod Op. 
218: Tiig Se /lixrig po&og ilxofiivrjg^ wo man irrig goi^ög 
schwung, weg erklärt, da es vielmehr das Jammerge- 
schrei bezeichnet; denn es schwebt das bild einer frau vor, 
welche gewaltsam fortgeschleppt wird. Vgl. »9', 527 ff. Das 
naheliegende axovog genügte dem dichter nicht, und xw- 
xvTog^ das hier an der stelle gewesen wäre, verbot der 
vers. Wenn Aeschylos Pers. 454 sagt k(foofu}vfkvTeg ^| ivog 
QoOov, so schwebt ihm der vergleich mit der überschwem- 
menden woge vor und goß-og bezeichnet eben das heran- 



22 Düntzer 

brausen der vyellen; sonst könnte man auch annehmen, er 
habe in der hesiodischen stelle poäog mifsverstanden, wie 
es gewifs bei den Alexandrinern der fall war, wenn sie 
pv&og geradezu fllr weg nahmen. Hesychios erklärt ^ai9^(^ 

OQfATj ßSTa tpOCpOV^ (fO&ÜV TOP CCTIO XVfACeTWV XpOCpOV^ QOß'lOV 

QBVua^ Tcvuct t6 fiBTcc xpocpov yBvouBVov, ^od'iov ra^v, OQfxri^ 
TiTtov, Wie es sich faiit der nachricht verhält, dafs die 
Boeoter einen schroflPen felsenweg po&og genannt, wissen 
wir nicht; wäre dies aber wirklich der fall, so liefse sich 
diese bedeutnng aus der von weg überhaupt nicht wohl 
herleiten, sondern müfsten wir eher annehmen, in ^6&og 
liege der begriff des schroffen, felsigen. 'Poß-elv hat So- 
phokles von sehmähenden oder unmuthigen werten. He- 
sychios erklärt ^oiJ-cIi/ og^äv, vQixsiv, Uystp^ äiouxstv. 'Po- 
i/ia^eiVy plätschern, platschen, kommt von qo&iov. 

Ist aher ^oi^og rauschen, so dQrfte hier eine wurzel 
^od- anzunehmen sein, die onomatopoetisch das rauschen 
bezeichnet. Es ist gewifs nicht zufällig, dafs mehrere ge- 
räusch bezeichnende Wörter gerade mit qo beginnen. So 
steht Qo^dBiv bei Homer selbst vom rauschenden meere, 
Qol^og^ QoiL,HV vom sausen der pfeile und vom pfeifen der 
hirten, und bei QotfBlVy QoißÖBiv*) scheint das geräusch 
beim einschlürfen die grundbedeutung, wie auch bei Qiy-' 
XBiv^ (wyx^g. Sollten wir hier nicht erweiterungen von wz. 
ru haben (Curtius no. 523), wovon rumor, raucus, ra- 
vis, rudere, vielleicht auch ^Qevysiv, rugire. Von einer 
Wurzel QO würde mit gutturaler erweiterung (>ox, po;^, mit 
labialer (^o/9, (>o^, mit dentaler ^oä sich gebildet haben, 
und mit andern vocalen ^oBvyew, (dy^etv^ Qvyxog^ ^oißSslv 
daher kommen. In ^oifog könnte man freilich auch & als 
sufiix fassen, wie in Qo^O-og^ (foiftöog, ox^i^b, arri&og^ 
Kad-og, yväog^ xvvd-og, doch dürfte die erweiterung der wur- 
zel, wie in 7tQf]& u. a. (Curtius I, 54 f.), wahrscheinlicher 
sein. Poi^og würde sich aus einem Qoiö-iog leicht erklä- 
ren, wie Qoißäog aus Qoiß. In giOog^ das gar nichts mit 



*) Hesycbios erklärt ^öq^iot xritma durch (to&ia. In der glosse gotS- 
ftäq^ nokoq «//6g)o;, ist doch wohl goid^ioi; ein fehler statt Qo^ßöfiot;. 



homerische etymologien. 23 

UDserm ^oß-og zu tbun bat, haben wir wohl dieselbe wz. 
(3$, gehn, die im skr. ratha, wagen, sich findet, so dafs 
es das gehende bezeichnete, wie die sinnverwandten |ei£- 
-A04;, me-mbrum. Wäre ä- mit zur wurzel zu ziehen, so 
.würde von dieser auch Qv&fxoq kommen. 

Von QoO-og kommt hniggoO-og. J, 390: Toh^ yctQ kniQ- 
Qod-og ^Ev !A&7Jvij^ Wf 770: 'Aya&rj fAOi kmQQo&og kXök 
TtoSoiiv. Das wort heifst offenbar helfen Die eigentliche 
bedeutung, zu rauschend, wird übertragen auf die Ver- 
einigung, die Verbindung. Nicht unähnlich erhält a&goog 
eigentlich zusammentönend, die bedeutung vereinigt. 
Später findet sich das wort auch in der bedeutung an- 
fahrend, und auch sogar in der passiven bedeutung an- 
gefahren, gescholten, hrnggoihlv vom wirklichen ge- 
räusche, vom zustimmenden oder schmähenden rufe. Nur 
durch ungeheuerliche annahmen hat man imrccQQo&og eb^i- 
falls mit Qoö-og in Verbindung bringen können; denn die 
deutung k7Ü ra oder km ärta po&og ist kaum viel besser 
als die einschiebung eines tag^ welche die alten für mög- 
lich hielten, oder die eines r. Es ist nicht zu leugnen, 
dafs an den meisten stellen kTtiTctQQoO'og ganz so wie iniQ'* 
Qoäog steht {£, 808. 828. ^, 366. Y, 454. <l>, 289. w, 182), 
aber M, 180. P, 339 ist es mit fiaxt^g verbunden. Die 
Odyssee braucht ähnlich d:jUt/i/r(it^(> und kTiafjLVVTiog (/?, 326. 
;i, 256. 261.263). In dem orakel bei Herodot 1,67 ist 
kmTccQQo&og bewältiger, besieger; denn Teyirjg km- 
xaoQodog üvav entspricht dort dem xcc&v7T.eQ&e r^ Ttokeuq} 
Tayei^TBiov yivea&aL Es ist unmöglich anzunehmen, dals 
die Pythia dem worte einen ganz andern sinn willkürlich 
gegeben habe, und aus der bedeutung h elf er läfst sich 
die des bewältigers nicht ableiten, aber wohl umge- 
kehrt. Die Verbindung udxvs hnixaQQO&og bewältiger 
in der schlacht, wie aki^r}TriQ /Mcf;^iyg (Y, 396), mit dem 
dativ erhielt die bedeutung helfer in der schlacht, und 

*) Man nahm nämlich ein ag^nS^oq an, das Hesychios oc^oiyös, ßof^- 
tföq erklärt. Es ist darauf gar nichts zu geben; auch Ta()^o^o?, das Ly- 
kophron gebraucht, Hesychios d(jo)y6q, ßorj&oq, na(JOQuriTij(; erklärt, ist ohne 
wirkliche gewähr. 



24 Düntzer 

SO wurde denn auch hnndQQo&oq allein genommen, worauf 
vielleicht der anklang an äm^fgo&og nicht ohne eiaflufs 
war. Aber auch ohne diese Vermittlung läfst sich der 
Übergang von bewältiger in helfer erklären. TaQQO- 
&0S führt auf eine Wurzel Ta(>, treffen, verletzen, ver- 
nichten, die wir in aTa(>r?^()o^ fanden (zeitschr.XII, 1 1 f.). 
Wir können nun entweder einen durch i^ erweiterten stamm 
annehmen^ wie z. b. dag zu öag-d^ wurde (Curtius I, 199), 
so dafs das zwischentretende o eingeschoben wäre (vergl. 
ravrjleyfJQ aus ravakyrjg^ araßäalog aus äraad-Xog (vergl. 
zeitschr. XIV, 205), oder otf ist suf&x, wie a& in xvaä-og^ 
anvga&og^ OQfia&og, yjdfia&og. o und a wechseln, wie in 
xovaßog oroßog, &iaaog xoXoaog (vergl. oben). Wenn die 
hülfsvolker bei Homer inixovQot heifsen, so hat man den 
aasdruck irrig beimänner erklärt. KovQog mufs hier von 
dem gewöhnlichen xovgog^ xogog knabe, söhn verschie- 
den sein. Die wurzel xeg, wovon xegat^siv^ das ein xigag 
in der bedeutung verderben voraussetzt, xogig^ führt auf 
eine dem rdggo&og ganz entsprechende bedeutung, so dafs 
es der vernichter, und demnach der krieger wäre. 
Wenn in Lakedämon neben den iTtnaygirai die x6goi>^ die 
ritter, genannt, wenn xovgoi auch bei Homer selbst als 
ehrenname steht, so könnte hier unser den krieger eigent- 
lich bezeichnendes xovgog zu gründe liegen, und eine Ver- 
wechslung der ursprünglich ganz verschiedenes bezeichnen- 
den Wörter überhaupt frühe eingetreten sein. So könnte 
auch der name der Kovg^reg von unserm xovgog abgelei- 
tet und selbst in xovgtiTeg dgiarrjeg, xovgtirsg läxctiiav bei 
Homer eigentlich trotz der vhg und xovgoi jixotmv die 
bedeutung krieger die ursprüngliche sein. 

In der spätem spräche wird helfer durch ßor}&6g^ 
ßoTjäoog ausgedrückt. Bei Homer findet sich ßof^O-oog oder 
ßoy d'oog als beiwort des Aeneas und des wagens (iV, 477. 
P, 481), in der bedeutung schnell im kämpfe, wobei 
freilich auffallt, dafs der dichter nicht ficcxy ifoog sagt, 
aber ßori&oog scheint bereits in der gangbaren spräche sich 
gefiinden zu haben. Auch ßoi^v dya&og ist vielleicht 
tapfer im kämpfe zufassen. Neben ^^^oT^i^-oog hat Homer 



homerische etymologien. 25 

auch aQtiii^ooq^ schnell im kämpfe {vgL cc()f^i}CTd/Aapdg, 
aQYiitpaTog^ äQÜ^paroq), dessen richtige accentuation anch 
auf ßofj&oog anwendung finden sollte. Bei ßotj&oog^ ßori- 
&6g entwickelte sich nun ganz auf ähnliche weise aus der 
Bedeutung des tapfern kriegers die des helfers, wie wir dies 
bei iniTccQQo&og annahmen. Schon Herodot kennt ßotj&eiv 
in diesem sinne. Nach ßorjO-oog hat man später mifsver- 
ständlich ßoriögopLog^ ßorjdoofjiBiv gebildet. 

36. aoaarjTjjg^ äo^og. 

Neben inigQO&ogf initdggo&ogf äfiVvvwQy inafivvrooQ 
steht das metrisch davon verschiedene aoaorßrig^ im nom. 
und acc. des sg. und des pl. 0, 254 f.: Tolov rot doaötir^ga 
Kgoviojv k^ *'Idrig ngoiijxs Trageatäfievai xai djuvpBiv^ wo 
die ganz gleiche bedeutung mit hniggo&og^ kmrdggo&og 
deutlich hervortritt, 0, 735: 'Hi rivdg (pafiev Bivat aoa^' 
af]Trjgag oniöGooi X, 333 f.: Toto d' avtvd'EV doöGrirrig fiiy 
djüBivcav vt]valv äni yla(fvg{jaiv kym fABtomads XsXei/nf^rjv, 
wo doaafjTfjg auf die räche geht. Interpolirt sind d, 165: 
^£i (jLi] dkkoi doaafiTfjgsg 'doiaiv, und y^, 119: 'iß f^rj Tiolkoi 
'dcQffip doaatiTTJgeg oniaata. Hesychios führt die formen d(T- 
atjTTjg, äoöffr^TTjg mit derselben bedeutung an. Das dop- 
pelte aa ist hier unzweifelhaft nicht ursprünglich, sondern 
aus einer Verschmelzung eines vorgehenden consonanten 
mit i hervorgegangen, aber die wähl bleibt hier zwischen 
einem dentalen, gutturalen und labialen. Curtius (11,48) 
bringt das wort mit wz. saic in Verbindung, obgleich diese 
sonst nur in der form in erscheint, und erklärt das wort 
d-aox-trixrig ^ wonach es die bedeutung begleiter haben 
würde, die uns gerade nicht besonders passend scheint. 
Doederlein denkt an o^r und erklärt mitseh er, was weni- 
ger passend zur bezeichnung des helfenden sein dürfte. 
Wir möchten lieber an wz. oö- stofsen, skr. v.adh den- 
ken, die im sanskrit häufig in der bedeutung tödten steht, 
und wovon vadha, caedes. Der bedeutung nach würde 
also das wort gleich kmrdggo&og sein, aus der bedeutung 
des tapfern kriegers die des helfers hervorgegangen sein. 



26 Dttntzer 

wenn man nicht lieber in a, wie in äKoxoi;^ mit erkennen 
will. Aus WZ. j:o8 bildete sich mit diesem oder mit dem 
vorgeschobenen a ccfo&iog ofoaaog, mit vorgeschobenem € 
kr6&Log^ 'ioaaog, wie aTt^imaToq in der bedeutung anui&tjrog 
(wie man statt ano&rirog hergestellt hat) sich bei Hesy- 
chios findet. Zum wegfall des € in oaarjrriQ vgl. ogrrj ne- 
ben iooTTj. Von äoaaog bildete sich durch Vermittlung 
eines später wirklich versuchten aoöaeiv aoaaj}TriQ^ wie 
ao)]Tt]Q von aQücad-ai. Diese deutung ziehe ich jetzt der 
früher von mir versuchten von o&ea&aL vor, wonach äoa- 
(Sog der mitsorger wäre (vgl. oö*?;), dagegen scheint mir 
äo^og, dien er, wirklich von dieser wurzel zu stammen. 
Oder wäre es aus doäiog entstanden von wz. i8 gehn, 
wovon oSogj und der mitgehende? Es würde dann dem 
om^dog (bei Homer nur onriSBiv)*) xmA den von Kleitar- 
chos (bei Athen. VI, 93) neben ci^og^ &eQd^a)V, äidxopogy 
v7i^()iTrjg , IdvQig und olxizrig angeföhrten bezeichnungen 
dxoXov&og und iTidficov (doch wohl dorisch für iTiijfAwv^ 
wie vo7JfjLu)v) entsprechen. !^^og ist wohl aus «0^04; zu- 
sammengezogen. Von ß^egdTKüP (vgl. tUgccxp, ß-BQdnvt}^ äe- 
Qaneia) scheint die grundbedeutung die des besorgers, 
und man könnte an eine erweiterung der wurzel &ga (Cur- 
tius no. 316) in der bedeutung betreiben denken, die sich 
aus der ursprünglichen des haltens leicht erklärt, wie ja 
agere betreiben ursprünglich führen bezeichnet. Aehn- 
lieh kommt didxovog von der durch k erweiterten wurzel 
dia (Curtius II, 227) und bezeichnet ursprünglich den bo- 
ten. 'Y7iriQiTt]g ist eigentlich rüderer; das vno steht wohl, 
wie in einem andern namen der diener, vnoSQT^atriQ (von 
VTtodocev) gleich d()rj6TfJQ (von S^äv), AdxQig ist vom lohne 
{XdrQov) benannt. Olxirrig bezeichnet eigentlich jeden zum 
hause gehörenden, dann insbesondere den diener. Noch 
sind anzuführen a^^^/TioAog, der betreibende (vgl. Glück 

*) Zweifelhaft bleibt ondwv^ bei dem man nicht den ausfall eines J 
annehmen darf. Möglich bleibt freilich eine ableitung von einem von In ab- 
geleiteten stamme ona neben unaü^ aber die bildung auf aoi' von einem 
verbalstamme auf «, wo man bei Homer ^ erwartet, ist auffallend. Man 
könnte an wz. 71a in der bedeutung tueri, servare denken, so dafs das 
wort eigentlich h elf er bedeutete. 



homerische etymologien. * 27 

Qber ambactus in den abhandlungen der philologeover« 
Sammlung zu Augsburg 108) und &t^q^ der arbeitend e? 
der thuende, da wz. i^6, ß-ri (skr. dbä) die bedeutung 
des thuns erhielt, wie im althochdeutschen. Jovlog scheint 
aus doavXog entstanden und, wie skr. däsa (vergl. zeitschr. 
V, 151), den besiegten zu bezeichnen, insofern die besieg- 
ten {doQid?^(aToi) zu Sklaven gemacht wurden, während 
servus diesen als gefesselt, famulus, wie oixertjg^ als 
glied des hauses fafst. 

37. o^oq, oa^og, fioffj^og, TiTÖgO-og, Sogv, igvog, 
y.vßegvccv. 

Die gewöhnliche bezeichnung des zweiges ist bei Ho- 
mer oCog, So findet sich ^, 234 (fvlla xai o^ovg, und 
mehrfach aufserh^lb dieses gegensatzes, im dat. sing., im 
nom., dat. und acc. plur. (5, 312. ^, 484. Z, 39. K, 467. 
S, 289. 77, 768. *, 245. ^m, 435). Bildlich kommt es viel- 
fach in der bezeichnung o^og jigrjog vor, wie ähnlich das 
neutrum ddlog f , 1 57 und als verschiedene lesart X, 87 
steht. Hesiod nennt die hand Ttivxo^og fünfastig (vergl. 
nsjUTtcißolov). Homer hat weder xXddog noch xX(6p noch 
oaxog^ das sich doch in der Zusammensetzung Sohxooxiog 
findet*). Sonst braucht er Qniip (x, 166, wo neben dem 
allgemeinen QoJTiBg die besondere art, weidenzweige, ge- 
nannt werden, ^,49. jt^, 47), einmal ß-aXlog ((>, 224), ein- 
mal nroQÖog (f, 128 f. titoo&ov xXdöe (pvXkwv). . Moa^og 
bezeichnet bei Homer nie zweig, sondern ist in der ein- 
zigen stelle, wo es vorkommt (-^, 105), bei wort; fioaxotai 
Ivyoiaiv heifst mit frischen weiden; dafs es irrig ist 
Xvyog hier adjectivisch zu fassen , beweisen t, 427 : Tovg 
dxetop övviEQyov kvötQtcphaöi kvyoiaiv, und x, 166: Amdo 



*) Diese deutung mufs ich auch gegen Autenrieth zu V, 346 aufrecht 
halten. Wenn im spätem voralexandrinischen sprachgebrauche oaxoit tuff/o.-, 
o(rxi\ ^^^ ctftntXnv xlädm; xaidxaQTioq heifst, so kann dies nicht gegen eine 
ursprünglich weitere bedeutung sprechen. Auch könnte wohl des Aristopha- 
faes ^ftfQfdnq 6<T/ni für einen allgemeinern gebrauch zeugen. Die deutung 
von dolixöexioq^ langschattig, widerspricht aller homerischen einfachheit. 



28 Dttntzer 

^yw anaadfÄfjv ^atnag te Xvyovg ts. Die annähme, ?,vyog 
könne auch statt Xvyivog stehn, ist so gewaltsam wie durch 
nichts veranlafst. Moa^og ist frisch, jung, und so heifst 
das kalb, aber auch der aasgewachsene junge ochs fioaxog^ 
ohne dafs das wort eigentlich die^hierart selbst bezeich- 
nete. Homer nennt das kalb noQTtg, nogta^. Erst in spä- 
terer zeit wurde (Aoaxog {^oax^veiv, fioaxidiov) auch auf die 
pflanzenweit übertragen und zur bezeichnung von jungen 
spröfslingen, zweigen verwandt. <l)vlka sind bei Homer 
immer blätter, laub, auch iV, 180, wo von der gefällten 
esche gesagt wird r^gsva x^ovl q/vXka nsXd^eiv; dafs das 
reiche in freier lufb schwebende laub zur erde sinkt, denkt 
sich der dichter. Die blätter heifsen regeva, wie ^,357, 
wo die geführten des Odysseus sich derselben statt der 
fehlenden ovkal bedienen. Vom baumstamme und vom 
bäume selbst werden aulser den oben no. 22 genannten 
Wörtern ffvrov, dogv und igvog gebraucht. So steht (pvtov 
(gewächs) JS, 57. 438: 0vt6v aig yovvtp k?,air^g, wo 56 
iQVBL laog vorhergeht (vgl. -2^,437. ^, 175). S, 123: 72oA- 
Aoi äk qwToiv Üöav oqx^^^ol dfx(pig, *, 108: Ovrs tpvTtvov- 
öiv yjgalv (pvrov. (0,227: AiargBVOvta ^t/rdi' (st rauch). 
a>, 242: <l>vv6v dfi(peldx(xivBv. w, 246: (Jv (pvrov (kein 
bäum). JoQV, das meist den der zweige und der rinde 
beraubten stamm bezeichnet, findet sich vom lebenden 
baumstamme, wie wir etwa reis brauchen, ^, 167: *tnel 
ovTicj Tolov dvrjXvd-Bv kx Soqv ycdijg, wozu man 163 ver- 
gleiche: <Poipixog veov ^gvog dvBQXOfjiBVov ivojjöa. "Egvog 
haben wir auch noch P, 53: Ohv di rgicpu 'igvog dvrjg 
iQid')]kig iXctirig. 

"O^og mahnt an das goth. asts, das Grimm auf eine 
WZ. ast germinare zurückführen möchte. Wäre ö^og ver- 
wandt, so müfste es statt oarog stehn, öa^og statt oar-öxog, 
und man wäre veranlafst, sie mit öariov^ os, skr. asthi 
in Verbindung zu bringen, so dafs alle diese Wörter eigent- 
lich das harte, feste bezeichneten. Aber ein aus at 
hervorgegangenes ^ statt aa anzunehmen (fictarog ist nicht 
gleich f,ia^6g)j scheint höchst bedenklich, und so werden 
wir ü^og ungeachtet der scheinbaren Verwandtschaft ganz 



>rB 



homerische etymologien. 29 

von asts trennen müssen, wogegen asts wohl mit .oörioi' 
zusammenzustellen ist. "O^og könnte von einer wz. fey 
kommen (vergl. (fv^a ((fvy'ia) von wz. (fvy^ ftd^cc {udy^ia) 
von WZ. ^my), die wir im lateinischen in vegetus finden. 
Die mancherlei gestaltungen dieser wurzel in den verwand- 
ten sprachen bemerkt Curtius no. 159. "(Mxo<^, oaxi], wo- 
für auch <a6%ogj w(?;jf»?, erklären sich aus oy-oxog, oy-axt]. 
Auch oa^'h hodensack, oa^sog, oa^^ce^ oü^iov würde man 
so erklären können, wenn wir als grundbedeutung die des 
schwellens {ßgmiv) annehmen dürften. Moo^og kann nach 
dem oben bemerkten gar nicht mehr mit vacca, skr. 
uksan verglichen werden, da das wort jung) frisch 
bezeichnet; eben so wenig kann noch davon die rede sein, 
dafs oaxog aus ^loG^og entstanden sei. Die herleitung des 
Wortes ergibt sich ganz einfach. Die wurzel ist /xad, flüs- 
sig, weich sein, wovon ptaSog^ iiddagog (Xuog)^ ptct^og^ 
eigentlich die warze mit ihrer nächsten weichen und glat- 
ten Umgebung, wovon jnaatog (ftaa&og^ fiaadog)^ eigentlich 
die weibliche brüst, ganz verschieden, das die nährende 
zu bezeichnen scheint^ von wz. ^ta in jAuöäa&ai (von einem 
fidat]^ nahrung), wie jndfifA r], fiTjrijQ ; denn dafs letzteres auf 
wz. mä zurückzuführen sei, kann durch das im Rigveda 
vorkommende mätar (macher, verfertiger) nicht be- 
wiesen, werden, das ein von skr. mätar, fAtjvi^g, ganz ver- 
schiedenes wort sein wird. Ueber xkdäog, xkoiv vgl. Zeit- 
schrift Xni, 7. Oakkog bezeichnet den sprossenden, trei- 
benden zweig*), wie es jU, 103 heifst (fvkXoiai tE&Tjl^wg. 
Pa>xp kommt von wz. gsn und ist der schwankende 
zweig (vgl. Qfxöafxvog, pdöv^); es stellt sich zu ^amg u. a. 
(Curtius I, 316f.). Die weide, kvyog, ist von ihrer bi^- 
samkeit benannt, wie itifj, vimen von einer flechten 
bezeichnenden wurzel kommt. Dafs cpvXkop aus (fvhov 
entstanden sei, zeigt folium. Sollte ntoQ&og nicht mit 
nag&ivog verwandt sein? //«(^ij^ei/o^ ist die gezeugte von 



*) Dafs WZ. &ak im griechischen die bedeutung des Uberquellens habe, 
kann ich Sonne (zeitschr. XV, 10) nicht zugeben, wenn es auch mit einer 
skr. WZ. dieser bedeutung zusammenhängen mag. 



30 DttQtzer 

der durch i9 vermehrten wz. nag^ noQ^ wovon auch noori^ 
(Curtius I, 247). Das r ist ein verstärkender zusatz, wie 
in TiTolsfjiog, nriova (Curtius II, 268). Die bedentung wäre 
ähnlich wie in q.vKXov. -Joqv klingt nur zuföllig an dgvg 
an; es ist der abgezogene, der rinde beraubte stamm, 
von WZ. 8tQ, wie l^Xov (vergl. ^arov) eigentlich das ge- 
glättete heifst, dann aber holz überhaupt. "EgvoghtAer 
treibende. stamm, von derselben wurzel wie oQfiiih Vgl. 
(f&oyyrj neben (fO-iyyog^ OQfxog neben ^()^a, sigfiog, aber 
mit Wegfall der aus a entstandenen aspiration sigeiv^ sige- 
gog. Zur bildung vgl. dfjvog^ ödvog^ xrijvog, 'itf^vog (wohl 
von WZ. ad-, das wachsende, heranreifende, ähnlich 
wie (fvXov, (fvh'j), Pott will egvog auf skr, vrdh, wach- 
sen, beziehen, wovon mir 6g (^6g^ dorisch fiog&og^ unzwei- 
felhaft zu kommen scheint. Aber bei igvog zeigt sich keine 
spur des digammas, und & würde sich wohl ebenso erhal- 
ten haben wie in nog&f^og, oder der ausfall durch die länge 
des vocals ersetzt worden sein. Wohl nur zufallig klin- 
gen skr. arani, reibholz, und aranya, oede, wald 
an; sonst könnte man glauben arani habe ursprünglich 
holz überhaupt bedeutet, und aranya stamme nicht von 
arana fremd, sondern von arana holz, so dafs das 
Suffix hier, wie häufig, ein wort coUectiver bedeutung bildete. 
Es könnte dann arana von wurzel ar sich erheben 
kommen, wovon wohl ohne zweifei arani in der bedeu- 
tung sonne stammt. Doch sieht man auch von dieser 
möglichkeit ab, so könnte man ^gvog von dieser wurzel 
ar ableiten, wenn diese auch im griechischen sich in die 
Stämme dg^ kg, 6g getrennt hat und eg sonst nur in der 
bedeutung rudern vorkommt. Aber die oben gegebene 
herleitung von wz. ^p, skr. sar verdient als die unbedenk- 
lichste den Vorzug. Kvßigvrj^ Steuer, wovon xvßsgvdv 
xvßegvtjtrjg, möchte ich nicht als Zusammensetzung mit 
igvog fassen, sondern sgv ist ableitung, wie agv in crx^- 
nagvov^ xiagvov, ern, urn so häufig im lateinischen, wie 
oaverna, taberna (meine lat. Wortbildung 81 f.), am im 
deutschen. Kvßigvf] könnte entweder von xvßf] schiff 
hergeleitet sein oder von wz. xvß stammen und das Steuer 



homerische etymologieu. 31 

als gebogen bezeichnen. Das Steuerruder heifst schon 
in der Odyssee 7it}8a/uov^ das, wie nr^öov^ von der sprin- 
genden bewegung benannt ist. Wahrscheinlich war xv- 
ß^Qvri^ wie auch m^dähov, eigentlich die breite, runde 
fläche des Steuerruders, wie nldri} die des ruders, ward 
aber auf das ganze Steuerruder übertragen. In der Ilias 
wird das Steuerruder oiyjiov genannt, das führende, len- 
kende; die ringe des joches, durch welche die lenken- 
den leinen gehen, heifsen otrjxsg (etwa ableitung von einem 
0«;), und in der spätem spräche ist oia^ der rudergriff. 
Die Wurzel ist dieselbe wie in otata&ai^ auch wohl in 
olfioQ, oifxi]^ der führende weg (wie via d.i. vehia). 
Sollte dieses oi ein causativum der wz. l gehn sein? Potts 
annähme des ausfalls eines ö zwischen den beiden vocalen 
{oll{S)a^) und in ohsö&aiy oiua ist unglaublich, und wird 
wahrlich nicht dadurch bestätigt, dafs er bei yfjcceiv gleich- 
falls dazu greift. Auch das althochdeutsche stiura scheint 
das Steuer als lenkend, eigentlich (in der beabsichtigten 
richtung) festhaltend (vgl. dagegen i^oQuäv /W, 221) zu 
bezeichnen. 



38. (7 als erweiterung des praesentischen 
Stammes. 

Seit Buttmann nimmt man bei Homer erste aoriste 
mit den endungen des zweiten an. Die vergleichende 
Sprachwissenschaft erklärt die Sache dadurch, dafs die an- 
wendung des a im ersten aorist sich erst später bestimmt 
festgesetzt habe (Curtius „die bildung der tempora und 
modi" s. 284). Sehen wir uns den thatbestand genau an. 
Zunächst bemerken wir die formen ^ßTJasto, ßt]GeTo, ßfjoBo, 
aveßrjaeTü^ kTtsßTjösro, i7tißt](S6o, xaraßijaso, n^ogeßt^öSTO an 
solchen stellen, wo 'dßaivs^ das imperfectische ßeßi^xei^ ßaive 
(als imperativ kommt ßalve nicht vor, nur in der dritten 
person einmal ßaivitb)^ ebenso wenig ^neßaive^ inißaivBy 
xatdßaive, Ttgogißaivs) oder die entsprechenden aoristfor- 
men nicht in den vers passen. Auch sogar ein conj. ^m- 
ß}}oeTai mit der Verkürzung des f] findet sich in xaraß^- 



32 Düntzer 

asrm 0, 382, das man nicht mit Autenrieth zu B, 475 für 
ein futurum halten darf, das im gleichnisse keine stelle 
hat; denn auch U^erai J^ i3l steht statt U^i^rai. Homer 
hat die aoristformen ißt^v, Hßtjg, 'ißi]^ kßi^Tf]v, eßrjf4ev, 'dßav, 
ß^v^ ßrj, ß7]ti]v, ßccTt^v, ßfjfiev, hßrjaav, ßijaav (v, 158. <p, 
188, sonst nur transitiv, wie zufallig immer ißijaafxev^ ßrj(se^ 
ßriaauBv)^ ßdvj ßairjv^ ßeiü)^ ßijvai, ßrJiiBv ^ ßt^fisvai, ßäg, 
von Zusammensetzungen ävißrj^ ccvaßy, avaßau], avaßrjfjLB- 
vai, dvaßdg {dvaßijaccfiBvog 0, 474 transitiv), knkßt}uiv^ 
knißav, inißah]V, änißairjg^ inißaif], änißalsv, kntßrifjiiv, int- 
ßrjpuvai (^TtißtjaSj änißtjaccv nur transitiv), xarißtjv, Tcari- 
ßav, xaraßeiotABP, xaraßij&i, xaraßijvai^ xaraßrift^vai^ xa- 
raßdgy aber auch xareßijoav, jLievaßfj&i, ngogißt], ngogkßav^ 
ngogßdg, negißrj, Tte^nßiivai, n^gißdg^ aber auch neQißriüav. 
Also auch ein erster aorist des activnms findet sich mit 
dem regelrechten a, wenn diese form auch zumeist transi- 
tiv steht. Die Überlieferung schwankte sehr zwischen ßrj- 
asTo und ßijaaro, Vergl. meine schrift de Zenodoti stu- 
diis Homericis 62. Zweitens kommen die formen iSvaeto, 
SvasTO^ Sv66o^ Svaofisvog in betracht. Jvaero findet sich 
am anfange des verses häufig in övasro r rjihog. Andere 
verse beginnen dvasro rsv^ea xaXd (iV, 241), dvasvo ScHoa 
&60V (T, 368), dvaer' 'Axcciwv 'd&pog (P, 552), Svas&' dlog 
xaxd xv/jia (Z, 136), dvae&' ofiilov l<av {11, 729); €, 482 
schliefst der satz gleich am anfange des verses mit övaer. 
Auch zwischen idvasro und iSvaaro schwankte die Über- 
lieferung. Aristarch nahm ersteres erst in seiner zweiten 
ausgäbe nach Zenodots Vorgang auf. 'ESvcaro erscheint 
in Verbindung mit rsvxsa, evrsa, x^Xxov, novrov^ 'IXiov, 
dcifiara, ovXafiov dvdQoov. KareSvoBTO J, 86. JET, 103. K^ 
517. Aehnlich steht der imperativ Svaeo mit rev;^««, aber 
auch mit dlxi^v und fiVtjatrJQag, Karadvaso fAwXov !^Qf]og 
-2*, 134. dvaofievog findet sich nur im interpolirten verse 
a, 24, aber auch bei Hesiod Op. 382. Homer kennt Sviov 
(0, 232. €, 272), Svg [T, 308. x^ 201), Svvcov ß, 578), hat 
dagegen nie SvvofiBvog oder gar Svofievog mit verlänger- 
tem V. Neben dem iraperfectum und ersten aorist {dSwev, 
dävvovy Svvev, Svvov, 'eSv, kSvrrjv^ Hdvrs, iävv, Svia&tjv, 



homeriBche etymologien. 33 

SiiovTo) findet sich auch der erste aorist, HSvaav (JS*, 145. 
§, 341), dvaaiaro (2, 376), Svam {£, 435. iV, 182). Ebenso 
ccTtidvas, änoSvadfievog. So haben wir auch hier den er- 
sten aorist neben den in frage stehenden formen. Bei meh- 
reren andern Zeitwörtern tritt ein solcher sogenannter aorist 
nur im medialen imperativ, also gleich ßfjasoy dvaso^ her- 
vor. Homer hat die formen ogaso, ogasv, oqco, ki^^o^ le^o. 
Was hier die endung betriffi^, so ist in oqgo^ ki^o das € 
einfach ausgestofsen , wie in fi,v&eai neben fÄV&elai. Die 
aoriste auf aa hat Homer von beiden Zeitwörtern: wgai, 
^Qöav, ögaagy ogaaaxev, kli^aro, ki^aro, Xe^äad'fjv, ks^ai^ 
f4tjv^ kB^dß&wv, ki^aad'ai, "Oqvv&i und oqvvts stehen blos 
transitiv, dagegen oQvva&e von mehreren ganz in dersel- 
ben weise, wie ogaso y ogaev, ogao von einem. In den 
homerischen hymnen (XIX, 1) ist deiaeo die überlieferte 
lesart; die form ist aber jedenfalls auffällig und wohl für 
deideo verschrieben, da der abschreiber sich des mehrfach 
im ersten verse des hymnus stehenden deiaofiav erinnerte. 
Auch im activum haben wir solche für aoriste ausgegebene 
formen, jähere, d^ifiev^ d^ifievai. finden sich ganz in der- 
selben weise gebraucht, wie aytxB, äyBiv, dyifASv (7^, 105. 
^/, 50. 111. ß, 663. 778). 'Vipea&e (ß, 704. i?',313. i/,357) 
hat schon Herodian als eine verstärkte praesentische form 
aufgefafst. IlekdaasTov ist K^ 442 des vvp wegen nicht 
wohl als futurum zu fassen; nikaaa, nekaaaa findet sich 
mehrfach, auch nikdaaate (x, 404) ; indessen bleibt es im- 
mer bedenklich das schlecht bestätigte nBkdaaatov mit 
J. Päch*) aufzunehmen, der sonst (S. 7. 30) an den aori- 
sten a|€rc, oxpea&s u. ä. nicht zweifelt. 0?<T€, oiairw^ 
oiaeTe^ olöifisv, olaifjiBvai gehören gleichfalls hierher, da 
das futurum oiaea&ai auf einen stamm ohne a hinzuwei- 
sen scheint (vgl. oi-fitj, ol-fiog). Endlich findet sich auch 
l^ov ganz gleich i'xovTo gebraucht, da ixov für den vers 
unbequem war, und auf ein l^ov (nicht auf ein l^a) sind 
auch l^sg, t^e zu beziehen. Nicht hierher gehört intoov. 



♦) lieber den gebrauch des indicativus füturi als modus jussivus bei 
Homer (1865) s. 81 f. 

Zeitschr. f. ygl. sprachf. XVI. 1. 3 



34 DQntser 

WO a aus r hervorgegangen (vgl. das dorische ^^serov), wie 
im nachhomerischen Üx^aov aus 3. 

Wie aber? sollen wir annehmen, in diesen wenigen for- 
men habe sich eine spur eines frühem Schwankens oder 
gar eines frühem allgemeinen gebrauchs des o und e statt 
et neben den auf a erhalten? Ich gestehe, dafs mir dies 
der gipfel der un Wahrscheinlichkeit scheint. Nicht in diesen 
wenigen formen kann ein rest dieser art zurückgeblieben 
sein: das a würde auch hier unzweifelhaft dem allgemei- 
nen gesetze gemäfs sich eingestellt haben. Was berech- 
tigt uns aber zur annähme, dafs wir hier aoriste vor uns 
haben? Früher sah man hier mit recht neue stamme, nur 
irrte man darin, dafs man nach der falschen weise der 
herleitung diese stamme durch das futurum vermittelte. 
Das a ist nichts als eine der vielfachen Verstärkungen des 
präsentischen Stammes. Man hat sich über diese schon 
in meiner Schulausgabe der Odyssee gegebene deutuog ent- 
setzt; ganz so entsetzt man sich in Zeiten, wo die unnatur 
sitte geworden, über das natürlichste. Eine Verstärkung 
der Wurzel durch a ist doch nicht unerhört (wir erinnern 
nur an die bekannten beispiele Si(psiv dhpuv, ccXi^uv ne- 
ben aXaXxHV, oSa^uv neben oSd^uv^ Sdxveiv. Curtius 1, 55) ; 
was hindert uns eine solche Verstärkung nun auch beim 
praesentischen stamme wie so manche andere anzunehmen? 
Wenn die übrigen sich in weiterer ausdehnung erhalten, 
ja zuweilen auch mifsbräuchlich über ihr gebiet hinausge- 
grifPen haben, so sind uns hiervon eben nur einzelne reste 
alter zeit übrig geblieben. 

Ein analogen zu einem ersten aorist mit dem o und e 
statt a glaubt man in mehrern fällen zu linden, wo der 
erste aorist keine spur des diesem regelrecht zustehenden 
zeigt. Wie aber verhält es sich hiermit in Wirklichkeit? 
jEtTTOf, wovon bei Homer nur EiTtare an zwei spätem stel- 
len steht, könnte eigentlich perfectbildung gewesen und 
nur später mifsverständlich als aorist gefafst und weiter 
gebildet worden sein. "Hvstxa, HvBixa, wie Homer hat, 
später ijvayxa^ würde man auch als ursprüngliches perfect 
nehmen können, so dafs die reduplication als unbequem 



homerische etymologien. 35 

unterblieben, es aber später als aorist neben i^vzyxov ge- 
fafst worden wäre. Schön vor vielen jähren habe ich (in 
Kitschis rheinischem mnseum V, 394) auf die lesart ^Ivf- 
y«|€ neben k^avd^i^s Si^ 205 hingewiesen, und i^ijvsy^s dort 
und k^7jvsy^s Si, 521 für richtig erklärt, mit beziehung auf 
des Hesychios k^r^vrjöafASv (k^j]viy^afASV?) k^BßaXofxzv, Wir 
würden also hier wirklich einen mit a gebildeten aorist 
neben tivBixa haben. Curtius (tempora und modi 288) ver- 
muthet, bei ijveyxa habe die häufung der consonanten wohl 
den Wegfall des a herbeigeführt. Aber man sollte den- 
ken, eher wäre das verstärkende v in Wegfall gekommen 
und das £ in folge dessen gesteigert worden. Aehnlich 
könnte üaaava (bei Homer auch aeva^ aevä/iievog) ursprüng- 
liches perfect gewesen sein, wenn man es nicht lieber mit 
Curtius gleich %€a, Hxija, hea durch den wegfall des a 
nach dem consonantisch gesprochenen v erklären will. Aus 
'ix^faa entstand 'ix^ra, %€a, aus 'ixt^raa (Curtius I, 114) 
Hxtifcc, Hxt^a, ixta. Freilich kann man fragen, weshalb 
nicht Hx^vaa gebildet worden sei, und man dürfte %£a sehr 
wohl durch den wegfall des 6 erklären, so dafs %£ce aus 
'ix^vaay ix^va entstanden wäre. Hierfür scheint älkaö&B^ 
äXkaa&ai, äXiairo bei Homer neben alBvato, r^Kavaro, 
äktvavxOj aXevcea&s, alevdfievog zu sprechen, wo wirklich 
der ausfall des a und später der des v erfolgte; denn 
auch in akesiveiv, dlBcogi^ ist der ausfall des /- anzuneh- 
men. Auch das hesiodische Sateaa&cci erklärt sich auf 
dieselbe weise aus 8ariaaa&ai. Müfste man aber auch 
annehmen, dafs in alTiay ijpeyxa nach falscher analogie der 
verba liquida das a abgefallen sei, keineswegs würde die- 
ses ein analogen zu der wunderlichen erscheinung bilden, 
dafs in einzelnen Zeitwörtern das o, s des zweiten aorist 
beim ersten sich finde. Dagegen empfiehlt sich die an- 
nähme eines durch a verstärkten praesentischen Stammes 
in jeder weise, ja drängt sich nothwendig auf, wenn man 
anders muthig genug ist, eingesogenen vorurtheilen, die 
durch einen bedeutenden namen gedeckt sind, zu entsagen« 
Doch wer in der einsieht der homerischen spräche fort- 
kommen will, muJGs sich auf jedem schritte gefafst machen 

3* 



36 Üttntzet 

redlich umzulernen; sonst lasse er sich auf solche dinge 
gar nicht ein und begnüge sich^ die homerische spräche 
in der beschränkten weise zu fassen, wie es die Griechen 
selbst thaten, was freilich niemand benommen werden soll. 
Wer sich aber hinstellt^ um neue ansichten zu beurtheilen 
und das grofse wort zu führen, der darf nicht auf dem 
beschränkten Standpunkte stehn bleiben, auf welchem sich 
herr Bäumlein gefallt. 

Späterer zusatz. 

Curtius hat in der neuen aufläge seiner „grundzüge^ 
meine deutung von ävaXrog insulsus mit einer miene ver- 
worfen, welche einmal die Wichtigkeit des jonismus des 
Hippokrates für den homerischen Sprachgebrauch, dann 
aber eben so sehr die oft seltsamen Übergänge der bedeu- 
tung verkennt. Wenn der frisch lebende jonismus des Hip- 
pokrates das wort xgrjyvog noch aufzeigt, so ist dies von 
viel höhererer bedeutung, als wenn Plato XQj^yvot^ diSdaxa- 
kot mit bindeutung auf das homerische xqtjyvov nach der 
stehenden erklärung braucht oder gar spätere dem worte 
den sinn wahr beilegen. Freilich Curtius scheint eine 
stetige Überlieferung der bedeutung auch solcher homeri- 
schen Wörter anzunehmen, welche nur in einmaliger Ver- 
bindung vorkommen, und so wagt er es selbst gegen 
K. Fr. Hermanns ganz unzweifelhafte, wenn auch von Bek- 
ker barsch verworfene deutung von aX^t]6TTjg^ welche durch 
(nrotpciyog^ inl x^ovl aXtov 'ddovreg, ot ccQovQtjg xagnov 
'iSovaiv u. a. belegt wird, den gebrauch des Aeschylos als 
entscheidenden . gruud vorzubringen. Aeschylos hat sich 
bei den homerischen Wörtern, wie z. b. bei SatcpQ(av^ gro- 
fser freiheit bedient, und auch wo er der damaligen deu- 
tung folgt, bleibt gar sehr die frage, ob denn eine wirk- 
liche Überlieferung über den sinn der Wörter sich erhalten 
habe oder nicht. Diese frage mufs nach meiner Überzeu- 
srung' entschieden verneint werden. Jene Wörter, die man 
blofs bei Homer, meist als bei Wörter oder nur in dieser 
oder jener Verbindung, oft gar nur einmal las, verstand 



homerische etymologien. 37 

man nicht mehr; gelehrte forscher kamen darüber und 
stellten deutungen auf, die meist mehr glauben und Ver- 
breitung fanden, als sie verdienten, worauf denn die dich- 
ter sich berechtigt hielten, die Wörter auch in diesem sinne 
zu gebrauchen. Schwerlich dürfte auch Curtius dem aber- 
glauben an die Unfehlbarkeit des Aeschylos in sachen der 
bedeutung homerischer Wörter sich überall hingeben. Wun- 
derlich genug scheint er im gegensatze zu dieser Vereh- 
rung Oür den aeschyleischen gebrauch die Wichtigkeit des 
jonismus des Hippokrates OXr Homer viel zu gering anzu- 
schlagen. Wenn wir bei Hippokrates ävalrog im sinne 
insu 1 8 US finden, so scheint uns die annähme, das home- 
rische ävakrog sei dasselbe wort an sich wahrscheinlich, 
und diese Wahrscheinlichkeit steigt, wenn man auf unge- 
zwungene weise die bedeutungen vereinigen kann. Das ist 
nun wirklich der fall. Im versschlusse steht bei Homer 
zweimal yaarig' ävaXrov, dagegen wo der dativ erfordert 
wird, yaörigt fidgyfj^ Der ähnliche sinn von ävalrog und 
fxdgyoQ steht danach ziemlich fest, womit der gebrauch 
des Hippokrates stimmt, wenn man nur die Übertragung 
der bedeutung annimmt. Demnach mufs man sehr ver- 
wöhnt oder eigenwillig sein, um eine solche deutung ekel 
wegzuwerfen. Eine ähnliche geistige Übertragung zeigt 
sich z. b. in noXvnainahoQ^ verglichen mit nainctkostg^ wie 
ich bereits in meiner Schulausgabe der Odyssee bemerkt habe. 
Von dem Wechsel der bedeutung finden sich bei Homer 
sehr beachtungswerthe beispiele» Wir erinnern nur an die 
Wörter, welche die bedeutung grofs, gewaltig, unge- 
heuer erhalten haben: d&kö(paTog^ das verstärkte d-iacparog 
von gott gesagt, dkiaarog^ eigentlich unvermeidlich, 
äfiäyaQTog^ eigentlich unbeneidet, wie aQiiI,7]Kog^ sehr 
beneidet, daher ausgezeichnet. Vgl. oben s. 65*. Wer 
über die möglichkeit einer herleitung in bezug auf ihre be- 
deutung aburtheilen will, der mufs gerade in dieser bezie- 
hung der homerischen lexilogie mehr aufmerksamkeit zu- 
wenden, als ihr gewöhnlich zu theil wird; mit vornehmer 
laune kommt man hierbei nicht weiter als sonst in der 
Wissenschaft, die überall von genauester kenntnifs des that* 



38 Dttntzer, homeriiche etymologien. 

sächlichen beatandes auszagehn hat. Wenn Curtios 
ävakrog erklärt angenährt, so könnte yaütriQ ävakrog 
nur einen bauch bezeichnen, der nicht genährt und daher 
nicht gewachsen ist, wie aXdaiveiVy akSi^axHV^ alere von 
dem wirklichen nähren und fordern stehen; nie aber könnte 
ävaktog gleich v^attg^ impransus sein. Und selbst die 
bedeutung nüchtern, ja sogar die davon noch weit ge- 
nug abliegende hungernd, pafst gar nicht fär die ho- 
merischen stellen; denn es bezeichnet nicht einen eben 
hungernden magen, sondern eine stehende eigenschaft des- 
selben. Wenn Curtius jetzt äXaog^ alTig^ ^HXig auf Wur- 
zel dX nähren bezieht, so ist diese ableitung doch sehr 
fraglich, und wohl die frühere deutung für ^Hlig (I, 327) 
beizubehalten, vielleicht auch äkaog^ aXtig auf dieselbe Wur- 
zel zu beziehen, so dafs diese Wörter eigentlich eine wald- 
schlucht, wie ß^car]^ saltus, bezeichneten, dann auf 
jeden hain übertragen worden wären. Im griechischen ist 
Wurzel aX nähren überhaupt nicht nachzuweisen, nur die 
mit d und & verstärkten, die auf wachsen und gedeihen 
sich beziehen. Nach allem dürften wir die vollste befag- 
nifs haben, unsere deutung von ävaXrog als eine nach jeder 
Seite hin sich empfehlende gegen die unbegründete bean- 
standung von Curtius und dessen unglücklichen eigenen 
versuch aufrecht zu halten. Von genauester betrachtung 
homerischen gebrauches mufs man ansgehn, sonst 
schweift man in der irre, und wer sich darüber hinweg- 
setzt, ist auch nicht im stände, über andere versuche ein 
mafsgebendes urtheil zu fällen. Aber auch in lautlicher 
hinsieht kann man nicht strenge genug sein. Wenn Cur- 
tius meine deutung von vTiBQfi(pavt]g u. ä. verwirft, so 
kann ich seinen verzweifelten versuch, ein tj zum Schlüsse 
von vTiiQ herauszubringen, ganz ruhig sich selbst verant- 
worten lassen. 

Köln, den 14. october 1865. H. Düntzer. 



BirliDger, die spräche des kleinen kaiserrechts. 39 

Die spräche des kleinen kaiserrechts. 

Ein beitrag znr knnde der mitteldeutschen spräche und literatur. 

Das sogenannte kaiserrecht hat Senkenberg, corp. 
jur. germ. tom. I, 1760 und corp. j. feud. 1740 zuerst ver- 
öffentlicht. Aber bis heute ist noch nicht sicher gestellt, 
wann, wie und warum dieses bedeutende rechtsdenkmal 
entstand. Senkenberg hält es für das älteste deutsch-frän* 
kische jus peculiare, verfafst zu Eonrads des Saliers zel- 
ten. Es entspann sich darob im vorigen Jahrhundert ein 
lebhafter literarischer streit; aus dem uns nur för unsere 
zwecke wichtig sein dürfte, dafs Grupen (observat. rer. et 
antiquiss« obs. XXX) seine entstehung in die mitte des 
13. jahrh. nach Mitteldeutschland setzt, den Verfasser 
aber nicht nennen kann. Eichhorn (rechtsgesch. II, §.283) 
meint, das kaiserreeht sei eine kürzere und freiere bear- 
beitung des Schwabenspiegels zugleich auf grund v. Eicke's 
arbeit, und setzt die entstehung in den schlufs des 13ten 
oder anfang des 14. jahrh. Kraut nimmt (grundriis 83) 
das 14. jahrh. an. Mittermaier hält es für die länder 
des fränk. rechts bestimmt und setzt das 13. jahrh. an; 
Zöpfl aber setzt die 2. hälfte des 14. jahrh. an; es sei 
auf grund des Schwabenspiegels bearbeitet. Hillenbrand 
(Staats- und rechtsgesch. 477) stimmt in der zeit mit Zöpfl 
sowie in der quelle oder grundlage und sagt es seien all- 
gemeine deutsche rechtssätze unter berücksichtigung der 
fränkischen modifikationen. Endemann"") setzt es um 
das jähr 1280 an unter kaiser Budolf und hält es fQr ein 
allgem. deutsches reichsrecht mit Selbständigerstel- 
lung als fränkisch neben dem Sachsen- und dem schwaben- 
spiegel. Neuestens schliefst sich Stobbe dem an, hält es 
das ganze ftlr eine Sammlung subjektivem ermessen ent- 
sprungener Sätze ohne tieferes positives recbtswissen. 

Alle umstände des kaiserrechts weisen auf Mitteldeutsch- 



*) Das keyserrecht nach der handschrift von 1872 in vergleichnng 
mit andern handschriften, herausgeg. von dr. H. £. £ndemann nnd mit einer 
vorrede versehen von dr. Bruno Hildebrand n. s. w. Cassel, Krieg'sche buch* 
bandlnng 1846. 8. LXII und 266 s. 



40 Birlinger 

land hin und zwar auf den theil, der sich vom Main an 
nordwärts bis zur gränze des sächsischen rechts, die, da 
sie mit der gränze der niederdeutschen mundart zasam* 
nienfallt, durch eine gerade linie von Cöln bis Magdeburg 
und weiter nach der Oder bezeichnet wird. Genauer wäre 
die gränze des gebiets zwischen Rhein, Main und dem 
rennsteig auf dem thüringer wald. Sollte das heutige Hes- 
sen nicht geradezu als heimath des kaiserrechts angenom- 
men werden dürfen? Vergleiche „das privatrecht nach dem 
kleinen kaiserrechte, eine inaugural-abhandlung von Ju- 
lius V. Gosen. Heidelberg, Bassermann. 1866. S. XI 
und 193. 

Das alter des kaiserrechts läfst sich schwer be- 
stimmen ; soviel läfst sich nur feststellen, dafs es nach der 
2. hälfte des 13. jahrh. entstand, was die rechtlichen Ver- 
hältnisse besonders hinsichtlich der „reichsdienstmannen^ 
bezeugen dürften. Die älteste handschrift ist die von 1372; 
eine von 1320 in Lübeck sich befindliche will niemand auf- 
weisen. 

Die spräche läfst keinen zweifei übrig: es ist die seit 
Pfeiffers Vorgang sog. mitteldeutsche mundart, der 
in neuern Zeiten so viele aufmerksamkeit geschenkt wird: 
es ist die Übergangssprache vom niederdeutschen zum obei^ 
deutschen, zunächst zum fränkischen. 

In der Endemann -Hildebrand'schen ausgäbe s. XIV 
heilst es „die spräche, in welcher der urtext abgefafst 
wurde, ist die hochdeutsche; denn alle niederdeutschen 
handschriften sind unverkennbar die abgeleiteten; sie ent- 
halten nicht nur mehrfache locale abweichungen, sondern 
stehen auch hinsichtlich der lücken und zusätze auf einer 
spätem stufe. Endlich spricht fQr die hochdeutsche form 
des Urtextes der ort der entstehung, welcher unzweifelhaft 
dem mittleren Deutschland angehört^. 

Kurzes ä begegnet fast durchaus fQr ö: ader (oder), 
ab, aber (ober) 6, 5; sal (soll); — dieses ä statt ö 
begegnet auch in bairischen handschriften des 14. und 
15. jahrh. sehr oft; Weinhold will es im alemannischen als 



die spräche dea kleinen kaiseirechts. 41 

regel anfahren: es sind die fälle doch zu rar und aus* 
nahmen (alemann, gramm. §. 1 1). Im mitteldeutschen stellte 
Pfeiffer myst. I, 570 die fälle aus Hermann von Fritzlar 
zusammen, die ganz mit denen des kaiserrechtes stimmen. 

Langes & erscheint als 6: dö, mösich u. s. w. Umlaut 
von ä ist immer wie alem. &: w^re, fridebere, in ubel- 
tete 11, 10, emphßhit 37, 40. Grafen oder dienst- 
mannen 59, 66. unstete 75. offenbar 96. missetete 
105, 104. versmehet 116. e fär ä erscheint wie bei Her- 
mann Y. F. in fragen 31 (132 und 25). e f. ä: gemacht 
(gemacht) s. 1, 4. erbeit oft. men f. man. Für i: nemen 
8. 135. brenget 83 und oft. Pfeiffer a. a. o. 

Der umlaut erscheint: abhendig machen s. 110. der 
rechten hande 128. geedelt 189. abhendig werde 129. mit 
segede oder mit werten 129. heldet s. 29. enhcldet 52. Fer- 
ner emph^het „wer des menschen lib zu dem tode emph^- 
het**37. Die stummen und tonlosen e: lebeten 1,2. wir- 
ket 3,4. lefset immer; beilaget ofl. vergifset, besaget u. s.w. 
Nach 1 und r fällt e aus: virhom, virzern. urtei/n oft. e 
statt ei, eg, ag in gelett: sollen werden die hende gelett 
8. 9. Ein o tritt fOr tonloses e ein: vorantworten s. 19. 
da ein mensche sterbet stns güts unvorgiftet (69). Pfeiffer 
a. a. o. 571. vorsinnen 5, 3. 

Bei i ist anzumerken, dafs die meisten alten i noch 
nicht in ei verwandelt erscheinen ; gefrihet 13. bt, zH, an- 
griffen u. s. w. riichstes kleit 7,6. glich, igllch, gefri- 
het 13, 10. In flexionen erscheint i in Wörtern mit um- 
lautendem wurzelvocal: s. oben enheldit, heldit u. s. w. an- 
hebst 5,5. setzit 19. setztn u. s. w. Ferner kundit 16. gi- 
bit oft. sitztt (33). todtn 34. verbuzztn 20. virsetzin 28. 
birgit 30. vtrtribnisse 6, 5. gewirkit 30. stozztn 50. die 
lebin (vivunt) 53. setztn 18 u. s. w. Ganz so bei Her- 
mann Y. F. 

Begel ist i in den partikeln und praep. vor verb. und 
subst. vtrgebens 23, 21. virhorn (a.a.o.) virantwrten 24, 22. 
vtrlom oft. Ytrsinnunge 12. virwirket 13. virleute 15. vtr- 
kundet 17. virhtlet 16. virbuzzin 20, un virwirket 25. vir- 



42 Birlinger 

zem 46. virleiden 50. vtrhengDifs 68. virbandet 69. Ttr- 
leitet 83. «rlafsen 135 und viele andere. Pfeiffer a. a. o. 

i für ie: belibt 28 u. 8. w. Pfeiffer a. a. o. ie fittr i: 
engiebt 16. bte tag und hie nacht 55. beziehen (bezeihen) 
101. gefrtet 111. iglich immer ie: gebiert (von gebaren) 
gesohiet (fit) 16, 14. Ferner friede 117. ni^man und ni- 
man öfter. Pfeiffer a. a. o. 571. 

Ungebrochenes i erscheint hie und da: verhilet 16. 
befltcket 177 u. s. w. sterbet 69,75 und stirb et. 

Das superl. i, wo der Schwabe und Alemanne ost hat, 
fiel sogar ganz aus: die hosten = die bösesten; mit der 
höchsten buzze 107. Wir sehen hier die neuhochd. bil- 
dung der Superlative gleichsam im morgenroth iieraufd&m- 
mem; ein beweis fOr die vorherrschende entwicklung un- 
serer neuhochd. spräche aus dem mitteldeutschen. 

Wie bei Hermann von Fritzlar steht o regelmäfsig f&r 
ö z. b. böser, hocher, möge oft, hochet; höchsten a. 8. w. 
Für u: worde 2., 1 und oft. obir den dorrffen 6. dorch 
a.a.O. orteill 11,10. orteil 11. möge 6. in einem bryn- 
nenden boschen 6. Pfeiffer a. a. o. 

o und u wechseln in willekoren s. unten. 

u erscheint wie bei H. v. Fritzlar stets für ü, wo nicht 
etwa o daf&r eintritt; altes ü wie f für ei noch häufig: zu 
hüs, üs oft. noch d8richten7, 5. Ferner durchgehend für 
uo und dessen nmlaut üe: a) ubeltät, ergrunden, mugen, 
volfurt oft. butel 14, 11. über oft. hubener u. s. w. 
b) ti^t (immer so) stille u. s. w. gilt oft. vtir gerichte öfter. 
Pfeiffer im wes. der höf. spräche : das mitteldeutsche, „das 
anfser e (e) aus & keinen umlaut und überdies die diph- 
thonge uo, üe, iu nicht kennt, die bei ihm mit ü zusam- 
menfallen^ s. 8. All das trifft in unserem texte genau zu. 
Statt iu steht ü: lute stets, schiihen (scheuen) 6. getril- 
wen 12. löden 4. stüre immer, bezt^en 19. gezögrecht 23. 
müwe (mühe) 23. schabet 30.. gerüweclich 145 u. s. w. 
die fliigede not 114. fhinde 75, 78. verlilset 97. gezög- 
recht 23,21. verbtizzin 81,85. 



die spräche des kleinen kaiserrechts. 43 

Vor den flüssigen, nach w u. s. w. erscheint u: Sfilch 
für solch ist durchgängig gebraucht: stilche knechte 68. 
alstilch 7. alstilich 117. weichen ganz wie im schwäbisch- 
augsburgischen. Auch in den Zeitwörtern „kommen, neh- 
men^ erscheint altes u: kumen, nachkumling neben qna- 
men, angentimen 149 u. s. w. 

Aecht mitteldeutsch, schon dem niederdeutschen mehr 
zuneigend, sind die in der himmelsstraise, im Athis und 
Prophilias, im grafen Rudolf n. s. w. alemannisch zerstreut 
vorkommenden u statt i in timmer, umer (var.) 27. ntimer 
118. ntimerme umerme 133; ummer me 183. nummer 185. 
Das niederalemannische, d. h. das bodensee- alemannische 
(AUgäu) hat vor Schwaben das numms voraus. 

Auch eu in gelatiben (oft), irleiibet 14. verkeufien, gleti- 
ben, letikent es, bereubet u. s. w. heubt (caput) 97,96 ist 
bei H. V. Fritzlar belegt a. a. o. 
Fr^de (freude) 3, 5. 

Statt iu erscheint s. 14 auch einmal ktsen und kysen 6,5. 
Altes ai ist wie ganz neuhochd. ei geworden. 
Soviel über die vocale und diphthonge. 
Die flüssigen consonanten geben keine besondern 
mitteld. anhaltspunkte ab. Wechsel des m und n wie bei 
H. V. Fritzlar ist auch hier oft zu bemerken. Ausfall: 
bi Schinder sunne 17 u. s. w. sint stets für sft mhd. 
Gemination von m und n ist häufig. 

Was die dentalen anlangt, so ist wie bei Hermann t 
im inlaute, anlaute und nach 1 selten: lüden 4; warheide 10. 
ioden (tödten) 10. boden (boten) 14. dut 16. behalten, 
aldervater, sachwalden, alder 49. 43. 40. virgolden 54. hüde. 
der bode (böte) 14,11. wir biden dich 199. bilde 153. 
gelden 118. verleidet (verleitet) 121. kleit 7, 6. sint oft. 

Zwingen erscheint durchaus. Die subst. segede, bor- 
ge de sind bildungen wie das Hermannische getrüwede. 
Pfeiff. 573. 

Statt pf erscheint noch das ältere ph: empAetet, ge- 
pManzet 41 u. s. w. 

w für j müwe und andere wie bei Hermann v, F, 



44 BirUnger 

g fbr cfa, k nicht selten. Ausfall: die clabern dinge 
(klagbar) 6, 10, ähnlich dem mittelhoch, talanc. 

s erscheint noch nnverändert in seh: «wigen, ge«worn 9. 
«wiget 99. die rute «wenden 43. «Iahen 43. mit «legen 35. 
«weihet 83. ver«wtget 110 und oft. 

r und s wechseln nicht: die form Verliesen steht 
durchaus. 

h vorgesetzt: Aeischen: „man sal recht mit der war- 
heid Aeischen^ 23. furAeischen 24 u. s. w. 

Die sw. praet. lebeten 1,2 und mehrere andere sind 
ganz dem niederd. idiome angemessen. Pfeiff. 374. Woher 
aber das alte, nur dem alem. schwäb. eigene o in martro- 
tend kommt, weifs ich nicht zu erklären; vielleicht liefse 
sich ein schlufs auf ein oberdeutsches original machen. 

Subst. bildungen wie segede, borgede, die einem 
alten -ij>a entsprechen , wenn nicht ein flektirter infinitiv 
dahintersteckt. Femer hinder sal: „hindersal ist eine Wur- 
zel aller unding^, wo andere handschriften hindernisse le- 
Ben; irsal, kumersal 237. 219 sind der handschrift eigen 
und geläufig. 

Zum mitteldeutschen wertschätze hebe ich noch eini- 
ges heraus. Am auffallendsten ist der ausdruck „des kai- 
sers finsternis^ = gef&ngnis; andere handschriften du- 
sternisse, gevenknisse 102. „Und tete ers nit, der 
keiser sente in mit recht in sin vinsternisse^ s. 16 (daz) 
büwen daz vinsternisse des keisers 102,202. „Und sal 
in antworten in des keisers vinsternisse" s. 28. 54. 
„der sal verbÜ33en mit des keisers vinsternisse" s.117. 

Wer den lib verwillekurt, den sal man antworten 
in des keisers vinsternisse cp. 39. der hat des kei- 
sers vinsternisse erarnet s. 122. befindet der keiser die 
warheit mit rechte, so sal er des keisers vinsternisse 
eweclich büwen (bewohnen), also da3 er nummSr mensche 
m« gesehe« 123. 

Ein Zeitwort dingstndeln hat das kaiserrecht: man 
sal den gehorsamen man ungedingstudelt lafsen, wan 
er tut recht und heldet des keisers gebot" s. 29 cpt 28. 
Einige handschriften lesen: ungedingstulet, ungedron- 



die spräche des kleinen kaiserrechtfl. 45 

gen and unbetwongen; unbckumert, ungeding- 
scbuldiget u. s. w. „MaD sal nieman dingstudeln, 
wil er von erst recht tun an gerihte" s. 33 cpt. 33. 

Willekuren swv. da5 nieman sinen Iib virwillkurn 
mag mit gerichte oder äne gerihte s. 36 (38). Wer den 
lib verwillekurt hat zu dem töde (39). Wer eines men- 
schen Iib nimmt, also da3 er im sin lib virwillkurt za 
dem töde, der wizze u. s. w. 37. die dann einen tag wil- 
lekurn u. s. w. 210. daz der mensche sin selbes lib nit 
virwilkorn mag 125. sint dem gerichte not ist aller 
bescheidenheit 13, 11. und sal er allen lüden recht 
tun. diewile er ist üTs des keisers bescheidenheit s.4. 2. 
andere handschriften keiserschaftl. recht, die dinge usrech- 
ten nach des keisers bescheidenheit 7, 5. das gerichte 
ist eine cröne aller bescheidenheit 7, 6. ein iglich man, 
der ein schefie sal wesen der sal sin über die jar der be- 
scheidenheit 13, 10. 

Slac: „er ist auch gegeben von des keisers gewalt 
in die gewalt des bittern slages, als6 daz nieman an 
im gefrevein mag^ 4,8. Andere handschriften lesen ge- 
slages, todes. 

Mntscharn swv. sejungere atque separare qupad ex- 
ercitium manente communione juris ipsius: Schilter. „da 
erben sin, die lehen haben mit einander, wil es der ein 
teiln oder mutscharen und der ander nit, so sal der, 
der da gern gemutschart hette, der sal des irwinnen 
mit des keisers geböte; da5 ist in wendig 14 tagen, daz er 
mu tscharn müfs, tut ers nit, der keiser sal iem den 
nutz zumale antwurten bis an die zit, daz er vil gerne 
mutschart 203 ff. 

Im mühlhauser stadtrecht (13. jahrh.): het och ein 
man ein kint, daz sin brötezi is, also «^as heiz nicht von 
vme gi mutschart niheit u. s. w. s. 35. Ein iglich man, 
der sal wissen, der gemein lehen hat mit andern luten oder 
mit sinen gebornen magen; mutschart er sie mit des kei- 
sers gebot u. s. w. 204. 

ir diechtern, die diechtern 49, 55. kint und 
di echtem 69, 75. Sieh Grimm wb. s. v. 



46 Biriinger 

In einer frankf. Urkunde von 1321 17. jnli bei Böhmer 
p. 459 heifst es: „recognoscimus et ad uniyereorum noticiam 
deducimus per praesentes quod non per formam vere par- 
ticularis divisionis, sed per modum qui dicitur mütscbar 
de Iinjnsmodi bonis feodalibus in locis que pariter et indi- 
▼iso titulo feodi hactenus tenuimus et possessemus n. 8. w. 
mutenetschare i. e. vicissinaria gubernatione possidere. 
antheizze „welchem manne ein mann schuldig ist, wil er 
die schulde yeman schiltgeben, daz er veste si, der sal sy 
geben mit des schuldigen willen, daz sy der schnldic dem 
antheizze werde, dem er sie heizzet geben^ 75,79. 

Scherten swy. daz diz heilig riebe geschertet 
wart an vil enden 222. 

Schicken swv. da ein man ist, der zu sinen jiren 
kumen ist und gelobet der eim wtbe die & und h&t mit 
ir nit zu schicken und rftwet in u.s. w. 123. 

Bild, böse: ^iglich man der böse bilde treit, den 
sol der keiser wandeln zu dem besten^ 54. 

Terminunge „in des riches terminunge^ 10 u« oft. 

werbe in driwerbeoft. sechs werbe 174. — an- 
derwerbe (ibid.). 

yerdarben swv. „wem man gibt einen man von ge- 
richtes wegen ftkr gut, daz er schuldig ist, der sal in hal- 
den ze libes unverdarbet und nngeturnit und unge- 
blochet (26). 

Merk er = hüter des waldes 248. 

riste = ellenbogen (nach andern handschr.) „sal die 
rechte band in ein buch legen bis an die riste^ 249. 

richten bi wachender Sunnen 26. 

gezügebar = zeugschaftfahig „mit tüsent gezuge- 
born mannen^ 20. 

Des unkindes reht (21) sal nit glich stn des e kin- 
desrecht, (daz) der richter des keisers stat icht mösich 
mache 7, 6. der rihter sal stn ein grisgrimmender lewe 
a. a. o. wer das riebe entreinet (11) und auch die lüte 
verwirret 11, 10. ge fr eischen, fragen, oft (Nibelung.) 
vergifften, unvergifftet, oft. 

f&r einen leppen hund (?) 250. 



zum ichwS.bi8cheii wd alemanniflchen. 47 

daz er im icht wölflicht aberdrewet sin gfit225. Nach 
andern handflchriften wulflike. 

Schüchwerter 79. 

rüszeltch gescheen92. rüchelozeltche and. hand- 
sehr, geschaiden von manig irsamer sacfae 4, 2. unvire- 
s&me strafse 7) 6. 

Als ein hingeworfen mensche (das ehweib ver- 
lassen) 122. 



Zu dem schwäbischen und alemannischen. 

Ein acht alemannisches wort ist auch reckolter, 
reckoltervogel = fQr wachholder, wachholdervogel =s 
krametsvogel. — Niederschwäbisch heifst das volk den wach- 
holder „weggholder^. Baiern kennt nur kranber, kran- 
vogel, kranwit, kranewit, das Schmeller II, 387 reichlich 
belegt hat. In dem alemann, „bflchlein von guter spise'^ 
aus dem anfang des 15. jahrh. sitzungsber. d. königl. bair. 
akad. der Wissenschaften 1865. 11. 3. s. 184 ff.: reckol- 
ter fogel.. ,,niem reckolter fogel, die suber berait sind 
und so du sy gewaidest, so stofs den magen also ganz 
wider in und erwelle in einer guoten fleischbrfige; darnach 
röst in ainem schmalz und niem aines kalbes oder aines 
schaafes leber und stofs in ainem morser und als vil prot- 
tes dazö und gQfs daran ain wenig win und essich und 
schlachs durch ain töch, bewürz und färbs wol und erwöls 
in ainer pfannen und gib die reckolter fogel darinn^. 
Beckoltervogel erklärt das alemannische vogelbuch 
Gesners von Forer 1563 also: Von allen ziemem ingemein 
und insonders von dem, so von Teutschen reckoltervo- 
gel genannt wird. Dieser vöglen macht Aristoteles dreQ 
geschlächt: eins, so den mistel ifset, in der gröfse einer 
atzel, welches von den unseren von mistelhär ein mistler 
genannt wird; das andre trichada oder pitare genannt, wel- 
ches ein ghälle stimm und bei uns ein reckoltervogel, 
wachholdervogel, wacfaolterziemer; anderschwo aber ein 



48 Birlinget 

krametsvogel genannt wird. — Im winter findt man 87 
bey uns auch am meer und denen orten, da viel reckol- 
tern und myrten bäume wachsend. — Krametvogel liebend 
f&raufs die reckolterbeere. Scilmid hat das wort s. 431 
wohl aus dem badischen Schwarzwald. Junius Nomencl. 
1583: Wacholtervogel 5 reckoltervogei, turdns xZ/Ai?, 
xix^a 8. 48 b. Schmeller bezeichnet es III, 42 als acht ale- 
mannisch, will es aber mit hülfe des angelsächsischen er- 
klären. Frisius dictionariolum, Tiguri, Froschower 1548, 
s. 589 a hat turdus, une grive, ung tourd, kramatsvogel 
oder räckholtervogel. Auch Dasypodius und der Voc. 
opt. 41, 108 bringen das wort. Weinhold alemann, gramm. 
§. 166 8. 130 nennt es Wechsel von w und r. Alle he- 
imstellen weisen das wort nur als alemannisch auf; die 
heutige Volkssprache des alemann, schwarzwaldgebietes hat 
es noch. Zwischen Iller> und Lech kennt man nur kra- 
metvogel; ebenso in Tirol; in Niederschwaben lebt nur 
weckholder, weckholdervogel. In einem königsbergischen 
arzneibuche von 1555 (Daubmann) heifst es: Wacholder 
frucht oder beer — etliche nennen sie krametbeer; — 
der bäum wird auch von etlichen fe wer bäum genennet. 
Bl. 35 a. 

Der name för pica lautet oberdeutsch verschieden. Am 
mittlem Necar gilt nagelhätz, in oberschwäbischen ge- 
genden nagelhex. Von Alemannien scheidet sich auch 
in diesem worte das schwäbische gebiet. Schon auf der 
Alb, dem einen alemannischen ausläufer, hört man kä- 
gersch, kägeresch, das bei Riedlingen volksüblioh und 
weiter bis Marchtal und Ehnigen hin lebt. Kägerestaug 
gilt da für hünerauge. Aus der Schweiz fQhrt Stalder 1,92: 
ägerste, agerste f. an; dabei ägerstenaug, agersten- 
aug. Forer (Gesner) vogelbuch 1565 hat s. XII „von der 
ägersten oder azel^. Schmid fährt s. 12 agelstür nicht 
aus dem volksmunde, sondern aus einer alten wQrtemberg. 
chronik von Steinbeil. Tobler bringt das wort in seinem 
appenzell. Sprachschatz. Das mhd. wtb. I, 12 b hat es mit 
einigen stellen belegt. GrafP I, 131 und Schmeller I, 35 
bieten aus glossensammlungen althochd. agalastra u. s. w. 



Htm 



die spräche des kaiserreichs. 49 

Wackemagel (in der 4. aufl.) des wb. 6 a gibt eine menge 
formen des wertes und leitet es von ä und galster ab, wel- 
ches wort galstem, vergälstern noch heute alemannisch 
volksöbltch ist. Den vorherrschend alemann, charakter des 
wertes glaube ich auch aus dem cgm. 384 nachweisen zu 
können, der eine reihe spezifisch alemann, wdrter enthält. 
F. 95b steht: „für warzen und agalsteraugen. Item 
wenn ein bund harnet, so fauch den harn und bestrich die 
Warzen oder agelsternaugen, etwie dick, damit sie ver- 
gaund^. F. 102a: „wiltu das agelsturnaug vertriben, 
so njm schäffin bona und lä sie in win ligen ainen gan«- 
zen tag und pflaster sy über das agalsturoaug dry tag 
und nym es ab und ziehe es dennen^. 

Ich verweise noch auf Frisius 460a: pica ägersten, 
atzel. Femer auf einen vocabularius, incunab. der pica 
agrest enthält. Junius48a: aglaster, ärgerst, elster. 

— Vgl. auch Grimm wb. I, 189. 

Aus dem gesagten erhellt, dafs die alemannische 
Schweiz ägerste, ägerstenaug vorwiegend hält, woge- 
gen im diesseitigen See* und Schwarzwald alemannisches 
agelster früher bräuchig gewesen sein mnfs. Die form 
der Alb und obern Donau kägeresch stimmt vielleicht, 

— mit ge-, ke- Vorschlag, wenn nicht naturlaut obwal- 
tet, — zu dem schweizeralemannisch. Dafs aga Ister 
zu galan, gol, galstern zu stellen, ist unzweifelhaft. Das 
unheimliche des vogels, der tod verkündet, ist schwäbischer 
und alemannischer Volksglaube. Forer berichtet, mau hätte 
den vogel nur deswegen gern, weil er mit seinem geschrei: 
inbrechende diebe anzeige. 

Birlinger. 



Zeitschr. f. vgl. eprachf. XVI, 1. 



50 Pauli 

Ueber skr. häridravä. 

Kuhn hat im XIII. bände d. zeitschr. (p. 1 14) die ver* 
muthung ausgesprochen, dafs das skr. bäridrava in der 
stelle Rv. I, 50, 12 keine pflanze, wie Säjana will, sondern 
eine vogelart bezeichne. Benfey dagegen hat, allerdings 
ehe Kuhn diese ansieht aufstellte, dem scholiasten folgend, 
in seiner Übersetzung (orient und occident I, 406) häridra- 
vesu übersetzt: dem haritälabaum. Allein an der andern 
stelle des Rk VIII, 50, 7 erklärt Säjana selbst den dual 
häridravä durch paksinäu, was eben doch nur heifsen kann: 
zwei Vögel; überdies steht in dieser stelle dem bäridrav^va 
patathas des v. 7 im v. 8 parallel hansäv iva patathas, im 
V. 9 pjenäv iva patathas, wie zwei gänse, wie zwei falken 
fliegt ihr. Und da an der ersten stelle den häridrav^su 
gleichfalls zwei vogel zur seite stehn, püka der papagei 
und ropanäkä die amsel, so mufs allerdings häridravä noth- 
wendig auch hier wieder der vogel sein. Aber welcher? 
Befragen wir seinen namen! Die gelbwurz, curcuma, heifst 
haridrä und haridru gelbes holz habend, synonym mit pl- 
tadäru und pftadru. Davon könnte ein adjectiv häridravä 
wohl herkommen und der vogel so benannt sein, weil er 
irgendwie mit dieser pflanze in Zusammenhang stünde, am 
wahrscheinlichsten -wohl als der gelbwurzelfarbige. Allein 
das adjectiv von pötudru (auch pütüdru accentuirt) pinus 
longifolia heifst paütadrava mit betonung des vrddhi, wäh- 
rend häridravä die endung betont, wenigstens in beiden 
stellen des Rk, in der parallelstelle des Atharvavßda heifst 
es allerdings haridravesu. Dadurch wird, falls die beto- 
nung des Rk die richtige ist, und das ist sie, wie wir als- 
bald sehen werden, diese etymologie zweifelhaft. Eine 
zweite herleitung wäre die, dafs man das wort in häri-h 
dravä zerlegte und in dravä dasselbe wort erblickte, wel- 
ches neben dravarä in Rv. IV, 40, 2 als beiwort des gött- 
lichen rosses dadhikrä erscheint und vom Pb. wb. gewifs 
richtig als laufend erklärt und zu dru, laufen, gezogen 
wird. Dann wäre häridravä ein karmadhärajacompositum^ 
hiefse der gelbe läufer und hätte den gebührenden accent. 



über skr. häridrard. 51 

Aber auch diese etymologie hat ihre Schwierigkeit in dem 
ä der ersten silbe, dessen länge durch nichts motivirt ist. 
So giebt also das sanskrit allein keinen aufschlufs. Wen- 
den wir uns daher an die verwandten! FQr skr. häridraya 
hätten wir im griechischen ;^«(>/J()oog oder vielleicht /a- 
QtSgvog zu erwarten, letzteres nach analogie von skr. pava 
: griech. mvov (Fick Orient und occident III, 111) u. ä. 
Diese beiden formen nun existiren allerdings nicht, aber 
der von Aelian (nach Kuhn, d. zeitschr. XIII, 155) als in 
seinem verhalten gegen die gelbsucht dem häridravi gleich 
dargestellte xagaägiog zeigt aufser diesem sachlichen zu- 
sammenhange auch lautlich eine so ähnliche gestalt, dafs 
man wohl das indische und das griechische wort identi- 
ficiren kann, zumal wenn es möglich ist, die geringe ab- 
weichung der wirklichen form x^Q^^Q^og von der theore- 
tischen xaQidgoog oder ;^a(>tJ(7vog zu erklären. Das aber 
ist möglich. Der xccQccSgiog nämlich ist nach Pape, gr. lex. 
8. V. „ein gelblicher vogel, dem brachvogel ähnlich, der in 
erdspalten und klüfteu wohnt, vielleicht der regenpfeifer", 
nach Kuhn (1. c. 156) der sandregenpfeifer, charadrius hia- 
ticula, der schöne gelbe flQfse hat. Nun aber leben die 
meisten arten des regenpfeifers wirklich, wie das mir ge- 
rade vorliegende „ thierreich ** von Curtmann und Walter 
erzählt, in der nähe des wassers, nisten auf der erde und 
entfernen sich bei regnerischem und stürmischen wetter 
mit lebhaftem schreien und pfeifen von den ufern der ge- 
wässer. Die thiere wohnen und nisten also an orten, die 
der Grieche mit x^gddga bezeichnet, und daher war es 
sehr natürlich, dafs er die ihm unverständlich gewordene 
form x^gtSgoog an x^Q^^Q^ anlehnte und zu x^9^^Q^^S 
umformte. Dergleichen volksetymologieen, wie sie Förste- 
mann nennt, finden sich gerade bei thier- und pflanzen- 
namen ungemein häufig und ich verweise dieserhalb auf 
Förstemann's abhandlung in d. zeitschr. I, 18 sqq., wo ge- 
rade auch das mhd. galander als volksetymologische ont- 
stellung für charadrius aufgeführt wird, jedoch mit unrecht, 
denn das mhd. wort ist dem mlat. ^alandrus entlehnt (Wak- 



52 PAuli 

kemagel, altd. wb, s. v.). Dafs aber beim ;f«paJ(>i05 eben 
dieser yorgang stattfand, beweist der accent. Wäre das 
wort wirklich Ton yttgaSga abgeleitet, so könnte es nur 
XccQcidQiog heifsen, wie aach Benfey (gr. wU. I, 204), seinem 
richtigen gefühle nachgebend, irrthflmlich betont hat, denn 
ein betontes snffix log giebt es nicht, wie die von Leo 
Meyer (vergl. gramm. 11,440 — 456) in reichster auswahl 
gegebenen beispiele f&r dies suffix darthun. Anfser der 
Volksetymologie beweist der accent in x^^Q^cSgiog auch, dais 
die betonung des indischen wertes als häridravä im Rk 
die richtige sei, gegenüber dem Atharvan. Dadurch wird 
denn nun allerdings die etymologie des vogels als der cur- 
cumafarbige unwahrscheinlich, so gut sie auch sonst pafste, 
denn z. b. der charadrius morinellus heifst nach Curtmaon 
und Walter auch das gelbe dQtchen und hat eine gelb- 
rothe brüst und gelbgraue einfassung der flugfedern, cha- 
radrius biaticula^ wie oben gesagt, gelbe fbfse, und wir 
werden wieder auf den gelben läufer gef&hrt, der ebenso 
gut pafst, denn meine naturgeschichtliche quelle sagt, dafs 
sie ebenso viel laufen als fliegen und dafs selbst die aus- 
kriechenden jungen sogleich davonlaufen. Wenn nur 
nicht das a störte! Ich glaube deshalb, dafs auch diese 
etymologie nicht die richtige ist, sondern dafs wir in häri- 
dravä ein adjectiv vor uns haben, gebildet nach art der 
patronymika, wie kanrava von kurü, also von haridrü. 
Dies haridrü kann aber nicht mit haridrn, gelbwurz, iden- 
tisch sein, denn letzteres, dessen accent mir nicht beieg- 
bar ist, mufs als bahuvnhicompositum haridru heifsen und 
sein adjectivnm häridravä, unser wort aber heifst haridrü 
und ist ein karmadbäraja, gehört nicht zu 4. dru des Pb. 
wb., sondern zu 2. dru und bedeutet gelber lauf, häridravä 
gelbläufig, d. i. gelbfafsig, d. i. charadrius hiaticula. Die 
betonung des Atharvan schiebe ich auf Volksetymologie, 
wie die griechische vocalisation. Man vergafs die herlei- 
tung des Wortes von dem obsolet gewordenen haridrü und 
lehnte es an haridru, und zog nun vielleicht umgekehrt 
statt des vogels auch die gelbwurz, welche ehedem mit 
der gelbsuch t nichts zu thun hatte, mit in die kur, welche 



über skr. häridravi. 53 

bei Kuhn (1. o. 115) bescbrieben ist. So möchte sieb auch 
wohl die glosse Säjana's haritäladrumesu erklären. 

Zum Schlüsse sei noch auf die grofse übereinstimmuDg 
faingewiesen, die auch hier wieder zwischen sanskrit und 
griechisch herrscht: der name eines vogeis, ein composi- 
tum, ist beiden sprachen gemeinsam, eine Übereinstimmung, 
wie sie, ohne entlehnung, kaum gröfser gedacht werden 
kann, und welche, falls eben nicht entlehnung vorliegt, wie* 
der die ansieht Sonne's (d. zeitschr. XII, 273), „dafs im 
gegensatze zu der hypothese einer gräcoitaliscben periode 
das griechische vielmehr als äulserster gen westen vorge- 
rückter posten der persoindischen familie zu nehmen sei^ 
bestätigt. Entlehnung ist allerdings denkbar und gerade 
dann ist eine volksetymologiscbe lautänderung am häufig- 
sten, wie dies folgende beispiele aus den aitpersischen keil- 
Inschriften f&r das griechische darthun: Hakhämanis wird 
1/4x^1 fiivTjg wegen 'Axaioi und fiivosj Bagabukhsa Meyd" 
ßv^og wegen fiiyag, Bardiya ^^igSr^g wegen öfiegSaUag, 
Uvärazmis XagaCfiia wegen xoiga. Andrerseits aber spricht 
allerdings die betonung x^Q^^giog gegen die entlehnung, 
welche sich dann, wie die eben angeführten beispiele zei- 
gen, gleichfalls der national -griechischen anschliefst, also 
hier x^Q^^Q*'^^ ^^^ müfste. Doch wenn auch das dahin 
gestellt l^teibt^ an der erklärung von häridravä wird da- 
durch nichts geändert. 

Stettin, michaelis 1865. Dr. Carl Pauli. 



54 Savelsberg 

Lautwandel von o in x. 

I. Im anlaut. 

Der von Bopp in der vergl. gramml I, s. 813 (§. 568, 
2. ausg.) behauptete lautwandel von a in x, durch welchen 
die aoriste auf xcr, l^dufxa 'd&rjxa tjxa^ ihre erklärung finden 
'sollten, war blofs durch einige im slaviscben analog gebil- 
dete aoriste, z. b. dachu „ich gab^ und durch das verhält- 
nifs des lat. cum zum skr. sam und gr. avt^ gestützt, sonst 
innerhalb des griechischen selbst nicht nachgewiesen, wes- 
halb wenig Zustimmung erfolgte und 6. Curtius grdz. 11, 
s. 21 diesen Übergang ganz in abrede stellte. Jedoch läfst 
sich eine so ansehnliche reihe von analogien sowohl im grie- 
chischen, als im Sanskrit und zend auffinden, dafs wir den 
behaupteten lautwandel unabweisbar anerkennen müssen 
und in ihm einen Schlüssel zur erklärung mancher schwie- 
riger wortformen gewinnen. 

Wir gehen von der unbestrittenen thatsache aus, dafs 
im Sanskrit in ^vapura-s und ^akrt das anlautende pa- 
latale 9, welches regelmäfsig griechischem x entspricht, an 
die stelle von s getreten ist, da die yergleichung des er- 
stem mit russ. svekor, goth. svaihra, lat. socer, die 
des andern mit gr. axd^, stamm axagT (gen. öxar6g)j ags. 
skearn „mist" (ßenfey gr. wzlx. II, 172) und vorzüglich 
mit irischem seachraith (Bopp vgl. gr. P,316) die grund- 
formen svakura-s und sakart ergiebt (G. Curtius grdz. 
n. 20 und 110). In den bisherigen deutungsversuchen des 
letztern wertes aber hat man die wurzel verfehlt, indem 
man ihr das r von pakrt zuzählte (skarl), da doch im 
sanskrit das nebenthema pakan^ nach welchem die schwa- 
chen casus declinirt werden können — gen. sg. pak-nas 
neben pak-rtas, instr. pl. pak-abhis — , solche annähme 
eben so wenig gestattet, als bei jakrt dessen zweites thema 
jakan""). Man unterscheide also wurzel imd endung so 

*) Auf avas-kara müssen wir verzichten, weil Benfey II, 171 es 
sammt ava-kara und karisa richtig unter eine wurzel kri stellt, woran 
er freilich sonderbar genug sa-kft (so zerrissen!) anscbliefsen will. Walter 
scheidet zeitschr. XII, 384 mit Bopp in ^ak-pt richtig die wurzel 9ak aus 
lehnt aber den lautwandel s in 9 ab, weshalb er für viele tUvrW^f^ eine aa- 



lautwandel von a in x* 55 

richtig, wie in jak-rt gr. iin-aQ^ auch in pak-rt ax-atQ 
und beachte besonders, dafs ox-wq dieselbe endung wie 
vd'iog bat, also bei nothwendiger Voraussetzung eines vo- 
cals in der wurzel aus accx-wg syncopiert ist ähnlich wie 
CTt-iad-ai inf. aor. 2 bei Homer Od. XXII, 324 von wz. ^en 
„folgen" und TiT-ego-v goth. fed-ara von wz. /Jgr „fliegen", 
daher auch mit ax-wg das compositum Gxihßalov (ohne (>, 
freilich mit schwer zu erklärendem i;) wurzelhafb verwandt 
ist, welches in der bedeutung „abfall, auswurf, Überbleibsel" 
zu öxwQia und zu stercus ferri stimmt. Die wurzel, 
welche nun pak oder älter sak sein sollte, erscheint als 
wirkliche verbal wurzel nur mit langem l, sik oder ^ik 
„Spargere, effundere, pluere", gerade wie von ak-§, der 
wurzel der nomina ak<s-a-m ak-s-au ak-s-i „äuge", 
als verbalwurzel nur ik-s „sehen" im gebrauch ist. Uebri- 
gens sehen wir sogar schon in der wurzel den Wechsel von 
s mit 9, sik mit pik, wiewohl die priorität des s in sik 
aicht nur durch die verwandten sprachen, sondern auch 
im Sanskrit selbst durch die eng damit zusammenhangende 
i^urzel sik „besprengen, benetzen", deutsch seichen und 
seihen, bezeugt wird. Die ursprüngliche wurzel sak aber 
(mit a) ist aufser in dem erschlossenen sak-rt noch er- 
halten in sak-thi, welches Unterleib oder vielmehr das- 
selbe was ödxa^ ro rfjg yvvatxog bei Hesych. oder odxra 
bei Photius 500, 3 bedeutet, da das compositum ava-sak- 
-thi-kä ein beim sitzen gebrauchtes lendentuch bezeich- 
net. Vgl. cun-nus nebst cun-ire und in-quin-are zeitschr. 
in, 416. — Noch oft erscheint im sanskrit p für s, wenn 
auch nur abwechselnd, wie neben däsa, däsera zuweilen 
däpa, däpera, neben musala oder musala zuweilen mu- 
pala gefunden wird, anpa neben ansa, pänpu neben 
pänsu, paki (Indri uxor) neben saki u. a. (s. J. Schmidt 
die wz. Akp. 15); am ende eines wortes aber geht s vor 
anlaut. k kh und 9 stets in 9 über, z. b. ravi^ karati. 



geblich verschiedene grundform skard aufstellt; eine Bolche ist aber oben 
bereits zu sak-art berichtigt worden, auf welche berichtigte grandform nan 
die beiderseitigen mit s und mit 9 anlautenden ableitnngen zurückgeführt 
werden mftssen. 



56 Savelsberg 

Im weitern amfange ist dieses im zend geschehen , wo s 
besonders häufig vor t und n in 9 übergegangen ist, z. b. 
zend« ^tä hif^tämi skr. sthä tiätbämi gr. ava iaxrnAh 
a^ apti as asti ^4; kari 

^tar (sternere) str ötOQ^vvfAi 

9nä (lavare) snä (lavari) i/>;-;|f-w f. öi/t^-w. 

Schleicher compend. p. 163. 164. Curtius grundz* n. 443. 

Indem wir nun auch im griechischen denselben laut* 
Wandel von (T in x nachweisen, schliefsen wir zunächst 

1) an das eben aus dem sanskrit besprochene beispiel 
9akrt das griechische xongog an. Diese beiden Wörter 
dfirfen nicht von einander getrennt werden (wie bei Benfey 
I9 269 und Curtius n. 36 geschieht), da ihre Zusammenge- 
hörigkeit sowohl in hinsieht auf die laute, als auf die völ- 
lige Identität der bedeutung, welche zwischen xanvog und 
TeoTTQog bei Benfey und Curtius nicht stattfindet, sich als 
unzweifelhaft erweist. Der anlaut 9 in ^ak-rt ist ja der 
regel gemäfs durch x in xongog^ der inlaut k, der noch 
im griecfa. xaxxtj geblieben ist, ist, wie sonst sehr häufig, 
besonders in dem verwandten OTiariXrjj so auch hier in 
xoTiQog durch den labialen n vertreten, und dem seltenen 
suffis rt in ^ak-rt steht das häufigere -go in xoti^qoq 
(ähnlich wie dem dor. afiagir) »tag" — afiäga r^fiiga 
zeitschr. VII, 382) gegenüber. Es haben also beide wur- 
zelformen, nicht nur die oben besprochene ursprüngliche 
sak aax^ sondern auch die gutturalisierte 9a k xax im 
griechischen gleichwie im sanskrit bestanden, wie die über- 
sieht der wichtigem derivata zeigt: 

Btk)L sak-thi adx'-a ax-dg^ mit labialismus an»ar-ikt] 

9ak xdxx-ri(xaxX'aw)^ak'Tt „ „ xon^go-g. 

Ferner finden wir der vom zend erwähnten Verwandlung 
des s vor t und n in 9 ganz genau im griechischen ent- 
sprechend den Übergang des a vor r und v in x in den 
altepischen Wörtern xrvTio^g und xvi(pag, Dals nämlich 

2) xtvnog (erweicht in igi'ySovnog) „donnerschlag, ge- 
töse" aus Gtvnog entstanden ist, zeigen die hesych. glos- 
sen: arvTid^ei' ßgovr^^ \lto(psij la&si — atvcp^v ßgovTqv — 
(STVTiia^ wo unter andern bedeutungen auch 6 %p6q>og TYJg 



lantwandel von a in x. 57 

ßQovtfi^ aDgegeben wird, und mit abgefallenem o oder x: 
rvnü' \f)o<pti, xtvnBi, xootü^ nhjaan — rvnd^tiv xonreiv. 
Den abfall des a vor r hat die wurzel tvti mit vielen an- 
dern griechischen Wörtern gemein, die G. Curtins grnndz. 
II, 8. 264 zusammenstellt. Auch im sanskrit ist von der 
Wurzel tup die ältere mit st anlautende gestalt noch in 
pra-stumpati übrig, s. petersb. wörterb. III, s. 359. 

3) Das andere, xvi^ag oder xvitpog (bei Hesychius, 
und gen. xvifffOVi; bei Aristoph.), ist dasselbe wort mit ye- 
(fog und skr. nabhas, aus dessen bedeutung „wölke ^ sich 
die metaphorische von „dunkelheit^ (U. XVI, 350 d-avd" 
Tov viq>oq.' Pind. OL VII, 45 lad-ag vi(pog) entwickelte 
und in xvitpag sich festsetzte*). DaTs vi^fog ursprOnglich 
noch einen consonanten vor sich hatte, hat Ahrens im 
rhein. mus.* N. F. II, s. 168 daraus erwiesen, dafe bei Ho- 
mer vor viipOQ eine vorhergehende kurze silbe 17 mal ver- 
längert und nur 3 mal nicht verlängert ist; jedoch griff er, 
um den abgefallenen anlaut zu entdecken, aus einer gruppe 
verwandter Wörter gerade die am meisten entstellten lo- 
'dvi(f'7jg und dpo(f't(}6g heraus, die in Verbindung mit lit. 
debbesis „wolke^ und lettisch debbes „himmel^ in 
welchen n ausgestofsen sei, den anlaut öv für vi(pog und 
dessen wurzel beweisen sollten. Jene gruppe beginnt nun 
aber mit xve<pag und führt abwärts erst über yvotpog zu 
ävoipog (Curt. grundz. II, s. 112. 274) und zuletzt zu ^o- 
q>og^ welches v ausgestofsen hat, wie X im äol. öavxog (aus 
yX^xog) ausgefallen ist. Indem man also von xvktpag aus- 
gehen mufs, so ist ein schlufs von der untern stufe, io- 
^dvtfprig und Svotpegog^ nicht mafsgebend und unstatthaft. 
Dagegen mufste Ahrens beobachtung an den vielen Wör- 
tern bei Homer, vor denen ein kurzer schlufsvocal verlän- 
gert wird, vitpdgy vitfoug^ vavQrj, wog, viC(a^ vio} (schwimme), 
VYivgy vijaogy Notog und voxiog^ deren abgefallenen anlaut 



*} So erklärt denn Hesycbios viq.o<; zuerst mit axoro?, oix^is% dann 
mit aO-fjoifffta^ nX^O-oq, difg ntuvxvnufi'oq. Ferner stimmt mit viqioq in 
der obigen bedeotung auch aei-rtqiq' 1 1''(/ Aoxr»«; bei Hesycbios und Etym. 
m. p. 21, 41, auf der andern seite xymiff' TV(fX6q bei Suidas mit xvi- 
q>aq ttberein. 



58 Savelsberg 

ö die Sprachvergleichung erwies, am sichersten auch bei 
vtffog zu dem ursprünglichen, der griechischen spräche 
bald vermehrten anlaut (rv führen, um so mehr, als auch 
die bedeutung von vKpdg, W^w, Novog, voriog „schnee- 
flocke'', „wasche'', „regenwind", „nafs" Verwandtschaft al- 
ler jener mit v anlautenden stamme untereinander und mit 
v6(pog „der regnenden wölke" vermuthen läfst. Für vitpa 
(accus.) nämlich und lat. nix bjiten goth. snaiv-s, lit. 
snega-s, slav. snjeg den anlaut sn; es ist nun die ge- 
meinschaftliche Urform snigh (Curtius grundz. n. 440), im 
skr. snih vorauszusetzen, welcher letztern im zend regel- 
recht pniz (Benfey griech.wurzellex.il, s. 54), wie der 
Sanskritwurzel snä im zend ^nä, entspricht. Hiermit 
hängt ohne zweifei auch die skr. wz. nig „waschen" gr. 
vi^iü zusammen, so dafs zwei durch gutturale erweiterte 
wurzeln von snä ausgiengen, wobei ä zu i herabsank: snih 
(snigh) und snig. Norog^ von welchem wir den abgefal- 
lenen anlaut <s mit Ahrens im ahd. sund (durch Umstel- 
lung aus snud entstanden), die gleiche bedeutung in Sun- 
droni „Südwind" (Einhardi vita Karoli Magni cap. 29) 
finden, ist dasselbe wort wie das sanskrit-partic. snäta-s 
„gebadet" (wz. snä) und davon abgeleitet voxtog „nafs". 
Was nun endlich vkifog betrifit, so hatte schon Benfey im 
griech. wurzellex. II, s. 54 das skr. nabhas „die regnende 
wölke" *), in dessen bh er ein secundäres wurzelelement 
erkannte, auf die wurzel snä zurückgeführt, und damit 
auch vecf'og. Das erschlossene alte avarpog ist also eine 
diviuation Beufey's, welche der von Ahrens gemachten 
beobachtung, dafis bei Homer ein kurzer vocal am ende 
eines wertes vor vk(f>og^ wie durch position, so oft verlän- 
gert ist, die sichere stütze verdankt und ihr hinwiederum 
die rechte erklärung gibt. Nachdem wir nun die urform 
6yk(fog gefunden haben, aus welcher obiges xvitpag durch 
Übergang von a m x entstand, ist noch das denselben ver- 
mittelnde wort öxvi(pog (mit i für e, Curtius grundz. II, 



*) Später citirt Benfey SamavSda wörterb. s. 107 die von einem indi- 
schen grammatiker bezeugte bedeutung wasser. 



laut Wandel von a in x. 59 

8. 286) ZU nennen*), welches bei den Attikern nach He- 
sychius 8. V. axvupov dunkelheit {ax6Tog\ bei den Eleern 
(ib. 8. V. axvirpog) morgen- und abenddämmernng (axga 
r^uigag xai iöTtioag) bedeutete. Dazu stimmen die adjec- 
tive, das eine xveipalog Aristoph. Vesp. 124 von der mor- 
gend&mmerung, das andere axviffalog bei Theocrit XVI, 93 
(ed. Ahrens) vom abend {iansoivog sehol.) gebraucht. Cur- 
tius aber will xviifag nebst axvl^og (grundz. II, s. 274. 275), 
indem er sie von vkifog durchaus trennt, mit skr. ksapä 
(griech. ipirf-og) verbinden, von welchem er denn xvicpag 
mit nicht weniger als drei lautaffectionen herleitet, näm- 
lich zuerst mit Umstellung von ks zu ex in axvicpog und 
abfall des a in xvicpag, dann mit einschiebnng eines v, 
ohne dafs davon eine spur im sanskrit oder sonst wo 
nachgewiesen wird, und endlich mit aspiration ip flQr n. 
Es ist eigentlich nur eine genauere entwicklung von Ben- 
fey's behandlung dieser Wörter in griech. wurzell. I, s. 617, 
welche keinen anspruch darauf machte, Oberzeugend zu 
sein. Anstatt nun so viele abweichungen anzunehmen, be- 
sonders die wesentliche des nachtretenden i/, welches Ben- 
fey mit recht fQr das gröfste hindernifs hielt, gehen wir 
von der aus Homer gefolgerten urform avicpog aus, welche 
zu skr. nabhas genau stimmt bis auf den anlaut s^ der im 
sanskrit so oft abgefallen ist**), und welche innerhalb des 



*) In der betonung axvfq^ot; folgen wir M. Schmidt, welcher in der 
neuen ausgäbe des Hesychios den circumflex in anrufnq mirsbllligt. 

*♦) Im sanskrit selbst haben für das spätere tärä „stern" die veden 
noch den plural staras, fUrpa^ „sehen" das subst. spa^ „späher'*; die 
Sprachvergleichung ergibt, dafs ti^ „schärfen" urspr. sti^ lautete wegen 
oil^iü „steche", lat. in-stig-are, ahd. stich, tud, lat. tundere, urspr. 
stud wegen goth. stauta und ahd. stözu (Kuhn in d. zeitschr. lY, s. 6), 
tup „schlagen" urspr. s tu p wegen (m».-/aCöJ, s. oben. 

Wir sdiliefsen an die vielen obigen beispiele, welche vor dem anlaut n 
den Sibilanten abgeworfen haben, ein wort an, das die spuren ursprünglich 
anlautender doppelconsonanz deutlich an der stime trägt. In ivria nämlich 
nebst ftfi'«T05 und ffraro? IL II, 296 {fha-iiK; XVIII, 400) bekunden die 
assimilatiou und der diphthong «» vor v eben so, wie in 'kvvvfn und y.aia- 
J^tlvvaav II. XXIII, 135, wo die wurzel/'f? bekannt ist, dafs jenem v ehe- 
dem ein a vorausgieng, also das wort einst im sanskrit snavan und im 
griech. i-avifa hiefs (mit « als Vorschub zur leichtem ausspräche wie in 
^-/O^ki Curtius grundz. II, s. 292 — 295). Suchen wir die etymologie dieses 
Zahlwortes, so erhält der schon von Benary vermnthete Zusammenhang der 



60 SaveUberg 

griechischen den aulaut (T zu x in xvi(fag (oder xvi(pog) 
▼erwandelte. Indem wir diesen Übergang durch öxvi(pog 
▼ermitteln, nehmen wir dessen anlaut ax för einen laut, 
ähnlich unserm seh, wie ax regelmäfsig im sanskrit einem 
einfachen consonanten, nämlich der palatalen aspirata, die 
in lat. transscription mit kh bezeichnet wird, entspricht, 
und finden so denn auch den Vorgang des lautwandels 
ganz erklärlich, dals s erst in seh (wie ahd. sneo in nhd. 
schnee) übergieng und seh dann als Zwischenstufe zum 
gutturalen hinüberfQhrte: avitfog *»axvifpog — xvi(fag, wo- 
fQr weiterhin analoge ftlle zur bestätigung dienen*). 



zahl neun mit neu dadurch eine neue stütze, dafs i'vi-, welches wie das 
skr. adv. nfi-nam »jetzt* und adj. nfi-tana «neulich" mit Wo»? skr. na- 
va-8 gleicher abkunft ist, bei Homer öfters einen kurzen vorhergehenden 
vocal wie durch position lang macht, Od. IV, 685 vaiara xai nvftatä vvv 
h&dS( dfmrtifffiar, H. XV, 99 oint &foiQ eX n/g r$q fij irf Salvvrat 
tvqnfwr, XXII, 803 tigitazo' rvv ai.it, XXIII, 602 'AyrlXo/i^ vvv ftify also 
auf den anlaut «ri*, arvf und demnach auch auf fff^oq {trvifoq) schliefsen 
iHfst. An einer so vollständigen formellen Übereinstimmung hat denn auch 
die sachliche erklttmng bei Benfey griech. wurzell. I, 243; U, 61, dafs beim 
zählen nach der dualform oxcw skr. asfäu, nachdem man an vier fingern 
jedweder band gezählt habe, die folgende zahl die neue genannt worden 
sei, eine feste stütze, während die ableitung Benfey's von der skr. partikel 
anu „nachher" und die im petersb. wb. IV, 299 von nu »jetzt" nicht zu 
beiden griech. Wörtern fi'iia und r/nq zugleich, sondern jede nur zu einem 
von beiden pafst. Jetzt läfst sich fUr rioq, da wir von ari[fo^q skr. sna- 
va-s ausgehen dürfen, und damit zugleich für ^iiia ein gemeinsamer stamm 
auffinden. Als solcher erscheint uns das Substantiv sünu „söhn" (von Wur- 
zel SU „zeugen"), von welchem mit syncope das derivat snnsä (vgl. schwä- 
bisch „sohnerin") gebildet ist, ahd. snur nnd mit Verlust des anlautenden s 
vvoq lat. nurus, ein masculinum aber im gr. Jiwwffoq bei Homer und in 
Zovvv^nqiC.J.G. n. 2167 (cf. ^io ii;to? Schol. B U. XIV, 826. l&tym. m. 277, 
86) zu entdecken ist, nämlich arvffoq^ also Jio^apvffoq „zeussohn". Der 
in snu-sä und avv-an^q enthaltene synkopirte stamm snu bildete dann mit, 
gunirung, aber mit verlust des anlants s (wie vtt-6~q nu.ru-s, femer 
nau-8 „schiff" von wz. snu „fliefsen"), das adj. nav-a-s vif-o-q nov-u-s, 
welches also urspr. „kindlich, jung, jetzt entstanden (neu) bedeutete, mit 
Verlängerung des vocals das adv. {a)i'vt', skr. nfi, lat. nü- per, und noch 
mit dem suffix tana das adj. nü-tana-s „neulich". 

*) Zunächst mag hier über fiHaq, weil es ähnliche erscheinungen wie 
vi(poq zeigt, eine vermuthung hinzugefügt werden. Da neben dessen derivat 
fiüa&-{^n¥ „schwarzes gebälk" sich, ähnlich wie xiitpaq neben ri<f)oq, bei 
Etym. m. p. 621, 29 eine nebenform Mf^iXe&gov findet nnd das mit adj. 
fiAaqy fifXaiva (stamm fif'Xav) verwandte dichterische xfXeuroq aus xfifXdr- 
~ioq mit Verlust des fi zu erklären ist, wie liotfnq mit verlust von v aus 
dvöq>o^y yifotpoq, Mv^ipaq, so dürfen wir, weil gerade diese oben behandelten 
Wörter so viel analoges darbieten und weil xfi eine im anlaut ungewöhnliche 
lantverbindung ist, von /ifXaq den voUera Btamm x^neXat (Buttm. lexll. II, 



lautwandel von ^ in x. ' 61 

4) Das sanskritwort savja-s y^Iink'^, welchem auch 
im zend havja mit regelmäfsiger Vertretung (h fi\T s) zur 
Seite steht (Justi s. 323), darf gewifs die priorität vor 
ifxatog und scaevus in anspruch nehmen, da altslaw. und 
ru88. shui „link% slaw. shevi und poshevi „schrägt und 
altirisch saib „falsus^ (s. diese zeitschr. V, s. 336) nur 
mit einfachem laut s oder seh beginnen und auch das lat. 
saevus mit der ethisch gewordenen bedeutung „verkehrt, 
wild, schrecklich, wüthend^ den blofsen anlaut s noch be- 
wahrt hat. Den gemeinsamen Ursprung von saevus und 
scaevus aber sieht man daran, dafs letzteres nicht allein 
in der sinnlichen bedeutung „link, schief, verkehrt^, sondern 
auch in jener ethischen vorkommt bei Sallust histor. fragm. 
(ed. Kritz lib. I c. 4, n. 45, 5) in der rede des Lepidus: 
quae cuncta scaevus iste Romulus, quasi ab extemis 
rapta, tenet, wo das gut verbürgte scaevus die grausam- 
keit und willkür SuUa's bezeichnet, womit er gegen die 
bflrger verfährt. Im griechischen sind beide bedeutungen 
in der einen form axatog vereinigt, wie Hesychios in einer 
tUUe von erklärungen bezeugt, axaiog' övaxoXog. novi^Qog, 
xaxog. fAfuQog^ anaiSBvrogy afjta&jjg, andv&goiTiog, ädixog^ 
TQcexvg^ <rxXij^6g^ inax^fjg, Taga^aiStig, a^iarsgog. Jedoch 
hat hierzu auch eine form aawg oder früher üaiog (urspr. 
aajriog) bestanden, welche uns bei Hesychios in der glosse 
aatoi' noXifiiov cet. genauer als bei Theognost. can. p. 
11, 14 actioi" Ol noläpiioi aufbewahrt ist mit gleicher be- 
deutung wie saevus für bellicosus, hostis (Verg. Aen. 
XI, 910), dann noch das derivat calvog' 6 aQiatSQiwv 
bei Theognost. p. 11, 13 „der linkische ** *). Da nun auch 
formen mit blofsem x vorkommen, wie rj-xaiog * agiarigiag^ 
i(syyg6g bei Hesychios, welches mit der intensiven partikel 



s. ^65) aus älterm a^nXav (wie xvitjrtq aus avifoq) hervorgehen lassen, so 
dafs eine wurzel aftfX oder ff^tag , etwa von afiaq-iXri »kohlenstaub** bei 
Aristot. Mir. c. 41, vorauszusetzen wäre. 

*) Das zur erklärung dienende agtaitqliav kommt zwar sonst nicht 
vor, ist aber richtig und deutlich ; denn -tcwr bildet nicht blofs patronymica, 
sondern wird auch sonst zur ableitung gebraucht gerade bei tadelnden bc- 
zeichnungen, wie ualanlotr, HoiKvXlm-^ öiiXaxoCmv. Düntzer in d. zeitschr. 
xn, 8. 7. 



62 Savelsberg 

17 (aus du) zusammehgesetzt ist*), so werden wir die drei 
stufen des lautwandels am angemessensten so ordnen, dals 
wir von skr. savja-s, griecb. aal'Vog 1. saevus ausgehen, 
daran zunächst die formen anschlielsen , welche a in ax 
verwandelten, öxaiog, scaevus, axevaxag evwvvfjiovg 
nebst axafißog argeßlog und axi^ißog x^^og beiHesycb., 
wo überall sc als eine bezeichnung unseres einfachen lau- 
tes seh im hochd. scheib und schief so wie des russ. sh 
in shui „link^ anzusehen ist, und von dieser mittelstufe 
zu dem scbliefsliehen Übergang in x gelangen: rj^xatog 
„sehr linkisch % xava^ovra änoaxd^ovra „hinkend^ und 
xavvog xaxog öxXijQog (d. i. saevus) bei Hesychios. 

5) Von der präposition avv hat deren Verwandlung 
in xvv zuerst Ahrens in d. zeitschr. lU, s. 164 an Kw- 
»ovQia^ dem gebiete in confinio Laconicae et Argolidis, 
dann die Verwandlung von av/^ in xvfjL an xvfi-dyxv und 
xvV'dyx^l bei Hesychios nachgewiesen und damit die latei- 
nische form cum derselben präposition zusammengestellt. 
Die daselbst in der hesychischen glosse xiv-avifov ipvxog' 
t6 &fxa rifiigif' Kvtiqioi scharfsinnig entdeckte form xiv 
geht auf eine wahrscheinlich ältere gestalt der präposition 
Giv oder urspr. öifi zurück, welche JSifi-dyytXog^ Böotarch 
zugleich mit Epaminondas Paus. IX, 13, 6, und SSiu-dgi- 
arog grammatiker bei Athenaeus III, p. 99 c. etc. zeigen. Die 
älteste gestalt aber war die den indogermanischen spra- 
chen gemeinsame urform sam**), welche in den glossen 
ffafi'üiay xegavvciöy von aau-o)d^ia}***) und aav-Oiii;' 
ala&ofisvog, yvovg bei Hesychios sich zu erkennen gibt, 
sonst noch dem adv. d^ia und dem alten adj. aafAog (= 
ofiog) in mehrern eigennamen zu gründe liegt. Solche sind : 
SafAO'&oivov C. I.G. n. 1936 v.25 aus Thessalien „schmaus- 

♦) Wie in fj-gifiaq neben ar-gifiaq aus dt*-^^^as. S. meine Quae- 
stiones lexilogicae de epithetis Homericis atSriXoqy /nijcrai'og, dffndaioq^ 
fidaToq (Aachen 1861) s. 12 anm. 2. 

*♦) In einigen der verwandten sprachen ist die urform unverändert ge- 
blieben, in andern sind eingetretene Veränderungen nicht schwer zu erklären, 
was am vollständigsten Pott etymol. forsch. (2. ausg.) I, s. 802 — 819 be- 
handelt. 

***) Vgl. ^vvta^ioi bei Apoll. Rhod. IV, 1261: ^vvimaap dfXXai ^ftiaq. 



lautwandel von o- in y. 63 

gesell^ 2auo-xXr}Q Melier b.Ross iDScr. ined. fa8C.3 n. 246a 
(= b^iOxKriq) „von gleichem rühm", ^auo-lag Achäer bei 
Xenopb. An. V, 6, 14. »von gleichem voik'*, JEdpL-innov 
Eleer bei Rangabe n. 1 1 78 „mit gleichen pferden versehen'^ 
und ^a^dkcQccrevg auf einem henkel in Olbia C. !• Gr. 
tom. II, p. 1000 n. 2085 n. 2 „von gleicher stärke'^. Das 
Simplex ^dt4os, welches auch nom. prop. ist, mag als per- 
sonenname (Diod. Sic. XIV, 19) „der gleiche^ bedeutet 
haben, ebenso Sä^iog Pindar Ol. XI, 70 und 2,iiuoq*) 

C. I. n. 8155. C. Müller, Fragm. bist. Graec, IV, p. 492 
(Delier) mit den Weiterbildungen 2dua)[v (Achäer) Rang. 

D. 1298, III9 53. ^iifuav (attisch von Brauron) rhein. mus. 
N. P. I, p. 201. Wie von JSdfxoq sind auch von .Srjfiog 
composita gebildet, wie ^(xu-ay6()a[g auf einer kret, inschr. 
G. I. n. 2562,22, so ^ij/x-ayogag auf einer münze von 
Smyrna Mionn. Descr. III, p. 198, n. 1012. 1013 — wie 
JSdfi-avdgog auf einer inschr. von Corcyra C. I. n. 1913, 
so Sr^^-avdgog Mitylenäer bei Eustath. ad Dionys. 549. 
Mit beiden letztern namensformen ist offenbar JSxdfA^avSgog 
einerlei, besonders da mit solchem anlaut eben von Mity- 
lenäem entsprechende namen ^xafiavägdvvf^og Herod. II, 
135 und Sxdfitüv Athen. XIV, p. 630b. 637 b etc. vor- 
kommen. Der lautcomplex ax, welcher bei Homer keine 
positionslänge vor SSxdfjiavSQOg bildet, ist weiter nichts als 
die bezeichnung des aus s modificirten lautes seh, wie des- 
gleichen im althochdeutschen frühe sclahan, sclaht, sclei- 
zan, scleht aus slahan u. s. w. und sclav aus slav entstand. 
Grimm, deutsche gramm. I, s. 175. Demnach ist neben 
aauog für jene namen ein schärfer gesprochenes axafAog 
(schamos) vorauszusetzen, woher auch 2!xa/^6Ta[g auf einer 
inschr. v. Thera C. I. Gr. tom. II, p. 1090 n. 2476 q. 93 
entsprungen ist wie Sriu6rr]g aus Srj^og. Was die bedeu- 
tung von 2dfAog in orts- und flufsnamen betrifft, so ist 
sie wahrscheinlich, gleich der von oiAalog^ „eben, flach** 



*) Daran schliefst sich nach form und bedeutung aufs engste an: ^y*«- 
«nd lat. semi- (sanskr. sämi- und ahd. sfimi-) ^ halb « eigentlich „das 
gleiche". 



64 Saveisberg 

gewesen, nicht ^hohe^, wie Strabo X, p. 457 angibt: m- 
&av(iuTBQoi d* €1(7/1/ Ol dno xov aafAOV^ xale2<y&ai ra vifff] 
(pijaavteg tv^iia&ai tovto rovvofAa rr^v Ptjaov. Vgl. VIII, 
p. 346''). Denn die mit ^äfiog benannten örter liegen 
entweder am (ebenen) geetade des meeres, wie^ie bekann- 
teste Stadt 2dfiog auf der nach ihr benannten insel (Strabo 
XIV, p. 637 iari d' cevtijg iv inmidfp ro nXiov imo r^g 
&aldaarjg xkv^ofievov) und ^df^fj auf Kephallenia, oder in 
einer flufsebene, wie 2dpLiv&og (mit derselben endung ab- 
geleitet wie KoQiv&og, JliQivß-og) in Argolis bei Thucy- 
dides V, 58 eztr., wo Agis in die ebene einfiel und Sa- 
minthos verheerte (kcßakwv kg ro Ttadlov kdrjov ^dfiivd'ov). 
Ferner ist die auf der ebenen landenge zwischen der halb- 
insel Chalkidike und dem berge Athos gelegene Stadt Sdvi) 
„die ebene, flache^ genannt, da sie nach Herodot VII, 22 
in einer ebene liegt {nsSiov Si tovto) und ausdrücklich 
griechische statt (ib. JSdvri noXig 'EXXdg\ bei Tbukydides 
IV, 109 eine colonie von Andres {!Av8Qiiav dnoixia) heifst. 
Die benennung ist ähnlich wii bei uns Ebenheim, Eben- 
furt, Ebenthal. Auch der flufs JSxduccpSQog durchflofs eine 
ebene, nadiov JSxafidpdQtov II. II, 465, 'deren landesfkblicher 
name JSafAbiviov nediov bei Strabo p. 472 auf das grund- 
wort aafiog zurückweist. Es hieis also der mit aanog oder 
axafwg und apSgog zusammengesetzte **) name SxdiA^avSgog 
„flachmann^, wie der flu/s jixdX-avSgog zwischen Herakles 
und Thttrii in Süditalien „Sachtemann^ von dxaXog „sanfte 
in dxaXaQQÜTtig. Sein nebenflufs SStfioBig ist äbolich be- 
nannt von cifjiog^ welches nicht allein „plattnasig^, sondern 
überhaupt „platt, eben** bedeutete***), oder von t6 ai^ov 



*) Hier vermuthet schon Korais, dafs bei adfjioq an das phSntkisch- 
hebräisohe schamaim «himmel'^ gedacht sei, eine etyraologte, die eben so 
wenig Wahrscheinlichkeit für sich hat, wie die ableitnng anderer bei Strabo 
ebend. p. 467 von den thrakischen 2cuo^. Von der insel SafioS-^oiar^ 
aber, die bei Homer noch JSdfMoq B^fiixCri heUjBt, sagt Stephanus Byas. rich- 
tig: ixXrj9"ij 6i dno rijq SctfiCatv mal twi» d^i^axwi', 

**) Analog gebildete troische namen sind: 'yfft-vjrwp, üCoao'-arJ^a, 
lind von nahen Städten: Nf-at3Qiay "j^vt^ av9ooq einer stitdt der Leleger 
nach Alkftos bei Strabo p. 606. 

***) Die bedeatang „piatt^, wovon ,, plattnasig** nur eine specielle an- 
wendung ist (to ffiftov Trjq Qivoq Xen. Symp. 6, 6), finden wir Xen. Cyr. 



laatwandel von «r in x. 65 

,ifläche^, wie bei Hesychios aiuiov aiyiakog von der ge- 
wöhnlichen fläche des nfers zu deuten ist. 

Dafs aifjiog die nächste modification von aa/x6g ist, 
gibt sich erstens darin zu erkennen, dafs die zwei formen 
als eigennamen sowohl einfach Säfxoq und 2lpLog^ als auch 
in derivaten neben einander hergehen, wie 2afAiag C. I. 
n. 1593 und SifAiag ib. n. 1590. 1608 (auch JSifif^iag ge- 
schrieben wie Mewiag neben Meviag)^ beide böotisch, das 
deminutiv 2afjiixog bdot. n. 1590 und Si^i^iSag Theoer. 

7, 21 (patronym. v. ^ifiixog), 2apivXog C. I. n. 2158, 21 
und SSifivXog Etym. m. p. 40, 8 (von atfiog). ^äfitav Ran- 
gabi n. 1298, III, 53 und JSifKov Xenoph. Eq. 1, 1, £a- 
fiiwv woher 2afiia)Via) C. I. G. n. 1574, 8 (böot. gene- 
tiv) und JSifxicuv PhiloL XXIII, s. 687 (aus Rhodos). Da 
nun zweitens die Schwächung des urspr. a zu i noch dazu 
im skr. sima-s „all, ganz^ neben sama-s „gleich, ganz^, 
so wie auch im lat. sim-ili-s und sim-ul sich zeigt, so 
ist es klar, dafs zur urforro aa/^ zuerst die form aifi hin- 
zugetreten ist. Später gieng alsdann bei den Griechen die 
Urform sam oder vielmehr die mittelstufe aofi (wovon 
ofjiog)^ indem o vielfach zu u herabsank (ofioiog in äol. 
vfioiog Ahrens d. Aeol. p. 82), in cv/jl oder (wv (L. Meyer 
vergl. gramm. I, s. 125), böot. aovvj über, in folge dessen 
denn auch, mit verwandeltem anlaut, xofi in xvfi oder xvv^ 
wie oben xvfji^dyx^ ^^^ xw'dyxv zeigt, und ganz analog 
bei den Italern com in cum (s. d. zeitschr. III, s. 251). 
Wir werden nun die drei hauptformen cra/w aiu ovfi nebst 
ihren Verwandlungen des anlauts er in x und des auslauts 
lA m V sowohl in einzelnen Wörtern, als ganz besonders in 
drei wortgruppen erkennen, von denen mir zuerst folgende 
gruppe auf den drei vocalstufen: a) of^-ageg ofi-tiQog aov- 
'agog xov-aQog^ b) JSl^-ciQog Kiv-dga^ c) 2vfi-dQf]g Kvfi- 
-ageiSr^g betrachten wollen, a) Zur urform sam gehört 
aufser dem adv. äfia mit gleichem fibergang des s in den 
hauch und homogenem vocal o die praep. ofi in ofi-ageg 

8, 4, 21 ffi^tfi yaaifiQt venat. 4, 1 xKpaXal ff»jua/, Aristot. bist. an. 2, 7 6 
i'nnoq 6 noräfiioq . . Tiiir 6\f/i¥ ai/ioq und Pollux 9, 126 ^a^am^/^ftf at^np 
TO) noöl TOI' yXovtor naltip. 

Zeitschr. f. vgl. sprachf. XVI. 1. 5 



66 Savelsberg 

t6 ovfÄcpmvovv bei Herodian Ha&oh n^ocqfd* p. 124, 8 
(p. 143, 4 ed. Schmidt) nach Naucks Verbesserung im phi- 
lol. V, p. 677 und bei Hesychios s. v. *) so wie in o(.i-riQoq 
(nebenform äfA-tjQos Etym- m. p. 83, 19) „verbunden, gatte% 
dann neutr. „Unterpfand, pignus^ und noch das adj. OjtiOtf. 
Die Präposition öfA erscheint noch in älterer gestalt aofi 
im namen SofupoQog einer böot. inschrift bei Keil jahrb. f. 
phil. suppl. IV s. 562 V. 25, als aov aber mit dem auslaut 
V im adj. aor^agov* ^oof^akiov bei Hesychios, in welchem 
die bedeutung uns ein compositum der wurzel ag zeigt: * 
zusammengefügt, zusammengedrängt, fest, stark, compactus. 
Dasselbe adjectiv mit dem lautwandel a in x hat Hesy- 
chios verzeichnet in: xop^agop* €VTQccq>fj^ niova^ dgaar^' 
Qiov (feist, thatkräftig) und xoV'agfotBQov* SgaGnuuarBgov^ 
und von ursprünglich gleicher bedeutung ist bei Tbeokrit 
V, 102 der name eines widders Kdv-agog^ compactus (vgl. 
boves compacti, Colum. VI, 1. 2) **), sonst ist noch von 
dem aus aov verwandelten xov abgeleitet das adj. xovo-g 
in Kovo-ovgBig C. I. n. 1347. 1386 (= ofiovgoi) und das 
adj. xotvo'-g aus xoV-io-s***). b) Dasselbe wort wie aov- 
agog (xovagog), nur mit dem vocal i in der präposition, 
ist Sifi-agog name eines Delphiers C. I. n. 1689, ferner 
sein deminutiv ^i^-dgiov ib. n. 684 name einer Maratho- 
nierin, synonym mit 'Ofidgiov und !4fJidgtov, und sein fßmi- 
ninum mit dem lautwandel von a in x K^v-dga, c) mit 
dem vocal v: ^vfi-dgv^g Ross. inscr. Gr. ined« n. 216 und 



♦) In der bedeutung stimmt oft-a^tc; mit dem verbum auy^dfjfjga 
überein im hym. Hom. in Apoll. 164 ot/io (T(piv xaXij auvdgTiQEv dot^^. 
"Oft in ofi-aQfq und ofi-rjgoq Ist prttposition wie avv im späten avv-iijgijq^ 
nicht etwa adj. 6^0- <;, weil dieses nur mit ^ans gebräuchlichen nomina zu- 
sammengesetzt werden kann, z. b. 6fio-y€i"^(: von yivoqt ein solches aber 
von wurzel a^, etwa dgoq oder ^^0?, nicht vorhanden ist. 

**) Da aov-agoq und xov-m^oc nicht mit dem suffix aqo-q (wie xa3— 
-agoq) abgeleitet, sondern, wie die bedeutung ergibt, mit wz. a^ (dgaglaxo)) 
zusammengesetzt sind, so mul^ der überlieferte accent trovago» und Hov-agöv 
bei Hesychios geändert werden, wie oben bereits geschehen ist und wie das 
analoge noT-agoq yv(OQif4,oq bei demselben und d^tigot ol ofiriQoi im Etym. 
m. p. 83, 19 richtig accentuirt sind. Im n. pr. Kiüvagoq bei Theokrit ist 
der vocal der präposition nach metrischem bedürfnifs verlängert wie in £ift^ 
-cU&a II, 101. 114. Kvfi-ai&a IV, 46, wogegen er in Kiv-aC&a V, 102 
kurz geblieben ist. 

*♦♦) Pott etym. forsch. 2te ausg. I, s. 840. 



lautwandel von <r in x. 67 

dessen patronymicum mit x statt a KvfjL-agBiSriq auf einer 
athenischen münze Mionnet S. III, 554. 

Zu noch vollst&ndigerm nachweis des lautwandels der- 
selben Präposition auf den drei Yocalstufen diene folgende 
gruppe mit al&og zusammengesetzter namen: a) Kofiai" 
&og Wescher et Poucart inscr. delph. n. 2, Kofi-al&a 
(bei Hesych.), KofA'ai&to, b) Siii-^id-a^ 2iv^m&oq^ Kiv^ 
'uid-a, Kiv-ai&füP, c) JSvfi-ai&og, JSvfi^ai&a, Kvu^ 
•cU&a, Kvp-ai&ogy Kvvai&a. Es sind meist personen- 
namen ""), jedoch Ktv-ai&a Theoer. V, 102 name eines 
Schafes, Kvfi-'ai&a ib. IV, 46 name einer ziege, ^vß-mdog 
Thuc. VI, 65 flufs in Sicilien, SvfA-ai&a Steph. Byz* stadt 
in Thessalien und Kvp-cti&a Paus. Vin, 19 Stadt in Ar* 
kadien. Nach der etymologie von avv und aidog hatten 
sie eigentlich die bedeutung „verbrannt d. h. brandroth", 
zu welcher auch die einfache glosse cod. Mediol. Ttv^^d zu 
Kvfi-'ai&a Theoer. IV, 46 stimmt und Theokrit selbst in 
TovQog 6 nvppixog IV, 20 eine deutliche analogie bietet, 
wie denn sowohl viele personen TIvQpog und Uv^pa^ als 
auch ein Vorgebirge und eine stadt Thessaliens Ilv^pa 
und eine stadt Lakoniens IIvQQixog hiefsen. 

Als dritte gruppe stellen wir fQr den lautwechsel auf: 
Sccfiojv (Rangabe n. 1298, 111,53), Kofxutv^ Kovcjv^ Si^mv 
(wovon patronym. ^ifjicoviSfjg)^ JSivwv, Kifiwv^ welche ohne 
ohne zweifei von den schon besprochenen nomina aa/uog^ 
xovog, aijAog und von vorauszusetzenden xo^iog (neben o^og)^ 
aivog und xiuog**) abgeleitet sind. Endlich haben wir 

*) Andere mit ai&oq zusammengeaetzte namen sind zusammengestellt 
von L. Dindorf im Thes. ling. Gr. 11, p. 1167: Jlat&oq Avxai&oq *OXfyai- 
&o<; 2dXai&oq ^IXcu&oqt und von C. Keil in s. Anal, epigr. et onomatologica 
p. 194 "Orai&oq vmd Navai>^oq nebst dem simplex Ai&oq C. I. G. n. 84. 

**) Es bestehen, wenn auch nioht gerade x»^o?, doch wenigstens die 
nn. pr. K^voq (b. Gerhard, auserlesene griech. vasenbilder III, s. 165 taf 
CCXXXV) und K^v^aq (vergl. Safiia<;-Sififaq)y und die praep. xii', die wir 
ein paarmal in den namen Ktv-agoy Kiv-al&a, Kiv-al&wv fanden, ist viel- 
leicht auch in dem vielversuchten worte xlv6woq enthalten. Da aber von 
dieser praeposition der ältere auslaut fi ist, wie er in dem sogleich zu er- 
wähnenden n. pr. Ki^i'OqtOar sich findet, so kann man in der annähme der 
mittelstufe x#^o^, um zu Kifiotp zu gelangen, nicht fehl gehen. Dazu kommt 
der inseiname Ki/umloqy der von xifdoq ausgeht, wie ofiaXoq von ofioq, oder 
genauer wie d'iQfitaXfi von B-fqfioq (vgl. ip(tSiaX6q, a/Ka^TuAoq), und wel- 
cher wahrscheinlich „flach, eben** bedeutete. Die stadt KlfiwXoqj von wel- 

5* 



68 Savelsberg 

noch als einzelne beispiele zu obigen Svfi-dyy^Xog und 
Si(ji'dQi6Tog einige nachzuholen: Kifi-opricDV j4l^(üVB[vg] 
C. L G. n. 539, b. 11 (attisch), urspr. patronymicum mit der 
Präposition xi,a aus aifif wie xvv aus aw im Stammwort Kvv- 
OQvag, name eines königs von Sparta; — Siv-avSoog n. 
pr. aus Astypalaea bei Ross Inscr. Gr. ined. n. 155, zu 
vergleichen mit ^ctu-avSpog; — för 6vv68ovg^ name eines 
fiscbes, welcher lat. dentex hiefs, fand Athenäus VII, p. 
322, b. c. bei mehrern Schriftstellern aivodovg; — Siv-dnri^ 
schon von Etym. magn. p. 735, 36 in der Schreibung Svv- 
iinti offenbar als „übersieht ** (conspectus) gedeutet, war 
ohne zweifei so benannt, weil die Stadt, an einer landenge 
liegend, an deren beiden Seiten und an der dritten über 
die nordöstlich von ihr gelegene, ebene halbinsel hin*) eine 
Übersicht über das schwarze meer bot, und ist demnach 
verwandt mit nsQuonTj, welches bei Homer öfter II. XIV, 8. 
XXIII, 451. Od. X, 146 eine umschau oder eine warte be- 
zeichnet**); — den bei Hesychios verzeichneten namen 
Kweriav rjroi "AgeMg xooi^v^ 97 'A&rivciv, rj fhi&oi deuten 
wir mit hinweisung auf xvv-dyxv aus cvv'-äyxv ohne be- 
denken als aus 2vvETia verwandelt: .„die verständige'', eine 
benennnng, welche auch auf jeden fall geeignet ist, sei es 

eher, wie gewohnlich, die insel den nameu erhielt, lag am südwestlichen 
ende der insel, wo nach Fiedler's reisen durch Griechenland II, s. 345 der 
gtinstigste platz war, im fruchtbarsten und angebantesten theile s. 348, »in 
einem flachen thale<* s. 361. Derselbe name erscheint in feminalform an der 
kttste von Paphlagonien , die eine lange reihe griechischer colonien hatte, 
bald KlfiviXiq (bei Ptolem. und Plin.)» bald KlvtaX^q (bei Arrian peripl. 14, 8- 
Strabo p. 545. Mela I, 19, 8) geschrieben, welcher Wechsel auch die Stamm- 
form uifioQ und xiroq betrifft. Sowohl dieser name der colonie, als jener 
der inselstadt ist gleiches Ursprungs mit 'O^iöXri, wie ein plateau in Thessa- 
lien hiefs (Forbiger handbuch d. alten geogr. III, s. 888), wovon das adj. 
'OfAtikmioti {Zfvq\ bootisch auch *j4f4almog lautet C. I. G. n. 1583, 20. 

*) Polyb. IV, 56: otxelxab 6^ {SivwTtij) inC rtio? /f^^oyt/orou ngo- 
Ttivovffrjq ftq i6 nf'Xayoq' V/s tov fih' av^fva jov avvanxovTa nQ6<; f^p 
'Aalav (o? iaxiv ov nltCtav dvotv aiadimv) ^ nohq iniMdfiivrj dtaxhlti 
xvQiwq, To df kotnov xt/? xfQQorriaov ngoxtivat /c^»' *^i; xo ni).ayoq' ?ori 

aifoiofiov. 

*♦) Die andere deutang von Andron beim SchoJ. Ap. Rhod. JJ, 946, als 
sei die griechische colonie von einer amazone Savdnrjj welcher name bei 
Thrakern und Amazonen »viel trinkend** bedeutet habe, mit verderbnifs 
{xaid f&ogdv) Skvnnri genannt worden, ist ebenso abenteuerlich wie seine 
deutelei von Tlaq^oünq Et. m. p. 655, 5. G. Curtius grundz. I, 7. 



Uutwandel von <r in x. 69 

fbr !A9riväy sei es ftkr des Ares tocbter lAg^ovia „die ei- 
nigung'^ (Gerhard griech. myth. §. 152), oder für üu^o) 
„die Überredung^. 

Die im griechischen aus allen landschaften und mund- 
arten in so grofser zahl entdeckten composita von xo/i xi^ 
UVV lassen nun die lat. praeposition cum (in der Zusam- 
mensetzung com-) nicht mehr so räthselhaft erscheinen, 
wie es bisher der fall war, ebenso wenig die gothisohe un- 
trennbare praep. ga, ahd. ka (ki, gi, ge), neben welcher 
Orimm in d. deutsch, gramm. II, s. 752. 753 noch altfrän- 
kisch ham aufweist, und ihre zurückführung auf die ge- 
meinsame Urform sam unterliegt keinem bedenken mehr. 
Wie den wenigen altern formen mit s im lat. sim-ili-s, 
sim-ul nebst altlat. sim-itu die griech. aifjL und avv zur 
Seite stehen, so den Überresten im goth. sama „selbiger^, 
sam-ana „zusammen^ und sam-ath die vielen mit sam 
zusammengesetzten verba und substantiva im altnordischen. 
S. Grimm II, s. 671. 765. „Offenbar richtet dieses nord. 
sam-, sagt Grimm II, s. 765, manches von dem aus, was 
das ga- der übrigen mundarten, und die Seltenheit des 
sam- im goth. ahd. ags. stimmt zu der des ga- im nord.^ 
So steht denn auch, was den Übergang des Zischlautes in 
den gutturalen betrifft, das nordische zum gothischen und 
althochdeutschen in demselben verbal tnifs, wie das grie- 
chische zum lateinischen : man vergleiche nord. s a m - fe r d a 
(comes), sam-lendr (conterraneus) mit ahd. gi- verto, 
gi-lanto, und andererseits griech. aw-o^f^evog, avy-yBvijg^ 
aw'dyo) mit lat. co-ortus, co-gnatus, cögo*). Wir 
können nunmehr diesen lautwandel, für welchen wir in 
verwandten sprachen so vielfache bestätigung gefunden, 
innerhalb des griechischen aber auf jeder der drei stufen, 
welche der vocalwechsel a(o) — i — v ergibt, formen mit a und 



*) Die abwerfung iles schlufs-m trat im lateiniscfaen schon früh ein, in 
co-ire co-addo co-gnosco co-hibeo, nicht selten auch in co-iux cq-sol (für 
con-sul) auf inschriften (Corssen, ausspräche u. s. w. I, s. 107), selbst an 
der getrennten präposition cu, Ritschi Prise. Lat. nion. epigr. taf. LXXX, A: 
cu ameiceis sn(eis). Dem griechischen eigenthümlich ist die abwerfung des >' 
von <rvv in der Zusammensetzung vor 'Q und ax, an, o-r, wo sowohl iv als 
lat. in unversehrt bleiben und com blofs in con verändert wird 



70 Savelsberg 

mit X in nicht geringer anzaU einander entsprechen gese- 
hen haben, als ein ganz gesichertes ergebnift betrachten. 
FQr die letzte stufe avv ist noch die schon bei Ho- 
mer sehr gebräuchliche nebenform |w sammt dem adj. 
^6g (aus ^viV'Og*) für älteres |t;iA-io^) zu erwähnen. Ob- 
gleich gewöhnlich nur attisch genannt, ist sie doch ebenso 
sehr und mit mehr recht dem jonismus eigen ''*)9 für's er- 
ste, weil sie den jonischen formen di^og tq^^oq f&r diaaog 
rgiaaog Greg. Cor. de dial. Jon. §. 39***) (p. 435 ed. 
Schae£) analog ist, dann auch weil die Joner die Verwand- 
lung von <T in I im fut. und aor. 1 der verba auf -a^o» 
und -i^u) mit den Dorern, wenigstens zum greisen theil, 
gemeinschaftlich haben» So sehen wir von akajid^w^ des- 
sen stamm doch, wie a?Mna&v6g zeigt, auf d ausgeht, bei 
Homer das fut. aland^ta^ so auch von tiolBfii^w im ge- 
gensatz zum derivat nolsfiiffvtjg das fut. nokafU^co gebildet, 
bei Hippokrates von miC^ (wz. nud^ im skr. pld) das de- 
rivat nie^ig neben nUaxQfyv^ im attischen von nai^ (stamm 
naiS, vgl. TtaLd^id „spiel^) bei Xenophon Symp. 9» 2 das 
fut. Ttai^ovfAat. Wir müssen hier überall ~£ als eine ver- 
wandelung aus a, wie es die grammatiker bezeichnen****), 
gelten lassen, da offenbar formen mit a denen mit | zu 
gründe liegen; denn der regel nach müfsten solche mit | 
versehene verbalformen, weil sie auf S auslautende stamme 
haben, mit a flectiert sein, Ttaiaio vom stamm TiaiSy wie 



*) Langes v statt lu, wie opt. Ulvio Od. XVIII, 238 and ^atruro 
11. XXIV, 665 ans XeXih-iro und ^urv-nOf also ^uvoq (ivn'og) analog dem 
nachhomerischen xo»yo$, s. oben s. 66 note 8. 

♦♦) Wie Photius bemerkt: Svfißa&r avftßaO-i.' oXwq ök 6 ötd rou 5 

♦•♦) Wo Koen vermuthet, dafs x»^ffo?, xgtaaoq „aderbruch" dorch joni- 
sche Verwandlung von oa in | zu x^t^o^, — Kia<raXtiq »räuber* eben so zu 
xi^aXfjq oder xi^dXXtiq (C. I. Gr. n. 8044, 19} und iaaüa »ziegenfell« zu 
i^aX^ bei Hippokrates geworden sei. Obige primttre formen dtffaoi; und 
T^torao« hat schon Benfey griech. wurzellex. II, s. 219. 260 vermittelst Slx<* 
(acc. pl. neutr. v. dl/n^ti) richtig aus Slxioq x^^/to; erklärt, auf welche the- 
mata auch SlxO^ot, rqlxS^ zurückgehen mögen, wie /^/($ = skr. hjas. 
G. Curtius grundz. II, s. 243. 

•***) Scholl. Theoer. I, 12: to dt xaS-l^ctt; Jmgixop TQonjj tov a 
«1? 5. — Etym. m. p. 100, 82 : to Sh ßatnd^w xal vvffrä^ Jwgtxd iiFti 
xara r^oTn^y tov a tli; 5« 



lantwandel von a in x. 71 

lat. clausi vom St. claud. Ja selbst im dorischen sehen 
wir das regelmäfsige a im activ oft gewahrt, wie in den 
tabb. Heracl. bald xareawioafiEg I, 47. 51 bald xat^am^ct-^ 
fABg II, 30, in kretischen Inschriften bald \f}a(piöctptBvog 
C. I. Gr. n. 3048, 12, bald xpatpi^afiBvog 3050, 2; im pas- 
siv (perf. und aor. 1) und in derivaten, wo handschriftlich 
oft die dem ^ entsprechende Verwandlung in einen guttu- 
ralen überliefert ist: vevof4ix&a$, dHxtjlixrag neben Seucf]- 
Xunai (Ahrens d. Dor. p. 92), ßdotayfia, bieten inschriften 
durchaus nur a dar: xaTsdixaad-sv^ ogiatai, xpdeptöfia (ib. 
p. 93). Das jonische nahm an jener dorischen Verwand- 
lung bei den verben auf -a^ta und -t^to theil, nur weniger 
durchgreifend; in andern Wörtern hinwiederum war sie im 
dorischen, auch die von övp in ^vv, weniger durchgedrun- 
gen*). Am wenigsten wurde das aeolische davon berührt, 
da nur vereinzelt ^vvom^v fr. Sapph. b. Stob 71, 2 über» 
liefert ist und aulserdem das von Etym. m. p. 277, 35 und 
schol. Ven. ad IL XIV, 325 erwähnte /Jiovv^og för Jidw- 
0og bei Herodian xa&oL nQ06q>S. p. 78, 4 (p. 89, 7 ed. 
Schmidt) in einer lesbischen inschrift C. I. Or. n. 2167, 5. 14 
in der gestalt von Zovw^og vorkommt. Sonst steht dem 
$, welches den beiden andern dialekten in gewissen ver- 
balformen (statt a) eigenthümlich ist, aa gegenüber, dem 
dor. kSixa^dfisi^a tab. Heracl. II, 26, fiol. höixaaaB C. I. n« 
3640, 12 von Sixd^io — denn solche formen mit (sa gehö- 
ren, wie äolische inschriften bekunden, dem äolischen dia- 
lekt an (noch spät ^Teifiaffasp Lesb. C. I. n. 2190 von ri- 
fjidw) und sind aus diesem in die epische dichtersprache 
übergegangen — dem dor. xa&i^ag Theoer. I, 12 episch 
xa&iaffag IL IX, 488 von xaifi^w, dem dor, i;^ofAa|a Theoer. 
XXI, 51 (Ahr.) Pind.Pyth. 1,6 episch kx^kaaae hymn. Hom. 



•) Ahrena gibt de dial. Dor. p. 360 zu wenige dorische Beispiele von 
£(!»' an, indem er Pindar nicht, wie sonst, mitzählt, welcher das adj. ^vi'oq 
ungefähr zehnmal, abwechselnd mit xoiroq^ braucht, femer ^uyaortq Pyth. 
III, 48, ivinia Nem. V, 27, ivyyovoq Nem. X, 40, l^i,vdo(foq fr. ap. Athen. 
XIII, p. 573 0. Den zweife] Dindorfs im Thes. 1. 6r. vol. VII, p. 1166 an 
der echtheit von ^v» in spartanischen decreten bei Thucyd. V, 77. 79 hebt 
h'fVotQxo* auf einer spartanischen inschrift bei Keil, zwei griech. inschriften 
Seite 4. 



72 Sftvelsberg 

in Apoll. 6 von ;faAaA>, dem dor.;'eAa£a^Thcocr.VII,42. 128 
episch kyikaaoB Od. IX, 413 von yelao). Nun bat schon 
Bockh C. I. Gr. I, p. 42 a fOr doppeltes a vor r auf in- 
Schriften z< b. in 'Agiaattav die ausspräche seh wie im 
oberdeutschen ist = iscbt {iactiv n. 3007, 5) vermuthet. 
Dasselbe nimmt O. Curtius temp. und modi s. 101. 102 
aus wichtigen gründen an, indem er ftkr TtQceaaai, q>vXäaoio 
und andere verba auf -(Tctcu, die unzweifelhaft aus ngdyjw^ 
q}vkdxjct} entstanden sind, diese Umwandlung in aa durch 
die ausspräche seh erklärt und die öftere abwechseinng 
von aa und | in den dialekten, wie äoL TQiaaog C. L n. 
2169 und jonisch rgi^og^, auf solche gutturale ausspräche 
zurückftkhrt*). Auch die römische namensform Ulixes ftkr 
*08vaa6vg gehört dahin; denn während das herabsinken 
Ton d zu 1 gräco-italisch ist (s. Max MQller in d. zeitschr. 
V, s. 1 52 ) und auf griechischen vasen von etrusk. fundort 
Olvatvg C. I. n. 7697, öfter OXvnvg n. 7383. 7699. 8185. 
8208 vorkommt, ist | statt aa sicher von den dorischen 
Sikulern den Lateinern zugekommen*''), da Plutarch Mar- 
cell. 20 eine inschrift Ouh^ov aus Syracus erwähnt und 
schon der aus dem nahen rheginm gebürtige dichter Iby- 
kus Olixes schrieb nach Diomedis art. gram. I, p. 321, 30 
ed. Keil. Wie in diesem und obigen beispielen sieht man 
die neigung der Sikuler zu ^ för g auch in xkd^ Theoer. 
XV, 33 statt xXdgy da von den casus obliqui Gregor Cor. 
de dial. Dor. §. 126 tag xkeidag xkäSag berichtet. Glei- 
cher weise ist gewifs auch Atag zu lateinisch Aiax ge- 
worden und sogar in der abwandelung durchgeführt, Aia- 
cis u. s. w. statt Aiantis. Nach allem dem können wir 
Pottes ansieht über ^ifpog (etym. forsch. 2te ausg. II, s. 369) 
nur vollständig beipflichten, dafs es ausländisch und zwar 
dem arab. s.>u^ saif und kopt. sifi zu vergleichen sei. 



*) Auch ist umgekehrt die Schreibung fftr aus | gewifs ebenso zu er* 
klaren in in-iro<r<rt Pind. P. IV, 25 aor. 1. joüffcuq P. III, 27 und imroff- 
am(i P. X, 88 partic. gleichbedeutend und verwandt mit Tvxfiaaq und ffv*- 
^v^ui avvotvTfia» bei Hesych., und so auch vvaaai* ix jjfff^oq nara^at bei 
Hesych. für vvim. 

**) C. Otfr. Müller in Annali della corrisp. vol. IV, p. 878. 



Uutwandel von a in x. 73 

Nichts anders als dessen ausspräche schifos ist durch ^e- 
(pos und äolisch durch axiifog (Greg. Cor. de dial. Aeol. 
§.23) bezeichnet, wie iaaika (bei Hesych.), l^akij und 
iaxla „gemsenfell^, wovon M. Schmidt Hesych. II, p. 370 
die letzte wortform äolisch nennt, und ferner die zusam- 
mengehörenden Wörter i^oV, lat. viscus und viscum„mi- 
stel^ nebst laxXai ^ baumschwämme ^ nur in der bezeich- 
nung des sch*laute8 mit äff, ax oder § variirende wortgrup- 
pen sind*). Ebenso sehen wir denn den zischlaut von 
<Fa^, der Urform der praep. ctv, wie sie in SSdu-avögog 
erscheint, einerseits mit ax im äolischen . cFxa/tt in obigen 
namen SxdfA'fov und ^xcefi^avögog aus Lesbos und Troas, 
andererseits mit | im jonischen ^vp wechseln — so dafs 
beide male der laut seh bezeichnet ist, also dort schäm? 
hier schQn — und von da in den gutturalen x in xofi 
xoV'ttQog xoivog (für xov-iog) übergehen und erhalten so- 
mit fbr den lautwandel die Stufenfolge der laute c — <tx(|) — x, 
tds letzte stufe also x, womit das späte vorkommen der 
praeposition xofi in compositis und des wenigstens nach 
Homer erst (bei Hesiod) erscheinenden adj. xoivog über- 
einstimmt**). 

dr. J. Savelsberg. 

(Fortsetzung folgt.) 



*) Wir finden den laut seh nicht blofs in den neuern sprachen ähn- 
lich bezeichnet, bald mit modificirtem s (wie bei uns seh) noch im eng- 
lischen sh z. b. she »sie^, short »kurz^ im ital. sei z. b. sciemo „ich 
verringere« (Diez, etym. wb, d. rom. spräche s. 307), bald mit modificirtem 
k im franz. ch: choquer, und ehedem im Span, x: xibia „Sepia" (das. 
8. 816), xeme „mafs eines halben fu&es** (das. s. 307), sondern bemerken 
auch im griechischen selbst eine sehr beachtenswerthe analogie in der äolisch- 
-dorischen Schreibung a3 fttr ^, welches ein weicherer laut als seh {^Iqinq 
oxCfpoq), nämlich der des engl, j in join oder des ital. gi in gioja war, 
s. b. Sdevi und ßgMa äolisch, trdvy6<; auch dorisch — für Zcii?, gCl^aj 
iQvyoq — Ahrens d. Aeol. p. 47. Dor. p. 94. 

**) Es sind aber schon früh ein paar andere fälle vorhanden, nämlich 
für ffxfdaa&^ivTfq und aMvaxo bei Homer nt6€Uf&^i¥xtq IL II, 898 und 
ixiSvaxo XXIV, 695, in welchem Wechsel wir keine durch metrisches be- 
dfirfnifs veranlafste abwerfung des <r erblicken können, weil xidvato sogar 
im anfang des verses steht hymn. Hom. in Merc. 282 , auch Eur. Hec. 899 
in vielen Codices, ferner weil <rx oft keine positionslänge vor sich bewirkti 
wie bei Homer nie vor J^xa^ar^^io^*, nicht vor ffx^na^ror Od. V, 237. IX, 



74 Lexer 

Miitelniederländische psalmen, hymnen und gebete aus zwei handschrift- 
lichen breviarien der herzoglichen bibliothek zu Gotha, in answahl 
mitgetheilt und sprachlich beleuchtet von Karl Regel. Gotha 1864. 
4. 30 88. (progr. des gymnas. Emestin.). 

Was uns hier geboten wird, sind zunächst wiUkom* 
mene textproben der mnh spräche aus dem ende des 14. 
oder anfang des 15. jh. (und zwar die sieben bufspsahnen 
und acht kirchenlieder), sodann liefs es sich der hr. her- 
ausgeber aber auch angelegen sein, die interessanteren wort- 
formen der in ihrer spräche so viel eigenthümliches enthal- 
tenden breyiarien aus dem ganzen bereiche der altem hand- 
schriflen aufzuführen und sehr eingehend zu beleuchten. 
S. 14 — 19 werden die fremden und 19 — 29 die einheimi- 
schen Wörter besprochen, zu welch letzteren wir uns nur 
«in paar bemerkungen erlauben wollen. 

Die bei schwierigeren Wörtern herbeigezogenen ver» 
gleichungen aus den übrigen deutschen und verwaadten 
sprachen kann man fast erschöpfend nennen, nur scheint 
es uns, das hr. R. in seinem vergleichungseifer wohl doch 
öfter zu weit gegangen sei und zu vieles und zu verschie- 
denartiges zusammengestellt habe. So gleich bei belien 
und berispen; auf diese weise lie&e sich wohl noch man- 
ches beibringen, wenn wir nicht dafQr hielten, dafs auf dem 
etymologischen wege die sonderung viel eher zum ziele 
führte, als die zu grofse aufeinanderhäufung. Uebrigens ist 
zur erklärung von belien (confiteri) gewifs der richtige weg 
eingeschlagen worden, denn gegen die von Grimm gramm. 
I^, 297 angenoffimene Identität von lien und mhd. lihen 
streitet schon der anlaut hl im altfriesischen. — Das bair. 
abreispen gehört doch nicht so nahe zum mnl. berispen 
da jenes auf ein mhd. rispen zurückführt; am nächsten 



391 und bei Hesiod mxqatvi xt axt^ Opp. 587, und dann weil der Wechsel 
von (j-x mit x im anlaut so ttberaua häufig ist, wie Lobeck Pathol. el. I, 
p. 124 — 129 nachweist. In allen solchen föllen können wir nur den laut 
seh und dessen Übergang in k sehen, daher auch xf^-u, xc-a^-Ai « spalte ** 
zu skr. khä (khö) khjä-mi ^»schneide ab** stimmt. Da aber der seh-laut 
in der ausspräche als Sibilant und guttural gemischt klingt, wie die beseich- 
nungen in der vorigen note zeigen, so ward er in der regel als doppelcon- 
sonant behandelt. 



anseeigen. 75 

sieht wohl rispel (SchmelLIII,142) und hd. rispe panicda, 
rispengras. — Unter bescraien (besser bescreien) lesen 
wir: nbd. beschreien und altfries. biskrta sind nach 
„form nnd bedeatung verschieden^. Aber das nhd. beschreien, 
in welchem sich das mhd. starke schrien und schwa- 
che schreien gemischt hat (wie die beispiele in Orimms 
wb. zeigen) verhält sich ebenso gut zum altfries. biskria 
wie zum mhd. beschrien und auch eine Verschiedenheit 
der bedeutung ist nicht wahrzunehmen, s. Richthofen 647 
und Grimm wörterb. I, 1595 no. 4. — Bei denneghen 
(tempora) wäre vor allem auf Grimm wb. II, 1532 zu ver. 
weisen gewesen, wo auch eine einfache und befriedigende 
etymologie des wertes gegeben wird. Vgl. auch From- 
manns deutsche mundarten V, 58. — So liefse sich wohl 
noch die eine oder andere bemerkung machen, doch wir 
wollen lieber gestehen, das uns fast jeder artikel der zwar 
kleinen aber inhaltreichen arbeit irgend eine belehrung ge» 
bracht hat, und mit dem wünsche schliefsen, dafs hr. R. 
die interessanten breviarien auch bald nach den grammati- 
schen gebieten bearbeiten möge, denn dafs wir da höchst 
dankenswerthes zu erwarten hätten, zeigen schon die im 
vorliegenden progr. s. 12 — 14 fßr die Wortbildung ausge- 
hobenen belege. 

Andeutungen zur Stoffsammlung in den deutschen mundarten Böhmens, 
Yon Ignaz Petters in Leitmeritz. Prag 1864. 8. 52 ss. (Sondei^ 
abdruck aus „beitrage zur gescbichte Böhmens**, heranag. vom verein 
für geschichte der Deutschen in Böhmen. Abtheil. II. bd. I. no. 2.) 

Anschliefsend an Weinholds grundzflge in seinem werke 
über deutsche dialectforschnng hat es der durch seine 
mundartlichen arbeiten hinlänglich bekannte verf. unternom* 
men, in lehrreicher und zugleich höchst unterhaltender art 
,ygewi8se zellen abzntheilen ^, worein das reiche gut der 
deutschen mundarten Böhmens vom bienenfleifse der Samm- 
ler eingetragen werden möge. Er hat aber auch manche 
bei Weinhold noch nicht vorhandene zelle hinzugebaut und 
alle mit reichlichen beispielen gefüllt, von denen viele, wie 
hr. P. selbst bemerkt, auch dem dialectforscher willkom- 



76 Lexer 

mcD und neu sein dürften. Die nachfolgenden bemeriLun- 
gen sollen nur vom interesse zeugen, womit ref. die inhalts- 
reiche Schrift durchgesehen hat. 

Kruz (s. 2) als titel eines bösen kindes ist wohl 
schwerlich auf mhd. krot belästigung zurückzuführen son- 
dern auf krote (kröte) mundartlich krut, krüt z. b. in 
Nürnberg = kröte und böses kind. Vgl. auch Frommanns 
deutsche mundarten IV, 471. 36. V, 397. — Zu gidal 
(s. 2) stimmt zunächst das tirol. gittM, gittele (From- 
mann m, 331); vgl. auch gütsche in des ref. kämt. wb. 
128. — S. 8 ist zu lesen: „kiesen gehört mit den augurn 
etymol. zusammen nicht mit gustare, ysvea&ai^. Wie 
sich hr P. dabei auf L. Meyers vergleichende gramm. I, 
398 (wz. gus gern haben) berufen konnte, ist dem ref. un- 
klar geblieben. Meyer stellt zur betreffenden wurzel ja eben 
das lat. gustäre und gr. yevsad-ai (wie auch Curtius 1, 146), 
während von augur mit recht keine rede ist. Goth. kiusan 
und kausjan aber von wz. gus zu trennen, wird wohl sonst 
niemandem einfallen. — Das s. 6 angeführte österr. ur-- 
assi dürfte von urschen, uressen etc. (s. 27.) wohl 
schwerlich zu sondern sein; wenn nun urassi auf mhd. 
urse5ec zurückgeführt wird, warum soll dann bei urschen 
diese etym. verlassen werden? Dafs „efsen** im worte 
steckt, zeigen evident die kärntischen formen: urafs viel- 
frafs, uräfs'n mit der speise wüsten, urefs'n n. Überbleib- 
sel; uräfsik und kärafsik gefräfsig, wurmafsik vom 
wurme angefrefsen etc., kämt. wb. 10. — üitais. 15 möchte 
refer. für ein demin. von uota halten: ui = uo s. im 
kämt. wb. 62 (kommt auch in der Steanzer mundart vor.) 
und ai für demin. al kann ref. jetzt auch aus dem kärntischen 
belegen: die'ndai, püebai = dierndal, püebal. — Bei nira 
(ninder) klera (kleider) lära (leider) Übergang von d in 
r anzunehmen (s* 15 anm. 2) scheint ref. sehr gewagt; die 
angeführten formen sind wohl einfach durch ausfall des in- 
lautenden d entstanden und können nicht mit den Schmel- 
lerschen borm (boden) arem (athem) wer er (wetter) ver- 
glichen werden. — Die etymologie von auf leinen kann 
man treffend nennen (s. 18 anm. 1), doch bei aber (s. 19.) 



anzeigen. 77 

dürfte sich noch streiten lassen, so lange nicht bessere 
grflnde gegen die alte etymologie beigebracht sind; warum 
sollten sich die begriffe „ aufschliefsen ^ und „aufthauen^ 
nicht vereinigen lassen? — S. 19 anm. 2 wird dem worte 
anraum (reif) nrspr. i-laut zugetheilt, da anderwärts das 
gleichbedeutende reim und rein und ags. hrim vorkommt. 
Wir. sind zwar auch nicht geneigt, roum und reim in 
letzter instanz zu trennen, halten aber gerade den u*laut 
flir den ursprünglichen (wurzel kru) und meinen nicht, 
dafs mit dem verf. das griech. xgvfjiog. davon zu trennen 
sei; 8. Curtius I, 125. Zu anraum stellt sich übrigens 
wohl zunächst das im Parzival 1, 21 vorkommende roum; 
s. kämt wb« 203. Auch über das s. 22 aus Salzburg und 
Steiermark angeführte gas sein kann ausführliches im kämt, 
wb. 100 nachgelesen werden. — Bei hoizerwua (anderswo 
s. 28) möchte ref. nicht an mhd. eteswä denken, denn oi 
Itkhrt wohl zurück auf mhd. iu; vergl. kämt, haitswann, 
haiterwann, haiterwer, haiterwas im kämt. wb. 140 unter 
heute. — Mit graslitzbeere (s. 37.) hat die Stadt Gras- 
litz wohl nichts zu thun; die ursprüngliche bedeutung 
scheint die von ribes grossularia gewesen zu sein, wo- 
von krausei- kruschel- grossei- grusel- und graselbeere bei 
Nemnich ü, 1160. — Bei teile (s. 39) Grimms erklärung 
aufzugeben, ist nach dem vom verf. angeführten wirklich 
kein grund vorhanden: aus dem cimbr. telele (neben teile, 
Schmeller 177a) ist das ahd. talili, telili doch noch deut- 
lich genug zu erkennen. Vgl. auch kämt. wb. 51. — An 
diese etlichen bemerkungen wollen wir nur noch den wünsch 
knüpfen, dafs uns der hr. verf., der unter anderm in den 
Programmen des Leitmeritzer gymnas. so gründliche dialecti- 
sche forschungen anstellt, recht bald mit einem wörterbuche 
der deutschen mundarten Böhmens beglücken möge. 

Die vocal Verhältnisse der mundart im Burggrafen amte, von Andreas 
Maister. Innsbruck 1864. 4. 16 ss. (Progr. des k. k. gymnasiums 
zu Meran.) 

^ine bescheidene und verdienstvolle arbeit, die ein 
zeugnifs ablegt von der rührigkeit der deutschen Tiroler 



78 Fettere 

ftkr die erforBchung ihrer mondart. Zwar gesteht der hr. 
verfi in den einleitenden worten, nicht f&r fachgelehrte son- 
dern fi&r die schfiler des Meraner gymnasiams gesehrie- 
ben zu haben, um diesen das Studium des mittelhochdeut- 
schen zu erleichtern — doch wird gewifs auch der fachgelehrte 
aus der kleinen arbeit nutzen schöpfen, wie denn ref. gerne 
gesteht, dafs er fär die lautverhUltnisse der kämtischen 
mundart aus obiger darstellung manch neuen gesichts- 
punkt gewonnen hat. — S. 7 wird der mundartliche schein- 
bare diphthong ea (vor r) ganz richtig mit dem ags. So 
verglichen, doch findet letzteres nicht blols vor r und r- 
verbinduQgen sondern fast vor allen consonanten statt (Gr. 
gramm. I', 349). Sollte übrigens dieses ea (fflr mhd. §) 
wirklich nur vor r vorkommen? Vergl. kämt. wb. einleit. 
s. IX. n.3 und Schmeller cimbr. wb. 41 no. 31. — Das auf 
s. 8 besprochene mundartl. ou verhält sich genau so zu o 
wie das genannte ea zu e und folgerichtig mQfste dann 
s. 13 der umlaut davon öu oder 5ü für öi geschrieben 
werden. 

Unter den aufgef&hrten beispielen findet sich manches 
interessante wort z. b. enz'n brückenbalken , tinn stirne^ 
gratig begierig etc. Willkommen ist die s. 16 gegebene 
tabellarische Übersicht der verschiedenen lautverhältnisse, 
die mit einigen (Clt die schüler jedenfalls sehr lehrreichen 
bemerkungen begleitet sind. 

Freiburg i. Br., november 1865. M. Lexer. 



Cimbrisch innarzent, innerhalb. 

Frommann hat in seiner Zeitschrift II, 1 36 ff. in den 
fränkischen adverbien hess'n und gess'n (auch hest-n, 
gest-n und best, gest), diesseits und jenseits, das ahd. 
sufBx — sun von bildungen wie hwarasun, herasun er- 
kannt und seine frühere deutung aus *hie en site, *hen8ite, 
""henste und *gens}te aufgegeben. 

Mit gröfserer Sicherheit ist, wie mir scheint, das 



miscellea. 79 

ahd. -San in einer form der oimbriachen mundart zu er- 
kennen, nämlich in innarzent, innerzont, neben wel- 
cher im Schmellerschen wörterbuche noch indarzalt, in- 
narzalt aufgeftibrt steht (s. d. artikel indarzalt). Das 
wort erscheint mit dem dativ verbunden: indarzalt dear 
zait, indarzalt deseme tage; Schmeller hat es vermuthlich 
als ein compositum mit dem alten participium gezalt auf- 
gefafst und deshalb auch unter zelen gestellt. Ich möchte 
nicht zweifeln, dals wir unsern cimbrischen idiotismus auf 
das ahd. inwertson, inwartson, intrinsecus (Grimm 
III, 213) zurackzufbhren haben; die formen innarzent, in- 
nwzont zeigen ein angeschobenes t, das bei adverbien oft 
genug zu treffen ist, indarzalt, innarzalt den Übergang von 
n zu I. 



Tirolisch intolmat, indessen. 

Weniger alterthOmlich in seiner bildung und doch durch 
gewaltthätige lautverschweifsung (wenn uns das Grimm- 
sche Wörterbuch das wort zuläfst) fast unkenntlich gewor- 
den scheint mir ein begrifflich nahe liegendes wörtchen im 
tiroler gebiete der obern Etsch und des obem Inns: in- 
tolmat, atolmats, indessen. Schöpf (tirolisches Idioti- 
kon 288) verweist bezüglich desselben auf unsre Zeitschrift 
11,450. Das dort behandelte schweizerische almets, ehe- 
mals und allezeit, ist jedoch durch Weinhold, alemanni- 
sche grammatik 240, mit voller Sicherheit aus dem alten 
alwenzuo, allewenzuo d. i. allewegenzuo gedeutet. Wie das 
gleichfalls von Schöpf herbeigezogene täJä me (Weinhold 
alem. gramm. 249) zu unserm tirolischen worte passen soll, 
ist schwer zu sagen. Meine ansieht wäre, dafs intolmat 
auf eine ältere, durch doppeltes t erweiterte form ^innert- 
halbent oder mundartlich inna'thälb'nt zurückzuführen 
sei; atolmats hat ein angeschobenes s mehr, dafür aber 
den ursprünglichen anlaut eingebüfst und kann geradezu 
eine Verstümmlung heifsen. Bei gelegenlleit sei an die lexi- 
kographen der mundarten die dringende bitte gerichtet, ftir 
ein leichteres verständnifs ihrer citate zu sorgen, da diese 



80 Petters, miscellen. 

doch zweifelsohne nicht der breite wegen da sind, son- 
dern zur erklärung der worte dienen sollen. Das citat ftlr 
intolmat im tirolischen idiotikon wird kaum vielen nicht- 
tirolern verständlich sein. Beispiele solcher art lassen sich 
aus vielen lexikographischen arbeiten in schwerer menge 
auffiQhren. 

Zipserisch und nordböhmisch pottom. 

Zu der beträchtlichen anzahl solcher worte, die der 
deutschen mundart des ungrischen berglandes und dem 
schlesisch- obersächsischen in Nordböhmen gemeinsam sind, 
gehört auch das wörtchen pottom, dummkopf, einfalts- 
pinsel, Schwächling. Schröer liefert in seiner darstellung 
der mundarten des ungrischen berglandes (Sitzungsberichte 
der phil.-hist. klasse der kais. akad. 44, 349 — 360) eine 
posse in Schmölnitzer mundart; darin kommt die stelle 
vor: du pist ja nont a secha pottom. Schröer erklärt: 
einer, der potom sagt, der sich zeit läfst, ein Slave? Vor* 
her heifst es im anfang der scene: es mufs de lait halt 
doch eagan (ärgern), benn i"e saura sohbäfs aso nottom 
pottom g^t, wenn ihr saurer schweiis so nottom pot- 
tom geht, was Schröer aus dem slavischen o tom po- 
tom, davon nachher, erklärt, wodurch ein gegenständ auf 
die Seite geschoben wird. Wenn auch, wie man vermu- 
then kann, die bedeutung des appellativischen pottom im 
zipserischen die von feigling, unentschlossener, -saumseliger 
mensch ist, so wird doch im nordböhmischen pottom kein 
andres wort gesehen werden können. 

Höchst auffallend ist nun ein täuschend ähnliches wört- 
chen der mundart von Aachen: pottühm, alter mann^ 
auch junger mensch mit ältlichem gesiebte (Moller und 
Weitz 186). Sollten wir in diesem pottohm oder pottöhm 
das Urbild jenes pottom zu erkennen haben? Ist der pott- 
fihm einer, der „achter moders kohlpott^ oder über dem 
wärmenden kohlentopfe hockt? In Niederdeutschland mufs 
man darüber bescheid geben können. 

Haben wir in diesem niederdeutschen pottühm wirk- 
lich die vorläge des zipserischen und nordböhmischen Idio- 
tismus, dann wäre der fall höchst interessant, dafs unsere 
landsleute in der slavischen nachbarschaft ihr bischen nie- 
derdeutsch vergessen und das wort slavisch gedeutet 
haben. 

Leitmeritz, 3. april 1866. Ign. Petters. 



roratemanni snr geacbichte altdentocher dedinatioii. Sl 

Zur geschichte altdeutscher declination. 

Ilt. Der dativ pluralis. 

(Fortaetznng.) 

In zwei auftfttzen dieser Zeitschrift (bd. XIV, 116; 
XV, 161) stellten wir die ergebnisse zusammen, welche 
eine mnsterung unserer alten Ortsnamen f&r die formenge- 
schichte der beiden ersten pluralcasus darbietet; jetzt haben 
wir es mit dem dritten dieser casns zu thun. Dative aber 
haben Yeranlassung genug in unsem Urkunden vorzukom- 
men, denn erstens besteht ja bekanntlich eine menge unse- 
rer Ortsnamen aus nichts als aus versteinerten dativen und 
zweitens erscheinen die fibrigen Ortsnamen fortwilhrend in 
dativen, die von praepositionen abhängig sind. Solche 
praepositionen sind am häufigsten in, seltener od, am sel- 
tensten ab und juxta^ die, da sie das deutsche in, »u, ean 
und bei vertreten, da ferner der gebrauch lateinisch dekli- 
nirter deutscher Ortsnamen zwar in Chroniken, annalen und 
biographien, aber nicht in den eigentlichen Urkunden herr- 
schend ist, mit deutschen dativen verbunden zu werden 
pflegen. Bei diesen dativen hat zwar wie bei den gene- 
tiven der singular bedeutend das Übergewicht, aber wir 
begegnen doch auch dem plural tausendfach, vor allem 
wieder in den mit den suffixen inga und ari gebildeten 
formen, dann in völkernamen, ferner in bildungen, welche 
eine anhäufung von Wohnsitzen bezeichnen (plurale von hus, 
buri u. dgL), endlich in manchen einzelnen zum theil ety- 
mologisch noch durchaus nicht aufgehellten beispielen, na- 
mentlich aus sächsischem gebiete. 

Die fragen, um deren beantwortung es sich hier han- 
delt, sind aber folgende drei : 1 ) wie lange erhielt sich in 
den einzelnen landestheilen der auslaut -m, ehe er dem 
späteren -n platz machte? Dieser in den sprachen so ge- 
wöhnliche Vorgang, im griechischen bekanntlich schon frOh 
vollständig durchgedrungen, im spanischen sehr häufig, in 
deutschen dialekten unendlich verbreitet, auch in neuhoch- 
deutschen Wörtern (besen, boden, busen, faden) vereinzelt 

Zeitschr. f. vgl. sprachf. XYI. 2. 6 



FÖrstemann 



auftretend, ist in bezug auf den dativ noch nie genauer fixirt 
worden. Grimm gr. T% 612 sagt nur: „die verderbnifs 
des ifi dieses casus in n scheint mit dem neunten Jahrhun- 
dert zu beginnen, Otfrid und Tatian haben entschieden on 
statt des früheren um^ om^. 2) Wie weit schliefsen sich die 
dem auslautenden nasal vorhergehenden vocale regelrecht 
dem thema des wortes an, so dafs also stamme auf a ein oft^ 
on^ un^ sm{ ja ein tan, ion, tun, auf i ein in bilden (von 
stammen auf u ist ja kaum mehr die rede) und wie weit 
tritt hier Vermischung und Verwirrung ein? Die häufigkeit 
dieser Verwirrung hatte Grimm schon längst erkannt, ehe 
er noch Oberhaupt etwas von a-stämmen wufste, wenn er 
z. b. gr. I%613 sagt: „Einige bilden, nach Verschiedenheit 
der denkmäler, ihren plural bald mit der ersten, bald mit 
der vierten declination,^ oder ebendaselbst s. 614: „Der 
dativ plur. endigt auf -um, Otfrid und Tatian geben inzwi- 
schen -in^, oder ebend. s. 620: „im dativ plur. zuweilen 
-uifi, -Hfl, -Oft statt -tut, -tn^ und so noch an verschiedenen 
stellen. Wie in den Ortsnamen diese Verwirrung so weit 
geht, dafs die regel massenweise von den ausnahmen gänz- 
lich überwuchert wird, das habe ich verschiedentlich, z. b. 
in meinem aufsatze über den nom. plur., anzuftkhren gele- 
genheit gefunden. 3) Wann geben die einzelnen mundar- 
ten überhaupt in allen declinationen die reinen -a^ ^i und 
auch die schon getrübten -o, -u auf und lassen in deren 
stelle das indifferente -e als einzigen declinationsvocal tre- 
ten? gewifs ist diese gewaltigste einbufse, die unsere 
spräche erlitten hat, durch nichts mehr befordert worden, 
als durch jenes eben erwähnte schwanken zwischen den de- 
clinationen. Das lateinische hat jenen gefahrlichen weg, 
auf dem der boden unsicher wird, auch schon früh betre- 
ten, wenn die accusative auf -im und -em, die ablative auf 
-i und -e neben einander herlaufen, die nominative auf -h« 
den sieg über die auf -os davontragen, ein domui und 
domo gleichmäfsig gelten, locative auf -i sich in ablative 
auf -e scheinbar verwandeln, aber die spräche erstarrte, ehe 
solches treiben, das auch hier gradezu auf das tonlose e 
hingeführt hätte, weiter um sich g^riffen hatte. 



zur geschichte altdeutscher declination. 83 

Zur beaj^twortuDg dieser drei fragen, so weit diese 
fbr jetzt möglich ist, waren die dazu brauchbaren beob- 
achtungselemente zu sammeln: ich brauche gern diesen 
der astronomie entlehnten ausdruck l^i einem verfahren, 
welches wie in jener Wissenschaft auch mit nothwendigen 
beobachtungsfehlern, deren Schätzung und elimination zu 
thun hat. Auszulassen waren die unbrauchbaren beispiele; 
also in diesem falle erstlich alles, was den unverkennbaren 
Stempel arger verderbnifs an sich trägt; zweitens alle for- 
men, bei denen die endung schon ein tonloses e zeigt, 
denn dieses ist tausendfach durch abschreiber, herausgeber 
und drucker mit unrecht in die alten echten formen ein- 
geschmuggelt worden; drittens aber mufs ich mir bei die- 
sem casus auch alle berücksichtigung der consonantischen 
(schwachen) declination versagen. Denn hier läuft der 
singulare und der plurale dativ so nahe neben« einander, 
dafs uns bei den Ortsnamen unsere sprachliche scheide- 
kunst noch völlig verlä&t; daher ist alles, was sich z. b. 
9mS. garltn^ brutmen, kirchey Straße^ buche endigt, ganz 
aus dem spiel zu lassen. Endlich ist speciell in betreff der 
endung -um zu bemerken^ dafs hieraus alles als unbrauchbar 
gestrichen werden mufste, wobei sich zweifei erhoben, ob 
deutsche plurale dativ- oder lateinische singulare nominativ- 
endung anzunehmen ist; wer wollte das bei jedem Alisa- 
tium, Andoverpum, Bracbantum, Dorestadum y. s. w. ent- 
scheiden! 

Die durch so massenhafte ausmerzung erheblich vermin- 
derten beobachtungselemente belaufen sich doch noch immer 
fiQr den dativ pluralis auf 1900 bis 2000, eine scheinbar 
sehr grofse zahl, die aber doch verschiedener umstände 
wegen noch immer einen höchst schmerzlichen mangel füh- 
len läfst. Denn in betre£P der zeit ist zwar das neunte 
und zehnte Jahrhundert durch je drei- bis fünfhundert for^ 
men^ das elfte sogar durch nahe an tausend vertreten, aber 
das achte, in welchem man grade die sauberste formen- 
scheidung und die ursprünglichste reinheit erwartet und 
welches uns deshalb die wichtigsten und sichersten resul- 
tate bieten müfste, liefert uns nur die spärliche gäbe von 

6* 



S4 Föritemann 

wenig Ober hundert beispielen. Eben so erg^ife ich aach 
diese gelegenheit, um einmal eine Yorstellung davon zu ge- 
ben, wie ungleich sich unser namenschatz auf die einzel- 
nen deutschen volbsstämme vertheilt, wie wir also f&r 
den einen auf zahlreiche angaben gestützt mit gröfserer 
Sicherheit, für den andern aber bei dörfligen quellen nur 
mit vorsiebt und ungewifsheit urtheilen dürfen. Bei wei- 
tem voran steht durch seinen reichthum an überlieferten 
alten Ortsnamen das eigentliche (södliche) Baiem zwischen 
Lech und Inn'( Salzach), wohin mehr als ein viertel der 
ganzen masse gehört. Lange nicht halb so viel beispiele 
bietet Westfalen und eben so das deutsche Schwaben, dann 
folgen der reihe nach Engem, Ostfranken und die Schweiz. 
Doch während noch jedes dieser gebiete (die fibrigens 
nicht immer genau ethnographisch abgegrenzt werden konn- 
ten) in unserm falle mehr als hundert beobachtungselemente 
aufweist, tritt in den übrigen landschaften entschiedener 
mangel ein. Verhältnifsmäfsig am wenigsten fQhlbar ist 
dieser mangel beim alten Hessen, den heutigen östreichi- 
schen landschaften und Ostfalen , nächstdem bei Thüringen 
und Rheinfranken, weit mehr in den friesisch-niederländi- 
schen gauen, am meisten in den gebieten um Maas und Mo- 
sel, in Ripuarien und im Elsafs, also in den westrheinischen 
gegenden. Die gründe für diese ungleichmäfsigkeit liegen 
in dem vorherrschen oder zurücktreten der undeutschen 
Ortsnamen, in dem gröfseren oder geringeren flächenraume 
der einzelnen landestheile , dann aber auch in dem beste- 
hen oder fehlen reicher und alter klöster; St. Gallen, 
Freising, Fulda und Corvey, dann Regensburg und Salz- 
burg haben die gröfsten Verdienste um unsere kenntnifs der 
alten deutschen namen. 

Zu einer allseitigen Würdigung der geschichte eines 
casus gehört eigentlich^ dafs man den gesammten schätz 
von überlieferten formen einer vierfachen betrachtung un- 
terwirft. Zuerst müfste man jedes als letztes glied eines 
Wortes vorkommende dement für sich betrachten, also 
die namen auf die Wörter -Äw.^, -hof etc. oder auf die en- 
dungen -tn^a, -ari. Dann niQfste man die zeit zum ein- 



zur geschichte altdeaUcher dedination. 85 

theiluDgsgriuid nehmen und Jahrhundert f&r Jahrhundert 
durchmustern. Drittens wäre der ganze Stoff nach den 
casttsendungen zu sondern, also in unserm falle nach 
den acht suf&xen -am^ -im, 'Om^ --un, -an, --in, •on, -tiit; 
ich bemerke hier gleich, dafs für die vier auf -m ausgehen- 
den Suffixe zusammen etwa anderthalb hundert, fflr -an 
über hundert, für -tu nahe an dreihundert, fflr -oit über 
f&nfhundert^ für -tin nahe an neunhundert formen beispiele 
geben. Viertens endlich kann man geographisch zu werke 
gehn und jedem räumlichen gebiete deutscher zunge 
eine gesonderte betrachtung widmen. Diese vierfache durch- 
forschung wäre allerdings eine erschöpfende, aber auch un- 
säglich ermüdend und vielfache Wiederholungen herbeifüh- 
rend; deshalb lassen wir uns an einer einfachen muste- 
rung genügen und lassen filr eine solche diesmal die geo- 
graphische rücksicht vorherrschen. Es beginne dabei 
der nordwesten, dann folge das mittlere, hierauf das rhei« 
nische und dann das südliche Deutschland. 

Das friesische gebiet Deutschlands und der heutigen 
Niederlande hat das auslautende -m vielleicht das ganze 
nennte Jahrhundert hindurch, wenigstens weit in dasselbe 
hinein bewahrt. Wir finden hier a. 793 Bidningahusum, 
a. 799 Hasungum, a. 8ö5 Colwidum und Haslum, a.889 
Hornum. Wenn aber noch sec. 10 Bergum und Ephara- 
dum, a. 1083 Westerburum vorkommt, so kann ich diesen 
formen nicht unbedingt glauben schenken, da um diese 
zeit 'On und -un schon entschieden herrschen; doch ist al- 
lerdings zu bemerken, dafs selbst die sonst erhaltene frie- 
sische literatur noch in weit späterer zeit ein um kennt. 
Die auf -n ausgehenden gewifs schon früh neben dem -m 
gebrauchten dative von a-stämmen bewahren das alte -an 
selbst in den frühesten queUen nicht mehr, denn ein in 
zwei Urkunden von 805 und 806 begegnendes Bertanscotan 
scheint ganz verderbt, vielleicht sogar aus Scotanburg ent- 
standen. Ueberall waltet seit dem 9* Jahrhundert die Ver- 
dunkelung des vocals, theils zu o, theils zu m. Ein unter- 
schied im gebrauche beider vocale will nicht erhellen, doch 
ist das o bei weitem häufiger als u^ wie die register von 



86 Föntemann 

Utrecht und die durch Creeelius herausgegebenen von 
Werden zur gewifsheit erbeben. Wie weit beide vollen 
vocale noch nach 1100 bestehn, wage ich hier wie bei den 
übrigen landschaften aus mangel dafür angelegter Samm- 
lungen nicht zu entscheiden. Die stamme auf -t und -ja 
kennen kein -m^ denn das einzige Vurdin (sec. 10 in Hol- 
land) hat mehrere Varianten, die es ganz unsicher machen; 
vielmehr bilden sie (was in dem übrigen altfiriesischen 
aufser den eigennamen längst verschollen ist) regelmäfsig 
-ton (nie -itin). So haben wir aus sec. 10 Amarion, Bn- 
rion, Stedion, Waldsation, aus sec. 11 Yannion, woneben 
freilich ungenaue formen wie Ameron und Stedon * herlau- 
fen. Genaueres läfst sich bei der dürftigkeit der quellen 
nicht angeben. 

Westphalen kann das alte -m nur strichweise bis 
tief ins neunte jahrh. erhalten haben; der Heliand kennt 
es nicht mehr, wohl aber begegnen a. 887 südöstlich von 
Paderborn die beiden örter Northgardinum und Suthgardi- 
num. Der ausgang -oit, den man a priori fibr eine sehr 
alterthümliche form halten sollte, erweist sich vielmehr als 
eine nur dem eitlen jahrh. angehörende ausnähme, wie wir 
sie auch noch in andern landschaften finden werden. So 
schreiben westfälische Urkunden a. 1020 und 1031 Horo- 
husan und Homan, die biographie des Meinwerk von Par 
derborn Pumassan, Siwardassan und Westfalan und die 
Frekenhorster heberoUe Thatinghovan neben -hovon. Diese 
wenigen formen wollen nichts sagen gegen die sehr zahl- 
reichen -Oft und -tfn, die sich übrigens auf westfälischem 
gebiete nahezu die wage halten, doch so, dafs im neunten 
jahrh. fast nur -un gilt, während im zehnten und elften -on 
überwiegt. Das grofse Frekenhorster denkmal altwestf&li' 
scher spräche (sec. 11) kennt nur ^on^ kein sicheres -vn 
oder -an. Wie es eine oben angeführte form auf -an hat, 
so schreibt es auch einmal Tharphurnin; das ist eben so 
eine kleine sprachliche verirrung, als wenn Adam von 
Bremen in Westfalen ein Wildashusin, eine Urkunde von 
968 ein Angerin, eine aus sec. 11 ein Husin kennt. Das 
führt uns auf die behandlung der wirklichen i- und ia- 



zur gescbichte altdeutscher declination. 87 

Stämme in Westfalen. Ihre regel ist, dafs der dativ plu- 
raiis bis in den beginn des 11. Jahrhunderts auf -iun^ von 
da ab auf -ton ausgeht; man vergleiche das oben über -un 
und 'on gesagte. £s ist das völlig sicher, wenn man fol* 
gende formen erwägt: Bernsiun (sec. 9), Heppiun (sec. b)^ 
Wetiun (sec. 9J, Mahtiun (a. 887), Meppiun (a. 946), 
Anaimuthiun (a.948), Muliun (a. 977), Brenkiun (a. 1020), 
Dueriun (a. 1020); dagegen Gession (a. 1016), Burion (a. 
1030), Hembruggion (a. 1030), Mulion (a. 1049). Ein da- 
neben selten begegnendes -in, wie in Legsetin (a. 1030) 
und Liudunburin (in der vita Meiuwerci) hat schon mehr 
hochdeutsches aussehn. Dagegen zeigt ein im anfange des 
11. Jahrhunderts zu Paderborn niedergeschriebenes im heu- 
tigen Niederhessen liegendes Ovorandvergian echt sächsi- 
schen Charakter. 

In Engern ist das bewahrtbleiben des -m kaum sicher 
zu beobachten; dafs Fardium a. 786 und Phardum a. 795 
es noch haben, versteht sich von selbst; ein B^tanum vom 
jähre 1 024 hat wenig vertrauen ; andere beispiele mangeln. 
Das -an gehört eben so wie in Westfalen nicht der älte- 
ren, sondern der jüngeren zeit an; in der zweiten hälfte des 
1 1 . jahrh. lesen wir ein Biveran, sowie Batenhusan^ Uf husan 
und Stumpenhusan; ein einziges Holthusan in den tradi- 
tionen von Corvey, noch dazu am rande der handschrift 
durch Holthusen ersetzt, ist von keinem belang. Als re- 
gel gilt 'On oder -un ; auch hier ist -un im neunten, -on im 
elften Jahrhundert überwiegend; das hauptdenkmal engri-* 
scher Urkunden, jene eben genannten Corveyer traditionen, 
im wesentlichen .dem neunten Jahrhundert angehörend, ken- 
nen fast nur -t^n, welches freilich bei den namen auf -Ati- 
«uft, den häufigsten unter allen, selten zu erkennen ist, da 
die handschrift meistens hm mit einem häkchen als ab-» 
kürzung schreibt. Die verderbnifs eines -in aus dem dun- 
keln vocale ist sehr selten; der ausgang des 11. Jahrhun- 
derts zeigt uns ein Brunistesbusin, Benninhusin und Fri- 
thegotessin. Echtes -in von i- und ia-stämmen ist gleich- 
falls in Engern nicht heimisch, Buggin aus sec. 10 und 
Gimundin von 1019 sind hier wohl hochdeutsche ein- 



88 Förstemann 

dringlinge. Dagegen scheint es sich mit den dativen auf 
-tun und -ion eben so za verbalten wie in Westfalen; so 
sehn wir im 9. jahrb. ein Apulderiun, Boflesburiun, Buriun 
und Walkian, im zehnten mehrmals ein Bukkiun, am an- 
fange des elften zweimal ein Tundiriun; das jQngere -on 
zeigt sich a. 1022 in Lancierion. Wenn vir a. 834 Hern- 
lion lesen, so erweckt diese form auch sonst verdacht, ob- 
gleich die betreffende Urkunde im original erhalten ist. Ge- 
nug, zwischen Westfalen und Engern will in bezug auf 
diese Casusbildungen kein wesentlicher unterschied erheUen. 
Ostfalen wird später als die* beiden letztbesproche- 
nen landschaften von karolingischer Jurisdiction und civi- 
lisation durchdrungen, so dafs sogar die platze der beiden 
bischöflichen kathedralen nicht unverrQckt bleiben. Es ist 
kein wunder, wenn hier die Urkunden kaum bis an den 
anfang des 9. Jahrhunderts hinaufreichen. Doch finden wir 
auch noch hier ein altes -m a. 978 in der form Suevum, 
die vielleicht echt sein mag, während Nortduringum von 
1051 schon sehr aaffäUt; vollends hat Germadissum von 
1053 eine Variante auf -e««tm, durch die jene form sehr 
zweifelhaft wird. Vereinzeltes ^an zeigt sich sec. 1 1 in Bun- 
teshornan auf ostf&lisch-engrischer grenze. Die formen 
auf 'On und ^un laufen auch hier neben einander her und 
zwar in einer ganz gleichen anzahl von beispielen, während 
auf friesischem gebiete das -on, auf westfälischem und en- 
grischem das ^un entschieden überwiegt. Auch die Priori- 
tät des -tin will in Ostfalen nicht erhellen. Wie sich die 
Stämme auf -i und -ja verhalten , ist ans mangel an genü- 
genden beispielen kaum ersichtlich. Ein-Riudiun, sec. 9 
westlich von Goslar ist der einzige beleg für -ttin (f&r -ton 
kenne ich keinen) und auch dieser wird zweifelhaft, da die 
form auf engrischem boden in Corvey niedergeschrieben 
ist. Es scheint fast, als hätte in Ostfalen ein -in gegolten, 
was zwar nicht aus unorganischen beispielen auf -in^tn aus 
sec. 10 und 11, auch nicht aus Holthusin sec. 10, eher aber 
aus Bukstadin a. 959 und Hirzvurtin a. 1060 erhellt. Be- 
stätigt sich das, so tritt Ostfalen auch hierin thüringischem 



zur geichichte altdeatscher -decUnation. 89 

wesen näher als s&chsischem, wie wir daf&r ja auch sonst 
so manche andeutungen haben. 

Was uns übrigens bei den sQdelbischen stammen der 
Sachsen entgebt, ein dem gothischen gleichstehendes -am, 
das gewähren die schleswigschen runeninschriften. Sie lehren 
uns, dals in einer zeit, die schwerlich vor das dritte oder 
nach dem siebenten jahrh. zu setzen ist, dort noch ein foti- 
nam (mercedibus), eiapuvam (famulis), ein Holtingam (Holt- 
satis) gegolten hat; auch ein pim^ welches dem gothischen 
paim {ToJg) entsprechen würde, ist auf dem tondemschen 
home nicht unwahrscheinlich. 

Im mittleren Deutschland haben wir nach einander 
Thüringen, Hessen und Ostfranken zu durchmustern, von 
welchen landschaften nur die letzte fast ganz frei ist von 
norddeutschem einflusse. 

Thüringische Urkunden zeigen uns das alte -m 
kaum mehr; ein Swabohusum aus sec« 9, Suabehusum 
aus sec. 10 ist von keineif bedeutung und vielleicht nur 
Schreibfehler. Dagegen ist es auffallend, dafs jener aus- 
gang -an, den wir bisher nur im elften jahrh. fanden, 
grade in einer der ältesten thüringischen Urkunden vor- 
kommt; wir lesen a. 777 ein Osterhusan; leider ist bis 
jetzt kein zweites beispiel dazu gefunden. In hinsieht auf 
-o» und -tifi verhält sich Thüringen fast eben so wie Westr 
falen und Engem; im achten und neunten jahrh. scheint 
nur -tili gegolten zu haben; das sehr frühe breviarium 
Bancti LuUi kennt in seinen zahlreichen thüringischen for- 
men (die freilich an der hessisch- fräokischen grenze nie- 
dergeschrieben sind) noch kein -on; im zehnten und elften 
jahrh. gehn beide formen neben einander her. Der laut 
mag schon damals ein zwischen o und u schwankender 
gewesen sein; noch jetzt bemerkt man, dafs in thüringi- 
schen mundarten (z. b. in Nordhausen) kurzes o sich sehr 
dem u nähert Wodurch aber Thüringen sich von frie- 
sisch-sächsischem gebrauch unterscheidet, das ist die grö- 
fsere häufigkeit der dative auf -in. Wir finden sec. 9 ein 
Fruminstetin, a. 1017 ein Altstetin; diesen sehr regelmäfsi- 



90 Föntemann 

gen formen folgen dann durch falsche analogie vor allein^ 
wie so oft, die auf -ingin^ z. b. sec. 10 Gellingin, sec. 11 
Bezingin, Scidingin, Welebingin, dann aber auch sogar 
bilduDgen auf -husin wie a. 965 Walenhusin, a. 1013 Mu- 
linhusin, a. 1098 Aldinmulhusin; endlich noch einiges an- 
dere wie a. 932 Engilin, a. 980 Mimeleibin. Diese neigung 
zu echtem sowohl als unechtem -in scheint besonders dem 
Unstruttbale eigen gewesen zu sein und dort am längsten 
gehaftet zu haben,* das alte rechtsbuch der Stadt Mühl« 
hausen (aus dem dreizehnten jahrh.) bat eine solche fälle 
von t (hi nach is giscribin, wa5 rechtis die man beit, di 
di3 com snitit u. s. w.), dafs ich in der ganzen deutschen 
literatur, etwa mit ausnähme des Annoliedes, nichts dem 
gleichzustellen weifs. Formen auf -in« und -ton finden 
wir weder in Thüringen noch in allen folgenden landschaf- 
ten; sie sind nur friesisch und sächsisch; alle andern volks- 
stämme bieten hier nur -in mit den üblichen scbwankim- 
gen in die a-declination. * 

Das eigentliche Hessen ist zur zeit der sächsischen 
und fränkischen kaiser nur ein kleines gebiet, das sich nur 
über den- sogenannten fränkischen Hessengau und den 
Oberlahngau erstreckt; wenn auch Fulda streng genommen 
nicht mehr darin liegt, so können wir doch eine menge 
von formen, die dort niedergeschrieben wurden, als zeugen 
für hessischen gebrauch ansehn. Ausgänge auf -tn sind 
hier nur im letzten verklingen und ganz vereinzelt zu be- 
obachten; ein Bitrahagispringum aus sec. 8, ein Wintgra- 
bom aus dem jähre 796 und ein Brustlohnm aus dem an- 
fange des 9. Jahrhunderts sind die einzigen beispiele. In 
bezug auf das -ori und -un zeigen sich eigenthümliche Ver- 
hältnisse in den bisher beobachteten gebieten; in Friesland 
herrschte das -on bedeutend vor, in Westfalen und Ostfa- 
len halten sich beide endungen die wage, in Engern errei- 
chen dagegen die -un nahezu den doppelten umfang der 
^on^ in Thüringen und Hessen weit mehr als den doppel- 
ten. Auch in Hessen gehen beide formen neben einander 
her, doch will sich eine priorität des -un nicht deutlich 
ergeben. Für ein -in zeigen sich wenige belege, eigentlich 



zur gescbichte altdeutscher declination. 9I 

gar keine. Denn Hessin sec. 8 ist auf rheinfränkischem 
gebiete niedergeschrieben und die Urkunde uns nur in spä- 
ter absührift erhalten, Gunnesburin a. 1020 liegt in der 
ecke zwischen Diemel und Weser und gehört einer west- 
fälischen Urkunde an« steht also dem oben bei Westfalen 
angefahrten Liudunburin gleich; Couphyngin a. 1051 sieht 
sehr verderbt aus und ist nicht auf hessischem, sondern 
auf ripuarischem boden der feder entflossen ; Yerschiedene 
formen f&r das heutige Schlflchtern an der fränkischen 
Kinzig müssen wir Bheinfiranken zurechnen. Wir sind also 
darüber ungewifs, wie wirklich hessische pluraldative der 
Stämme auf -t und »ja im neunten bis elften jahrh. aussa- 
hen. Der name des landes selbst lautet Hession a. 887, 
doch in einem westfölischen documente; ein Hessiun a. 
960 ist in Worms niedergeschrieben und zwar, was hier 
wohl zu beachten, unter den äugen kaiser Ottos des gro- 
fsen; so ist also hessisches -^ion und -iun durchaus nicht 
zu beweisen. 

Mit Thüringen, Hessen und Bheinfranken zusammen 
bildete nach dem Verduner vertrage Ost franken den 
ducatus Franciae Austrasiae. Zu diesem Ostfranken aber 
rechne ich hier, was sprachlich mehr als historisch ge- 
rechtfertigt ist, den bairischen Nordgau und die längs des 
böhmischen waldes hinziehende mark, also alles nördlich 
von der Donau liegende land des heutigen Baierns. Hier 
tritt uns sofort eine erscheinung als besonders auffallend 
und bestimmt entgegen, die häufigkeit des auslautenden 
-m, welche uns hier endlich, gegenüber der dürftigkeit in 
den vorhergehenden landestheilen, die hofinung erweckt, 
den Untergang dieser form genauer beobachten zu können. 
Ja es sind nicht weniger als 42 beispiele dieses -m aus 
Ostiranken erhalten, mehr als aus irgend einem andern 
deutschen lande, und da diese beispiele fast alle aus Fulda 
stammen, so werden sie auch zugleich mit auf Hessen ein 
licht werfen, wo es daran bisher noch fehlte. Unbestimm- 
ter zeit des achten Jahrhunderts gehören au: Chizzingim, 
Lurungum, Marahesfeldum , Buomfeldum, Scegifeldum, 
Swallungom, Swanafeldum, Tollifeldum, Weterungom; ins 



92 FÖntemAim 

Jahr 772 fallt HniitiliDgum ; daran reiben sich Helidongom 
a. 783, Pladuogom a. 789, Heimengeshusum a. 790, Gin- 
euDgom a. 791, Perahtleibeahusom und Marchereshusom 
a. 796, Helidungom und Irminolteshusum a. 800, Lurungum 
a. 801, Atihusum a.803, Bratingun^ und Wazerlosuoi a. 
804, Ascfeldum und Atihusum a. 824, TuUifeldum a. 826, 
Heribrunnum und Hohogapleichim a. 828. Zahlreich sind 
die beispiele, die in ungewisse zeit des 9» Jahrhunderts, 
also durchschnittlich in dessen mitte, meistens in dessen 
erste h&lfte fallen: Ascfeldom, Adalfrideshusum, Othelmes« 
husum, Baldmunteshusum, Bleichfeldum und Pleihfeldum, 
Bonlantum, Gozfeldum, Grapfeldum, Helidungom, Irminol- 
teshusum, Marchereshusum und Wagenhusum. Mit ent- 
schiedenheit der zweiten hälfte des Jahrhunderts gehört 
nur Eichesfeldum a. 860 an. So können wir es also als 
sicheres ergebnifs ansehn daiGs auslautendes -m in den dar 
tiven Ostfrankens bis um 850 (neben -») gegolten hat. Denn 
das auch anlautend barbarisch geschriebene Nhutilingum 
aus dem jähre 1034 wird niemand f&r einen beleg halten, 
wenn seit 860 alle beispiele verstummen. Dafs auch in 
Ostfranken die endung -cMj wie wir früher sahen, nur ei«* 
ner Verwirrung des 11. Jahrhunderts angehört, zeigt die 
form Pettinchovan a. 1090, tkberdies einer bairischen quelle 
entnommen. Das überall sich findende nebeneinandergehn 
des -tin und -on erblicken wir auch auf ostfränkischem 
boden, und zwar wie in Thüringen und Hessen mit Über- 
gewicht (wenn auch nicht so entschiedenem) der ersteren 
Schreibung. Der zeit nach scheint hier (doch kann das 
auf zufilUen beruhn, denen die Überlieferung ausgesetzt ist) 
das -tin später zu beginnen und länger anzuhalten als das 
-ofi. Den Stämmen auf -i und »ja kommt sicher «tu zu: 
Liutolvestetin sec. 8, Stetin a. 815 und 816, Altenstetin a. 
823, Erpfolesstetin aus sec. 9, Brunnonstetin a. 880 sind 
die regelrechtesten formen; auch fQr Waldsassin a. 775 und 
Waldsazin a. 1000 ist ein stamm ""sazi oder *sazja anzu- 
nehmen, da wir auch sonst Legsetin, Waldsation lesen. 
Verwirrung tritt erst im elften jahrh. ein, zunächst, wie 
immer, bei den stammen auf -inga: Brezzingin a. 1037, 



zur geschieht« altdeutscher declination. 93 

Cbizzingin a. 1040 und 1060. Dem elften jabrb. 'gehören 
auch ganz anorganische Belenchovin und Keginherishovin 
an, doch kein thüringisches »husin erstreckt sich bis in 
ostfränkisches land. 

Ehe wir an Süddeutschland kommen, haben wir auf 
die vier gebiete zu blicken, die sich westwärts am Rheine 
and über denselben hinaus erstrecken; hier sind keltische 
formen so zahlreich, ilafs f&r das echt deutsche nicht allzu- 
viel beispiele übrig bleiben. 

Für Ripuarien ist Gierfridinghorum a. 841 der ein- 
zige beleg von -m^ und ich meine, dafs uns das beispiel 
von Westfalen und den Niederlanden nöthigt, auch hier 
das erbalten jenes auslauts bis in die zweite bälfte von 
sec. 9 anzunehmen. Ein -an ist gar nicht vertreten. Das 
-on ist wie in Friesland und den Niederlanden weit häufi- 
ger als -tili und fbr letzteres weifs ich erst beispiele aus 
dem zehnten und elften, nicht aus dem neunten jahrh. Früh 
ist in Ripuarien die an das Ännolied erinnernde verliebe 
f&r das i eingetreten, auch wo es gar nicht hingehört, wir 
finden Williolvesdielin a. 882, Thiedinhovin (hier ein ort 
bei Cöln) a. 948, Ottingin a. 1051, Reginherishusin und 
Geistingin a. 1064. Für unbezweifelt echtes -in (furtin, 
-stadin, -gimundin u. s. w.) fehlen uns zufällig beispiele. 

Auf lothringischem boden um Maas und Mosel ge- 
wahren wir das -m ziemlich lange, wenigstens in bestäti- 
gungen älterer Urkunden. So erschdnt ein Marningum a. 
752, 762 und 943, ein Gunthereshusum a. 962 und I033, 
ein Molburium im neunten jahrh. Genaueres Über die dauer 
dieses -m läfst sich aus diesen daten nicht entnehmen. 
Gunthereshusan a. 1023 ist das einzige beispiel von "an^ 
also wieder, den früheren Wahrnehmungen entsprechend, 
aus ziemlich später zeit. Umgekehrt wie in Ripuarien 
überwiegt in Lotbringen das -tin, während das -on zurück- 
tritt und wie es scheint in der mitte des 10. Jahrhunderts 
(Dehsendron a. 969) ganz verstummt. Echtes -in zu beob- 
achten ist keine gelegenheit; ein unorganisches Ruochen^ 
busin begegnet a. 1072 auf dem Hundsrück. 

Auch Rhein franken kennt das alte -m bis ent8chi% 



94 Fdrstemann 

den ins *ueunte jabrh. hinein. Denn während sec. 8 noch 
unangetastetes Bucheswiccum, Eddingum, Snetzingum, Wor- 
mazfeldum waltet, zeigen sich die beiden formen Felduni 
und Stetim a. 821 und dann wieder 824, wogegen Winigwes* 
husuin a. 1016 nur in der Wiederholung einer älteren 
grenzbescbreibung erscheint. Ein -an ist wiederum selten 
und spät (Ossingan a. 960, Ser^ilingan a. 1100). Das -tiit 
hat nur geringen vorrang vor dem -on und läufl ihm auch 
zeitlich fast ganz gleich. Die stamme auf -t und -ja bil- 
den entschiedenes -tn, so Stetin a. 835 und 836, Sweigerin 
a. 988, Sluohterin a. 993, 999, 1003, 1025, Triburin a. 
1000, Hochstedin a. 1100. In diese analogie fallt dann 
auch, wie fast überall, -mehrfaches -ingin^ z. b. Bochingin 
sec. 8; im elften jahrh. finden wir erst wie in Thfiringen 
ganz unorganisches -husin^ z. b. Holzhusin a. 1044^ Snep- 
penhusin a. 1051, Immeleshusin a. 1100. 

Für das Elsass liegen weniger beobaohtungelemente 
vor als ßlr alle übrigen landschaften, und das ist um so 
schmerzlicher, als hier alemannisches und fränkisches sich 
gegenseitig durchdrangen; von der endung --m ist sogar 
kein einziges brauchbares beispiel erhalten. Das -m wird 
auch hier bis ins neunte jahrh. gedauert haben : Beneveldim 
a. 763, Walahom a. 774, Waloom 776, Walaum a. 780, 
Ediningom a. 788, Scudingum sec. 9. Zwei nördlich von 
Strafsburg liegende orte werden in einer Urkunde von 995 
Richeneshovau und Sveichusan geschrieben, sonst begegnet 
k^in -an. Duntenhuson a. 788, Wangon a. 828, Hosthovon 
a. 884, Walahon a. 953, Ilohfeldon a. 968 sind beispiele 
für -Oll, während -ti» nur durch Sweiebusun a. 1065 und 
Oufatingun a. 1070 vertreten ist. 

Weit reicheres material als in diesen westlichen ge- 
bieten strömt uns in den südlichen landschaften herbei. 
Wir betrachten zuerst die Schweiz. Bis um 830 scheint 
mir hier die erhaltung des alten -m gesichert zu sein, wie 
die von 779 bis 831 erscheinenden beispiele darthun: Dru- 
angom, Scafhnsirum, Pluvileshusirum, Hertum, Zezincho- 
vum, Panninghovum, Pottinchovum und Waltiningum. Ein 
J^uiveldum von 868 und ein Wolvoltes affaltemm von 896 



zur geschichte altdeutscher decUuation. 9f> 

sind arcbaismen, die einen besondern grund haben mögen; 
übrigens ist der letzte name im St. Galler Urkunden- 
buche wirklich aflPalterun geschrieben. Aber wenn eine Ur- 
kunde von 965, die später wieder a. 976 bestätigt wird, 
noch PfaffinghoYum und Masilingbovum enthält, so braucht 
man sie nur näher anzusehn, um zu erkennen, dafs sie 
Oberhaupt mit den declinationen auf etwas gespanntem 
fufse steht und namentlich ft&r den ausgang -um grofse 
verliebe bat; liest sie doch auch in pago Thuregum {Zürich} 
und in pago Curiorum (curia, Cbur)« Vollends ist auf ein 
Otilingum von 1044 gar nichts zu geben; dicht daneben 
findet man pluraldative auf -an und -en, — Die endung 
-an erscheint nicht vor 873; die beispiele bieten aufser 
G-ntingan und Stadalan die formen Huzzinfaovan, Liutma- 
rinchovan, Rietinchovan, Rammelinchovan, Tetinishovan, 
Strubinhovan, Erachelinchovan , Volhinchovan und WeiU 
benchovan, kein einziges -husan^ 'feldan u. dgl. Ist das Zu- 
fall? oder ist die vocalfolge o-a eine besonders beliebte 
durch den Vorgang der sogenannten brechung geworden, 
die bekanntlich darin besteht, dafs ein folgendes a auf ein 
n der vorhergehenden silbe eine assimilirende kraft äusfert 
und es bis zu einem o-laute erhebt? Auch Grimm äufsert 
sich einmal (gesch. d. deutsch, spräche 291): „die ahd. 
mundart liebt in drei- und mehrsilbigen Wörtern, den vocal 
der vorletzten mit dem der letzten silbe auszugleichen'^. — 
Wir sahen eben die geltung eines -um bis etwa zum jähre 
830 dauern, kein -om tritt ihm an die seite. Um dieselbe 
zeit, als jenes ^um untergeht, erscheinen in den schweize- 
rischen Ortsnamen die gespaltenen formen -on und ^un und 
zwar beide gleichzeitig; Sleiron von 828 und Hertun von 
820 sind die ältesten mir bekannten organischen beispiele, 
die einem sichern datum angehören. Das -4in ist häufiger 
als das -on, und zwar im verhältnifs von drei zu zwei, 
doch hört jenes früher auf und ich habe mir unter 33 for- 
men kein späteres beispiel notirt als Hetiningun vom jähre 
911. Auch "bur (thema buri) habitatio ist in die a-decli- 
nation übergegangen und bildet z. b. a. 827 Puirron und 
a. 894 Perehtoltespuron. Da dasselbe wort auch in ande- 



96 Föratemftnn 

ren gegenden als Boran, Sallinporron, Sunnenbore erscheint, 
so wird auch das a. 843 begegnende Stecheboron (Steck- 
born am ufer des Bodensees unweit Arenenburg) dahin 
gehören. Was sollte aber dessen erster theil anders sein 
als ahd. steccho stipes, palus? Stecheboron wiese dem- 
nach auf pfalbauten, und sollten solche (ich habe diese 
anziehenden entdeckungen leider nicht genau verfolgen 
können) bei Steckborn noch nicht gefunden sein, so unter- 
suche mau dort das ufer des Bodensees; die Sprachwissen- 
schaft fordert uns dazu auf. 

Die endung "in ist in der Schweiz nicht unbeliebt, 
wie noch jetzt schweizerische mundarten gern -i eis flexion»- 
vocal bewahren nnd nicht in tonloses -« Qbergehn lassen. 
Jene -t/i sind erstlich organische von i-st&mmen: Parach- 
stetin a. 858, Otmunstetin a. 864, Hovestetin a. 870, Jeste- 
tin a. 876, Pipineshovestetin a. 914, Altstetin sec. 11, Sa- 
milines ruitin a. 942 und 947, Utin ruitin a. 942, Ruitin 
a. 947, Ruttin a. 973; auch in Einsidelin sec. 11 ist es 
nicht gerade nöthig das -in als unorganisch zu fassen. Dann 
gehn, wie überall, die stfimme auf ^inga gern in die i- 
deolination über: Cutaningin a. 799, Aradingin a. 1040, 
Hittingin und Wulvelingin sec. 11. Ganz unorganische for- 
men sind Scafhusin sec. 8, Appilinhnsin a. 888, TruUinc- 
hovin a. 875, Dietinchovin seo. 11, Nnzpoumin a. 871, 
Wengin a. 998. 

Es folgt das heutige deutache Schwaben. Als be- 
lege f&r die bewahrung des -m f&hre ich in chronologi- 
scher reihe an: Liupdahingum a. 761, Pnrrom und Mercin- 
gum a. 786, Merishusum a. 790, Erfstetim und Cruaningum 
a. 805, Stetim, Erfistetim, Nordstetim und Crezzingum a. 
817, Honninghovum und Zezinghovum a. 820, Birscachim 
a. 834, Frumarom a. 838, Reodum a. 843; man sieht, wie 
der dem nasal vorhergehende vocal fast ausnahmslos rich- 
tig gewählt ist, so dafs diese schon durch das -m alterthfim- 
liehen formen sich auch von anderer seite als echt und or- 
ganisch kundgeben. Als Zeitpunkt des verschwindens die- 
ses -in (neben dem freilich schon seit längerer zeit ein -n 
hergeht) ist die zeit um 840 anznsehn, was mit dem bei 



zur geachichte altdentseher declination. 97 

den schweizerischen namen gefundenen ergebnisse gut zu- 
sammenstimmt. Die aufregnng während der bruderkriege 
in der familie Ludwigs des frommen zerstörte nicht blols 
das reich Karls des grofsen, sondern auch alte gestaltun- 
gen der spräche f&r immer durch das schaffen von neuen ; 
oder haben wir nicht ähnliches 1813 — 1815 und 1848 er- 
lebt? Wenn der codex Laureshamensis noch a. 9Q2 ein 
Dicingaom in Schwaben kennt, so verhindert uns sowöl 
das tolle ao als auch die sonstige lässige Schreibung dieser 
späten abschrift daran, dieser form irgend eine bedeutung 
beizulegen. Ein -an beginnt auch hier (wie in der Schweiz) 
nicht vor dem ende des 9. Jahrhunderts, a. 883 ist Wibelin- 
gan ältestes beispiel, dann folgen bis 1100 Pazenhovan, 
Engelbereshovan, Husan, Alleshusan, Marchilingan, Mon- 
chingan, Metzingan, Tof&ngan und ganz unorganisches Hu- 
stetan. Von den beiden dunkeln schwesterform^n eines ur- 
sprünglichen -am ist das -un im deutschen Schwaben ent- 
schieden die ältere; ich weifs nahe an zwanzig belege dafür, 
ehe in Cluftarnon a. 817 das älteste beispiel eines -on auf- 
tritt; beide formen reichen auch hier bis 1100 und verein- 
zelt noch weiter. Doch während in der Schweiz das -un 
nur ein bedeutendes übergewicht über das -oft zeigte, nimmt 
es im deutschen Schwaben wie in Hessen und Thüringen 
den mehr als doppelten umfang des -Oft ein. Der ausgang 
-in ist in Schwaben sehr beliebt, mehr noch als in Thü- 
ringen, fast eben so wie in Oestreich. Im 8., 9. und 10. 
Jahrhundert überwiegen organische formen auf -stetinj -sca- 
cAtfi, -riti^tn, und nur vereinzelt zeigt sich ein -hofin a. 
857, aber im 11. Jahrhundert gilt vor allem massenhaftes 
-tft^tfi, nicht seltenes -hofittj -husin und -wangin. 

Das bairische land südlich von der Donau ist, wie 
oben schon bemerkt wurde, die reichste fundgrube für alle 
deutsche namen. Zuerst fällt hier bei oberflächlichem an- 
sehn die ungemeine langlebigkeit des auslautenden -tn auf. 
Ganz in der Ordnung sind hier, wenn man an Schwaben 
und die Schweiz zurückdenkt, diejenigen formen, die jen- 
seits 840 liegen: Feldum, Heimincum, Holzhusum und Si- 
tulinessttetim aus sec. 8, Diupstadum von 798, Scalchom 

Zeitschr. f. vgl. aprachf. XVI. 2. 7 



98 Fönteoumn 

▼on 805, Niwinhusam tod 814, Wangom, Rifaoozesbovum, 
Hrodolvingnin, Pacharom and Pergum von 820, Tomalin- 
gQm TOQ 821, Pottinchovum von 830, Gozhiltahusuni von 
835, Holzhnaum aus der zeit des bischofs Hitto von Frei- 
sing, der von 810 — 835 regierte. Aber schon Tannum aas 
der zweiten h&lfte des 9., Pachamm, Smidaheimum und 
ürinhasum aus dem 10. Jahrhundert, noch mehr aber Ass- 
kyringom und Winidum von 1010, Stetim von 1O30, Ta- 
nahusum von 1050, Tiufetadum, Cotingum, Guoginhusom 
und Lauppiom aus sec. 11, Gotbgum von 1074, Eholvin- 
gnm von 1096 fallen aus aller regel heraus. Sehn wir in- 
dessen die quellen genauer an, so mindert sich unser staunen 
erheblich; es sind vereinzelte stellen in Meichelbecks bist. 
Frisingensis, ein paar &lle in der Juvavia von Kleinmaym 
und endlich f&nf beispiele aus den ersten höchst uncorree- 
ten banden derMonumenta Boica, lauter werke, denen es 
auf buchst&bliche wiedergäbe des handschriftlichen textes 
nicht im mindesten ankommt. Auch das schwanken der 
Orthographie ist höchst verdächtig; neben Quoginhusoni 
stehn in derselben Urkunde mehrere formen auf •un, neben 
Efacdvingum sogar Eholvingen und mehrere andere plural- 
dative auf •e». Alles dies erwogen können diese formen 
wohl gro&entheils nur als bespiele übel angebrachter ge- 
Idursamkeit oder Sorglosigkeit der herausgeber, zum theil 
auch wohl nur als dmckfehler gelten. — Dagegen ist es 
erfreulich klar beobachten zu können, wie der ausgang -im 
in Baiem zu derselben zeit auftritt, in welcher er zuerst 
in Schwaben und der Schweiz erscheint. Das älteste 
schweizerische beispiel datiert von 873, das älteste schwä- 
bische von 885, das erste bairische (Perchovan) von 
899; daran schliefsen sich hier nur zwei Ülle aus dem 
zehnten, dag^en mehr als fünfzig aus dem elft^i Jahrhun- 
dert, darunter erst a. 1090 ein unorganisches (Wibistetan). 
Man sieht recht klar, wie dieses -an erst durch ei&e erhöhung 
des toiies des gemeinen -tift und •oit entsteht, eine erhö- 
hung, weldie die Vorstufe zum tonlosen e ist. Aach noch in 
einem andern punkte stimmt Baiem auffallend zu Schw{U>en, 
nicht so gut zur Schweiz. Während nämlich -nn schon 



zur geiciudhte altdentoeher dedination. ^vMCNIftK'V^ 

in einer anzabl von beispielen des achten und der ersten 
hftlfte des neunten Jahrhunderts auftritt, lesen wir ein »Ati- 
son zuerst 814, so wie das erste -on in Schwaben aus dem 
jähre 817 erschien; mit Karls des grofsen tode verlor in 
diesen landschaften der alte vocal seine ausscfaUefdiche 
geltung. Nun gehn auch hier -un und -an in bekannter 
weise neben einander, ersteres fast dreimal häufiger als 
letzteres; in der zweiten hälfte des 11. Jahrhunderts wer- 
den übrigens beide formen in Baiern ziemlich selten. Das 
-fit erschallt in Baiern schon im 8. Jahrhundert, doch sind 
grade einige der ältesten beispiele sehr zweifelhaft, da man 
sec. 8 und 9 wol ein »stetinj -arin, -ruiftii, allenfalls '^ingin, 
aber kaum -hitsin und -hofin erwarten sollte. Äufser zwei- 
fei aber steht der mass^hafte gebrauch aller dieser formen 
für die bairische mundart des 11. Jahrhunderts, wo sie in 
dessen zweiter hälftie gradezu die verschwindenden -uii und 
-Oft ablösen und das -en mit vorbereiten helfen; dadurch 
gewinnen diese -t» einen umfang, der sie den -on fast 
gleichstellt. 

Was jetzt östreichisches gebiet ist, ^ebt wenig 
anlafs zu bemerkungen^ Denn die Salzburger gegend, der 
wir die meisten beispiele verdanken, kann ja eben so gut 
zu Baiern gerechnet werden und hat keine disdektisefae 
Selbständigkeit. Echtes -m fiade ich in Pahmaanum «ec. 8, 
Buriom a. 798 und Gfaeminatum a. B33, also innerhalb 
der in den andern süddeutschen landschaften gezogenen 
grenzen, unedites und unsicheres in dem a. ^930 wiederholten 
Pahmannnm und in dem angeblich a. 927 und a. 1048 vor- 
kommenden ßotenmanmim. Ein -an habe icäi nur in ein 
paar beispielen des 11. jahiiiiinderts notirt; es ist in Oest- 
reich grofse Seltenheit gewesen. Das frühere vorkommen 
v<m "un und "On ist wegen mangels an genau geschriebe- 
nen ganz alten Urkunden nicht deutlich zu beobaebten; 
übrigens ist -on im verhältni& zu -tm noch seltener als in 
Baiem ; beide verschwinden wie dort in der zweiten hälfte 
des 11. j^ihrbunderts. Auch in Oestreieh werden sie dorch 
das -An abgelöst, welcbes hier entschieden noch beliebter 
ist iJs in Baiern; und dabei hält sich Oestreieh noch 



100 Förstemann, zur geBchicbte altdeutscher declination. 

strenger an den ansgang des themas, da -hufin und -Aootn 
hier bis jetzt noch nnbelegt sind {-ingin freilich ist desto 
häufiger). 

Als, eine eigenthümlichkeit der östlich vom Inn gebräuch- 
lichen Ortsnamen mufs ich noch hervorheben, dafs dort 
formen mit pluraldativen von haim domus nicht selten wa- 
ren, während sonst dieses wort als grundwort nur im Sin- 
gular erscheint. Eins der beispiele, Gruckilaheimun, f&llt 
in das neunte Jahrhundert, ist indessen wohl erst späterer 
niederschrift beizumessen; die übrigen sind jünger. Man 
betrachte Otinheimun und Percheimun a. 970, PoUinchei- 
mun und Smidaheimum sec. 10, Muliheimun a. 1030; fer- 
ner Talaheimon, Papinesheimon, Prunaheimon und Rihhar- 
tesheimon sec. 10, endlich mit organischem '•in Talaheimin 
sec. 1 1 , Municheimin a. 1094. Westlich vom Inn liegen 
nur zwei dieser orte und beide nicht weit von diesem flusse 
entfernt; aufserhalb dieses gebiets ist kein beispiel überlie- 
fert, so dafs ein solches -heimun u. s. w. sicher auf die ge- 
gend zeigt, aus der es stammt. Dort hat also -heim am 
längsten die bedeutung eines einzelnen hauses gewahrt. 

Damit ist die durchmusterung der im dativ pluralis 
erhdtenen alten Ortsnamen geschlossen. Die herausgäbe 
von noch unbekannten denkmälern so wie d^r verbesserte 
abdruck von schlecht abgedruckten wird uns ohne zweifei 
in Zukunft in den stand setzen manches schärfer zu erken- 
nen und vielleicht auch innerhalb der aufgeführten land- 
schaften noch besondere mundartlich verschiedene abthei- 
lungen sondern lassen; aber auch jetzt schon zeigen sich 
bei besonnener erwägung sichere ergebnisse g^iug. 

Zugleich endet aber auch hiermit die Umschau über 
die Ortsnamen in bezug auf den pluralis überhaupt. Denn 
nur nominativ, genetiv und dativ haben in unsern lateini- 
schen denkmälern veranlassung zu erscheinen, für den ac- 
cnsativ ist kaum eine gelegenheit geboten. Reicheren stoff 
und schwerere arbeit wird der singular darbieten, aus dem 
ganzen aber zuletzt eine neue grnndlage für topographie 
and Chronologie der deutschen declination erwachsen. 
Dresden. Förstemann. 



Grardmann, die italischen göttemamen. 101 

Die italischen götternamen. 

Erste abhandluog. 

Mamen die auf italischem boden neugebildet 

sind. 

Das gebiet, auf welchem sich die vorliegende Unter- 
suchung bewegen soll, beschränkt sich auf die in engerer 
Verwandtschaft zu einanderstehenden Völkerstämme Italiens, 
schliefst also namentlich die etrurischen, gallischen, messa- 
pischen stamme, so wie die griechischen kolonien aus. Dafs 
nun die mythologische grundlage in jenen italischen stam- 
men, welche ursprünglich der hauptmasse nach als ein 
volk in Italien einwanderten, im wesentlichen dieselbe sei, 
liegt in der natur der sache. Nicht nur, dafs sie die ge- 
meinschaftliche erbschaft indogermanischer götter- und Sa- 
genkreise überkommen haben, sondern es hat sich auch 
auf italischem boden dies erbtheil gemeinschaftlich weiter 
gebildet und gestaltet. Aber auf der andern Seite sehen 
wir innerhalb dieses gebietes die weitere entwickelung des 
religiösen bewufstseins, besonders von der zeit an, in wel- 
cher die griechische bildung einen einflufs gewann, in zwei 
verschiedene richtungen auseinander treten, und darnach 
zwei gruppen von völkerstämmen sich sondern, nämlich die 
lateinisc)i-oskische gruppe und die umbrische» An die 
letztere schliefsen sich in bezug auf diese entwickelung 
auch die volskischen und sabellischen stamme an. Was uns 
die lateinischen schriftsteiler über die letzteren mittheilen, 
ist höchst unzuverlässig, da kein einziger der uns von ih- 
nen überlieferten götternamen dieser volkstämme ein ein- 
heimisches gepräge trägt, sondern sie alle entweder in la- 
teinisches gewand gekleidet sind, oder gar nur Übertragungen 
lateinischer götternamen auf verwandt erscheinende gott- 
heiten darstellen. Wir dürfen uns daher hier nur an die 
inschriften halten, wie dürftig auch das material sein mag, 
was sie uns liefern. Halten wir uns an diese einzig sichere 
grundlage unserer Untersuchung, so zeigen sich die beiden 
oben unterschiedenen Völkergruppen in der weiteren entwik- 



102 GrsfsnuuiB 

keluog ihres götterglanbens dadurch scharf gesondert, dafs 
in der lateinisch-oskiscben ein streben nach neugestaltungen 
and nach anneignung fremder götterkulte sich geltend 
macht, während in der umbrisch-sabellischen ein zähes 
festhalten an dem überlieferten götterglauben wahrnehmbar 
ist. Namentlich hat auf die erstere die griechische kultur 
einen in sehr frühe zeit zurückgehenden einflufs geübt, von 
dem uns in der zweiten keine spur entgegentritt. Hiermit 
steht die zweite erscheinuog im zusammenhange. Denn 
während so der ursprüngliche Volksglaube durch die ein- 
bflrgerung fremder gottheiten, und durch Übertragung frem* 
der Sagenkreise und verehrungsweisen auf die einheimischen 
gdtter manigfach verdunkelt und getrübt wurde, so schuf 
sich nun das volksbewufstsein, gleichsam zum ersatze dafär, 
eine fast unzählbare menge neuer, oft freilich sehr dürftig 
ausgestatteter gottheiten; häufig reichte irgend eine gering- 
fügige äufsere veranlassung hin, um neue gottergestalten, 
und ihnen geweihte tempel und altäre auftauchen zu las- 
sen, die dann eben so schnell, wie sie entstanden, wieder 
vergessen wurden. Von diesen neugeschaffenen gottheiten, 
die meist nicht zeit fanden, im Volksleben fester zu wur- 
zeln, oder sich mit tieferem dichterischen oder religiösen 
geiste zu befruchten, finden wir nun gleichfalls in dem zwei- 
ten vdlkergebiete kaum eine spur. Vielmehr führen uns 
die hier auftretenden göttemamen auf eine sehr frühe ^ ja 
in den meisten fällen auf die indogermanische urzeit zu- 
rück; und es scheint hier die weitere entwickelung nur in 
der feststelluDg und ausbildung eines sehr zusammengesetz- 
ten und bis ins einzelne durchgeftkhrten rituals bestanden 
zu haben. 

Ich beginne mit der ersten gruppe, der lateinisch-os- 
kiscben. Aus den obigen andeutungen ergiebt sich schon, 
dafs der götterglaube dieses Völkergebietes , abgesehen von 
dem nnbestimmbaren etrurischen einflusse, und von der nur 
äufserlichen aufnähme der gottheiten besiegter Völker bei 
den Römern, hauptsächlich aus drei bestandtheilen zusam- 
mengewachsen ist. Der hauptstamm ist der, welcher seine 
Wurzeln in die indogermanische urzeit erstreckt, und uns 



die italischen göttemamen« 103 

die ehrwördigsten gdttergestalten des ganzeo gebietes vor 
aogen stellt. Auf diesen hauptstamm wurde dann einerseits 
das reich entwickelte und von acht dichterischem geiste 
durchdrungene reis griechischer mythologie gepfropft, auf 
der andern Seite wucherten aus dem alten stamme die was* 
serreiser neu erdachter mythen hervor, die es weder zu 
blQthen dichterischer begeisterung, noch zu fruchten an- 
dachtsYoUer Verehrung bringen konnten. 

Ich verfolge diese drei entwickelungen in umgekehrter 
reihenfolge. Der griechische einflufs zeigt sich zunächst 
in der entlehnnng griechischer götternameo. Diese wurden 
theils unverändert aufgenommen, theils in einheimisches 
gewand gekleidet, theils umgedeutet. Für das lateinische 
ist jene entlehnnng bekannt genug. Aber auch das oski- 
sehe zeigt sie in reichem maafse; ja sie geht hier so weit, 
dafs nicht blofs götternamen, wie Amlkowrii (dativ), ent- 
lehnt, sondern sogar adjektivische beinamen in fast unver- 
änderter gestalt aufgenommen sind , wie z. b. meeilikiieia 
(genetiv) als beiname zu juveis auf der. pompejanischen 
inschrift (d. zettschr. II, 55) ganz das griech. |U£i>lr;^to$ des 
Zsiq fuiXipog wieder giebt. Ebenso wird man wohl auch 
den beinamen piistiai (dat. sing.) zu Patanai dem griechi- 
schen niöTtog gleichsetzen können, während das umbrische 
statt dessen den acht italischen beinamen Fidius (Fiso) 
gebraucht. Mehr in italisches gewand gekleidet ist zunächst 
der lat. name Latona, welcher aus dem älteren Lato nach 
ähnlichkeit der so häufigen namen von göttinnen auf -ona 
weiter gebildet ist. Femer lat. Hercules, Hercoles, 
Herdes, oskiscb Hereclo. Denn die bedenken, welche 
Mommsen (unterit. dialekte s. 262) gegen diese entlehnung 
aus sprachlichen und geschichtlichen gründen geltend macht, 
und denen auch Schweizer (d. z. I 1 56) beistimmt^ erweisen 
sich als nicht stichhaltig. Zwar hat der lat. name Hercui- 
les, Herdes eine ausstofsung des griechischen vocals und 
einen vocaleinschub an anderer stelle, und das oskische 
Hereclo- eine Veränderung des zweiten theils der Zusam- 
mensetzung erfahren. Aber beide namenformen ergänzen 
sich gegenseitig zu einer älteren form ^Herekles, und von 



104 Grarsmaim 

den beiden veränderungeD hat weder die eine noch die 
andere etwas auffallendes. In der that ist die reihenfolge 
der Umwandlungen: ^Herecles, Herdes, Hercoles , Hercules 
f&r das lateinische eine sehr naturgemäfse. Und noch we- 
niger kann man auf die Umwandlung von -kies in -klo- ir- 
gend ein gewicht legen, da sie schon im griechischen selbst 
vielfach eintritt, und z. b. die formen ndvQoxlog und na- 
TQoxkijg bei Homer im manigfachsten Wechsel einander ver- 
treten, so dafs z. b. IL 16, 7. 11 die vocativformen üa» 
TQOxlug und llärQoxXe in derselben rede miteinander wech- 
seln. Ueberdies war die Umwandlung der dem oskischen 
fremden endung -es in die geläufige -o- durch die spräche 
gleichsam geboten. Gegen ein italisches sufSx -lo, durch 
welches Herck-lo nach Mommsen aus herc-ere abgeleitet 
sein soll, sprechen aber sehr gewichtige gründe. Erstens 
ist gar nicht abzusehen, wie dies dem lateinischen sonst 
so geläufige suffix in -les sollte umgewandelt sein, und man 
wörde doch wieder genöthigt sein, diese Umwandlung dem 
einflusse des griechischen zuzuschreiben, oder den lateini- 
- sehen Hercules vom oskischen Hereklo ganz zu trennen. 
Zweitens ist die ableitung ans einem lat. *herc-ere, was 
Mommsen gleich einem griech. ^gxeiv setzt, und auf den 
Herkules als einen Zsvg i(}xaiog, als den „ausschliefser des 
fremden und störenden aus unserm eignen^ bezieht, schlecht- 
hin unmöglich. Das alte ^herc-ere, was in herc-tum her- 
vortritt, kann nicht mit dem griech. i^gxog^ igxaiog zusam- 
menhängen, da in stammverwandten Wörtern niemals lat. 
h dem griechischen anhauch ( Spiritus asper) entsprechen 
kann, und an eine entlehnung nicht zu denken ist. Auch 
liegt die bedeutung „ ausschliefsen ^ dem ]at. hercere ganz 
fern. Nach dem Zeugnisse des Festus: „horctum et forc- 
tum pro bono dicebant^ ist berctum oder horctum oder 
forctum das gut, und wird besonders von dem erbgute 
gebraucht. Curtius leitet (n. 198) herctum mit Corssen 
aus der wurzel har (hr), welche durch k erweitert sei, ab; 
ich glaube, dafs man dasselbe besser mit dem skr. bhr^a- 
jämi, wozu lat. farcio und frequens gehören, zusammenstel- 
len, und also ursprünglich als das zusammengehäufte auf- 



die italischen göiternamen. 105 

fassen könne. Wenigstens hat man dabn nicht nöthig eine 
erweiterung der wurzel durch k anzunehmen. Jedenfalls 
ist die ableitung des namens Hercules oder Hereclo- auch 
aus dieser wurzel wenig empfehlenswerth. Auch die ge- 
schichtlichen gründe sprechen für die entlehnung. Denn 
es findet sich der name nar bei den volksstämmen, bei 
denen eine entlehnung der göttemamen aus dem griechischen 
im grofsartigsten mafsstabe, und zwar schon in alter zeit, 
vermittelt durch den einflufs der griechischen kolonien, statt- 
gefunden hat; hingegen zeigt sich bei der umbrischen völ- 
kergruppe, bei welcher solche entlehnungen überhaupt nicht 
nachweisbar sind, auf den nationalen Inschriften keine spur 
dieses namens. Dafs ein solcher heros wie 'Hgaxkijg bei 
den kriegerischen Römern und Samnitern bald volksthöm- 
lich werden konnte, ist nicht zu verwundem. Dagegen 
gehört ein starker glaube an das spiel des zufalls dazu, 
wenn man annehmen soll, dale die Griechen und Italer 
zufallig so übereinstimmende namen, wie Hercules, Here- 
klo- und 'Hgaxk'^g zur bezeichnung von göttern, die man 
jedenfalls doch auch ihrer ursprünglichen bedeutung nach 
verwandt setzen müfste, gebraucht hätten. Man hat, um 
diese un Wahrscheinlichkeit zu mildern, angenommen, der 
oskische Hereklo-, dem auch ein römischer Herculus zur 
Seite gestanden haben soll, sei ursprünglich ein ganz ande- 
rer gott, ein gott des ackerfeldes gewesen, und man habe 
nur wegen der ähnlichkeit der namen hernach dem gotte 
die bedeutung des griech. 'HoaxXrjg gegeben, und im römi- 
schen dann auch den namen dem griechischen mehr ange- 
pafst, was freilich im gründe nichts anders ist als eine um- 
deutende entlehnung. Aber auch jene annähme eines ur- 
sprünglichen feldgottes dieses namens ist ganz unbegrün- 
det. Wenn in der inschrift von Agnone, in welcher haupt- 
sächlich gottheiten des akerbanes genannt werden, unmit- 
telbar nach dem Jupiter virgarius (diovei verehasioi) und 
dem Jupiter rector (Corssen) oder rigator (Aufr.) (diovei 
regaturei), auch ein Hercules Cerealis (herekloi kerriioi) 
genannt wird, oder in dem Cippus Abellanus die behand- 
lung des ackerlandes, welches das heiligthum des Hercules 



106 Grafsiniuiit 

umgiebt, durch eineii vertrag zwischen den städten, denen 
dies heiligthum gemeinsam gehörte, festgesetzt wird, so 
kann man daraus ebensowenig anf einen ursprünglichen 
feldgott scbliefsen, wie man etwa daraus, dals Jupiter 
gleichfalls in diesem zusammenhange genannt, oder dafs 
sein tempel hin und wieder von einem heiligen acker 
umgeben war, den schlufs ziehen darf, Jupiter sei ur- 
sprünglich ein feldgott gewesen. Die ganze hypothese 
von diesem feldgott Herculns erscheint daher unbegrün- 
det und überdies ganz überflüssig, da die namen Her- 
des, Hercules, oder osk. Hereklo- ganz die formen sind, 
in die der griechische name 'H^xXijg im lateinischen oder 
oskischen munde sprachgem&fs fibei^ehen muiste. Weno 
hiernach die entlehnung des oskischen Hereklo- aus dem 
griechischen feststeht, so wird es wahrscheinlich, dafs auch 
der oskische gott Evklo- (dat. evkloi paterei) der insohrift 
von Agnone aus dem griech. evxkifjg mit ganz derselben 
Umwandlung entlehnt, also ursprünglich, wie viele götterna- 
men jener inschrifb, beiname eines gottes sei, indem osk. 
ev s=5 griech. «;, wie osk. ov = griech. ov ist Das griech. 
evxkhig ist buchstäblich = skr. su^ravas (nom. supräväs), 
welches im Rigveda sowohl in dieser form (91, 21), als auch 
besonders im Superlativ su^ravastama als beiname der got- 
ter (des Soma 91,21. 17, des Indra 131,7; 279, 5; 665, 8; 
633, 2, der Maruts 640, 20) gebraucht wird, und auch als 
eigenname (53, 9. 10) erscheint. 

Als durch umdeutung aus dem griechischen entstanden 
erwähne ich Polin x aus Ilokvöevxrig mit anklang an pol- 
Inceo, Proserpina aus Ilsgascpovrj mit anklang an pro« 
serpo, Aesculapius aus AoxXr^ioq mit anklang an aes- 
culus. 

Mit diesen griechischen namen der gottheiten wurde 
dann in der regel der griechische cultus und der an diese 
gottheiten geknüpfte Sagenkreis mit herübergenommen, und 
nur selten wurde derselbe durch neue sagen oder durch 
Übertragung alter ausgeschmückt oder erweitert, z. b. der 
mythus von Hercules durch die sage von der überwindong 
des Cacus, von der weiter unten die rede sein wird. Aber 



die italischen gdtternamen. 107 

der einflufs des griecbiscben göttei^laubens beschränkte 
sieb bei den Römern nicbt auf einzelne göttergestalten, 
deren verebrung mit ibrem namen berübergenommen wurde, 
sondern das ganze göttersystem wurde auf lateiniscbes 
gebiet verpflanzt ; und die einheimiscben götter mnfsten es 
sieb gefallen lassen, in diejenigen göttergestalten umgewan* 
delt zu werden, welcbe man ibnen entsprecbend glaubte. 
Die übrigen altlateiniscben gottheiten, denen man keine ent- 
sprechenden griecbiscben zur seite zu stellen vermochte, 
mufsten daher in dieser Vereinzelung immer mehr aus dem 
volksbewnfstsein verschwinden, oder konnten nur noch ein 
verkOmmertes dasein fristen. Daneben trat nun die zahl'» 
lose schaar neu geschaffener gottheiten hervor, in denen 
sich nur äufserst selten ein tieferer poetischer zng offen- 
bart. So wurden unmittelbar benennuogen abstrakter gegen- 
stände: eigenschaften, zustände, ereignisse in fast unbegränz- 
ter anzabl zu götternamen gestempelt; oder es wurden sicht- 
bare gegenständ« der natur oder selbst erzeugnisse mensch- 
licher, thätigkeit zu gottheiten erhoben ; oder es wurden die 
namen griechischer gottheiten der einen oder andern art 
ins lateinische übersetzt wie 6ratiae = Xa(>tr{g, Co eins 
ÄS OvQavog u. s. w. Häufig endlich wurden adjektivische 
bestimmungen zur bezeichnung von gottheiten, deren eigen- 
schaften sie ursprünglich bezeichneten, erhoben; wie Dl s, 
Prorsa oder Prosa, Muta, Strenua, Matuta u. s. w. 
Bei Liber, Libera kann man zweifelhaft sein. Von den 
neueren werden diese namen meist auf ksißu/, libo bezogen 
(Lottner d. zeitsch. VII, 174, Curt. grundz. n. 541) und die 
gloese des Hesychius Außrivog Jtovvaog zur stütze dieser 
ansiebt angeführt. Vergleicht man jedoch den Jupiter Li- 
ber der lat. inschriften, das oskische Joveis lovfreis = Jo- 
vis Liberi, den griech. Zsvg 'EXev&igiog^ so wie den beina- 
men 'EXEv&igcog^ den nach Pausanias und Ämobius ein in 
Athen verehrter Bacchus fßbrte, so wird es doch viel wahr- 
scheinlicher, dafs Liber, Libera einfach den freien, die freie 
bezeichnet, eine bezeichnung, die für die betreffenden gott- 
heiten sehr geeignet erscheint. Nicht wesentlich hiervon 
verschieden sind die fälle, wo Wörter, die später eine en- 



108 Grarsmftnn 

gere bedeutung angedbmmen haben, als namen von gott- 
heiteo auf eine urspüoglich weitere bedeutung zurückwei- 
sen, wie z. b. Patella, umbr. Padella (?) (vergl. Panda), 
osk. Patana von patere (pandere), wie es scheint, als die 
die hülsen der ähre Öffnende göttinn benannt ist, während 
patella, patina, sikelisch nardva die besondere bedeutung 
„Schüssel^ angenommen hat (Momms. unt. dial. 285, Ä. K. 
u. spr. II, 80). 

In allen diesen fällen wurden fertige lat. (osk.) Wörter 
unverändert zur benennung der gottheiten verwandt. Wich- 
tiger fbr uns sind die falle, wo die namen der gottheiten 
aus lateinischen dementen neu gebildet werden. Die Suf- 
fixe, durch die dies geschieht, ordne ich so, da& ich die 
vokalischen voranstelle, und die konsonantischen nach dem 
letzten konsonanten reihe (c, t, n, m, v, 1, s), die weibli- 
chen namen auf a aber überall den männlichen auf o (us) 
beifüge. 

1) -o. Aus verben dritter konjngation: Lua (lu-), 
Peta (pet-), Prema (prem-), Panda (pand-), Empanda 
(mit alterthümlichem e statt i), Parcae (parc-, nicht von 
pario), Vica Pota (eine Siegesgöttin, aus vincere und 
pot-ens, pot-is (potiri) gedeutet, und zwar mit recht, wie 
die grofse menge der ähnlichen, ebenso naiven bildungen 
auf o, io bestätigt), Postvorta (post-vort-) Antevorta 
(ante-vort-), Deverra (de-verr-), Pronuba (pro-nub-), 
Pertunda (per-tund-), Subigus (sub-ig-), Perfica(per- 
fic-), so auch in den zusammengesetzten beinamen Domi- 
duca, Iterduca (duc-), Ossipaga (pang-), Clivicola 
(col-). Ferner von verben der 1. konj: Juga (juga- oder 
jug- ?), C u b a (cuba-), I n c u b u s (in-cuba-), H o r t a (horta-), 
Viriplaca (placa-), und so wird auch Vitula aus vitulari 
(nicht umgekehrt), Averruncus aus averruncare, Sti- 
mula besser aus stimulare, als unmittelbar aus Stimulus 
abzuleiten sein. Aus verben der zweiten der zusammen- 
gesetzte beiname des Faunus, der Fauna, Lupercus, 
Luper ca (arce-), aus verben der vierten Sentia (senti-). 
Aus nomen abgeleitet Anna Perenna (annus, perennis), 
Flora (flos), Fontus (fons), Morta (mors), Carna (caro. 



die italischen götternamen. 109 

sofern sie von der Carda zu trennen ist), Tellürus (tel- 
lus), Pulgora (fulgur), Matra (mater), Potua (potus), 
Victua, wie wohl statt des undenkbaren Vieta (bei Ar- 
nob.) zu lesen ist (victus), und mit Verkürzung des Stammes 
Robigus (robigo), Lima (limen), Carda (cardo). lieber 
Sancus unten. 

2) -io. Erstens aus verben Genius (gign-, wurzel 
gen), Vinci US (vinc-), Egeria (e-ger-), Elicius (e-lic-), 
Seja aus der wurzel sä, se (Leo Meyer, d. Zeitschrift VIII, 
249), aus der se-men, ahd. sämo, lit. semens (plur), altslav 
sem^, so wie die redupliclrte form sero stammt, Ajus 
(äj- d. h. ^ahio) Lubia (lube-). Ferner aus nomen: Lu- 
crius (lucrum), Feretrius (feretrum), Numeria (nume- 
rus)^ Edulia (edulus), Catius (catus) Locutius (locu- 
tus), Murtia, auch Murtea und Murcia geschrieben (myr«» 
thus = murta Cato.), Clusius (clausus, clusus), Unzia 
für *Unctia (unctus), Cinxia für *Cinctia (cinctus), Ku- 
mia (ruma = mamma. Varro), Salacia (salax), Segetia 
(seges), Praestitia (praestes), Paventia (pavens), Lu- 
bentia (lubens), Semonia (Semo s.u.), Consus für 
Condius (cond-), wie umbr. Fiso für Fidio (s. u.), Fidius 
(fides, fid-) Volupia (volup, volupe), Mes8ia«(me8si8). 
Ueber Mäjus, Maja s. u. 

Ferner mit doppeltem suffixe.: 

a) -co + io: Patulcius (patulus), Natalicius (na- 
talis), Sodalicius (sodalis), Lacturcia (^lactor, lactesc- 
vergl. lactoris). 

b) -to-t-io: Lucetius, Lucetia (luce-, lux) Ster- 
eo tius (stercus vergl. sterculinum, sterquilinium ), wofür 
auch die einfachere form Stercutus vorkommt. Angitia, 
seltner Anguitia (von ^angis = angui-s skr. abi->8, gr. 
6^i-g) in lat. inschriften marsischer und nah verwandter 
gebiete. Die Wandlung des inlautenden h griech. ;^ in gu 
(vor vokalen) scheint ein speciell römischer Vorgang. Die. 
deutung der alten (aus anguis) stimmt auch mit der be- 
deutung der göttin als einer göttin der heilung, besonders 
gegen den schlangenbifs überein, und ist der in nebelhafte 



110 QrafBmann 

lUibestimiDtheit zerffiefsenden deutuag aus ancus (Preller) 
und ago (Mommsen) vorzuziehen. 

c) -ono + io: Agonius (ag-), Pellonia (pell-), 
Flnonia, Fluvonia (flu-, vergl. fiu-vius) und ans nomen 
Vallonia (vallis) Fessonia (fessus), F^ronia, auch 
Faronia, Feronia (far, farris?), Populonia neben Po- 
pulona (populus), Mellonia neben Mellona (mel). 

d) -ur (oder -or)-f-io: Mercurius (merx), wie Ma- 
murius aus Marmor (d. h. Mars. s. u. ) also vermittelt durch 
eine vorauszusetzende form auf or, Veturius (vet-us, vet- 
-er-is), Agenoria (vergl. Peragenor). 

e) -lo oder ulo -4- io : Noctulius (nox), Sterculius 
(stercus). 

3) -eo. Cardea, Cardinea (cardo), Albunea 
(Albuna, albus), Murtea, Feronea s. v. unter io. Das 
Suffix -uo siehe unter -vo. 

4) «e: Here in Herem Marteam, Herie Junonis beide, 
wie es scheint, aus der osk. umbr. wurzel her wollen, 
welche mit skr. har nehmen, ergreifen, ursprünglich eins 
zu sein scheint, entsprossen. 

5) -i: Arquis (arcu-s). 

6) -CO, oder -ico: Edulica (edulus) bei Aug. Civ. D. 
IV, 11, wo jedoch die lesart unsicher ist. Weiterbildun- 
gen dieses Suffixes zeigen die oben erwähnten Patulcius, 
Matalicius, Sodalicius, Lacturcia. 

7) -to: Segesta (seges, seget-is), also mit Umwand- 
lung des t in s vor t, wie in equestris, pedestris, Moneta 
(mone-), womit obiges Lucetius (luce-) zu vergleichen ist, 
St ata (sta-). Bei ableitungen aus nomen auf o (u) wird 
dieser vocal verlängert : Nodotus undNodütus (nodus), 
Stercatus (stercus, stereu-linum ), Mfttata (*mato, osk. 
Maato- vergl. mätürus , m&tütlnus); Carmenia (carmen); 
über Majesta s. u. 

-eto: Vol^ta (velle). 

8) -t: Praestites (praensta-), Carmentes (carmen). 

9) -ät: Penates {penus, penum). 

10) -no: Fa<iinus (favc-), Leväna (leva-), Tutänus 
(tnta-) Vagitänue (vagita-, vagi-), Praestäna (prae- 



die italischen götternamen. 111 

-8ta-), Sentlnns (senti-). Vergl. unten -äno, -Ino. Ferner 
mit doppeltem suf&x: 

a) -tiir (=tor)-f-no: Sätarnus, Saetnrnus (wur- 
zel *sä, *8e s. v. Seja). Juturna (java-, jotor), Voltnr- 
nu8, Volturna ersteres ursprünglich ein flnfsname, und 
vielleicht mit voltur von volare abzuleiten, und vom schnel- 
len dahinschiefsen benannt, käme es von volvo her, so möfste 
es **Voluturnus lauten. Manturna (wohl eher zu man, 
moneo gehörig, und mit MivTwg zu vergleichen, als zu 
maneo). 

b) -ur (=or)-4-no: Lacturnus (lacte- vergl. v. Lac- 
turcia), Nocturnus (nox), Alburnus (albus). 

ll)-ano: Silvanus (silva), Soranus (Sora), Patel- 
lana (patella), Statanus (status), Aesculanus (^aesca- 
lum, aes), Vaticanus (vaticus, vates), Lateranus (la- 
ter). Ueber Janus, Jana, Diana, Vulcanus, Garanus, Re- 
caranus s. u. 

12) -öno: Erstens von nomen auf o: Bellona (bel- 
lum), Duellona (duellum), Pomona (pomum), Epona 
(equus), Orbona (orbus), Populona (populus). Anno na 
(annus), von andern nomen: Mellona (mel, mell-is), Bu- 
bona (bos vergl. bubulus, bubulcus), Matrona (mater), 
Latona (Lato s. v.). Der name Angerona wird von 
den alten aus angp hergeleitet; dann ist ein adjectiv ""an- 
gerus s= Str. ähurä-s (bedrängt, unglücklich) anzunehm^. 
Im skr. bedeutet ähürana eng, drückend und als nentruxn 
enge, drangsal. Femer von verben: Interj;?idona (inter- 
-cid-), Abeona (ab-i-), Adeona (ad-i-). Die Weiterbil- 
dungen Favonius, Agonius^ Fluonia, Pellonia, Vallonia, 
Feronia, Fessonia s. v. 

13) -Ino in zahlreichen adjektivischen bildungen, von 
denen ich nur die bedeutenderen hervorhebe, und nament- 
lich alle blofs an namen von örtliehkeiten geknüpften über- 
gehe. Zuerst an nomen auf o: Tutelina, Tutilina, 
(tutela), Fabulinus (fabula, fa-), Cluacina, Cloacina 
(duaca, doaca, clu-), Ru minus (ruma = mamma), Ar- 
g«ntinus (arg^vtum), Faustina (faustus)^ Statina, 
Statulinus, Statilinus (status, *statulus), Jugatinus 



112 Grafsmaiiii 

(jngum, jugatas), Collatinus (collis, *collatus) Libitina 
(libitum, libe), Volutina (volutus), Potina (potus). 
Hierher gehört auch Caprotina von einem ^caprotus, was 
etwa die bedeutung des wilden Feigenbaums, des caprificus 
gehabt haben mufs^ mit welchem die Verehrung der Juno 
Caprotina in enger berührung stand ; es würde sich ^capro- 
tus zu caper verhalten, wie aegrotus zu aeger. Auf ein 
ursprüngliches neutrum auf -trum weiset hin Meditrina 
(mede-), auf ein neutrum auf tum : Limentinus, Limen- 
tina (*limentum, limen). Aus nomen dritter decl. sind ab- 
geleitet: Montinus (mons), Collina (collis), Rurina 
oder Rusina (ras), Quirinus (curis, quiris), Lucina 
(lux), Honorinus (honor). Hos tili na (hosti-, ^hostilis). 
'Litbentina (lubens), Paventina (pavens);, auf ein adj. 
auf -tris scheint zurückzugehen Nemestrina (""nemestris, 
nemus). Aus verben scheinen hervorgegangen Runcina 
(runca-). Für in a (für-). 

14) -üno: Vacuna (vacuus, vaca-), Albuna (albus), 
Pörtunus (porta, portus), über Neptunus s. u.; über den 
Zusammenhang mit -umno s. d. f. 

15) -umno, mno, -mono, skr. -mäna ursprünglich 
sufiSx des particips im medium, aber ebenso wie die partici- 
pial-sufBxe to, no auch als sekundäres suffix gebraucht, was 
hier um so leichter geschehen konnte, da. es als partici- 
pial-suf&x nicht mehr sein volles leben oewahrt hatte. Im 
ursprünglichen sinne zeigt es sich in Vertumnus (vert-), 
Volumnus, Volumna (velle), so wie auch in columna 
(cell-), alumnus (al-), und in vollständigerer form in 
Alemona (al-). Hingegen an nomen gef&gt in Portum- 
nus (portus, porta), Vitumnus, Vitunnus (vita), Pi- 
lumnus (pilus, Pilus), Picumnus (picus, Picus). So an 
participialformen auf to in Clitumnus (aus der wurzel 
cli, woraus clivus, clitellae, letzteres auf ein ""clitus zurück- 
weisend), Neptnmnus (worüber unten), vne denn auch au- 
ctumnus (auctus) die gleiche bildung zeigt. Die aneinan- 
derfligung der beiden partipialsuf&xe ist entsprechend der 
gewissermafsen umgekehrten von men und to in dem so 
häufigen sufißxe -men-tum neben -men (skr. man), welches 



die italischen gdtteraameii. 113 

letztere dem participialsufSxe (skr. mäna) nahe verwandt 
ist Auch in dem namen der etrurischen göttin Voltumna 
ist die lateinische endung angefügt, oder an die stelle ei- 
ner etrurischen getreten, falls nicht der ganze name aus 
lat. dementen gebildet ist (vergl. Volturnus). Die formen 
Neptünus, Portünus, Vitunnus neben Neptumnus u. s. w. 
zeigen uns den Übergang dieses snfBxes -umnus in -ünns 
oder -unnus. 

16) -mon (skr. -man, in den starken kasus -man, griech. 
^mi) in Almo (al), Sömo (wurzel Sil, se wie in Seja, se- 
men), und aus Substantiven mit Verkürzung des Stammes: 
Tellumo (tellus). 

17) -imo (altes superlativsuffix) in Porrima (porro). 

18) -vo, -uo, ersteres nach vocalen, und nach einfa- 
chem 1 und r, letzteres nach den übrigen konsonannten, 
gleich skr. -va, -ua. Eigenthümliche ersoheinungen zeigt 
dies Suffix nach ursprünglichem s. An dies trat der obi- 
gen darstellung gem&fs das suffix -uo, dann wandelte sich, 
wie gewöhnlich zwischen zwei vokalen, s in r um, und 
endlich verwandelte sich nach dem r der vocal u, dem 
obigen gesetze gemäfs, in den halbvocal, doch blieb in die- 
sem falle bisweilen das u bewahrt. Ein beispiel, in wel- 
chem wir diese Umwandlungen schritt fQr schritt verfolgen 
können, liefert uns Larva mit der alterthümlichen form 
Larua, und den hiermit zusammenhängenden Lar, Lares^ 
alt Lases (s. u.), wo also Larua nur f&r ein älteres *Lasua 
stehen kann. Ein anders beispiel dieser art ist der unten 
zu besprechende name Menerva f&r '^Menesua, gleiche 
umwandlug zeigt auch fur-vus neben fus-cus. — Zu die- 
sem Suffixe gehört Fatuus, Fätua (ursprünglich weifssa- 
gend, von fatam, fa-). Ueber Palatua s. u. 

19) -ivo hauptsächlich in beinamen z. b. Gradivus 
(gradi-). Ferner in Inivus (in-eo), was in alten handschrif- 
ten des Livius gelesen wird, und aus welchem der gewöhn- 
lichere name Inuus hervorgegangen zu sein scheint. 

20) -or: en-Hor in Peragenor (per-ag-). 

21) -tor liefert eine reihe von ackergottheiten, deren 
namen von den verschiedenen thätigkeiten des landmanns 

Zeitochr. f. vgl. sprachf. XYI, 2. 3 



1 14 Grftfsmami 

enüefant sind: Vervactor (verv-ag-), Beparator (re- 
•para-), Imporcitor (im-porca-), Sator (se-r*), Insitor 
(in-ser-), Obarator (ob-ara-), Occator (occa-), Sarrl- 
tor (aarri-), Subruncinator (sub-mncina-), Messor 
(met-)^ Conveotor (con-veh-), Conditor (coQ-d-), Pro- 
mitor (pro-'m-). Ferner Stator (ata*) als beiname des 
Japiter, ganz wie das entsprechende skr. stbätar beiname 
des Indra ist (Rgv. 33, 5; 279, 2; 482, 3; 644, 17; 653, 
12; 666, 1). 

22) -ulo in Anculi, Anculae (Ancus vergl. ancilla), 
Sterculus neben Sterculius (s. o.), Arculus (arca), Cae- 
culns (caecas), Partula (partns). 

23) -culo in Bediculus (red-i-), Forculus (for-es). 

24) -ali in beinamen z. b. Fontanalis (Fontanus), 
Februalis (februus), Terminalis (terminus), Quietalis 
(quietus). 

25) -ensi in Terensis (ter-), und in vielen von ört- 
licfakeiten entlehnten beinamen. Uebergangen sind in obi- 
gem Verzeichnisse namen, bei denen die lesart ganz unsi- 
cher ist, so wie auch die gröfstentheils schwankenden und 
widerlichen beinamen des Priapus und ähnlicher gottheiten. 

Zusammengesetzte gottemamen, wenigstens mit eigent- 
licher Zusammensetzung scheinen den italischen sprachen 
zu fehlen. Denn Jupiter, Marspiter, Dispiter, Diespiter 
sind durch zusammerttckung entstanden, und zwar die er- 
sten drei im sinne der apposition. Für Jupiter beweist 
dies das umbrische aufs schlagendste, wo der vokativ Ja- 
pater, der dativ Juve-patre (an sechs stellen) lautet. Ueber- 
dies ist für Jupiter eine Zusammensetzung in dem sinne 
Jovis pater (wo Jovis als genetiv gedacht ist) ganz undenk- 
bar. Man mülste also eine Zusammensetzung im sinne der 
apposition annehmen ; eine solche Zusammensetzung giebt es 
aber überhaupt nicht, sofern sie nicht aus ursprünglicher zu- 
sammenrückung beider appositionsglieder erwachsen ist. Die 
zusammenrückung kann sich stufenweise der Zusammenset- 
zung nähern. Der erste schritt von der blofsen zusam- 
menfügung der Worte, welche glieder eines satzes bilden, 
zu der zusammenrückung ist der, dais beide glieder ein 



die italischen götternamen. 115 

in der regel uatrennbares ganze ausmachen, welches nur 
selten durch ein zwischenrückendes wort unterbrochen 
wird, während doch beide glieder ihren accent behalten. 
Diese art der zusammenrückung finden wir vielfach in den 
vedischen götternamen, z. b. in brahmanas-pati-s, aus 
dem genetiv brähmanas (des gebetes) und pati-s (herr), 
also „gebetes-herr^; und nur im vokativ, der stets entwe- 
der unbetont ist, oder den ton auf der ersten silbe hat, 
verschwindet dies letztere merkhial der zusammenrückung. 
Seltener zeigt sich diese zusammenrückung bei andern ei- 
gennamen, z. b. pünapp^pa-s, was aus ^ünas {des hundes) 
und 9^pa-s (schwänz) zusammenrückt ist, und wo die bei- 
den glieder in Rgy. 356, 7 durch das enklitische cid ge- 
trennt erscheinen. Der nächste schritt ist, dafs einer der 
accente (am häufigsten der zweite) wegf&IIt. Wenn dann 
das erste glied deklinirbar ist, so zeigt sich die zusam- 
menrückung in der unveränderten kasusform des ersten 
gliedes, während in ächten Zusammensetzungen das erste 
glied stets in der grundform erscheint, welche sich daher 
in denjenigen sprachen, die das gesetz der Zusammensetzung 
treu bewahrt haben, und namentlich im sanskrit, abgesehen 
von lautlichen Umwandlungen, stets mit voller Sicherheit fest- 
stellen läfst. Insbesondere müssen sich die zusammenrük- 
kungen, bei denen die beiden glieder im Verhältnisse der 
gleichordnung stehen, auf dieser stufe der zusammenfÜ- 
gung durch die declination beider elemente zu erkennen 
geben , wie z. b. im skr. divä — dive oder dj4vi — djavi 
tag ftir tag, im lat. quis-quis u. s. w. Der nächste schritt 
ist die Verschmelzung der laute an der anf&gungsstelle, na- 
mentlich durch anähnlichung der konsonanten, me im lat. 
quicquid neben quidquid, oder in der austoisung eines kour 
sonanten bei häufungen derselben. Der letzte schritt end- 
lich ist in diesem falle der, dafs die form des ersten glie- 
des in allen casus unverändert bleibt, und nur das letzte 
glied die Casusumwandlungen erfährt. Betrachten wir nun 
in dieser beziehung die betrachteten götternamen, nament- 
lich den ersten, so zeigt sich im sanskrit und im griechischen 
nur eine häufige zusammenfQgung beider glieder, nament- 

8* 



116 Grarsmann 

lieh im nominativ und vocativ, ohne eigentliche zusammen- 
rückung, skr. nom. diaüs pitä, voc. diaas pitar; griecfa. 
Zevg naxriQ^ Zev nartg. Im umbrischen finden wir auf 
den iguvinischen tafeln eine zusammenrfickung, die im dat. 
Juvepatre auf erster stufe stehen geblieben ist^ indem die 
getrennte Schreibart an einer stelle (üb, 7) auf zwei ac- 
oente hindeutet; aber die stets wiederkehrende Verbindung, 
und die an allen übrigen stellen (auTser üb, 7) verbundene 
Schreibart uns eine schon vollzogene zusammenrQckung 
erkennen lassen. Der nominativ liegt uns im umbrischen 
nicht vor; er wird, nach der analogie zu schliefsen, *Jas- 
-pater gelautet haben. Im lateinischen ist die zusammen- 
rückung auf den nominativ und vocativ beschränkt; und 
zwar ist sie im vocativ auf zweiter stufe stehen geblieben. 
Aber nach den lateinischen lautgesetzen mulste, wenn der 
accent auf die erste silbe fiel, das a sich zu i schwächen, 
ein gesetz, was Ars umbrische nicht gilt, wo z. b. Pre- 
-stata und Prestota dem lat. prae-stit-es gegenübersteht. Im 
nominativ hingegen ist die zusammenflQgung einen schritt 
weiter gegangen, indem von den zwei nach dem langen u 
bei unmittelbarer zusammenrückung auf einander folgenden 
konsonanten s und p der erste ausgeworfen wurde, wor- 
auf die häufige vocativform einen einfluls üben mochte. 
Aehnlich verhält es sich mit Mars piter neben Marspater 
oder Mars pater (bei Cato), Marsque pater (bei Ovid). Auch 
in Marspiter zeigt sich die zweite stufe der zusammenrük- 
kung, und hingegen in Maspiter die dritte, indem die kon- 
sonantenhäufung rsp in sp umgewandelt wurde, ähnlich 
wie 'torstum in tostum. Die genetivformen Jupitris, Mars- 
pitris oder Jupiteris, Marspiteris, welche Priscian an- 
giebt, und welche auf eine viel engere stufe der Verschmel- 
zung hinweisen würden, zeigen sich nirgends in dem uns 
überlieferten sprachgebrauche, und scheinen nur in den kö- 
pfen der grammatiker existirt zu haben. Dis-piter = Dis 
(Pluto) verhält sich ähnlich wie Marspiter. Etwas anders 
verhält es sich wahrscheinlich mit Diespiter, welches dem 
indischen beinamen oder namen des Indra divas-pati-s (di- 
vas-pati-s?) ziemlich geoan entspricht Die vergleichang 



die italischen göttemamen. 117 

von brdbmanaspätis, welches als ersten theil ohne zweifcl 
den genetiv von brähman (gebet) enthält (s. o.), so wie an- 
derer ähnlich gebildeter vedischer gotternamen , macht es 
mir jetzt, im gegensatze gegen meine früher (zeitschr. XI, 
5. 6) ausgesprochene ansieht, wahrscheinlich, dafs wir anch 
in divas*patis, und im römischen Dies-piter die zusammen- 
rückung des genetivs divas (des himmels) und patis, oder 
lat. pater vor uns haben. Dies wird fürs lateinische be- 
stätigt einerseits durch die nebenform Dies-pater, andrerseits 
durch die formen Dies-pitrem u. s. w. Wenn nun auf diese 
weise zusammengesetzte götternamen vermieden sind, so 
fehlt es doch weder an zusammengesetzten beinamen, wie 
Mulciber, Domiduca u. s. w. , noch an ableitungen aus zu- 
sammengesetzten verben, wie die obige zusamocienstellung* 
zeigt. 

Auch im oskischen gewahren wir, ganz ähnlich wie 
im lateinischen, eine Weiterbildung von göttemamen auf 
italischem boden, die natürlich wegen der dürftigen denk- 
mäler einen lange nicht so reichlichen Stoff liefern kann. So 
erscheinen namen sinnlicher gegenstände zu göttemamen 
erhoben in osk. Diumpa = Lympha, Anafer (Anafriss 
dat. plur.) = imber; P ata na = patina, offenbar in glei- 
chem sinne wie lat. Patella und das daraus abgleitete Pa- 
tellana zur bezeichung der göttin der fruchte (s. o.)) Amma 
als die nährende mutter. Ferner durch suf&xe gebildet: 

1) -o in Fluusa s= lat. Flora. 

2) -k in Vezkei (dat.), was Bugge (zeitschr. V, 9) 
mit recht als *Vetu3-cus mit ausfall des vocals im sufHxe 
deutet, wie in senex. Dann mü&te man ftir den nominativ 
einen zwischen z und x eingeschalteten vocal (etwa ein e) 
annehmen. 

3) -to in Maato. Es werden die Maato-s (dat. plur. 
Maatois) als morgengötter aufzufassen sein, entsprechend 
der aus diesem stamme maato d. h. mäto abgeleiteten rö- 
mischen Mätüta. Die wurzel freilich, welche in diesen bil- 
düngen so wie im lat. mäne hervortritt, ist noch nicht auf- 
geklärt; denn Bopp's herleitung aus der wurzel skr. bha 
(vergl. gr. §. 958) ist lautlich nicht zu redifertigen; ferner 



118 Grafsmann 

in Anter-siata, was lat. *Inter-8tita lauten wflrde, und 
inGeneta gleich der lat. Genita {FsviTf] wie mitBugge 
d, zeitschr. V, 10 statt r^vBirtj bei Plut zu lesen sein 
wird). 

4) -tat in Herentat (Herentateis gen. Herentatei 
Herukinai dat.) von der osk. wurzel her = velle, also in 
seiner bildung dem lat. voluntas entsprechend nnd die Ve- 
nus bezeichnend (Momms. u. dial. 262; Aufir. d. zeitschr. 
I, 160). Vergl. oben Here Martea und Herie Jnnonis. 

5) -no in Per na (Femai dat.). Im nmbrischen be- 
deutet das adverb peme „vome^, und das adjectiv pemaio 
„Yome befindlich'. Danach wfirde Fema die vorne befiud- 
liche sein, also der umbrischen Frestata, den lateinischen 
praestites (Lares) dem sinne nach entsprechen. 

6) -tro in Entra (Bntrai dat]. Das oskische en z. b. 
in embratur = Imperator entspricht dem griech. ^i^, lat. in, 
während osk. an* dem griech. eri/-, skr. an-, lat. in und osk. 
anter dem skr. antar, lat. inter entspricht. Während also 
das lateinische zum schaden der deutlichkeit und durch- 
sichtigkeit die Yocale in allen drei fällen in i hat zusam- 
menfiie&en lassen, hat das oskische den unterschied be- 
wahrt. Entra ist also dem sinne nach gleich dem lat. in- 
terna, und das suffix dasselbe wie in extera (extra). Es 
scheinen hiemach die drei göttinnen: Fema (Frestata), 
Anterstata, Entra einen gegensatz in der anfstellung der 
Statuen dieser gottheiten oder des ortes ihrer Verehrung 
zu bezeichnen, welcher auch einen gegensatz in der ihnen 
zugeschriebenen thätigkeit zur seite gehabt haben wird. 
So wie die Lares Fraestites vor den Städten (oder tempeh) 
auf den wegen aufgestellt waren, so wird auch, die oski- 
sche Fema, die umbrische Frestata eine ähnliche Stellung 
gehabt haben, die Entra dagegen im innem, etwa wie die 
römische Vesta, während die Anterstata eine mittlere Stel- 
lung gehabt haben mag. 

7) -tur, tor in Begatur (Diovei Regaturei) gleich dem 
lat. rector nach Corssen (d. zeitschr. V, 98), Versor (Jiov- 
fsi Fegaogst) einem lat. ^versor entsprechend, qui hostes in 
fugam vertit. Das fem. dieses suilBxes lautet im oskischen 



die italischen gotternamen. 119 

-tri (skr. tn), im gegensatze gegen das durch ein sekundä- 
res c vermehrte lat. -trix. Dies weibliche sufBx zeigt sich 
in Futri oder Fuu tri (Futrei Kerriiai, Fuutrei), was aus 
der Wurzel fu gebildet ist und in der bedeutung dem lat. 
Genetrix entspricht. 

6) asio als adjectivbildung in Verehasio (Diovei Ve« 
rehasioi) =s lat. virgarius; zu vergleichen ist Fluusasio 
(Fluusasiais dat. plur.) dem sinne nach = fioralis, dem Suf- 
fixe nach gleich einem "florarius. 

Dals die adjektive piihio (= piu-s) und lovfer (gen. 
lovfreis) = Über auch als beinamen der götter vorkommen, 
bedarf hier nur einer erwähnung. Das jedenfalls zusam- 
mengesetzte liganakdikei ist mir dunkel geblieben. 

Grafsmann. 

(Fortsetzung folgt.) 



Lateinisches und romanisches. 

L 

1. libra Utga; urbs indog. vardhas; opus ops; 

longus dranga; colere. 

Weder Kuhn (zeitschr. XIV, 215 flP.) noch Leo Meyer 
(vergl. gramm. II, 235. 241. 359) haben bei der beweisf&h« 
rung von inlautendem lat. br durch fr aus gräkoital. thr, 
an libra, das hierdurch mit Xir^a zusammenfällt, gedacht; 
wobei für die in den uns bewahrten griech. sprachquellen 
nicht hervortretende, wohl dennoch gräkoitalische behau- 
chung auf fälle wie terebra &= rigtTQOV zu verweisen ist 
Die länge des i ist jener des a in (t)lätum zur seite zu 
stellen (vergl. skr. pä, nci-voo, ni-vio); denn es hat wohl 
Benfey über alle zweifel das richtige getroffen, indem er 
( wurzellex. II , 259 ) Xi-rga ans rXi^rga , folglich das in- 
strument zum tragen, wägen, deutete. Nun wird einerseits 
durch diese etymologie, andererseits aber, vielleicht auf 
gewichtigere weise, durch die lautgeschichte von libra, die 
in neuester zeit wieder aufgetauchte vermuthung, wonach 



120 Ascoli 

^id anum verisimile, liträ a&tiqttum Phoenicum pondus 
fiiisse, unde et nomen graecum Siculis maxime usitatum^ 
auf's entschiedenste widerlegt. 

Unter den beispielen von inlautend, lat. rb = rf =: 
rdh wird bereits, nach Weber's Vorgang wenn ich nicht 
irre, auch urbs mit vollem rechte gerechnet; nur möchte ich 
in betreff des asiatischen grundwortes eine wesentliche neue- 
rung vorschlagen. Ich erblicke nämlich darin wz. vardh, 
woraus auch das altpersische den namen f&r Stadt, nämlich 
vardana (d. i. gewachsenes, strotzendes, starkes; vgl. skr. 
pur, pura, befestigte Stadt, stadt, wohl die volle, ge- 
füllte) erhält, woneben auch eine kürzere bildung aus 
neupers. -verd, -gerd (Spiegel, keilinschriften 216) zu er- 
schliefsen ist. Lateinisch ur- (ür-) = urspr. var- ist ohne 
alle Schwierigkeit anzunehmen; vgl. ürina zu skr. väri, 
wasser (im sanskrit bei unserer wurzel selbst ürdh-va); und 
meiner ansieht nach ist als genaue indogerm. form ein 
neutr. vardh as aufzustellen, wozu sich, auch wegen der 
geschlechts* und Stammes verirrung, lat. urbs gerade so 
verhielte wie plebs zu nlij&oQ. Also wie ein altes *pleb'8-, 
*plebesis, später, durch schwinden des stammhaften s in 
den casus obl., in die e-declination (gen. plebe-i; wegen ple- 
b^ mit langem e, vergl. auch nubes sed^ = skr. nabhas 
sadas), und noch später, durch weitere abstumpfung, in die 
dritte, fast genau so wie Corssen (beitrage zur lat. formenl. 
464 £P.) lehrt, übergetreten ist; so wurde^auch '^urb's-, *urbe- 
sis, entweder durch ^urbes, oder eher unmittelbar, zn urbs 
urbis umgestaltet. Corssen's einwendnng gegen plebs 
SS nXri&oQ (ebendas. 203), dafs & in 7ilij&og ja zusatz der 
wurzelform sei, stellt sich als kraftlos heraus, nachdem es 
erwiesen dafs lat. inlaut. b durch f auch auf gräkoitaL & 
zurückgehen kann. Wir fürchten übrigens, dafs der ge- 
nannte forscher, in betreff des bildungsganges von plebs, 
mit sich selbst nicht völlig übereinstimme; denn es ist in 
der zuletzt citirten stelle von einem suf&x -ie, das an 
ple-bu- antritt, die rede. Auch ops(^op's-, ^opesis) und 
opus betrachte ich als ein und dasselbe wort, so dafs der 
grammatikalische gegensatz von plebs und 7tk^&og{yskT* 



lateinisches und romaqisches. 121 

dhas und urbs) sich innerhalb des lateinischen wiederholt. 
Das alte apas, welches sich, dieser ansieht nach, in ziem- 
lich alter zeit zu zwei verschiedenen themen spaltete, hiefs 
werk and erworbenes zugleich; vgl. skr. ap-as, opus, 
ap-n-as, ops; auch hebr. ma aseh, meläkah, die zu- 
gleich opus und opes bedeuten; ferner rum. lucrare, arbeit. 

lieber ved. ardha, womit man bis jetzt hat urbs za- 
sammenstellen wollen, mag hier eine kurze erörternng nicht 
überflüssig erscheinen. Im petersburger Wörterbuch geht 
ardh4, halb, voran; darauf 4rdha 1) seite, theil,^ 2) ort, 
platz, gegend. Ein etymologischer versuch fQr ardha 
überhaupt ist weder dort, noch, so viel ich sehen kann, 
anderswo zu treffen, wenn man von Leo Meyer's vermu-^ 
thung (zeitschr. VI, 171 f.) absieht, wonach ardha, halb, 
eigentlich das geschiedene, getheilte, aus altind. 
radh, spalten, sein dürfte. Dies altind. radh, spalten, 
ist aber, wie ich fürchte, einfach aus skr. randhra, spe- 
cus, gefolgert; ich kenne wenigstens blofs rad, findere, 
fodere. Die beiden ardha sind mir nun im gründe ein 
und dasselbe wort, das ich von ardh, gedeihen, wachsen 
(ss= vardh) ableite; und die bedeutungsreihe wird buch- 
stäblich umgekehrt. Ardha ist (so wie z. b. indogerm. 
prathtt) das breitgewachsene, das breite; folglich 
ebene, gegend, land (vgl. ro nlarv); ferner hüfte, 
Seite, als breites, wie eben latus weiter nichts als skr. 
prathas, breite, ist (eine weitere eranische analogie findet 
sich in mein, frammenti linguistici lU, anm. 40.}; endlich 
Seite, theil, hälfte, halb. Das adjectivum dürfte hier 
vom substantivum, der grammatik nach, durch das regelmä- 
feig oxytonierte secundäre a abgeleitet sein, die regel- 
rechte vriddhi wäre jedoch unterblieben oder unkenntlich 
geworden; vergl. übrigens apas, werk, apäs werkthätig 
und dgl. 

Nach dieser anseinandersetzung müfste man, um die 
gleichung urbs = ardha aufrechtzuhalten, eine zweite 
lateinische Vertretung des wurzel-a (vgl. ard-uus, arb-or) 
annehmen, was freilich nicht unerlaubt wäre; ferner mufs 
aber dabei unserem nrworte eine speciell lateinische be- 



122 Ascoli 

deutuDgsentwickeluDg zugemuthet werden. Durch indo- 
germ. vardhas, stadt, wird hingegen das lateinische wort 
sowohl lautlich (uerb-, ürb-; verbena, urb's) als geschicht- 
lich YoUkommen begründet. 

Hat uns urbs nach Iranien geführt, so mag es ge- 
stattet sein daselbst noch einen augenblick zu verweilen, um 
eines andern lateinischen Wortes willen. Longus wurde 
scharfsinnig (Kuhn YII, 63) auf ursprünglich drangha 
(skr. dragh-, dräghljas) theoretisch zurückgeföhrt. Stellen 
wir nun mit Oppert und Spiegel altperß. dranga (lange 
zeit) SS neupers. dirang auf, und ziehen beides hieher, 
was jedoch freilich seine bedenklichkeiten hat, so wäre 
jene form in Alt- und Neuiranien wirklich vorhanden. Cors- 
sen läfst sieh aber jedenfalls einen sehr argen fehlgriff zu 
schulden kommen, wenn er in seinen treftlichen beitragen 
(148) gegen die Zusammenstellung von longus mit einer 
solchen arischen parallele die Schwierigkeit erhebt, dafs wir 
dadurch die Wurzelsilbe dhar oder dhir zu bloüsem 1 ver- 
krüppeln lassen. Es handelt sich ja von rangh aus drangh 
und nicht von dhar oder dhir; freilich schreibt aber herr 
Corssen dhirga statt dirghal 

Schliefslich erlaube ich mir die bemerkung, dafs wenn 
derselbe forscher (a. a. o. 380 f.) colere auf skr. kar, wie 
ich (zeitschr. XII, 432 ff.) es gethan, zurückführt, dies 
gleichsam aus einem glücklichen mifsverständnisse 
seinerseits geschieht, indem er das von Benfey (VIII, 92) 
vorgeschlagene car mit kar verwechselt. 

2. Zur romanischen behandlung von lat. mödö. 

Am besten ist mödö erhalten im friaul. adverbium 
modant (modo ante; vgl. altfr. orains, hora ante, Diez, 
11% 441, julienvenetisch adess' avanti), ein augenblick 
vorher, ital. teste; z. b.: l'e lat vie modant (d andato 
via or'ora), gerade jetzt ist er fort. Mit nachgesetztem 
mödö haben wir aber ein altes eccu' modo aufzutsellen, 
das noch am besten durch friaulisch cumö, a-cumö, jetzt, 
wiedergegeben wird. Weiter findet es sich in dem von 
Diez als vereinzelt dastehend aufgeführten rumen. a-cum, 
a-cü, jetzt, das ich vor zwanzig jähren (folglich als knabe) 



lateinisches und romanisches. 123 

mit der friaalischen parallele zasammenstellte (s. Miklosich, 
die slavischen elemente im rumunischen 8). Wegen rumen. 
reflexe von eccu', vgl. colö, a-col6, dort (eccu' illoc, 
Diez, ib. 438); und wegen des rein bewahrten u, ital. qua 
= eccu' hac, u. s. w. Der rumenische ausdruck deutet aber 
auf ein rückschreiten des accentes ('ccümodo) hin, das sich 
im sardischen (logudoresischen) cömo, ora, cömo como, 
or' ora, mo mo (rumenisch bei Clemens: aküma^aküma, 
bald; friauK cumö cumo, or' ora) wiederholt. Das durch 
derlei betonung auslautend gewordene m wurde später im 
nimenischen durch ein kurzes a (ganz wie bei com aus 
quomodo im provenz.: com und com-a) unterstützt 
(aküm und aküma bei Clemens; akum und akuma 
auch bei Vaillant), und es ging natürlich dieser unorgani- 
sche, schwankende nachhält in die griechische rede über, 
die auslautendes m nicht duldet; folglich neugriech. dxofAa, 
ctxofAi^ axofAtjj tosk. dx6f4a (adhnc, ancora, noch), das so* 
mit vom altgriech. dxf^tijv grundverschieden wäre. — Roma* 
nisch mo' (mödö) = ora (hora), jetzt, begegnet uns fer* 
ner im friaul. ande-mö (adhuc und etiam) = it. anc- 
-ora, mailänd. anca-mö, an-mö, ancora, anche, gia- 
-mö, di giä, giä, a questa ora. Ob südsardisch immöi 
(mit unorganischer anähnlichung an innöi, lä?), jetzt, hic 
mödö oder aber in mödö voraussetze, mag dahin gestellt 
bleiben; letzteres (gleichsam it. in adesso) mir wahr- 
scheinlicher, vgl. amodo (a modo) in den langobardischen 
gesetzen, Pott zeitschr. XIII, 324. 

Wir wenden uns jetzt an lat. mödS als schlufstheil 
von quomodo. It. como, come, ist bekanntlich um die 
letzte silbc von quomodo gekommen; andere romanische 
formen (com, cum, co) haben aber zum theil oder gänzlich 
auch die vorletzte davon verloren. Zwar heifst es bei Diez 
(wörterb. unter come): „Für com brauchte der Proven- 
zale auch co, unmittelbar aus quo für quo modo, s. 
Oudendorps register zum Apulejus"; mir ist dies jedoch 
kaum glaublich, weder für das prov. co noch für das gleich- 
lautende venezianische co, das insbesondere in redensarten 
wie CO belo! (wie schön!), und in dem adverbialischen 
CO fa (wie; eigentlich: wie es thut) gehört wird. Zwar 



121 Ascoli 

ist die mittelstufe com im venezianischen kaum denkbar; 
für die starke appkope ist aber venez. ca = casa zu ver- 
gleichen. Schwerlich hat sich der Romane mit quo be- 
gnügt; es war ja ihm vielmehr com == quamodo zn we- 
nig, so dafs er bekanntlich zu come*mente (logud. co- 
mente, franz. comme, comment) kam. Die entstellong 
zu CO ist freilich defswegen merkwürdig, weil darin von 
-modo gar nichts zurückbleibt; derselbe fall tritt aber im 
obigen rum. acü &= acüm = a-cumö = ^ccumodo, ein. 
Die venetianische mundart gebraucht femer ganz gewohnlich 
CO flir it.quando (aufser der frage); z. b. co ti vol, 
quando tu vuoi, co te vedo, quando ti vedo; und es fragt 
sich, ob, wie auch Boerio glaubt, wir hier lat. quum vor 
uns haben („quum fehlt'*, Diez II*, 459), oder aber co 
= come, wie auch z. b. it. come ti vedo = quando 
ti vedo sein kann. Letzteres wird vielen wahrscheinli- 
cher vorkommen; lat. quam ist aber doch seinerseits auf 
benierkenswerthe weise durch venez. ca (rum. ca) wieder- 
gegeben: ca, term. antiquato e molto plebeo, che, di quello 
che: pezo ca Tanemal, peggio delP animale; megio 
viver ca morir, meglio e la vita che la morte (Boerio). 
In Guglionesi (provinz Molise) wurde mir (16. octob. 
1864) das dortige gne (ne) = it. come als ein linguisti- 
sches problem vorgelegt. Ich dachte sogleich an gni (nji) 
== mi im südrnmenischen (Diez 1^,344), auch sonst in 
Süditalien nicht unerhört (neapolit. scigna==8cimia); und 
habe gewifs das richtige getroffen, da mir bald darauf eben- 
daselbst in der mundart von Agnone vorgesungen wurde: 
Considcra cügna se Mce cur amicö 

Jettavä la scheumä cügue varvajen 
(Considera come si fece quell' amico 
Gettava la schiuma come barbagianni) 
wo wir neben cügne auch cügna (= *cumj-a) treffen. 
Also im venezianischen (und prov.) co die ganze zweite 
hälfte, im molisaner gne die ganze erste hälfte von quo* 
t modo verloren. 

! Diejenigen it. mundartl. ausdrücke für quo modo, die 

auf modo den accent haben, sind augenscheinlich entwe- 



lateinisches und romanisches. 125 

der reine neubildungen , d. i. romanische Verbindungen des 
pron. mit modus, oder aber mischformen wo altes und 
neues beisammen stehen. Rein neugebildet ist friaul. ^e- 
-müt (-müd) SS come, in und auiser der frage. 



3. lamberare, und anderes. 

Bekanntlich ist uns lat. 1 amberare, scindere, laniare, 
überliefert (Festits). Diez ist der meinung, dafs franz. lam- 
beau, herabhangender fetzen oder läppen, in Berry lam- 
briche, fransen, franz. delabrer u. s. w., in keinem gram- 
matikalischen zusammhange damit stehen. „Die form mit 
reinem b, heifst es bei ihm (wörterb. unter lambeau), scheint 
die ursprüngliche: leicht wird m vor diesem buchstaben 
eingeschoben, schwer fällt es aus, drum ist die herleitung 
aus dem muthmafslich wurzelverwandten lat. lamberare 
woraus überdies, streng genommen, das subst. lambeau 
nicht entspringen konnte, anstöfsig. Besser triffl; Frisch's 
deutung von delabrer aus labrum lippe, rand, säum, daher 
troddel, fetzen . . • .^ Mir scheint es hingegen, dafs alles 
auf ein altes lat. subst. lamber oder lambru-, abgerissenes 
stück, zurückgeht, woraus die regelmäfs. diminutiva lam- 
bellu- und lambriculu-, ferner das verb. lamberare 
(vgl. z. b. sacer, sacellum, sacrare) abgeleitet wurden. Das 
friaulische dürfte uns das grundnomen in gewöhnlicher 
vergröfseruDgsform : s-lambrön, rifs, zerreifsung, wieder- 
geben; franz. lambeau und span. 1 am bei setzen aber un- 
ser lambellu- voraus, während sich venez. s-lambriö- 
dio, pendaglio o pendaglia, auf lambriculu- gründet, und 
des Festus lamberare noch immer in vollster blüthe im 
friaul. s-lambr 4, zerreifsen, fortlebt. 

Friaul. sl am brä föbrt mich wegen seines s (das ich 
indessen als etymologisch, Diez 11^, 397 f. auffasse) auf 
zwei venezianische Wörter, wovon das zweite mit einem 
unetymolog. s (Diez 1% 327) anfängt, nämlich s-bregar, 
zerreifsen, und s-borgna, rausch, crapula. S-bregär 
ist mit neuprov. es-brigä (bei Diez wörterb. 2. ausg. unter 
briser) s. v. a. prov. brizar, brechen, zerbrechen, zusam- 



126 Ascoli, lateinisches und rpmanisches. 

menzustellen; xind ich f&bre es besonders darum auf, um 
mir dabei die bemerkung zu erlauben, dafs wenn wir ein 
altes Wortpaar, sei es nun keltischen oder deutschen Ur- 
sprunges, wie brica bricea (bricia), gebrochenes, zer- 
stückeltes, aufstellen, sich daraus lautgerecbt einerseits 
(brica): brica, briga, *brigar, es-briga, s-bregar, anderseits 
(bricea): bricia, briza, briciolo, *briciare, brizar, briser, 
am leichtesten erklären (s. und vgl. Diez a. a. o.). — We- 
gen s-borgna, rausch, crapula, mttssen wir auf protoro- 
manisch adj. *ebroneo, subst. ^ebronia, zurückgehen, 
woraus franz. ivrogne und in Yenetien ^brogna (borgna). 
Die aphäresis des unbetonten anlautenden e wird durch 
it. briaco und durch das friaul. vreds, trunkenbold, dem 
ein altes *ebriaceo zu gründe liegt, bestätigt. 

Schliefslich ein problem. In Görz habe ich öfters, 
als knabe, von meinem vene tisch redenden lehrer den ad- 
verbialen ausdruck: ajaba = in aufserordentlicher menge, 
it. a uffo, gehört. Später stieis ich auf rum. giäba(gaba), 
schlechterdings, umsonst, vergeblich (Clemens), de ge- 
aba, gratis, pour rien, envain, inutilement, en pure perte 
(Vaillant; im franz.-rum. th.: gratis, de geabe). Endlich 
ist mir im genuesischen: a giabba, a ufo, a biseffe (biz- 
zeffe), a josa senza spesa (Olivieri), begegnet. Mit dem 
rumenischen worte machte ich zuerst bei Pott, zigenner 
I, 324 anm., bekann tschaft, wo es neben ung« hijaba, um« 
sonst, steht. Aus span. jabardo, enxambre pequeno, que 
suele salir de las colmönas despues de los principales, darf 
vielleicht *jaba, schwärm, grofse menge (vgl. wegen des 
suiS. Diez 11% 359, z. b. mosca, moscarda) gefolgert wer- 
den, das sich mit ital.-rum. giaba gut vertragen könnte. 
Ueber hijaba und dessen Verzweigungen siehe das ung. 
Wörterbuch; wegen der angränzenden bedeutungen: gratis, 
vergeblich, eitel, vgl. auch Diez unter uffo. 

Mailand, den 5. februar 1866. Ascoli. 



Petters, die Berhta der Oechen. 127 

Die Berhta der Cechen. 

Die mythologen unter den lesern dieser Zeitschrift wer- 
den bereits durch Grohmanns „aberglauben und gebrauche 
aus Böhmen und Mähren'^ mit der Schreckgestalt cechi- 
scher kinder bekannt geworden sein, die von der „glänzen- 
den^ göttin keine andre spur mehr an sich trägt als den 
entstellten namen: Parychta, Paruchta. Grohmann 
erklärt di^se namensform för „ aufserordentlich merkwür- 
dig^, denn sie entspreche nicht der mittelhochdeutschen, 
sondern unmittelbar der althochdeutschen form Perahta. 
Die einwanderung der deutschen göttin müsse daher spä- 
testens im 9. oder 10. Jahrhundert erfolgt sein, vielleicht 
auch noch früher, „weil die gestalt schon früh eine grofse 
Popularität unter dem slavischen volke mufs genossen 
haben ". 

Diese ansieht scheint nun aber von zwei Seiten her 
angefochten werden zu können. Grimm vermag die göt- 
tin Berhta erst aus dem löten oder 14ten, höchstens dem 
13. Jahrhundert nachzuweisen; das auftreten derselben drei 
bis ftlnf Jahrhunderte früher wäre darum auf böhmischem 
boden kaum weniger als ein wunder, abgesehen - davon, ob 
wir nicht gegen Grimms ansieht gut thun, aus b erbten^ 
naht erst im mittelhochdeutschen Zeiträume eine persön- 
liche Berhta abzuleiten. 

Was uns bei der beurtheirung von Parychta, Paruchta, 
dem ich aus meiner slavischen nachbarschaft ein weithin 
verbreitetes Perychta anschliefse, noch besonders in be- 
tracht zu kommen scheint, ist die bekannte thatsache, dafs 
zwischen r und einem unmittelbar folgenden consonanten 
sehr häufig ein vocaleinschab stattfindet, mehr oder weni- 
ger deutlich i oder u oder e. Ich sehe aus einem aufsatze 
prof. Benfeys in d. zeitschr. YIII, 4, dals selbst im sanskrit 
ein solches i begegnet; Weinhold gibt in seiner alemann, 
gramm. s. 26 beispiele wie ersteriben, pariki, perich, fu- 
rihtante und verweist auf die physiologische begründung 
dieses zwischenlautes bei Brücke, physiologie der sprach- 
laute 81. Das namenbuch Förstemanns liefert eine grofse 



128 Petters, die Berhta der Cechen. 

zahl von beispielen, wie Perich, Perag, Perichtolt, Chien- 
perech. Andre Beispiele stehn in Schmellers bairiacher 
grammatik §. 637,* in Birlingers augsburgischem ^^wörter- 
buch'' 367 u. s. w. 

Ob das mittelhochdeutsche Wörterbuch wohl im vollen 
rechte ist, wenn es bereht als die mittelhochdeutsche 
grundform aufstellt? Auch Weigand thut es in seinem 
Wörterbuch I, 180. Soll nicht das zweite e ebenso für un- 
ursprfinglich gelten wie das a von ahd. peraht? 

Die anlautende tenuis von Parychta kommt dem ahd. 
Perahta gegenüber gar nicht in betracht; die Umbildung 
von Berihta in Parychta ist vielleicht im hinblick auf das 
in öechischen werten im sinne unsers afber — , nach — auf- 
tretende pa — entstanden. Parychta könnte vom Stand- 
punkte der öechischen volksetymologen mit „afterrichterin" 
übersetzt werden. 

Viel seltsamer als die besprochenen formen ist das in 
Mähren erscheinende Sperechta, das obendrein ein mas- 
culinum geworden ist. Ist der anlaut des wertes vielleicht 
ein verkümmerter rest eines alten compositionsgliedes? Der 
anhang von Birlingers augsburgischem „Wörterbuch^ 472 
gibt ein gedieht von der Butzen- oder Butzbercht. 
Sie droht die kinder einzusperren; das könnte vielleicht 
gar auf eine Volksetymologie Sperrechta (l^perechta) ge- 
führt haben? So viel scheint mir sicher, dafs die deutsche 
göttin mancherlei unbilden bei den böhmischen und mäh- 
rischen Slaven erfahren hat und dafs wir den entstellten 
formen durchaus kein höheres alter zuschreiben müssen als 
dem mittelhochdeutschen Berhta. 

Leitmeritz, 3. april 1866. Ign. Petters. 



Schweiz^r-SfcUer,' anzeigen. 1^ 

Vergleichende grammatik der griechischen nnd lateinischen spräche, von 
Leo Meyer, II, 2. Berlin, Weidmannsche buchhandlnng, 1866. 

Mit diesem theile schliefst der verf. die lehre von der 
bildung der einfachen Wörter afo, indem er zunächst von 
Seite 321 bis 438 die behandlang der wurzelnomina fort- 
setzt, dann von s. 438 — 625 die gestalten der abgeleitötett 
nomina aufführt, üeber den character von L. Meyers for- 
schungen und über seine darstellung derselben haben wir 
nichts wesentlich» neues zu sagen. Auch hier legt der verf. 
eine fülle von material aus mit besonderer berücksichtigung 
und Scheidung des homerischen Wortschatzes, auch hier 
sucht er die Spaltung eines ursprünglich nur einen sufSxes 
in gröfsere oder Icleinere reihen oft noch allerdings nnt^r 
annähme bis dahin nicht bewährter lautübergänge nacfazn- 
weisen, doch erscheint er sonderlich im zweiten theile des 
buches um vieles behutsamer; nicht minder verfährt er 
auch hier gelegentlich in vergleichung von wurzelelemen- 
ten kühner als es männer, wie Corssen, Curtius^ Schleicher 
für gerathen halten möchten. Auf manchen punkten üb- 
ten unverkennbar aufser den sanskritformen, wo M. mit gu^ 
tem rechte überall von der vedensprache ausgeht, die ger- 
manischen, voraus die gotischen, auf des verf. anschauung 
und urtheil einen grofsen einflufs aus, und wir werden zu- 
gestehen müssen, dafs diese namentlich in den n-suf&xen 
nicht ohne bedeutung für die beurtheilung der wortforma- 
tion in den verwandten sprachen sind. Zu weit würde es 
uns führen, wollten wir suffix für suffix verfolgen, jedes- 
mal die angenommenen lautübergänge prüfen und dchltefs- 
lich unsere Zustimmung oder abweichende meinung äufsern. 
Dafs wir im ganzen uns nicht zu der nüchternheit und 
trennungslust bekennen können, wie wir sie wenigstens in 
der theorie namentlich bei Corssen finden, haben wir nie 
verhehlt, und wir meinen heute noch, dafs im allgemeinen 
die methode Benfeys, Aufrechts, Kuhns, L. Meyers u. a. 
in den vergangen der vedensprache einen gewichtigen 
halt hat. 

Zunächst setzt der verf. die behandlung der mit suffix 

Zeitschr. f. vgl. sprachf. XVI. 2. 9 



130 Schweuser-Sidler 

-to gebildeten Wörter fort. Unter diesen wird als früh 
verkürzte form auch p^aAaxr- = lact aufgeführt und wie- 
der als WZ. malg „melken'* hingestellt. Wir sehen nicht 
ein, warum hier den germanischen sprachen zu lieb eine 
Wurzel zu gründe gelegt wird, „die durch eigenthümlicbe 
lautübergänge undeutlich geworden ist". Es durfte frei- 
lich erwartet werden, dafs die „milch" in den indogermap 
nischen sprachen gleich benannt sei ; es ist aber dem ja 
doch nicht so: im sanskrit sind ksira „das ausströ- 
mende", payas „das trinkbare" die gewöhnlichen bezeich- 
nungen, in andern kann „das glänzend weifse" oder „glän- 
zend fettige" den namen hergeben. S. 324 heifst es: de- 
fruto, das vielleicht unmittelbar zu unserm brauen ge- 
hört. Zunächst ist zu merken, dafs es Plaut. Pseud. 741 
defrütum, erst bei Vergilius defrütum lautete. Wäre 
die bei PI. im cod. vet. sich findende lesart defructum 
sicher, dann wäre es auch Meyers vergleichung, ist doch 
nicht daran zu zweifeln, dafs deutsches briuwan dersel- 
ben Wurzel sei mit skr. bharg und einst briggvan lau- 
tete. J. Grimm unter wz. brauen rechnet nun aber auch 
lat. fervere (fervere) als umgestelltes frevere hinzu, wo- 
her die. alten defrütum abgeleitet haben, und lautlich 
ist nichts dagegen. Dafs scorto- »feil" von scorto- 
„hüre" vielleicht ganz verschieden sei, ist möglich, merk- 
würdig aber immer, dafs in unserer volksmundart eine lie- 
derliche Weibsperson nicht nur „ein luoder", auch „ein 
leder" heifst. Vesta, also wohl auch iaria fahrt der 
verf. auf vas „wohnen" zurück. Anders jüngst Curtius 
und wir seit langem. Da eine indogerm. wz. vas „leuch- 
ten" nicht mehr zu bestreiten ist, so wird die Vesta als 
herdgöttin passend von ihr benannt sein. Wie wesentlich 
für den begriff des hauses die feuerstätte gewesen sei, sseigt 
uns aedes («tö^w), unser „herd" in „heimatlicher herd" 
u. s. f.; „einer, der seinen eigenen rauch flfthrt" hci&t bei 
uns, wer ein gemach oder haus bewohnt. Wie hr. M. bei 
hasta an skr. pästi denken konnte, ist uns nicht klar; 
„a sceptre" wird doch nur eine aus „governing" abgelei- 
tete bedeutung, und die wz. 9 äs sein, wie umgekehrt 



anzeigen. 1dl 

danda „ stock ^, auch „strafe^ und „gewalt^ bezeichnet. 
Vergleichen wir got. gazd, ahd. kart ^treibstachel^ ahd. 
kartja ^gerte, ruthe, sceptrum^, dann erscheint uns wohl, 
wie im griech. fisktT], im deutschen „esche" der schaft 
als grundanschauung, und die ableitung von;^a)/J-, -hendo 
nicht mehr so farblos als Corssen meinte. Dem suff. -to 
schliefst der verf. als besondere art -ti an. So anspre- 
chend hier die gleichsetzung von lat. miti mit ahd. milti, 
got. mild s, erscheint, so ist sie doch nicht unbedenklich 
wegen des dabei angenommenen, f&r das lateinische unse- 
res Wissens noch nicht erwiesenen lautüberganges. EiAe 
analogie wäre vorhanden, wenn wirklich guttur, wie der 
verf. annimmt und wie die bedeutung nicht unwahrschein- 
lich macht, för gultur steht. So dürfte mitis fQr mit- 
tis eintreten. Für das umbrische ist es sicher, dafs (muta 
för multa, kumatgs für commolitis) 1 vor t sich völlig 
auflösen und durch längung der silbe ersetzt werden kann. 
Doch cf. mid. Das Verb, potiri wird eigentlich meinen, 
„mit etwas begabt werden*^. Vgl. PI. Amph. I, 1, 23; Capt. 
V. 90 und compotivit Rud. IV, 2, 6. Zu den adjj. auf -ti 
zählt der verf. auch die in griechischeb Zusammensetzun- 
gen erscheinenden tdusisi', l^kxeai^ xBQxfji-, Die lehre über 
die composition wird uns davon erst den beweis liefern, 
dafs diejenigen unrecht thun^ welche in diesen formen par- 
tic. praes. oder subst. sehen. Ueber oariov und dessen 
verhältnifs zu skr. asthi hat Curtius ausführlich gehan. 
delt. Mit unrecht aber scheint er uns Pictets etymologie 
gut zu heifsen. Die ursprüngliche form wird doch asthan 
sein, und daraus giengen astha, lat. ossu und osso her- 
vor. Ossua und septuaginta sind uns aber ihrer laut- 
lichen entstehung nach noch nicht klar. Rete nimmt 
Curtius s. 318 nicht unwahrscheinlich für srete von wz. 
ser. fi^n steht in seiner bildung am nächsten dem zwei- 
ten theile von abhi-mäti. Die sufßxe von vatös, wohl 
gewifs „Sänger^, und cautgs harren noch bestimmter auf- 
klärung. Der abschnitt über die nomin. auf -tar, -t;;(>, 
'Ttj u. s. f. , welche der verf. geneigt ist mit Benfey aus 
-tan entstehen zu lassen, ohne in diesem gerade eine ver- 

9* 



IS2 Schweizer-Sidler 

bal Wurzel zu sehen, enthält im einzelnen manches unan- 
fechtbare, aber auch viel, des streitigen. Wir bemerken 
nur, dafs neben linter (339) auch lunter sich findet und 
dafs es uns scheint, die wz. vag (341) sei nicht erst zu 
Qrschliefsen, indem sie uns in vagra, väga, vä^ayämi 
wohl deutlich genug entgegentritt und in vigere, vege- 
tus, augere sich wiederspiegelt. Was die participialfor- 
men betrifft, so ist es gerade für das part. fut. im lateini- 
schen nicht uninteressant, dafs nicht blofs in der alten 
zeit, dafs es nach Gall. N. A. I, 7 selbst noch bei Cicero 
einzeln nicht congruierte. Auch darin hat das lateinische 
etwas mit dem sanskrit analoges , dafs bei dem inf. fut. 
esse so oft wegbleibt. Kühn weist der verf. unter das 
sufBx -tra auch die lateinischen -clo -culo; -bro, bulo. 
Sehr precär sind die analogien, welche M. für -clo statt 
-tro, -tlo anzuführen weifs, innerlich und äufserlich viel 
wahrscheinlicher ist die zurückfuhr ung von -bro -bulo 
auf -r(>o, '&Q0 und auch von solchen Sprachforschern an- 
genommen, welche man nicht so laut des überspringens 
aller grenzen zu zeihen pflegt. Der verf. hat es unterlas- 
sen die formen -cu)u,m -dum geschichtlich zu ordnen, 
wie er dann überhaupt die Chronologie mehr bei den grie- 
obis'chen formen berücksichtigt. Arbiter wird s. 361 an 
deutsches ^rathen'l gehalten. Dazu pafst der sinn nicht 
und es steht ja der alten etymologie lautlich nichts im wege. 
Die suff*. -tva, -tvan, -don, -Sov, -Scivf] etc. bilden den 
beginn eines weitern abschnittes^ indem ihnen auch -tma, 
-tman, -t/<6v, -d-fio^ -tu, -tavya u. ä. angereiht wer- 
den. Das lat. masc. ordon haben wir ohne weiteres von 
den subst. auf -don auszuscheiden. Was die syntax des 
supinums auf -tu -su betrifft, so erscheint es als entschie- 
dener ablativus, besonders in der alten litteratur, und we- 
sentlich auf diese periode ist auch, opus est mit sup. auf 
-tu zu beschränken. Aber, dafs eis auch, bei weitaus den 
meisten adjectiven bestimmt als ablativus zu nehmen sei, 
wird sich nicht schwer beweisen lassen. Ansprechend ist 
die vermuthung, dafs metus eigentlich „bedenken^ heifse 
und seine wurzel man sei. Reich ist wieder der abschnitt 



anftdigen. 133 

über tya, in welchem nicht nur lat. -tion, griech. -<yia, 
tivfj etc. auch die lat. adyerb. auf -tim und die grie- 
chischen auf '8ii]v '8rjv »Sov etc. als in organischem zu- 
sammenhange unter sich stehend behandelt werden. Was 
der verf. nur vermuthungsweise über conti o'äufsert, ist ent- 
schieden richtig. Vgl. index zum ersten bände des Corpus 
insoript. latt. Auf s. 399 ff. folgen die nomina auf -ja, 
auf Suffixe mit kehllauten und die übrigen. S. 410 scheint 
das wort focus vergessen. Der verf. ist nicht ganz un- 
geneigt mit Budenz das k in dQOfAax- u. ä. aus einem t- 
laute entstehen zu lassen, wozu uns bestimmte vereinzelte 
analogien verwandter sprachen noch nicht berechtigen. Hr. 
M. ist offenbar im verlaufe seiner arbeit auch selbst viel 
schwankender geworden. Zahlwörter und fftrwörter bilden 
den schlufs der primären bildungen. Im latein. pronomen 
der ersten person mufste auch mius (= meus, cf. mieis 
auf einer scipioneninschrift, Ritschi de declin. qnadam lat. 
recond. p. 22) mit berücksichtigt werden. Ungemein reich 
ist nun der abschnitt über die abgeleiteten Wörter mit - j a. 
Consequent werden s. 447 nicht nur Wörter auf -aio, auch 
solche- auf -(Jto, auf *-rto zurückgeführt, üebergangen aber 
sind hier die lat. formen auf -dius in eigennamen, wie sie 
uns im rhein. mus. XI, 295 ff. massenhaft vorgeführt wer- 
den. Ihr verhältnifs zu den namen auf -lius ist sicher 
von dem gelehrten verf. jenes aufsatzes nicht richtig be- 
stimmt worden. Schliefslich dürften doch die formen auf 
-ejus, -lus, -ius dabei auch noch berücksichtigt werden 
müssen. Diese letztern sind in ihrer organischen folge 
von M. ebenfalls nicht behandelt. Wiederum beachtet un- 
ser herr verf. die wichtige Chronologie nicht in den for- 
men auf «arius und -aris. Ritschi 1. 1. p. 20: Velut 
Plautum, Terentium, Turpilium, Catonem, Novium, Afra- 
nium horumque pedisequum Gellium, posteriores autem 
scriptores nullos auctores habent articularius, mola- 
rius, palmarius, singularius, vulgarius etc. Ueber 
-icius, -itius hat Schulz in seinen quaestt. orthograph. 
gehandelt, gründlicher aber sein recensent Bücheier, jahrbb. 
für phil. 77^33» ff. Gerade in den auf s. 475 angefahrten 



134 Sehweizer-Sidler 

lateinischen Wörtern möokte es sohwer sein den ursprong 
des 1 ans d nachzuweisen: auxilinm ist anf eine ähnliche 
form, wie postulare, zurückzuführen, concilium führt 
uns auf oalare, xaXeiv u. s. f. Aus dem folgenden he^ 
ben wir nur noch hervor, dafs herr M. selbst s. 590 seine 
gleichsetzung von lat. lent, lento mit skr. vant zurück- 
nimmt, das lat. -OSO aber 608 in ansprechender weise als 
aus ovento, ovenso entstanden erklärt. S. 610 kommt 
der verf. auf die unsers wissens schon von Benfey vorge«* 
schlagene deutung von pedet aus pedvet u. s. f 

Möge herr prof. Meyer sein umfangreiches werk rüstig 
fortsetzen. Sein buch, läfst es auch namentlich bei dem 
ungeheuren und schwierigen Stoffe manches zu wünschen 
übrig, wird nicht verfehlen mitforscher und jetzt noch 
draufsen stehende wohlthätig anzuregen. 

Zürich, im februar 1866. 

H. Sehweizer-Sidler. 



Geschichte der lateinischen verha auf -uo. Von dr. Carl Pauli. Stet- 
tin 1866 Verlag von Dannenberg und Dühr. 

Der herr verf. ist uns durch seine arbeiten auf dem 
felde der germanischen sprachen bereits vortheilbaft be- 
kannt. Seine forschungen zeichnen sich durch scharfes me- 
thodisches verfahren und consequenz aus, deren principien 
aber nicht von aufsen genommen und als starres gerüste 
über den lebendigen stoff geschlagen werden, sondern aas 
einer eindringenden kenntnifs von diesem selbst hervorge- 
gangen sind. Als zweck dieser abhandlnng gibt herr P. 
auf s. 1 den an , zu zeigen , woher die Sonderstellung der 
verba auf -uo im lateinischen ihren Ursprung habe, und 
wie diese verba nach und nach sich mehr der dritten con- 
jugation assimilirt haben. Er will (s. 2) die Chronologie 
der lateinischen formen an dem beispiele der verba auf 
•uo aufweisen. Drei perioden der indogermanischen spra- 
chen (s. 2) sind bereits anerkannt; aber eine weitere thei- 
lung der periode der einzelvölker ist noch nicht mit si- 



aBveigen. 135 

oherheit bestimmt. Die bezügliche Untersuchung mnfs sö 
geschehen, dafs man einestheils das lexicon, anderseits die 
grammatik darauf hin prüft, und die gesammten resultate, 
welche sich gegenseitig corrigieren, würden eine sichere 
entscheidung herbeif&hren. Ein solches resultat soll nun 
des verf.'s vorliegende arbeit liefern (s. 3). Ob nun frei- 
lich dieses resultat ^jdafs das lateinische den nordeuropäi- 
schen sprachen näher verwandt sei als dem griechischen** 
nicht durch andere resnltate einbufse erleide, ist sehr frag- 
lich; wir weisen nur auf die bildung der stamme hin, wie 
sie uns nun für das griechische und lateinische in Leo 
Meyers reichem buche vorliegt, und auf die Scheidung des 
kurzen ä in den verschiedenen europäischen sprachen, wie 
sie Curtius jüngst aufgewiesen hat. Sollte aber dieses re- 
sultat auch anfechtbar sein, so bleibt dennoch die Unter- 
suchung noch werthvoU genug, da sie uns auf einem en- 
gei^n gebiete die eigeuthümlichkeiten des lateinischen sehr 
instructiv vor äugen führt. 

Das materiiil im einzelnen ist meist im rechten um- 
fange gesammelt und gehörig gesichtet; doch fehlt es auch 
nicht an kleinen verstöfsen und anzeichen, dafs es erst 
aus secundären quellen geschöpft werden. Bitschls eigene 
forschungen sind nicht hinreichend benutzt und Neue 's 
forroenlehre, die trotz ihrer von Müller gerügten unvoU 
kommenheiten nun bei solchen Untersuchungen fast unent- 
behrlich ist, finde ich nirgend benutzt. Schon die Unter- 
abschnitte der italischen periode würde der verf. nach ei- 
nem blick in das corpus inscription. latt. I und auf Ritschis 
monumenta kaum in der weise bestimmt und den Übergang 
von doppellauten genauer angegeben haben. Nachdem er 
die gesammten perioden des lateinischen von seiner indo- 
germanischen Wurzel an aufgeführt hat, macht er mit voll- 
stem rechte auf die grofse bedeutung der stammgemein- 
schaft und der themengemeinschaft verwandter sprachen 
aufmerksam , welche zwischen der blofsen wurzelgemein- 
schaft und der Wortgemeinschaft liegen. Die themen theilt 
der verf. in Stammthemen, bei welchen das thema aus 
einem stamme d. h. aus der untrennbaren einheit einer be- 



196 Schweizer^idler 

deutuDgs- und beziehungswarzel, hervorgieng, und welche 
namentlich die tbemen auf m, n, t umfafst, und in war- 
zeltbemen, wo das thema aus zwei componierteu beden- 
tungswurzeln oder aus der Verdoppelung derselben wurzel 
hervorgegangen ist. Unter die verba auf -uo ist hier al- 
les gerechnet, was in der classischen periode ein präsens 
uo zeigt und nach der dritten conjugation gebt, also auch 
verba, wie ninguo. — rluxi, das s. 9 aus Zumpt an- 
gefahrt wird, durfte und mufste wegbleiben. Nicht nur im 
perfectum, auch im praesens finden sich bei den elegikern die 
direisilbigen soluo und valuo. Uebrigens hat eine solche 
vereinzelte angäbe kaum etwelchen werth ; diesen bekommt 
üß erst, wenn nachgewiesen ist, was in solchen flUen die 
spräche des lebens erheischte, was Licenz der dichter war. 
In dieser frage waren quellen die abhandlungen von Ritschi, 
Bergk uqd das buch de re metrica von Lucian Müller. -— 
Zju sector stimmt auch das sub^t. secta. Anläislich der 
darstellung des praesens der verba auf -uo ordnet der 
verf. die conjugationcn in wissenschaftlicher schärfe. Falsch 
ist hier der accent in conjugation VII auf -ja gesetzt. 
Herr P. meint, dafs der wortperiode der indogermanischen 
Ursprache der hiatus im ganzen nicht genehm gewesen sei. 
Jedesfalls im ganzen weniger lästig als später, wie uns 
das eine tiefere betrachtung der vedensprache sattsam lehrt. 
Wir verweisen hier auf die höchst bedeutsamen Untersu- 
chungen Kuhns in den beitragen zur vgl. Sprachforschung 
bd. III und IV. Erwägen wir dazu, dafs schon in der 
vedaperiode nicht selten stamme der fünften conjugations- 
classe in die erste übergetreten sind, z. b* invati, rnvati, 
so möchten wir mindestens die möglichkeit von verben auf 
-uo schon für die wortperiode der indogermanischen Ur- 
sprache nicht absolut läugnen. Ob nun Schleichers und 
Leo Meyers ansieht, dafs die latein. denominative statuo 
etc. einst hinter u ein ableitendes j gehabt haben, unrich- 
tig sei, darüber zu entscheiden wird uns erst dann erlaubt 
sein, wenn wir nachweisen können, dafs die italischen 
sprachen kein ableitendes i mehr hinübernahmen. Dafs 
die Inder solche denominative mit ja bildeten, steht fest 



•nsefgen. 137 

genng. Aaf s. 16 möchte der verf. glv, vivere als re- 
duplicatioD von gi vincere aufgefafst wissen und ftihrt, um 
das wahrscheinlich zu machen, auch gajatu ,,er lebe hoch* 
an; aber dieses bedeutet eben nur ,,er möge sieger, möge 
obenauf seinlf' Dagegen scheint er uns in der erklärung 
von fluo und ruo gegen Kuhn recht zu haben. Nach 
den ftlr imbuo versuchten etymologien und der grundbe- 
deutung des wortes hat sich herr P, nicht genau umgese- 
hen, sonst hätte er dasselbe kaum aus in-fuo zusammen- 
gesetzt sein lassen. Das geht ja auch lautlich nicht an; 
denn die alten bildungen des imperfectums, futurums und 
dat. abl. plur. sind keine zutreffenden analogien. Vgl. Cur- 
tius gr. etym. P, s. 253. Gewifs ist die zurückfOhrung 
von tuor auf stu der einst von uns gegebenen erklärung 
vorzuziehen. Dagegen wird der verf. mit seiner gleich- 
setzung von &s6g mit stäva kaum ttberzeugen; stavas 
heifst nur „der preis*, nicht „der preiswürdige*. Sowohl 
bei der nun ihm selbst schwankend gewordenen erklärung 
von Curtius als bei dieser müfste jedesfalls der ausfall ei- 
nes j angenommen werden, wozu uns jedoch gar nichts 
berechtigt. Die würze! klu findet sich doch auch im got. 
hlutr. DaTs die wz. gluo nicht blofs grammatisches prä^ 
parat sei, lehrt Curtius griech. etym. 329. Wir begreifen 
nicht recht, wie der verf. arguo aus ad + gam zusam- 
mengesetzt lassen sein kann. Auch die bedeutung wider- 
streitet dieser annähme aufs stärkste. Arguere heifst „ins 
licht setzen* und setzt ein nomen argu „licht* voraus, 
dessen wurzel arg „leuchten* ist. Die analogie von volvo 
kann die bisherige etymologie von solvo (aus seluo) kaum 
umstürzen; sonst wäre eine wurzel des abschneidens aar 
nicht erst zu vermuthen, liegt sie doch in sarpere d. h. 
scarpere vor. Um die perfecta der verba auf -uo zu 
erklären, tritt der verf. auf die bildung des lat. perfectums 
überhaupt ein. Wir läugnen nicht, dafs er dabei grofsen 
Scharfsinn entwickelt, sind aber nicht im stände der kühn- 
heit zu folgen, mit welcher er einerseits vom Standpunkt 
des germanischen und selbst des neuhochdeutschen aus 
das altlateinische regelt, anderseits die ergebnisse von gründ- 



138 Schv«izer-Sidler 

]]cher forschung eines Lachmann , Ritscbl u. a. mit ein 
paar Worten meint beseitigen zu dörfen und zu können* 
Herr P. hat freilich keinen unbedeutendem als Bergk auf 
seiner seite, wenn er — allerdings ohne eigene untersu- 
chung ^ behauptet, dafs ei im italischen, gar nicht nur 
im lateinischen auch ein e, i vertreten könne, sofern 
nur Bergk sich durch Ritschis, wie uns vorkommt, evi- 
denten beweis jetzt nicht widerlegt glaubt. Mit diesem i 
des perfectums darf nicht das unter sehr beschränkenden 
bedingungen gebrauchte blofs metrisch gelängte i des prä- 
sens, welches nie ei geschrieben wird, nicht das wiederum 
nur metrisch gelängte e von que verglichen werden. Wir 
begreifen auch nicht, welchen werth herr P. auf das alte 
e in cepet u. s. f. legt, um darauf hin kurzes i des perf. 
zu behaupten, hat uns doch Ritschi sattsam erwiesen, dafs 
gerade im lateinischem dem ei und l ein e vorausgegan- 
gen sei. Also diese länge der perfectendungen, und nicht 
nur in erster und zweiter person, in denen i auslautet, 
auch diejenige der dritten vor auslautendem t läfst sich 
nicht wegräumen, läfst sie sich auch noch nicht sicher er- 
klären. Damit ist nun allerdings nicht bewiesen, dafs die- 
ses I ein nothwendiger theil des perfectstammes sei und 
die bildung des perf. conj. futurum perf. u. f. mufs sich 
nicht an dasselbe anlehnen. - Auf eine einfachere form weist 
uns a'ich deda C. Inscr. L. I, no. 177. Wo (38) über 
posui gehandelt wird, hätte auch das bemerkt werden 
sollen, dafs diese form erst mit und in dem hexameter auf- 
tritt, welcher in manchen beziehungen bedeutend auf die 
spräche einwirkte. Auch auf s. 44 f. springt der verf. wie- 
der ober feststehende Überlieferung mit jugendlichem schritte 
hinweg. Es mag sein, dafs in actus u. s. f. mifsbränch- 
liche ausspräche herrscht; aber sie hat geherrscht; das 
beweisen uns nicht nur die nachrichten der lateinischen 
grammatiker, es ist bestätigt durch den apex auf zuver- 
lässigen inscbriften. Noch gar manches auf dem felde der 
lat. prosodie steht räthselhaft da, wie die länge in qu in- 
tus u. a«, dessen wirkliches Vorhandensein man nicht so- 
fort anzweifeln darf. 8. 50 kommt der verf. auf die bil- 



«lixeigen. 139 

duDgen ruitürus etc., welche er f&r spätere neabildungen 
erklärt. Wir wollen sie nicht als alterthümliche retten, 
und sie mögen in vielen fallen erst durch falsche analogie 
entstanden sein; immerhin }egt Ritschi mit recht gewicht 
auf die relative, d. h. für das lateinische, so weit es uns 
bekannt, recht alte form Saeturnus d. h. Saiturnus, wenn 
auch Saeturnus, Säturnus kaum unmittelbar mit sä- 
tum ZQ vergleichen ist, vielmehr in ihm kein anderer als 
der altindogermanische zeugende Sonnengott Sa vi tar zu 
suchen sein möchte. Hier wollen wir nachtragen, da/s för 
uns, so weit wir thatsächlich die entwickelung des lateini- 
schen kennen, rütus (in rüta caesa) älter ist als rütus. 
JSicht minder geistreich und scharfsinnig als über perfec- 
tum und supinum läfst sich P. Ober die bildung des infi- 
nit! ves im allgemeinen und für die verba auf -uo aus,- 
nur dafs auch hier einzelne sprachliche thatsachen nicht 
gekannt oder berücksichtigt sind. So ist doch nun aus- 
gemacht, dafs der ablat. sing, der dritten declination im 
lateinischen ebenfalls lange sehlufssilbe hatte, und bekannt, 
dafs formelhaft auch später noch andere dative auf -e sich 
finden ; danach dürfte das s. 54 gesagte berichtigt werden 
müssen. Analogieen und bcdeutung weisen klar darauf 
hin, dafs der lat. infinitivus ein dativus, nicht ablativus 
sei. Auf die frage uns einzulassen , wie der inf. imperf. 
pass. im lateinischen gebildet sei, eine frage, welche in 
neuern zeiten mehrfach behandelt wurde, lassen wir uns 
hier nicht ein. Allerdings sind auch wir der meinung die 
oskischen und umbrischen infinitivformen seien accus, von 
o -Stämmen, nicht aber aus dem vom verf. angegebenen 
gründe; denn unsers wissens bilden im oskischen die con- 
sonantischen stamme den accusativus auf -om, mindestens 
die Stämme auf -ion. Endlich- bemerken wir noch, dafs 
die erklärung von fore, wie sie unser verf. gibt, lautlich, 
nicht gerechtfertigt ist. Wir sehen keinen grund, der uns 
verböte före als fever e, foure, fore zu fassen. Hiemit 
schliefsen wir die anzeige dieser interessanten schrift, welche 
trotz einzelner mängel für erkenntnifs der entwicklung sprach- 
licher formen bedeutsam ist. H. Schweizer-Sidler« 



140 Schweizer^dler 

Stndj Ario-Semitici diGrasiadio iMiiaAscoli. Artioolo secondo, letto 
alla Classe di lettere e scienze mor. etc., nella tornata del 6 luglio 
1866. 

In dieser italienisch geschriebenen abhandlang theilt 
der uns längst rühmlich bekannte verf. eine reihe von be- 
merkungen mit bezüglich auf die geschichte der einsilbigen 
themata, welche im sanskritwörterbuch als wurzeln aufge- 
führt werden, und zur geschichte der sanskritconjugation : 
Es sollen diese bemerkungen zunächst die annähme unter- 
stützen, dafs die semitischen und arischen sprachen ihre 
conjugation wesentlich nach demselben principe gebildet 
haben und auch die gestaltung der verbalthemata näher 
angesehen eine analoge sei, dafs demnach auch von dieser 
Seite nahe Verwandtschaft der beiden Sprachstämme anzu- 
nehmen sei. Aber diese abhandlung, welcher gelehrsamkeit 
und Scharfsinn nicht abgesprochen werden kann, wenn wir 
auch tiefere bcgründung der kühnen hypotbesen gar eu oft 
vermissen, hat, abgesehen von ihrem hauptzwecke, ein ho- 
hes interesse GXr uns, da sie mit steter berücksichtigung 
diesfälliger deutscher forschungen über das wesen der, wie 
hier angenommen wird, grofsentheils secundären verbal- 
wurzeln sich ausläfst und diese ebenso, wie die charactere 
der conjugation auf nomina agentis zurückführt, das nomen 
also im indogermanischen vor dem verbum existieren läfst. 
Was die bildung von secundären wurzeln betrifft, so sind 
bekanntlich eine nicht kleine anzahl derselben, wie nament^ 
lieh die auf -t auslautenden, als kit, djut u. a. längst 
von Benfey auf nomina zurückgeführt worden; Corssen 
hat manche lateinische verba mit stammauslautendem c 
von nomina auf -co abgeleitet und wohl die mehrzahl der 
deutschen Sprachforscher hat auch in der conjugation die 
Zusätze na, nu der sogenannten Specialtempora langeher 
als nominal betrachtet; aber herr Ascoli geht in beides 
beziehungen viel weiter und versucht mit steigender, wir 
möchten fast sagen, eigensinniger consequenz und mit bei- 
nahe zügellos freier behandlung der laute sogar den unter- 
schied der special- und allgemeinen tempora aufzuheben, 
anoh im futurum und sigmatischen aorist mit den verbaJU 



141 

zasätzen aufzuräumen. Nicht nur gibt es nach ihm keine 
primitiven wurzeln auf ä, was auch Schleicher u. a. an- 
nehmen, auch digenigen auf. i und u werden schliefslich 
auf ein nichts zusammenschrumpfen. Ich halte es für nicht 
unangemessen einen möglichst kurzen auszug der arbeit mit*- 
zutheilen, um des verf. anschauung und verfahren klarer 
zu machen. In §. 14 will der verf. durch anfQhrung von 
beispielen beweisen, dafs die meisten sogenannten wurzeln 
mit auslautendem -u und -i durch nomina agentis (?) aut 
-a-va und aja hindurchgegangen seien, so dru durch 
dra-va (drava-ti „laufend — er^. Dra finde sich mit 
einfachem gleichbedeutendem suiHx in dra-a-ti (dräti), 
mit suff. -ska in ötd^cc-axw^ mit skr. ma in dra-ma-ti 
(ä^i-^^B-i). Ebenso ja= da Si<a, ja-ma-ti, ja-kl£ha'ti, 
j.u = jav(a); giga-a-ti, ga-ma-ti, ga-kKha-ti, gu 
= gav (a) »iens", gäus. Mit verschiedenen Suffixen von 
derselben primitiven wurzel stammen gi „vincere^, gu 
„properare'^, wie dl, dida-ja-ti, du, und zwar ist diese 
WZ. ga = ga, welcher auch gnä d.h. ga-ana „durch- 
dringen^, erkennen und ga-n(a) „erzeugen, hervorgehen 
machen^ entspriefsen. Zu gi, gu cf. tar, türv; dhü, 
dha-va-ti liegt neben dba-ma-ti; vielleicht bha-a-ti 
neben bha-va-ti. Sind sru, snu schon doppelt abge- 
leitet? käa neben ksi (ksa-ya-) zeigt sich in ksa- 
-tra {76gd-Tog?\), Ein zweites ksi „ruhig verweilen** hat 
zur Seite käa-ja, ksa-a(ä), ksa-m(a), ksa-p(a), 
das dritte kgi „zerstören^ ein käa-ja, käa-nu-tai 
und ksa-da-tai {(f&ag-, icp&aQya, Qri (pra-ja-ti) 
stellt sich so zu kra-ma-ti, dessen primitiv in par, 
parana „ Zuflucht ** sich spüren läfst, zu kra-va, wo- 
her lat. crüs d. i. cravas, und gru in in-gruo, con- 
gruo (g SS k, wie in skr. sangräma „Schlacht^; bessen 
wären quadraginta etc. aufgeführt), (^i, paitai vergl. 
mit pa-d, cadere; pri mit pra-a^ti und kva-tha-ti; 
ml „perire** mit ma-ra, mar; nl. mit nätha und na-^ra 
„vir**, „dux**. Wie ml zu mar verhält sich smi zu 
smar, eigentlich beide „seinen sinn sehnsüchtig auf etwas 
richten**. So viel geht unseres dünkens allerdings aus dem 



142 SchwelEer-Sidler 

angef&brten, dessen Sicherheit freilich nicht immer dieselbe 
ist, hervor, dafs eine grofse anzahl der als einfach ver- 
zeichneten wurzeln wirklich • erst secundär sind , und dafs 
von diesen secundären manche auf verbalnomina beruhen, 
ohne dafs letztere jedoch nothwendig nomina agentis sein 
müfsten. 

§. 15. Solches ma enthält auch, was längst ausge- 
macht ist, lat. dor-mio *dra-m*ja-ti neben dra-a-ti^ 
wie tre-mo neben tra-sa-ti. ja als exponent von no- 
mina agentis wird aber doch nicht ohne weiteres durch das 
gleichartige -ju in ja^-ju u. s. f. erwiesen. Auch -ska 
soll ferner dieselbe function haben und dieses durch die 
gleichartigen -sja und -snu bezeugt werden, wie z. b. 
skr. mat-sja „trinker^ und lat. pi<scis (pa-sca) „trin- 
ker^ wesentlich dasselbe suffix haben. Das ist kaum zwei- 
felhaft, dafs dieses -ska dasselbe sei mit dem secundären 
i^cxo, dem baktrischen -^ka u. s. f., abergeben wir auch 
zu, dafs die inchoative und diminutive bedeutung ebenso 
des etymologischen grundes entbehren, wie in -ra und -ka 
der skr. diminutiva, so sind wir damit noch nicht berech« 
tigt ska als exponent von nom. agentis aufzufassen. Auch 
die WZ. i „gehen** soll ihrer ursprünglichkeit verlustig wer- 
den; denn sie scheint herrn A. aus aja(ti) hervorgegan* 
gen. Das primitive a finde sich in a-ö6a d. h. a-ska 
„gegen**, „zu**, geschwächt in i-KKh d. h. -i-sk. und das- 
selbe -ska erkläre uns nun aufs einSsichste prakkh neben 
pru d.h. pra-va-(tai) „er geht** (?) und plava-(tai). 
Das suflSx -ska gieng nun wieder in -äa über (ska, 
ksa, kSa, Sa), ein procefs, der gewifs nicht zurück- 
gewiesen werden darf Der verf. vergl. las (neben la- 
-la-ti) mit lasc-lvus, bhä-äa-tai mit fpa-axM^ skr. 
lä und ih mit ikkh, i-sk. Aber auch die suff. a, ta, ra 
(la), ka, na und endlich pa sollen nom. ag. bilden. Für 
na weist herr A. auf gina „siegreich**, die verwandten -ni, 
ana, nu hin. Dem sufBxe -pa, welches, wie gesagt, wie- 
der ein sufBx f&r nom. agentis sein soll, widmet der verf. 
einen längern abschnitt. Es ist ihm dasselbe -pa, wel- 
ches in manchen skr. causativa erscheint, aber durchaus 



anzeigen. 143 

nicht den causativen character in sich trägt. Das wird 
demjenigen, der Benfeys schöne abhandlang kennt, kaum 
damit bewiesen sein, dafs sar-pa-ti im wesentlichen das 
gleiche bedeutet als sar-a-ti, tar-pa-ti auf einer linie 
stehen soll mit tra»a-ti „halten^ dafs ksa-pa-ti ne* 
ben ksha-ma-ti, kal-pa-tai neben kar-a-ti, kr-pa- 
-tai neben kra-da-tai, tu-pa-ti neben tu-da-tai 
liegen. So verhalten sich auch *va-bha-ti, va-pa-ti zu 
va-ja-ti, gal-pa-ti zu gar-a-tai, stau-bha-ti zu 
"^sta-va-ti. Käi-p und ksi sind unter sich nicht weit 
entfernt, gleichbedeutend lup und lü. Ebenso stehe die 
Sache in {^ak-no-y welches sich auf derselben linie mit 
&BQ'0, ö'SQ-fiOf ind. ghar-ma, lat. for-mo, fer-v' be- 
finde. Nichts causatives lasse sich spüren in d^^yi^nvu oder 
in carpo, wenn sie einem dar, 9a r an die seile gestellt 
werden, nichts in öd-n^Tu) und seinen indischen genossen 
da-bha-ti, wenn sie mit da-a-ti, da-ja«tai vergli- 
chen werden; nichts in rgv-ni], tgvTidw im Verhältnisse zu 
Tsoi(a, TQVcOy oder in den germanischen dro-p (skr. dra- 
-p-sa), bo-p'-sa neben skr. drä, dru und bhl. Selbst 
in sta-bh, idTtra)^ ßXdnv(0 liege das causative nicht in 
dem p, sondern es könne entweder symbolisch in den 
übrigen elementen dieser formen ausgedrückt sein, oder es 
dürfe geradezu neutrale und active bedeutung in einer und 
derselben wurzel angenommen werden. Nichts folgerich- 
tiger als dafs nun herr A. versucht auch in den wirklichen 
causativen solches p als unwirksam darzustellen. In dä- 
-pajati habe -pajati gar keine andere bedeutung als 
(a)ja- in tärajati, demnach sei da-pa gerade so ein 
thetna wie tar-a. Er sieht in -pa etwas ähnliches al$ 
in griech. xa in den perfecten und aoristen. Wie pa 
regelmäfsig nur bei den sanskritww. auf -a erscheine, so 
griech. xa bei Homer noch blofs nach vocalisch auslau- 
tenden Stämmen. Um die folgenden zusätze besser aus- 
einander zu halten und die formen in gleiches mafs zu 
bringen, fügte sich in ähnlichen fällen der typus in pa 
oder in xa an statt des einfachen in -a. Solche forma- 
tionen, relativ neu, giengen von verben aus, in denen beide 



144 SchweizeivSidler 

typen existierten (da-a und *da-pa, Sanävt], &e€ nnd 
i^c-xß, fa-c-io), von .denen der nmfangreichere sieh spä- 
ter, wie es zu geschehen pflegt, auf eine besondere bestim- 
mung beschränkt, und die analogie drang nach und nach 
in die gleichartigen verba ein. Reiner zufall sei es, dafs 
gerade -pa das caussativum der verba auf -ä bilden half, 
wie das päjajati, sthälajati beweisen. Auch aufser 
der conjugation haben wir -pa -bha in us-a-pa, pus- 
-pa, dhü-pa = dhü-ma, rü-pa (vää-pa nach Aufrecht 
von vär), vielleicht in vräa-bha u. s. f. Da herr A. 
pa als ein ähnliches pronomen der dritten person meint 
fassen zu dürfen, wie solche in den suff. -a, «ta, -na 
u. s. f. vorliegen, so wagt er pa-ra als comparativ des- 
selben aufzustellen, das in dieselbe categorie mit i-tara, 
an-tara gehöre. Mögen wir auch mit dem verf. über 
die bedeutung des p in causativen verbis nicht einig ge- 
hen, 60 ist diese letzte freilich nur flüchtig hingeworfene 
bemerkung beachtenswerth. Wie para neben apara, so 
steht deutsches af, ab neben fona, pi inpidhäna neben 
api, kni, ob, ni neben kvi etc. 

§. 16. Da macht der verf. zunächst auf themaformen 
aufmerksam, die in doppelter weise an das vorausgegan- 
gene sich anknüpfen. Dip (daj^pa) hat neben sich be- 
kanntlich die Varianten div, dju, aus dem letzteren ent- 
sprangen djut und gjut, ans gju mit -ala gvalati 
nach analogie von sthala «s gv-ara*ti, von denen ein 
neuer sprofs, ein radical der fünften reihe vorliegt in 
gürv, gürvati d.h. da-|-ja-|-va-|-ra-|-va. Ein suffix 
-ta liegt vor in ja-ta-tai (Benfey's gramm. s. 75), nicht 
zu trennen von ja-m, ja-ska. Ohne tiefere begründung 
stellt der verf. diesem ein sa zur seite in ja-sa-ti, gra- 
-sa-ti, bhä-sa-tai neben bha-a-ti, ma-s, ma-mä-sa 
neben ma-a-ti^ bhja-sa-tai C^bhaj'-sa-tai), identisch 
mit bhl, dhar-ä, vergl. mit dha-ra-ti dha-a-ti, la- 
sa-ti und lal (lad), la-la-ti neben la-ska. Eben da- 
hin gehören die zum theile neuem formen rak-äa-ti, 
bhak-äa-ti, tak-sa-ti, uk-sa-ti, ccv^co. Conseqaent 
mufs nun der verf. behaupten^ dafs auch die desiderative 



anzeigen. 145 

mit dteaem ta+reduplication gebildet seien. Einem griech. 
da-^n-to entspreche in der bildung ganz skr. dra-p-sa. 
Bei anlais dieser themabildung tbeilt herr A. in einer note 
kurz seine ansiebt über die griechischen verba auf -roi 
mit. Das griechische hatte von anfang an aufser den ver*. 
ben^ in denen unser suffix permanent blieb oder dann zu 
sa herabsank, andere, in welchen es nicht durch die ganze 
conjugatiou gieng {Sdn^ro" cf. tix-riov, Ütsxov). und wie es 
den bildungen mit -na gerne ein weiteres ja binzuf&gte 
{ßa^vjwy ßaipw, ixviofjuxi)^ ebenso setzte es bei seiner 
besondern neigung zur gruppe nr (nrohg, miQva) häufig 
hinter secundfires pa (;r, (p, ß) noch ra hinzu, während 
die gruppen -p'ja, p'na nicht aufgekommen oder nicht 
geblieben sind; manches pHa, nWo mag auch für ur- 
sprflngliches xVo stehen. Also eine derjenigen von Kuhn 
und Ebel ganz entgegengesetzte ansieht, ohne dais sie firei- 
lich selbst hinlänglich bewiesen oder jene mit schlagenden 
gründen widerlegt wäre. Indem endlich noch -ja zu pUa 
hinzutrat (vgl. ^mV<-«, dstpio) = *da-p-t'-ja) durfte 
daraus -aaü (tto) hervorgehen: nin^v^Wy niaao). Im latei- 
nischen finde sich -to in plec-to u. s. f., als -do (vergl. 
sogleich) in fen-do, ten-do. Aber zwischen zwei vo- 
kalen habe t in d sich erweichen können — eine wenig- 
stens noch nicht streng erwiesene annähme — , daher nun 
käa-da, ^a-da, tu-da, kra-da, Khid' (cf. khä) khad', 
Khäd'-aja-ti neben sku d. h. ska-va, dessen primäre 
Wurzel durch ]£ha-da = ska-ta und skä-jä in Khä-jä 
gesichert sei. Auf ska-va ffthrt der verf. Kha-vi zu- 
rück, welches er mit daxog d.h. ä-ska vergleicht. End- 
lich soll dieses -ta auch als -dha erscheinen in mar-dh', 
ju-dh^ (ju = ja-va, jam\ ja-ma). Als analogien 
fahrt er an par-d, kar-d, ^ar-dh, für die aspirierte 
tenuis: prathama, artha(ardh, ar^, arkh), pat, path, 
päd; uktha; die suff. atha, athu und eine menge bak- 
trischer Wörter. Diesem dha stehe gleich t^o in Sga'&o 
{dag'&'dvu)) fAa-&o, ipta&ov^ obgleich der verf. nicht läug- 
nen vrill, dais die verbal wurzel iS'c in manchen thematen 

Zeitschr. f. vgl. sprftchf. XVI, 2. 10 



146 Schweizer-Sidler 

und in einem theile der eonjugation wahrscheinlicher sei 
als unser snffix, so in ßagih&w, Tv<f'thj<ro/Aai u. s. f.; oft 
aber sei verbalwurzel und suffixales &o zu trennen un- 
möglich, z. b. in (pXeyi&oo u. ä. Das thema (u-l£ neben 
9vi-t führt herrn A. auf suff. -ka, griech. -xo, das im 
Sanskrit als ka und 9a erscheinen könne: so in jä-ka-ti 
neben ja, in bhr-^a neben bhar-a, fre-qu-ens eigentl. 
= ferax, kar-^, kru-9 neben kr-pa-tai, kran-da-tai, 
dem sich ru-d anschliefst, var-^, dä-^, va-9 neben vi 
= va-ja-ti, dar-9 neben dar „spalten^, distinguere, 
aver riguardo, dar-pana „Spiegel^. Aber wie ta in da 
übergeht, so ka in ga, ga (vgl. skr. agra == äx^o)^ so 
in ju-ga, ju-^, ja-^ vergl. mit jä-k, ar-^a-ti, vra 
-^a-ti vergl. mit var-ta-ti, var-g arcere mit var-a- 
-tai, püg-aja-ti mit pü, la-ga-ti mit ll == la-ja, 
tu-ga-ti mit tu-pa-ti, tu-da-ti, tu d.h. tava, va- 
lere. Dahin vielleicht auch tu -9. 

§• 17. Noch bleibt als zehntes suffix na (nu) übrig. 
Vgl. ma-nu-tai, ma-na-ti mit ma-a-ti; bha-na-ti, 
ved. bha-na*ti mit bha-a*ti; pr-na-ti mit pra-a-ti, 
par, pi-par-ti, pri d.i. pra-ja; selbst par, meint A., 
dürfte auf pa-ra, pa „ernähren" zurückgehen. Berück- 
sichtige man das verhältnifs von i, ajati zu in, i-nau-ti, 
i-nu-a-ti und von ar, Ir zu 3()-w/i«, und von ja zu i'i?,«* 
und von sar zu sar-ga-ti, so könne man sich nicht 
scheuen in ga-n, ga-gä-na ein aus wurzel ga abgeleite- 
tes thema zu finden. Dahin gehöre auch käa-n, ksa- 
-nau-ti von wz. käa in ksa-ja, käa-ta. 

Mit §. 18 geht der verf. dazu über die bisher behan- 
delten Suffixe im Verhältnisse zu den characteren der im 
indogermanischen angenommenen verbalclassen zu betrach- 
ten. Ihm ist der classencharakter ein theil eines Suffixes 
für nomina ag. oder ein ganzes solches suffix, worin er zum 
theil mit Friedrich Müller übereintrifil. Es ist nur 
strenge consequenz, dafs 1) diese Charaktere nur ein be- 
scheiden theil des grofsen Systems sein sollen; dafs 2) die 
verschiedenen präsensthemata in ihrem .Ursprünge keine 
normal unter sich verschiedene bedeutung gehabt haben; 



anzeigen. 147 

3) daüs die Scheidung in specialtempora und allge- 
meine nicht für ursprünglich gelten dürfe. 

In den verbis der ersten conjugation und den einfa- 
chen der sechsten tritt das suf&x entweder unmittelbar an 
den wirklichen primärstamm, oder es geht ihm ein conso 
nant voraus, welcher eigentlich einem der oben behandel- 
ten sufSxe angehört. Im ersteren falle mischen sich die 
verba dieser kategorie mit einem grofsen theile der zwei- 
ten und dritten: pa-a-ti, da-da-a-ti, im zweiten und 
viel häufigem finden wir da eine grofse zahl der ältesten 
mehr oder minder klaren verbalklassen vereinigt: ga- 
-ma-ti, ga-va-ti, ja-ta-ti, gra-sa-ti, käa-ja-ti, 
dhar-sa-ti u. s. f. Mit rücksicht auf den ersten der bei- 
den falle geht der verf. in einer anmerkung in eine län- 
gere erörterung ein. Von den ungefähr 70 verbalstämmen 
der zweiten conjugation gehen abgesehen von daridrä 17 
auf ä, 5 auf i und 13 auf u aus (d. h. a+a, aja, ava). 
Von den ungefähr 20 verbalthemen der dritten conjugation 
gehen 8 auf ä aus, und da-dhäti ist da-dha-a-ti etc. 
Bei den übrigen der zweiten und dritten conjugation, de- 
ren ungefähr 50 im ganzen sind, gegenüber nicht minder 
als 1000 der ersten und sechsten, finden wir dieselbe zu- 
sammenziehung permanent, welcher wir in gewissen thei- 
len der conjugation auch der ersten classe nur theilweise 
begegnen: ad-mi : *ad-a-mi = kart-sjati : *kar- 
-ta-sjati. Die ausgedehnte contraction bei der zweiten 
conjugation rührt fast immer her entweder von den häu- 
figen und abschleifenden gebrauch des betreffenden ver- 
bünd oder läist sich durch die reduplication erklären. Die 
sogenannte dritte classe hat mit ausnähme des typus da 
bildungen , die um eine volle silbe länger waren als .die 
gewohnlichen, und es fiel -a aus. Cf. tiTim^fiai neben ti- 
TVTta u. s. f. Die spräche der veden widerlegt diese an- 
sieht nicht und die classischen sprachen stützen dieselbe. 
G^enüber Benfey äufsert herr A., dafs einer entarteten 
conjugation natürlich die einheit fehle. Den grund des 
Schwindens des suffixvokales in einigen der allgemeinen 
tempora, in welchen zwischen das nomen agentis und die 

10* 



148 Schweizer-Sidler 

personalenduDg ein neues element tritt, sieht der verf. ein- 
fach darin, dafs das zweisilbige thema sich, wie gewöhn- 
lich, vor neuer snfBxierung zu einem einsilbigen kerne zu- 
sammenziehe. Im einfachen aorist dagegen und selbst im 
ursprünglichen perfectum möchte sich eine ähnliche Ver- 
kümmerung kaum zeigen. Im perf. haben wir sogar noch 
-am in dem -äu von da-däu etc., welches &u nach ana- 
logie des. einfachen a nachher auch in person III über- 
gieng, und im griechischen a = am in Ti-rvna und in 
der dritten person -€ d. h. at. Aber es bereitet sich eine 
Unterscheidung zwischen specialtempora und allgemeinen 
tempora allmählich vor. Der typus -ska konnte die ge- 
sammte conjugation durchziehen, beschränkt sich aber meist 
auf die specialtempora, eine beschränkung, die freilich nichts 
anderes heifst, als dais sich im augmentpräteritum ein so 
schweres sufBx mit einem andern derselben bedeutung ab- 
gefunden hat: a-ga-ma-t, aga-a-t. Im reduplicierten 
perfectum blieben in der regel nur die leichtern formen. 

In einer anmerkung äufsert der verf. die, wie er selbst 
andeutet, durch kühne consequenz hervorgerufene vermu- 
thung, dafs auch der sigmatisierte aorist nichts anderes 
sein möchte als eine bildung mit secundärem -ta*a-dik^- 
-ta-ti, adikshat, wie ""a-dhä-ka-t, üd-t^xe^ meint aber 
doch, dafs bei der grofsen lautlichen ähnlichkeit das im- 
perfectum von wz. as allmählich sich damit vermengt 
habe. Zuletzt mufs auch das element sogenannter fat. au- 
xiliare wohl eigentlich ein suffix -sja, identisch oder min- 
destens sehr nahe verwandt mit ska sein, cf. Khait'- 
sja-ti mit ^es-scunt, escunt im lateinischen. Der 
▼erf. selbst ist, wie wir sahen, über seine hypothese etwas 
erstaunt und flihlt, dafs er sich nun jedenfalls hier ganz 
isoliert finde. Die lautlichen processe, die er statuiert und 
die vergleichung der verwandten sprachen, das lateinische 
u. s. f. thun harte einspräche. 

§. 19. Die Charaktere der vierten, fünften, sie- 
benten und neunten classe unterscheiden sich von den 
bisher behandelten nur durch ihr relativ jüngeres alter, 
d. b. sie sind meist schon secundären bildungen angehörig, 



anzeigen. 149 

also gleichaltrig mit drapsa, gürva etc.; es folgt dem- 
nach das Suffix meist auf einen andern vokal als - a oder 
auf einen consonanten, wie däm-ja, dip-ja, du-nu 
u. 8. f. Und nicht selten wechseln die Suffixe. 

Die geschichte der yerbalclassen mit einem nasalsuf- 
fixe (IX, Vn, V) läfst sich nach A. auf folgende weise 
herstellen. Aehnlich dem thema ma-na, ^a-ana *ak- 
-ana hatte man mit secundärer formation badh-ana, 
stabh-ana. Und dieses -ana ist, freilich als -&na, ge* 
blieben in den imperativen apäna, badh-äna u. s. f. 
einem vokative des nomen agentis. Der verf. legt nach- 
druck auf das vedische iö-ana, auf -n& von conj. IX, 
auf äja (aja), welches, gleiches mafses, in den veden mit 
n& wechselt, auf die griech. parallelen ala&dv(o u. s. f., 
auf die iranischen parallelen: das zend. ^p&na för ^va- 
ja(ti) des sanskrit; vgl. xvaivw d.i. xvav-jiOj im armeni- 
schen mer-ani-m, das neupers. caussativum. Durch die 
leichteste contraction werde badh-ana zu badh-nä, wie 
dhama zu dhmä oder man zu mnä. Aber in den so- 
genannten allgemeinen tempora wurde der consonant des 
Suffixes durch metathesis interniert, wie in hrndi u. s. f. 
för hrd-ni, während der vokal sich entweder als kürze 
erhielt (ba-bandh-a) oder bei neuer suffixierung fiel 
(bhant-syati). Diese gestalt konnte auch in die Wort- 
bildung dringen und ebenso konnten formen der ersten 
conjugation daraus hervorgehen. Trat einmal diese stufe 
der Verkürzung in die specialtempora, wie in vind-a-ti, 
so mufste sich dieselbe consequent in den allgemeinen 
tempp. wiederum um -n- erleichtem (vi-vida-i, alim- 
pam, alipa-m). Tritt aber das ganze suff. -na in die 
Wurzel, so liegt nur die siebente conjugation vor. Vergl. 
auch tu-d\ tudara, turd, trud. Beachtenswerth ist's, 
dafs unter den 25 verben der 7ten conjugation 20 auf eine 
palatalis oder auf einen der palatalis verwandten laut aus- 
gehen. Die wenigen verba der achten conjugation sind 
nom. ag. mit suff. nu (&= na)>der primärbildung, dagegen 
die der fünften secundär. In den allgemeinen tempp. 
kann sich auch hier das n oft nicht geltend machen. Herr 



150 Schweizer-Sidler 

A. erklärt uns in diesem paragraphen nirgend das eigent- 
liche verhältnifs von -ana zu -na. 

In §. 20 kommt der verf. auf die vierte conjugations- 
classe. Deren ja steht zu dem suff. -ja in a-jati u. s. f. 
in demselben Verhältnisse als na von badh(a)na zu dem- 
jenigen von ma-na. Es fehlen auch nicht beispiele der 
primären formation, in welchen der typus a-ja uncontra- 
hiert bleibt: da-ja-tai : da-a-ti a» gamati zu ga- 
-a-ti. Ein accessorischer typus, auch dieser uncontra- 
hiert, ist repräsentiert durch dhai (dhä), dha-jä-ti 
(a-dha-at) u. ä. Die contraction konnte auch zum Ver- 
luste des Stammauslautes fahren: d^ja-ti und umgekehrt 
ein verlängerter typus eintreten: ga-aja-ti. Während 
nun pja-aja-tai das ja über die specialtempora hinaus 
ausdehnt, so haben anderseits die typen dha-ja-ti, 
Kh-ja-ti, ga-aja-ti aufser den specialtempora die ein- 
facheren formen kha-a, dha-a, und so nun besonders alle 
secundären, wie ^ram-ja-ti, a-^ram-a-t. Das -ja der 
vierten classe hat keine ursprünglich passiva bildende kraft. 
Es ist richtig, dafs die vierte classe den charakter mit 
dem passivum gemein hat, und wahr, dafs die verba der 
vierten conjugation meist intransitiv sind. Aber zu dem 
schon bemerkten treten noch folgende thatsachen: 1) in 
den allgemeinen zeiten fehlt dieser charakter der vierten 
conjugation und dem passivum; 2) in den europäischen 
sprachen fehlt dieses passive ja; 3) gibt es besonders an- 
ter den primären viele verba transitiva, wie k«a-ja-ti 
u. s. f. Man darf demnach schliefsen, dafs im sanskrit- und 
baktrischen passivum, wie im griechischen, die passivbe- 
deutung oder eigentlich die reflexive allein auf den per- 
sonalendungen beruhe; 4) dafs, wenn das sanskrit nur in 
seinem passivum in den allgemeinen tempora einen typus 
von I, 6 neben dem von 4 in den specialtempora zeigt, es 
in dieser neuerung der analogie von allen secundärformen 
folgt; 5) dafs die wähl des Charakters -ja mehr zufällig 
bestimmt wird durch das Vorhandensein einiger intran- 
sitiva, die mit demselben sufBxe gebildet waren. Es soll 
endlich auch -aja der Xten nichts selbständig caussatives 



anzeigen. 151 

in sich habe». Nie mangelten verba, die zugleich intran- 
skire und transitive bedeutung in sich trugei!i. Aber zwi- 
schen zwei oder drei formationen von ursprünglich glei- 
chem wertbe, wenn sie sich bei einem und demselben ver- 
bum der art einstellten, wurde für die expansive bedeu- 
tung auch die expansive form, beliebt und allmählich al- 
lein gebräuchlich. Das symbolische dement spielt, meint 
A., in den sprachen seine bedeutende rolle. Es wird nicht 
uninteressant sein mit dieser darstellung der caussativa die- 
jenige von Leo Meyer zu vergleichen. 

§.21. Bei dem gröbsten theile der themata von pri- 
märer formation war schon in der ältesten zeit das be- 
wufstsein der accessorischen natur des suffixes verschwun- 
den. Daher rühren die lautlichen weabsel, die sie erlei- 
den: kar-^a, jä-ka, ja-ga u. s. f.; daher die Verschie- 
denheiten der bedeutung, die sich natürlich bei der zufäl- 
ligen Verschiedenheit derselben Substanz entwickelten,- da- 
her das verfahren, nach welchem ähnliche typen zu wei- 
tern Verbindungen im verbum und aufser demselben hin- 
zutreten (sarp-aja, jud-dha etc.). Aber die lebensfä- 
higkeit des accessorischen dementes scheint da noch durch, 
wo gewisse primäre das eigentliche sufBx abzulegen schei- 
nen oder einen Wechsel mit gleichaltrigen und gleichbe- 
deutenden Suffixen zeigen. Vgl. ga-aja-tai, woher gäja, 
welches mit ga-na wechselt und uns so ein kostbares pri- 
märes beispiel bietet des doppelten ausdruckes, der bei der 
neunten classe im veda fast regelmäfsig wiederkehrt; vgl. 
ferner kh-ja u. ä., die in der conjugation mit kha-a 
u. s. f. wechseln, dann ksa-a, parallel mit käa-ja, 
ksa-ma. Diese beispiele^schlie&en sich auffallend an jene 
Specialkategorie von secundären bildungen, auf die sich die 
classen IV, V, VII und IX gründen, und welche anfäng- 
lich rücksichtlich der Sensibilität des Suffixes sich scharf 
von der primären kategorie zu unterscheiden scheint. Wie 
bei den typen ga-na und kh^ja, so handelt sichs bei 
den bezeichneten classen einzig um ein schwaches sufBx 
(ja, na), dessen lautliche qualität es deutlicher als acces- 
eorisch zeigt und der metathesis oder einer Verkümmerung 



152 Schweizer-Sidler 

aassetzt: '^jug-ana geht in der conjagation bis auf *jttg-a 
zurflck, und von diesem typus aus hat man den keim zq 
weiteren ableitungen (yuk-ta). Zu ähnlichen wurzelfank* 
tionen konnten die typen der art wie du-nu nicht passend 
erscheinen, wo aufser dem verbum noch ein einfacheres 
existierte, wie da-va, Vorläufer von du. Dals dann sei- 
nerseits das suffiz von badh-na nach allgemeiner ana- 
logie den schein von wurzelhaftigkeit annehmen konnte, 
zeigt sich deutlich genug an den regelmäfsigen participial- 
formen badhnant, badhnäna. 

§. 22. Der verf. mufs nach air diesem annehmen, 
dals in den arischen sprachen das nomen vor dem verbum 
existiert habe. Nach ihm entfaltet das arische verbum ein 
weites und zusammenhangendes System von formen eines 
nomen agentis. Anders Schleicher, der annimmt, derselbe 
stamm liege dem nomen und verbum zu gründe und ganz 
entgegengesetzt Benfey, der das nomen vom verbum ab- 
leitet, und zwar soll nach seiner theorie die dritte person 
pluralis das participium erzeugen und dieses seinerseits eine 
reiche quelle der nominalbildung werden. A. meint, diese 
aufserordentliche ähnlichkeit zwischen dem participium z. b. 
baudhant und der dritten pers. plur. (baudhanti) mQsse 
entweder daher kommen, dafs sich da zwei homophone ex- 
ponenten finden, seien diese auch historisch noch so ver- 
schieden, oder vielleicht eher daher, dafs die dritte pers. 
plur. praes. das einfache participium pluralis ist, wie ja 
eine ähnliche erscheinung sich findet in dem einen sans- 
kritfuturum und wie die dritte person sing, des perfeetums 
mit abzug der reduplication das reine ursprüngliche nomen 
agentis ist. Ist das letztere richtig, so wäre es nicht un- 
möglich, dafs das pluralzeichen hier jenes selbe wäre, wel- 
ches wir in tai, sarvai finden (thema: -anta, n.pL-an- 
tai) nachher im medium allein bleibend, wie es auch nicht 
unmöglich wäre, dafs -[a]täm das alte am des dnalis 
zeigte, dem ein singularisches -ä-m entspräche. 

Vorstehende Untersuchung ist agch nicht unwichtig 
fbr den ältesten lautbestand des arischen. Nicht nur schwin- 
den manche u und i, die auslauten, der verf. gibt ein ver- 



, anzeigen. 153 

zdcbniifi von mit u und i anlautenden oder sie in ihrem 
innem bergenden Wörtern, in welchem die entstehung aus 
a ebenfalls nachweisbar sein dürfte: Irma, lat. armus, 
got. arm-8, wz. ir neben ar, ikS neben akäa, akdi, 
ifi:h neben *ask, ür^ neben arg^ ukä neben got. vahsa, 
ubha a^qpo), und ud udan got. vatö, uru, compar. 
▼arijäs, kirn neben kas, im zend yim statt yam, 
rud == krand, cf* kru-dh, käip neben kdap, zend. 
Tip neben skr. vap, kürna neben Kary, khid neben 
Khad, ksad, giri neben afghanisch ghar etc., skr. 
guru neben garijäs, dirgha, zend. daregha, tul ne- 
ben tal, taXavTQv^ di^ neben da^, dä^, pur neben par, 
kur neben kar u. s. w. 

In §. 23 geht schliefslich der verf. auf eine Verwen- 
dung seines fundes für das semitische ein. Auch im se- 
mitischen soll der angenommene zweite radical seinem Ur- 
sprünge nach nichts anderes sein als der exponent eines 
nom.ag. In den semitischen themata sakhata occidere 
ragala, ragada saltare sind die endungen: -ata, -ala, 
-ada einfache sufBxe, vergl. die arianischen skata, ra- 
ghana; dann kar-ä und kar-ata mit arischem kar-a, 
kar-ta. Ein gad-apha, gad-ara, gad-ama sind in 
ihrem suffixe kaum verschieden von käa-pa, k^a-ra, 
kda-ma. Das vollständige zweisilbige sufBx findet sich 
auch im arischen gv-ala, badh-äna, badh-äja. Die 
Semiten zogen diese form vor und giengen weiter als die 
Arier in der befestigung des Suffixes. Auch das läugnet 
der verf., dafs der uofeste vocal das semitische vom ari- 
schen gründlich scheide; es seien z. b. in bad-ala, dem 
hauptausdrucke des semitischen verbums, die ursprüngli- 
chen und stätigen vocale zu sehen. Selbst den letzten ein- 
wurf, den man gegen eine Verwandtschaft der arischen und 
semitischen sprachen macht, dafs nämlich das arische wort 
sich nur durch suffixe bilde, das semitische durch suffixe 
und präiixe, selbst diesen sucht herr A. dadurch zu schwä- 
chen, dafs er statuiert, die trennung dürfte eingetreten 
sein, ehe sich das pronomen mit dem nom. ag. so innig 



154 Schweizer-Sidltr 

verbunden hatte und daraus das wahre verbum entstan- 
den war. 

H. Sehweizer*Sidler. 



Ganz kurz können wir ßXr unsern besondem zweck 
uns fassen in der anzeige der schrift „die dorische partikel 
KA^ von Hugo Weber. Halle, vorlag der buchband* 
lung des Waisenhauses, 1864. Der verf. weist hier mit 
schlagenden gründen nach, dafs der dorische dialekt statt 
der epischen formen xivj xi^ x* nur die ursprönglichern 
xdv^ xd, X* gekannt habe, und dafs der vokal dieser par- 
tikel immer kurz gewesen sei. Zu einer klaren erkeont- 
nifs der form xdv, welche mit ausnähme des im griechi- 
schen auslaute för m nothwendig eintretenden v vollständig 
dem skr. kam entspricht, fQhrte eine 1859 entdeckte, in 
Deutschland von Bergk und Michaelis behandelte tegeati- 
sehe inschrift aus vorrömischer zeit. Dieser fand wird 
von Herrn W. benutzt, um eine menge von Verderbnissen 
in Theokrits idyllen und andern dorischen quellen au&u- 
decken und aufs ungezwungenste wegzuräumen, ein vorge- 
hen, bei welchem auch manche treffliche syntaktische be- 
merkung hervorspringt. Die eingeschlagene . methode ist 
aufserordentlich umsichtig und besonnen; sprachliche und 
sachliche momente werden mit der lobenswerthesten ge- 
nauigkeit und mit reifem Verständnisse geprüft. Neben 
den dorischen formen unserer partikel untersucht der verf. 
auch diejenigen anderer dialekte und erweist s. 19 f&r 
das äolische als ursprünglich VoTorr, *oTav {oxav, oxa) *aA- 
lotav. Anhangsweise werden einzelne stellen des Theo- 
krit, in welchen die partikel xdv nur theil weise mitspielt, 
kritisch beleuchtet und erklärt; gelegentlich finden sich 
auch etymologische auf klärungen, wie über 17V = en u.s.f. 

H. Schweizer-Sidler. 



anzeigen. 155 

De vocabulorum compositione Graeca praecipae Aeacbylea. Dissertotio in- 
angnraliB. Anctor Jos. Sänne g. 31 ss. Balis Saxoniun 1866. 

Wer den ungeheueren reichthum und die bunte ma- 
nigfaltigkeit der griech, composita, sowohl in beziehung 
auf ihre bedeutung als auch ihre form^ einmal ins äuge ge- 
fafst hat, der wird sich sofort sagen, dafs auf 31 Seiten 
nicht viel darüber wird definitiv ausgemacht sein können. 
Demgemäfs finden wir in der vorliegenden abhandlung über- 
wiegend widerstandslose anlehnung an die resultate anderer 
forscher, dazwischen dann eingestreute eigne vermuthun- 
gen, noch dazu meist ohne jede begrOndung. Ja ich kann 
nicht umhin den 2ten theil der abhandlung, der die förmig 
tion der composita behandelt, geradezu für stellen weis 
confns zu erklären und zu bezweifeln, dafs der Verfasser 
selbst eine bestimmte und in sich consequente ansieht fiber 
die verschiedenen schwierigen bildungen, die er zu berüh- 
ren hatte, gehabt hat. Fast glaube ich das richtige ge- 
troffen zu haben, wenn ich behaupte, dafs der Verfasser 
ursprünglich an engere grenzen gewöhnt, dann plötzlich 
durch Justi zu einer ungeheueren weite des ge^chtsfeldes 
übergeführt, eben weil er die weite nicht bemessen konnte, 
bald über das ziel hinausschofs , bald im alten hängen 
blieb. 

Im ersten capitel über die bedeutung der nominal- 
composita acceptirt der Verfasser die eintheilung von Cur- 
tius in die „nur so hingestellten drei hauptarten^ (s. erläut. 
z. schulgramm. p. 148) karmadhäraya , tatpuruda und ba- 
huvnhi , ohne tiefer zu graben. Gegen Justi (über d. zu- 
sammens. d. nomina in d. indogerm. spr. p. 80. 101) macht 
er p. 6 geltend, dafs die^beispiele griecfa. dvigu (collectiva!) 
als neutra von adiectiven der possessiven compositionsclasse 
oder als derivata davon aufzufassen seien. Eine schwie-. 
rigkeit liegt nur darin , dafs unter den skr. beispielen die- 
ser klasse viele sich einer solchen zurückführung auf bahu- 
vnhi-composita nicht gut ftkgen (z. b. panttägni, trilokf etc.). 
Berücksichtigt man dabei noch die menge der collectiva 
unter den dvandva, die ganz analog geformt sind, so wird 
man hier die Wirksamkeit eines besonderen bildungsprincips 



156 Bödiger 

anerkennen müssen, dessen Torhandensein in dem verwand- 
ten griechisch (zum mindesten als mitwirkend) nicht so 
ohne weiteres zu leugnen ist. Jedenfalls, glaube ich, wird 
man nicht geneigt sein vvx^w^QOv (cf. neugriech. cv8^ 
yvvov) mit dem Verfasser ebenfalls unter die classe der 
bahuvrihi zu stellen, wenn er auch auf p. 4 schreibt: Arcte 
compositorum propriae potestati parum consentanenm.eBt, 
utramque partem {naga&euxwg) eodem uti significationis 
genere. 

Die erklärung der bahuynhi-composita aus der poeti- 
schen figur pars pro toto (p. 9) ist wohl nicht die richtige, 
so scheinbar die sache im deutschen aussehen möchte, denn: 
der ausgangspunkt scheint zu eng f&r die höchst verbrei- 
tete compositionsweise, vnr kommen nur auf selbständige 
substantiva, nicht adiectiva, alle bahuvrihi mfifsten auf äl- 
tere determinativa zurQokgeftkhrt werden, was der Verfasser 
selbst auf p. 7 zurflckwei^t im hinblick auf die überwie* 
gende bildung dieser composita aus adiectivum und sob- 
stantivnm „quae quidem compositio in duobus aliis generi- 
bus fere inaudita est^. Vielleicht kann gegen diese letz- 
tere ableitung auch angeführt werden, dafs bei Homer die 
zahl der den beiden anderen klassen angehörigen compo- 
sita gegen die possessiva auffallend gering ist, woraus ich 
die folgerung ziehe, dafs die letztere compositionsweise die 
ältere ist, die dann die andern an sich wenig nützlichen 
arten der composita nach sich gezogen hat. 

Dafs sich in dem 2ten theile der abhandlung viel Un- 
klarheiten, Widersprüche und leichtfertige lösungen unbe- 
grifiener Verhältnisse finden, ist schon gesagt. 

Der Verfasser verwirft die ansieht derer, die den bin- 
devocal „acceperunt ac si mero connectendi munere fungere- 
tur^, ebenso Justi's meinung (zusammens. p.62, der übrigens 
zweierlei nicht recht verträgliches in eins versch weifst), 
es sei der bindevocal = ä der skr. praepos. mit der be- 
deutung: nimm hinzu; nun sollte man denken er werde 
ihn als stammbaft und aus älterer periode erhalten zu er- 
weisen suchen, und demgemäfs behauptet er auch p. H* 
Veteres linguae ita sunt in Universum comparatae, ut a 



anzeigen. 157 

primo initio stirpes in vocales tantummodo exiisse putcs, 
gleichwohl aber will er sich auch Grimm anschliefsen, der 
doch den bindevocal f&r einen wesentlichen exponenten 
jeder ächten composition hielt! Soll vielleicht jenen voca- 
lisch ausgehenden wortst&mmen irgend ein Stempel (ich 
weils nicht wie) aufgedrückt gewesen sein der nur durch 
sie die compositio als «justa^ erscheinen liefs? Doch wir 
brauchen uns mit derlei nicht den köpf zu zerbrechen^ denn 
(p. 19) ^quod adhuc stirpes in vocales cadentes semper 
praesto (I) fuisse Graecae compositioni demonstravimus, inde 
non efficitur, ut stirpes in consonas exeuntes ad synthesin 
adhiberi non potuerint^ (also ist der vocalische auslaut doch 
nicht unumgänglich!) und p. 20 heilst es: ,,quo tempore 
stirpes aut in vocales aut in consonas prout ferebat neces- 
sitas adhibebantuT) tum compositio floruisse putanda est^ 
(hier sieht es fast so aus als hätte die spräche immer zw«i 
arten von stammen bereit gehabt, um je nachdem immer 
den einen oder andern zu verwenden). Die endvocale der 
Stämme aber sind nach herm S. auch nicht etwa als un- 
wandelbar fest zu betrachten: nein, sie wechseln evitandae 
ambiguitatis causa. Wunderbarer weise auch da, wo man 
glauben sollte, es sei schon durch verschiedene quantität 
einer Verwechselung vorgesehen z. b. in nvQKfOQoq und nv-^ 
QOifOQOQ (not. 33). 

Der glanzpunkt der dissertatio liegt aber, wohl auch 
nach des herm Verfassers meinung, in der auseinanderset- 
zung über die mit d-^og zusammenhängenden simplicia und 
composita. Hr. S. geht von Q^vSorog^ Qevyvig aus, deducirt 
daraus einen stamm &qf (s. Curtius gr. et. II p. 95). Des- 
sen endconsonant jr geht dann in a über in ä'icxelog, d-€- 
aniöiog etc., da auch in Boanogog (sss Bqfnogog) derselbe 
Übergang vorliegt und niemand behaupten wird „quod licet 
bovi non licet Jovi^. Die andern beispiele sind ebenso 
überzeugend &if(Oj &ita: ß'icaaa&ai ss (zu hilfe) eilen: zu 
hilfe rufen, folglich &iaaaa&ai aus &if(a quod erat demon- 
strandum. Nun ist alles klar, in &$60doTog steckt ein ge- 
netiv u. s. w. u. s. w. Rieh. Bödiger. 



158 R5diger 



0e6g, &^axeXog, &^aq)aTog, Q-eonioioq etc. 

Trotz der eifrigsten anstrengungen und der manigfal- 
tigsten versuche der Sprachforscher hat man sich noch 
nicht über die etymologie von ß^eog und sein verhältnifs 
zu ß'iaxzXoq^ &ia<paTog u. s. w. einigen können. Ich wage 
also eine neue, oder, wie ich jetzt weifs, doch nicht ganz 
neue ableitung von &£6g und eine andere erklärung des 
eben bezeichneten Verhältnisses. 

Curtius gr. etym. 11, 95 — 97 hat, wie ich meine mit 
recht, die von Schleicher geforderte trennung des griech. 
&$6g von der wz. div, Sif weiter begründet und ebenso 
mit recht auf die Schwierigkeiten aufinerksam gemacht, die 
einer ableitung von wz. &v (Schleicher) oder einer identi- 
ficirung mit skr. dhavas (C. Hoffmann) entgegenstehen; aber 
auch die von ihm vertheidigte zurückf&hrung auf wz. &e(f- 
kann ich nicht für haltbar erachten. Denn abgesehen von 
der unbefriedigenden erkiftrung der composita &iaxBh>g^ 
9iü(faTog etc. aus ß-BCoxtXog^ &$a6(paTog etc. kommen wir 
bei dieser etymologie in argen conflict mit den dorischen 
formen aiog^ aid etc. die an stelle des attischen e ein i 
au£seigen. 

Meine ansiebt geht dabin, dafs wir &s6g auf wz. ä^s 
(ri&fjfii) skr. dhs zurückzufahren haben und denselben ge- 
danken hat, wie ich nach festsetzung meiner ansieht aas 
Spiegel Avesta I p. 6 anm. ersehen, schon F. Windiachmann 
gehabt. Nur habe ich nicht ausfindig machen können, ob 
sich Spiegels angäbe auf eine schriftliche darlegung be- 
zieht. Was mich zuerst zur Verfolgung des gedankens an- 
trieb, war eine stelle bei Herodot II, 52 : y,&Bovg dk nQogr 
iovofjiaadv (sc. ol üekaayoi) atpaag äno rov voiovrovy on 
x6af/iq> ß'ivTBg rä ndvta nQtjyfMCTa xal ndöag vofidg elx^v*^- 
Diese stelle kann auch dazu dienen etwaige, wohl kaum 
zu erwartende bedenken gegen die bedeutung „schöpfer^ 
zu beseitigen, da sie zum wenigsten beweist, dafs den Grie- 
chen bei &B6g kein anderer wortstamm eher einfiel als ri- 
^fjfiiy und dafs ein Zusammenhang mit Zeifg, Jiog^ in dem 



miscelle 159 

immer noch der begriff des glänzenden himmels durch- 
scheint, ihnen ganz fern lag. 

Die laconischen parallelformen zu attischem &s6g, &ed 
nämlich aiog cid und cretensisches &i6g (Ahrens dial. Dor. 
p. 66. 121) weisen an stelle des att. e ein i auf und, da es 
nicht zweifelhaft sein kann, welchem der beiden vokale die 
gröfsere ursprünglichkeit zuzusprechen sei, so werden wir 
Oeog auf älteres &i6g zuröckzuf&hren haben. (Man sehe 
Qber £ aus ursprünglichem ^ (j) noch Curtius Gr. Et. II, 
p. 190). Dann aber entspricht ß^-Bo^g = &'i6-g genau 
einem zu postulirenden skr. dh-ja-s und kann somit als 
eine primitivbildung der wz. &6 skr. dhä durch suff. so, lo 
skr. j a angesehen werden , wie deren z. b. Bopp vergl. gr. 
§.901. III, 348 ff. aus dem gothischen und dem sanskrit 
eine anzahl anfahrt (afötjan^ afdrunkjan .... stirjas, bhidjas, 
^aljäs u. s. w.). 

In den compositis ß^iöxtXog^ ßsoniaiog, &iamg, S^ea- 
(patog aber, wozu Pott etym. forsch.^ XXXIX auch 0«<t- 
TiQWTol = ^eoig Ttengwfiivoi gef&gt, sehe ich weder zu- 
sammenziehungen aus &eoax6Xog etc. , wie Bopp vergl. gr. 
§. 971 will, noch solche aus äeoiaxelog (Pott 1. 1.) etc., son- 
dern betrachte ihr erstes glied &eß' als eine selbständige 
bildung von der wz. &s skr. dhä durch das suffix eg skr, 
as. So entspräche ßsa- einem skr. dhas. Primitive ad- 
jective mit der bedeutung des part. praes. gebildet durch 
das suffix as finden sich aus dem sanskrit angefahrt bei 
Bopp vergl. gramm. §. 931 C (ripädas feinde verzehrend, 
taras eilend, apas handelnd u. s. w.) und skr. dhas selbst 
findet sich in den compositis: purödhas (s= puröhita), gö- 
dhas n. pr. eines Kishi (= erderschafifer?), vajö-dhas Wil- 
son: „A middle-aged man" (=iuventutem gerens, agens?), 
retö-dhas (samenspender) vgl. Vag. S. 8. 10, pragäpatir vr- 
säsi retödhä rätö maji dhehi pragäpates te vrsnö retö- 
dhasö retödhäm a^ija. Was aber das griechische selbst 
anbetrifft, so beweisen die adject. &eiog und cretens. &ei- 
vog, so gut sie sich auf &iaiog und &iaivog zurückfahren 
lassen, doch eigentlich nichts {&e70'g =as ^-^o-^o-g?), wohl 
aber, glaube ich, lassen sich JSsiSixtag, 2u(Ai^8rig, JSü' 



160 R5diger, miscelle. 

nofinog, JSeirijAog, die Von Ahrens dial. Dor. p. 67 als la-^ 
conische formen für Qaodixrag etc. angeführt werden, am 
besten aus einem Öso-i-SixTag^ QeaH^fATjdtjg etc. erklären, 
worin i bindevocal. Die annähme der entstehung des u 
in diesen worten darch contraction aus so hat schon Ah- 
rens zurückgewiesen und die zur Unterstützung meist an- 
geführten KkBi-Sfjfiog Kleia&ivrjg u. a. formell wenigstens 
richtig auf ursprüngliche KXstoiSrifAog Kkssaia&ivtjg zurück- 
geführt. Denn die auffassung derselben als analoga zu 
iXxeainBTtXog etc. ist falsch ; vielmehr ist zu theilen KIsbö- 
H'8r]fjiog KkBBa-i'a&ivfjg^ worin sich der erste theil wie der 
gleichlautende und bis auf das endende i identische schlufs- 
theil der datiyform TIbqixXbbgi = IIsQixlei contrahirte zu 
xkei'. Der Ahrenssche erklärungsversuch der hier in frage 
stehenden formen aber, der et als ungenaue Schreibung eines 
in formen wie ^iSixragj StfirjhSßg aus lo (I?) entstande- 
nen langen i fafst kann schwerlich genügen. Vielmehr wird 
hier, wie ich es auch in Sünat^g = SiBmBtiqg annehmen 
möchte, Bi als Vorstufe zu 7 zu fassen sein« (Uebrigens 
vergleiche auch meine dissertation De priorum membror. 
in nom. graec. comp, conformatione finali commentatio p. 
47 und 66 über äilnBttjg und i als bindevocal). Ist meine 
ansieht über JSaidixTag u. s. w. richtig, so würde dadurch 
auch die jetzt von Meineke durch aioBlxsXog ersetzte form 
&BixBlog in Aristoph. Lys, 1252 (= &Ba-i''XBkog) eine auf- 
fallende bestfttigung erhalten, und darf ich sie wohl auch 
umgekehrt zum schütz für meine ansieht anrufen. 

Rieh. Bödiger. 



Grafsmano, die italischen götternamen. 161 

Die italischen götternamen. 

Zweite abhandlnng. 

Lateinische und oskische namen, die aus der 
indogermanischen urzeit stammen. 

(Fortsetzung.) 

Ich gebe nun zu den für die Sprachwissenschaft, wie 
f&r die vergleichende mytbologie bedeutungsvollsten göt- 
ternamen über, welche in der indogermanischen urzeit wur- 
zeln, wenn sie auch auf lateinischem boden weiter gebildet 
sind. Es gehören dahin 

1) die götternamen, welche aus der wurzel div leuch- 
ten hervorgehen. Da diese namen vielfach behandelt sind, 
so kann ich mich hier kurz fassen. Von Jupiter, dem 
umbr. vok. Jupater, dem umbr. dativ Juve-patre, so wie 
von seinen parallelen im sanskrit und griechischen ist oben 
die rede gewesen. Der einfache nominativ mfifste danach 
*Jtl8 oder Dius lauten. Letzteres ist in Dius Fidius er- 
halten. Es findet sich dafflr eine spätere durch i erwei- 
terte nominativform Diovis. In Zusammensetzung mit der 
Partikel ve kommen die normalen formen nom. Ve-dius 
gen. Ve-diovis, dat. Ve-diovi, acc. Ve-diovem vor. Von 
Diespiter ist schon oben die rede gewesen, und Qber 
Jan Janus (aus ^divan, ^divänus) Jana, Diana d. zeitscbr. 
XI, 8. 9 zu vergleichen. Juno ist aus einem *Divona = 
JifcivTj^ *Djüna durch das sekundäre suffix ou, was sich 
gern an andere suffixe fbgt (wie in -ti-on), weitergebildet. 
Durch das sufBx -ia ist gebildet Jovia im volskischen 
Jovia regena, während in Jovia Venus u. s. w. Jovia rein 
adjektivisch ist. Endlich durch das suff. -o- (fem. a) nicht 
blofs deus mit seinen parallelen, sondern auch die besondere 
als dea Dia bezeichnete göttin, welche der gr. Jr^oi^ Jii- 
'jAijTrjQ zu entsprechen scheint (Hom. Cer. 47, 122, 211 
vgl. 54), wobei Jrjd fftr *Jiriß-(o stände und das i wegge- 
fallen wäre, wie in J&üg = Zavg. 

2) Mars, Mavors altlat. Marmar, Marmor, osk. 
Mamers, umbr. Mars, wobei ich in bezug auf diese, wie 

Zeitschr. f. vgl. sprachf. XVI. 8. 1 1 



162 GraAmaim 

auf ähnliche formen auf Corssen's abhandlung in d. zeitschr. 
(I, 1 u. f.) verweiae« Man wird nicht umhin können, der 
glänzenden Beweisführung Corssen's beizustimmen, wonach 
die form Marmar die grundlage für Mamers und Mavors 
sei, indem zunächst ein snfSx t (ursprönglich -ut s. u.) 
herantrat, und nun das erste r vor m ausfiel, während der 
▼ocal lang wurde, das v aber in Mävors durch lautabsto- 
fsung (dissimilation) hervorging. Vielleicht mochte hier 
eine auf verto, vorto hinzielende umdeutung mit im spiele 
sein, worauf auch Cicero's: „Mavors dictus, quia magna 
vertaf^ hindeutet. Dagegen müssen wir Corssen's ablei- 
tung aus mas, und seine deutung aus dem begriffe des er- 
zeugen«, der sich nirgends nachweisen läfst, als ebenso 
verfehlt bezeichnen, wie die früheren erklärungen, welche 
er mit siegreichen gründen bekämpft. Die unzweifelhaft 
richtige deutung hat schon Leo Meyer (d. zeitschr. V, 387) 
und vor ihm Kuhn, wenn gleich beide nur vermuthungs- 
weise ausgesprochen, indem sie Mars mit skr. manit zu- 
sammenstellen. Nur dürfen die Marut^s nicht (mit L. Meyer 
a. a. o. ) als Sturmgottheiten aufgefafst werden. Ihre ur- 
sprüngliche bedeutung, wie sie in den veden hervortritt, 
ist vielmehr eine ganz andere. Bei ihrer Schilderung tritt 
der glänz und schmuck, vor allem der waffenschmuck, den 
sie sich anlegen, überall in den Vordergrund. Zum schmucke 
(^ubh^, 9rij^) rüsten sie sich. Aus der ferne nahen sie ge- 
schmückt mit glänzendem geschmeide (angibhis), lanzen 
(rätäjas) glänzen an ihren schultern, goldschmuck (rukmäs) 
auf ihrer brüst, imd goldene halsgehänge (nidkam), ringe 
und Spangen (khädajas) funkeln an armen und füfsen wie 
die Sterne am himmel, feuerstrahlende blitze (vidjütas) tragen 
sie auf den armen, goldene schöngesalbte härte (9iprä8)'^) 



*) 9{pnL hat, wie sich aus vergleichung sämmtlicher stellen des Rigveda, 
in welchen dies wort, und seine ableitungen oder Zusammensetzungen vor- 
kommen, ergiebt nirgends die bedeutung gebifs, . di« gewöhnlich angenommen 
wird, da es nie mit dem kauen, sondern vielmehr überall mit dem trinken 
in Verbindung gesetzt wird. Seine bedeutung ist lippe, doch nicht be- 
schränkt auf die unmittelbaren mundränder, sondern anagedehnt, wie es scheint, 
auf die ganzen beweglichen theile, welche den mund von oben und unten 
umgeben, daher auch angewandt auf die bttrte, welche diese beiden theile 
des antUtses bedecken. 



^ die italischen götternamen. 163 

an den häuptern, äxte (vapls)*) an ihren leibern, selbst* 
leucbtend (svabhanavas), gleich der sonne strahlen, gleich 
flammenden feuern, munter, scherzend, spielend. Sie fah* 
ren in blitz versehenen (vidjünmadbhis) wagen, vor densel* 
ben feurige, goldhufige Stuten, oder flammende milchkfihe. 
Winde vor sich hersendend, treibten sie wolkenberge auf, 
rollen hagelwetter heran und ergiefsen fruchtbaren regen. 
Mit der radscbiene erschüttern sie des himmels rücken, 
die erde bebt bei ihrem zuge, wie ein zitterndes weib, die 
berge bücken sich in furcht, und die bäume erbeben. Wie 
kampfbegierige beiden erheben sie den scblachtgesang des 
donners; vorstreckend die funkelnden lanzen, eilen sie her- 
bei; jetzt schleudern sie sie fort, tödten die bösen, schüt*. 
zen und segnen die frommen. Man sieht in diesem bilde, 
was in ähnlichen zügen überall wiederkehrt, aufs deutlichste 
das gewitter in seinem allmählichen herannahen und end- 
lichen ausbruche geschildert. Das goldgeschmeide und die 
glänzenden wafifen sind offenbar die blitze^ wie sie zuerst 
im wettterleuchten nur wie ein funkelnder schmuck erschei- 
nen, oder nur wie im spiele von wölke zu wölke fliegen, 
dann aber endlich wie Speere auf die erde herabgeschlen- 
dert werden. Daher erscheinen sie als des Indra genos- 
sen, und wie dieser den zerschmetternden donnerkeil (v&- 
gram) in seiner band hat, so jene die leuchtend^i blitze 
(vidjütas), daher jener als vagrahastas ,||den donnerkeil in 
seiner band habend'^, diese als vidjüddhastäs bezeichnet wer- 
den. Die Wurzel ist unzweifelhaft in dem griech. piaQfiaiQm 
„funkeln, strahlen^ enthalten, was bei Homer vom schim- 
mern des goldes, erzes (xalxoQ) der wafifen (jivtBa^ tivxi€i) 
auch der bewafiheten gebraucht wird, und so genau wie 
möglich zu dem geschilderten bilde der Maruts stimmt. 
Diese sind daher als die (in wafifenschmuck) funkelnden 



*) yi9t bedeutet im Rigveda nie etwas anderes als »axt*, von der be- 
deatnng „donner<*, die man ans falscher etymologie ersohloüi, findet sich 
nirgends eine spm:. Es stammt aus der wnrzel ¥»9% »mit der axt spalten*. 
Daraus wttrde sich mit dem saffiz 1, da K nur sekundär ist, "^rrifl ergeben. 
Das r fUlt nach lippenbuchstaben im anlaute oft weg wie in bhan^ :s lat. 
frang-, bhu^ es fmg- , und fttr vr insbesondere in vä^a (pfeil) von vra^ 
verwunden. 

11* 



164 Grafsrnftnii 

bezeichDet. Das suffix -ut ist dasselbe wie in gar-üt flö- 
ge!. Die Wurzel *mar zeigt sich in gleicher bedeutuDg 
auch in dem skr. roar-lkl lichtstrahl (Ragh. 9, 13, Rigv. 
884, 6; 1003, 1). Da nun die Maruts zugleich als kämpfer 
(makhas Rigv. 64, 11; 119, 3; 507, 9) als schönkämpfende 
(sümakhasas 85, 4; sümakhäs 441,7'') dargestellt werden, 
die in ungestfimem andränge zur schlacht ziehen, und in 
den schlachten beistand leisten, sowie auf der andern seite 
als die welche durch ihre regengü^se die Auren segnen, so 
treffen sie in beiderlei beziehungen mit dem italischen 
Mars zusammen. Namentlich können wir die form Mart 
unmittelbar = Marut setzen. Die form Marmar, Marmor 
schliefst sich zunächst an die reduplicirten formen fActg- 
lAaiQia^ fjiccQfjiaQog y fiagfjiagvyt] an; ficcQfiaoog ursprOnglich 
„schimmernd, glänzend^, dann als beiname von Tiergog (LI 
jT,735), und auch ohne dies Substantiv (IL /ti, 380; Od. 
e, 499), vorzugsweise den schimmernden, weifsglänzenden 
marmorstein bezeichnend, wenn gleich bei Homer diese an- 
schauung zurücktritt. Von Mars pater, Marspiter, Maspi- 
ter ist oben die rede gewesen. Mit dem oben angeführten 
altind. mÄrlMl stimmt auf wunderbare weise der lat. oame 
Marica überein. Leider ist, was wir von dieser göttin 
wissen, zu dürftig, als dafs wir darauf sichere Schlüsse 
bauen dürften. 

3) Volcanus, Vulcanus. Der name stammt her 
aus der wurzel *varK: glänzen. Diese tritt in den veden in 
manigfachen ableitungen hervor. So vor allem in verkäs 
glänz, was in den meisten stellen vom glänze des feuers, 
oder des Agni gebraucht wird. Ich beschränke mich hier, 
wie in allen folgenden anführungen, auf den Sprachgebrauch 
des Rigveda*''). So heifst es 256, 3: 



*) Bei dieser gelegenheit bemerke ich, dafs eine nebenform von makh 
mit h statt kh in der bedeutnng „schlachten, kttmpfen** im Rigveda nicht 
vorhanden ist, sondern dafs die formen mämahe u. s. w. ttberaU „ schenken, 
weihen« und ursprünglich „yerehren, verherrlichen* bedeuten, und dafs 
ebenso mihas herrlichkeit, geschenk aber nie „ geschlachtetes opfer* oder äho' 
liches bedeutet, was ich mit beziebung auf n. 469 bei Curtius erwähne. 

**) Ich stelle überall den text der Rigveda- verse in der form her, welche 
als die ursprüngliche betrachtet werden mufs, und welche durch die spftteren 



die italischen götternamen. 165 

agne jad te — divi varkas prithivjäm ( 1 ) 
jad Ösadhisu — apsü ä jagatra (2) 
jenäntariksam — urü ätatäntha (1) 
tvesas Qk bhänüs — arnaväs Drlcakääs (2) 
welch glänz o Agni auf der erd' , im himmel, 
in kräutern, fluthen dir, o heiliger, einwohnt, 
womit den weiten luftraum du durchdrungen, 
der glänz ist leuchtend, wogend, männerschauend. 
So wird Vanaepati, der als gott vorgestellte waldbaum, 
(242, 3) gebeten: 

varj^as dhäs jagnaväbase 

6ieb glänz dem opferfahrenden, 



gesetze der zusammenfügung (sandhi) in dem uns überlieferten texte manig- 
fach entstellt ist. Die herstellung läfst sich in der bei weitem grofsten an- 
zahl der fälle schon jetzt mit Sicherheit ausführen. Wo zveifel bleiben, 
werde ich darauf hinweisen. Das versmafs besteht überall aus selbständigen 
versgliedem, die ich stets durch getrennte zeilen darstelle. Jede solche zeiie 
enthält in den hier aufgeführten versen entweder acht silben, von denen die 
vier letzten in der regel eine jambische dipodie bilden, oder elf oder zwölf 
Silben. Die elf- und zwölfsilblgen zeilen haben ganz gleichen bau, nur dafs 
die zwolfsilbigen am Schlüsse eine silbe mehr haben. Sie haben bekannt- 
lich ihren einschnitt, den ich stets durch einen wagrechten strich kenntlich 
mache, nach der vierten oder fünften silbe. Die silben vor diesem einschnitt 
sind von unbestimmter dauer (quantität), hingegen die silben nach diesem 
einschnitte haben, worauf wohl noch nicht aufmerksam gemacht ist, in bei- 
den fällen eine fast genau bestimmte messung, nämlich nach'^dem fünfsilbigen 
einschnitte, die messunng 

1) VW — w — v/ — , viel seltener 2) — w» — w» — w» — 
und nach dem viersilbigen einschnitte 

1) v^v/ — w_v^_j seltener 2) -'-' — vy-v^- 

Die beiden messungen unterscheiden sich in jedem dieser fälle nur durch 
die dauer (quantität) der ersten silbe; für den ersten fall (wo der einschnitt 
nach der fünften silbe steht) sind abwelchungen von den beiden aufgestellten 
formen, von denen überdies die erste lOroal so häufig ist als die letzte, so über- 
aus selten, dafs sie stets auf verderbte lesart oder späteres Zeitalter schliefsen 
lassen. Im zweiten falle treten noch einige seltnere formen auf, namentlich 
3) v/ww — v/— vy— und 4) — w/ — v/ —^ —, 

Dagegen erscheinen die folgenden zw«i formen so selten (die erste 
2 9 mal, die zweite 4 mal unter den sämmtlichen 2140 gagatizeilen , die im 
Rigveda mit diesem einschnitte vorkommen), dafs sie auch auf eine spätere 
periode hindeuten mögen. 

5) v/ — v/ — vy — v/— und 6) — — w — vy — w— , 

Ich erwähne dies hier, da es mir an mufse gebricht, um die von mir 
aufgefundenen gesetze, welche auf die ursprüngliche gcstalt des vedatextes 
licht werfen, in einem besonderen aufsatze darzustellen. Bei allen angeführ- 
ten elf- oder zwolfsilbigen zeilen fuge ich die Ziffer, welche auf die form der 
messung hinweist, bei. 



|(S6 Grafsmann 

d. h. dem Agni, und mit denselben worten wird (258, 1) 
Agni gebeten, dem opferbringenden glänz zu geben. 
Aehnlich : 

778, 21 dgne p4va8va suapäs 
asm^ yirKas suviriam 
o Agni flamme uns herbei 
schönwirkend glänz und beidenkraft. 
954, 1 mamägne varlias — vihav^äu astu ( 1 ) 
glänz wohne bei, o Agni, meinen opfern. 
23, 24 sam mägne sr^a yarkasä 
beström, o Agni, mich mit glänz. 
Aehnlich 23,23; 835,9: 

911, 39 pünar pätnim agnis adät 

äjusä sahä varkasä 
die gattin gab Agni zurQck 
zugleich mit glänz und lebenskrafb, 
wo des yersmafses wegen vielleicht dadfit statt adät zu 
lesen ist. 

Aufserdem wird varKas vom glänze der sonne (938, 3), 
des soma (777, 18) und bildlich vom glänze der herrscbaft 
oder des ruhmes (844, 9) gebraucht. Dieselbe bedeutung 
(des feuerglanzes) zeigt värkasin Zusammensetzungen. So 
beifst es von Agni: 

966, 2 pävakavarkäs pukrävarkäs 

anünavarkäs — üd ijarSi bhänünä ( 1 ) 
in flammenglanz, in hellem glänz, 
in vollem glänz steigst du mit deinem licht empor, 
wo in der ersten zeile die zwei silben päva- zu einer silbe 
zu verschleifen sind. So wird ^r^äthavarlias oder vielmehr 
präjidthavarKas „schönsten glänz habend^ von Mitra, Va- 
runa und Agni (492, 10), und von den beiden ersten allein 
(419, 2) gebraucht, dasmävarkas „wunderbaren glänz ha- 
bend^ von Indra, von Puschan, von den Mamt's, samanä- 
varlas „gleichen glänz habend^ von Indra und der sonne 
(6, 7) und sahasravarkas „tausendfachen glänz habend^ 
vom reichthum (724, 9 ; 755, 4). 

So tritt überall fQr var!^as der grundbegrifl des feuer- 
glanzes hervor, der dann auch auf die andern glanzgöt- 



die italisohen göttemamen. TB? 

ter: Indr«, die sonDengottbeiteD, die Msruts, den flammen- 
den soroa (söma pävam&na s. u.) übertragen , seltner im bild- 
lichen sinne gebraucht wird. Es wird daher auch Volc- 
-anus als gott d^ feuerglanzes aufzufassen sein. Hierzu 
kommt, dafs aus derselben wurzel zwei bezeichnungen von 
dämonen herstammen, welche den Indra bekämpfen, aber 
von ihm besiegt werden, nämlich : 1) Varlnn =» glanzbegabt. 
Er zieht mit 100000 mannen gegen Indra ans, verbündet 
mit dem dämon (^4mbara, wird aber von Indra im gewit- 
ter erschlagen (205,6; 326, 15; 488,21; 615,5). 2) VrKfvat 
= glanzbegabt; 130 gepanzerte YriKivat's drangen, die 
wehren durchbrechend gegen Indra vor, wurden aber durch 
seine pfeile erlegt (468,5 — 7). So scheint hier überall 
der kämpf des irdischen oder unterirdischen feuers gegen 
den himmelsgl^iz, dessen repräsentant Indra ist, darge- 
stellt. Und dieser gegensatz klingt auch hindurch in der 
fabel von dem herabstürzen des Vulcan aus dem sitze der 
götter, deren gunst er sich durch schmieden der götter- 
waffen wieder zu erwerben sucht, zu deren tische er aber 
dennoch nicht zugelassen wird. Ueberall erscheint er alB 
der gott des irdischen feuers, und der feueressen, und 
stimmt somit ganz zu dem bilde, was uns die vedischeo 
ableitungen aus der wurzel *vark vor äugen stellen. 

An die besprochenen gottheiten des glanzes und des 
feuers schliefse ich den gott des wassers, und die gotthei- 
ten der erde oder des heimathsitzes. 

4) Neptunus, Neptumnus. Die ableitung aus der 
Wurzel nabh (Windischmann, Curtius grundz. n.402, Spie- 
gel d. zeitschr. XIII, 371) scheint mir gesichert. Die wurzel 
nabh bedeutet hervorbrechen, hervorquellen; aus ihr stammt 
nabhanü-8 der quell, n4bhas gewölk, dunst, luftraum, vifpog^ 
lat. nübes, nebula u. s. w. (s. Curtius a. a. o.). Das zendir 
sehe napta „feucht^ zeigt uns den Übergang. Eine wur- 
zel *^nap anzusetzen, wie Spiegel thut (a. a. o), ist weder 
hierdurch, noch durch die gewifs weit abliegenden näptar, 
napät gerechtfertigt, vielmehr ist zend. napta regelmäisige 
partipicia,lbildungen aus der wurzel nabh, wie z. b. zend. 
gerepta aus der wurzel gerew, skr. grbh, grabh* Aus je- 



168 GnTsouuin 

nem particip napta, welches im lateiniscbeD nepto- lauten 
würde, wie nupto- aus nabo, ist nun Neptumnus ganz auf 
dieselbe weise abgeleitet, wie Clitumnus aus ^clito- (s. o.) 
auctumnus aus aucto-. Es ist also Neptunus als der goit 
des feuchten elementes, des wassers, der quellen, des ge- 
wdlkes benannt. Im sanskrit finden sich aus nabh ab- 
geleitet mehrere namen mythischer wesen, welche meist 
mit dem Manu in Verbindung stehen, und aufserdem be- 
sonders die regenzeit, den regenmonat bezeichnen, wie nä- 
bha-s, nabhasars, nabhasia-s, nabhaka-s, und von gleicher 
bedeutung sind wohl auch nabhaga-is, nabhaga-s. Aber au 
einen engeren mythologischen Zusammenhang derselben mit 
Neptunus ist schwerlich zu denken. 

ö) Maja. Die ableitung aus der würze! skr. mah 
(grofs sein; reich, herrlich, mächtig sein, caus. verherrli- 
chen, segnen, intens, schenken, segnen) welche auch mit 
gh in den ableitungen magha-m (reichthum, f&lle), maghä- 
van, maghavat (reich, mächtig) vorkommt, steht fest. Da- 
nach würde Maja f&r *Mahia stehen, wie major für ""ma- 
hior. Wir finden nun in den veden die genau entspre- 
chende form, und zwar in einer bedeutung wieder, die der 
lat. Maja möglichst genau entspricht. Von den alten (Corn. 
Labeo bei Macrob, Preller B. M. 351) wird ausdrücklich 
Maja der erde Terra gleichgesetzt, so wie auch den bei- 
den andern göttinnen der Auren, der Bona Dea und der 
Fauna, auch der name Mater Magna scheint erst von ihr, 
oder der Bona Dea auf die spätere Mater Magna Idaea 
übertragen zu sein. Im sanskrit nun entspringt aus der 
Wurzel mah zunächst das vedische adjectiv mah grofs, 
oft mit dem nebenbegriffe: reich, mächtig, herrlich. Das 
feminin desselben lautet mahf. So erscheint es als beiname 
von göttinnen, namentlich der morgenröthe (uä4s), welche 
auch sonst vielfach als die reiche (magh6nl) bezeichnet 
wird, z. b. 48, 16 

sam nas räji — brhati vi^vape^asä (1) 

mimikävä sam idäbhis ä 

säm djumnäna — vipvatürä usas mahi (4) 

sam v&gais väginivati 



die italischen gotternamen. 169 

mit grofsem reiohthnm und mit allgestaltigem, 

mit labetränken netze uns, 

o reiche Uschas, mit allsiegender gewalt, 

mit nahrung, nahrungereiche du; 
ähnlich 310,3*; 629,17; 639,31; ferner als beiname der 
göttin Aditi (Unendlichkeit), der Aramati (göttin der thä- 
tigen frömmigkeit). So wird auch göttlich verehrt: die 
grofse mutter (mahl mätä 507,3; 401, 1; 395, 15), die 
grofse tausendströmige kuh (sahasradhärä mabi gäüs) 
337, 5 = 927, 9; 959, 7, maW pf^nis 572, 4), die grofse 
erde (mahl prthivi sehr häufig), so die grofsen altem (mahi 
mätirä 721, 3; 195, 3; 861, 3; 890, 14), worunter himmel 
und erde verstanden sind. Die grofse, oder reiche, frucht- 
bare mutter (denn zwischen diesem begriffe schwankt hier 
mahl), die alles leben gebiert, wie auch die götter des un- 
teren götterkreises, ist die erde, die namentlich als mutter 
des Agni, der Usohas vom vater diads, so wie auch als 
mutter der Maruts genannt wird, und häufig unter dem 
bilde einer kuh, oder stute oder auch eines Stromes (395, 15) 
dargestellt, und als die segnende, den boden mit frucht- 
barkeit und feuchtigkeit tränkende göttin aufgefaist wird, 
welche mit dem ströme des befruchtenden regens auf den 
dürren boden sich niederläfst. Endlich mahl als appellati- 
ves Substantiv bedeutet die erde, und diese bedeutung ist 
die einzige, die sich auch in der späteren spräche erhalten 
hat, und auch in zahlreichen Zusammensetzungen zu gründe 
liegt, z. b. in mahikäit, mahlpäla, mahipati, mahlbhartr, ma- 
hlbhug = landesherr, könig, in mahltala erdboden, mahl- 
dhra, mahlbhirt (eigentlich die erde stützend, tragend) für 
berg. Als göttin wird mahl neben idä und sarasvati ge- 
nannt (13, 9; 142, 9; 717, 8), und auch in dieser Verbin- 
dung wird mahl schwerlich eine andere bedeutung haben, 
als die oben f&r die mahl mätä angegebene. Was endlich 
die form betriffi;, so ist die femininendung l aus altem ia 
enstanden, welches sich im griechischen -la; 'ja erhalten 
hat (d. zeitschr. XI, 26 — 28 und XII, 246. 247). Im Rig- 
veda läfst sich jene ursprüngliche form, jedoch mit Verlän- 
gerung des a, noch vielfach da nachweisen, wo gegenwärtig 



170 Grafflinuiii 

I im texte steht. Namentlich gilt dies auch f&r unser 
mahl, fbr welches die form nom. mahiä, acc. mahiim sieb 
an drei stellen sicher nachweisen läfst, nämlich: 
395, 15 slSaktu m&tÄ — mahiä rasÄ nas (1) 
es sei uns hold die floth, die grofse matter, 
wo das versmafs an der stelle, wo der text mahl hat, mit 
zwingender nothwendigkeit zwei kürzen und eine darauf 
folgende länge erheischt, und sich keine andere herstellaog 
darbietet, als die angegebene*). Der aocent auf dem i ist 
nach analogie gesetzt. 

903, 4 juämdkam budhn^ — apÄäm nk j^mani (i) 
yitfauij&ti n4 — mahfä 9ratharj4ti (1) 
wenn ihr wie auf der wolkenfiutben boden geht, 
ist wie voll angst die erde und vergeht vor furcht 
540, 6 mabiäm t€ — Ömäträm krätäjas vidus 
die menschen kennen deine grofse freundlichkeit. 
Auch an dieser stelle verlangt der einschnitt nothwendig 
eine auflösung des im texte stehenden mahim, während die 
früheren zwei stellen zugleich die messung der silben fest- 
stellen. (Das mafs der letzten stelle hat überdies die un- 
regelmäfsigkeit, dafs nach dem einschnitte drei lange silbeo 
folgen). Im griechischen entspricht der mafil, worauf Ben- 
fey wiederholt aufmerksam gemacht hat, der form wie dem 
sinne nach Maia d. b. *Maf\ja, wo der ausfall des guttu- 
rals viel leichter erklärlich ist als in timv neben pÄ^u, pa^ü, 
oder in diäaa aus der wurzel Sax, dax {SiSaxfj u. s. w.). 
Es hat sich also ergeben, dafs die römische Maja (fOr 
*Mahia), die griechische Mala (för *Mahia), die vedi- 
sohe Mahl, Mahiä ursprünglich die erde, als die grofse, 
reiche, fruchtbare bezeichnet, und die feier ihres festes bei 
den Römern im beginne des mai's ist daher eine sehr na- 
turgemäfse, da gerade in dieser zeit die erde ihre gröfste 
fruchtbarkeit und reichthumsf&Ue entfialtet, und sich gleich- 



♦) Eine andre Herstellung hatte ich beitr. IV, 184 versneht, aber mir 
selbst als fraglich beseichnet; die zwei daneben gestellten stellen, in deaea 
mStfi, was sich anch in obiger stelle findet, grade die Schwierigkeit hervor- 
zurufen schien, verdienen doch weitere erwägung, da z. b. I, 89, 4 an pfthi- 
via f. pfthiv! wegen der iehlerhaften cttsur nicht zu denken ist. A. K. 



die italischen götternminen. 171 

sain die reiche göttin auf die Aar niederläfst. Ein anderer 
name derselben, Majesta, ist als ableitung aus dem kom- 
parativ majus vermittelst des Suffixes ta aufzufassen, ebenso 
wie mftjestas durch das suffix tat auf gleiche weise hervor- 
geht (Aufrecht d. zeitschr. I, 160; Corssen III, 295). Mit 
der Maja in naher beziehung steht Majus, und zwar zu- 
erst der deus Majus der Tuskulaner, womit sie den Jupi- 
ter bezeichneten, auf ganz ähnliche weise, wie die alten 
Inder den Indra so häufig mit dem beinamen magbÄvan 
als den reichen, mächtigen bezeichnen. Das suffix ist -io; 
und im pskischen tritt nicht nur Maiio (dat. Maiioi), wo 
ii fftr j steht (Corssen d. zeitschr. XI, 328), sondern auch 
mit gewahrtem h: Mahio (nom. Mahiis) als vorname auf. 
(Corssen a. a. o.). Ebenso wird der monat Majus als der 
reiche^ herrliche aufzufassen sein. Jedenfalls kann man 
nicht unmittelbar diesen monat als den wachsemonat (Cors- 
sen a. a. o.), d. h. als den der wachsthum hervorruft, noch 
die dea Maja als die wachsthum verleihende (Preller 
B. M. 352) auffassen, da dies anknüpfen an die kausative 
bedeutung mit dem nachweisbaren begriffe der ableitungen 
aus der wurzel mah im Widerspruch steht, aber es entfal- 
tet sich der reichthum, die ftklle, die herrlichkeit, die dem 
Majus, der Maja durch ihre benennung beigelegt werden, 
eben in dem reichen hervorspriefsen der gewächse ans der 
mit feuchtigkeit getränkten erde, und kommt also doch 
zuletzt beides auf dasselbe hinaus. Im oskischen findet 
sich nach Festus f&r den monat mai der name Maesius, 
was schon eine lateinisch umgewandelte form ist; die os- 
kische form müfste 'Maisiis lauten; sie mufs als ableitung 
aus dem oskischen comparativ mais durch das suffix io 
betrachtet werden (vergl. Majes-ta); die bedeutung wird 
dann dieselbe sein, wie fbr Majus. 

6) Vesta, gnech/Eazia, 'Icxiri^ dorisch /earta, os- 
kisch vielleicht Vestia, wenigstens kommt dieser name im 
oskischen als weiblicher eigenname vor. Bekannt ist die 
ableitung aus einer wurzel vas. Aber welche wurzel vas zu 
gründe zu legen sei, darüber sind die ansichten getheilt, 
indem einige Vesta aus der wurzel vas „leuchten* ableiten, 



172 ^ Grarsmann 

und au das auf dem faeerde breoueude feuer der göttin 
deukeu, wie Lottner (d. zeitscbr. VII, 178); die andern auf 
die Wurzel vas ^wohnen^ zurückgehen. Die zweite ablei- 
tung ist ohne zweifei die richtige. Denn vas leuchten wird 
ursprünglich nicht vom leuchten oder brennen des feuerB, 
sondern nur vom leuchten der morgenröthe, oder des tages, 
seltner vom leuchten der sonne gebraucht, daher västu-s 
morgen, tageshelle, väsara leuchtend (von der morgenröthe, 
der tageshelle, der sonne), väsara-s tag, vasanta-s frühling, 
viväsvat leuchtend (von der sonne), und nur einmal wird 
vivasvan (leuchtend) bildlich von den holzstücken, die Agni 
entzünden, gebraucht (711,22). Zwar hängt die wurzel 
US brennen mit dem praes: öäati mit obigem vas zusam- 
men; aber die formen ösati, imperf. äusat, perf. uvösa, so 
wie das lat. uro, griech. svcd u. s. w. (Curtius n. 610) zeigen, 
dafs in dieser bedeutung „brennen^ die wurzel schon vor 
der Sprachtrennung sich in us (uä) umgewandelt hatte. Wir 
werden uns daher nur an die bedeutung der wurzelform 
halten dürfen, welche vor der Sprachtrennung noch die volle 
form vas vielfach bewahrt hatte, und diese bedeutung ist, 
wie wir sahen, der ableitung der Vesta aus vas leuchten, 
nicht günstig. Die bedeutung „wohnen^ tritt in der wur- 
zel selbst in den formen vasati (praes.), uväsa (perf.) u. s. w., 
und in den vedischen ableitungen vas haus (356, 6), vasa- 
ti-8 haus, nest, väsman nest (222, 1), västu wohnung haus, 
väsa wohnung (397, 14) hervor (vergl. Curtius n. 206). Von 
besonderer bedeutung ist hier der vedische gott västö- 
spati-s d. h. beschützer des bauses; er wird angerufen, 
das haus und alles, was darin ist, zu schützen und leid 
von ihm abzuwehren (570; 571,1); er wird mit Indra ge- 
nannt (637, 14) und mit der übrigen götterschaar (395, 8; 
887, 7). Mit der ableitung des namens der Vesta aus vas 
wohnen steht der Sprachgebrauch im griechischen, wo das 
wort lebendig geblieben ist, während es im lateinisehen 
eben nur als name der göttin erscheint, in Übereinstimmung, 
im griechischen nämlich tritt der begriff des feuers ganz 
zurück, die iaria ist nur der heiligste theil des hauses, 
der hausaltar der götter, 'Eotia^ 'laxiri ist beschützerin nicht 



die italischen gottemamen. 173 

nur der berde, sondern der hSuser, der Städte, und auch 
in iatiäo), icpiariog tritt derselbe begriff hervor; ja auch 
den Römern scheint dieser Zusammenhang mit dem wohn* 
sitze noch im bewufstsein geblieben zu sein , indem z. b. 
Ov. Fast. 6, 267 sagt: Vesta eadem est quae Terra. 

Die altindische Verehrung des västöspäti weist nun 
zwar darauf hin, dafs der mythus der Vesta, 'Earia schon im 
indogermanischen glauben wurzelt, aber dennoch erseheint 
dieser mythus im griechischen und lateinischen in sofern ei- 
genthümlich ausgeprägt, als in^ beiden eine weibliche gottheit 
verehrt, und ihre Verehrung besonders an den heerd des 
hauses geknüpft wird. Nach Cicero wäre der lateinische 
name aus dem griechischen entstanden, was nicht unmög- 
lich ist, da sich der name bei den von der griechischen 
cultur unberührt gebliebenen umbrischen Stämmen nicht fin- 
det; denn dafs die umbrische Yesuna mit der lateinischen 
Vesta nichts zu thun hat, wird sich weiterhin zeigen. Frei- 
lich dürfte man dann nicht annehmen, dafs die Verehrung 
dieser göttin selbst erst durch den einflufs der Griechen 
hervorgerufen sei; denn es zeigt sich bei allem, was an 
den dienst dieser göttin geknüpft ist, eine so eigenthüm- 
lich römische und so tief angelegte auffassung, dafs sie 
gewifs nicht anders als aus dem eigensten volksbewufstsein 
heraus erwachsen sein kann. Aber möglich bleibt es, dafs 
in ähnlicher weise, wie dies beim Hercules nachgewiesen 
ist, die göttin ursprünglich unter einem andern, einheimi- 
schen namen verehrt worden sei (man könnte an die os- 
kische Entra denken) und erst später der griechische name 
in der form Vestiä (osk.), oder Vesta auf diese göttin über- 
tragen sei. Doch läfst sich eben auch nur diese möglich- 
keit feststellen, welcher ich keinen höheren grad der Wahr- 
scheinlichkeit beimessen will. 

7) Lar schutzgott des hauses, auch haus, wohnung, 
plur. Lares, alt Lases. Lottner (d. zeitschr. VII, 185) 
vergleicht treffend das altnordische laeri wohnung, für wel- 
ches er ein gothisches *lesi ansetzt. Die wurzel glaube 
ich im skr. laä „ begehren % wovon abhi-läöa und abhi- 
-läsa „verlangen, liebe" stammt, gr. hXaio^ai. (d. zeitschr. 



174 Grafsmann 

II, 268), einer wurzel, die in dem deutschen last (got lostufi) 
zu gründe liegt, zu finden, indem skr. ökas „behagen, ge- 
fallen^ (von uk), und gewöhnlicher „heimwesen, wohnstätte'' 
f&T den bedeutungsübergang ein genau entsprechendes sei- 
tenstQck darbietet. So würde lar ursprünglich die heimath- 
liche wohnstätte als den ort des begehrens, des behagens, 
der lust bezeichnen. Aus Lar stammt weiter Lara, La- 
runda (mutter der Laren), Larua, Larva, letztere an 
die Verehrung der Laren als geister der verstorbenen an- 
knüpfend (s. oben). 

Ich lasse nun die gottheiten folgen, welche nach ih- 
rem wirken, oder ihrer kraft benannt sind: 

8) Cerus Manus, in einem liede der Salier verkom- 
mene}, und dort von Festus als creator bonus erklärt, in 
einem fragmente dieses liedes bei Varro auch duonus Ce- 
rus genannt. Cerus stammt aus der wurzel kar, wie skr. 
k&rü-s (dichter, kunstler), käras (anfertiger). Das erste 
kommt im Rigveda mehrmals (165, 15; 177, 5; 184, 4 vgl 
165, 14) in der Verbindung kärüs manias vor in der be- 
deutung der weise, oder wohlgesinnte dichter; auch wird 
käru-8 als name des vi^vakarman (des allschaffenden) des 
götterkünstlers erwähnt. Das lat. Manus entspricht genau 
dem vediachen mäna-s aus der wurzel man, es tritt als be- 
zeichung des sehers, Sängers, Verehrers auf, z. b.: 

184, 5 eöä väm st6mas — a^vinäv akäri (2) 

mänebhis väm*) — maghavänä suvrkti (I) 
dies loblied ward, o ritter, euch gedichtet, 
der lobgesang von sehern euch, erhabne 1 
1 69, 8 tuam minebbjas — indra vi^väganjfis (2) 
radä marüdbhis — ^urüdhas gavagräs (1) 
den Sängern spende du für alle menschen 
milchreiche gaben, Indra mit den MarutsI 
AehnHch785, 6; 189,8; 182,8. Einmal wird es von den 
Maruts gebraucht (171, 5), einmal von Indra (672, 7). Die 
grundbedeutung ist dieselbe wie für mänia: weise, wohlge- 

*} väm ist durch konjektor hinzugefügt. Die cttsur fordert entweder dia 
unerhörte auf lösung von mänebhis, oder hinzuftigung einer silbe ; väm konnte 
leioht, ala schon in der ersten zeile enthalten ausgefallen sein. 



die italischen göttenianien. 175 

8mQt, Bur dals es mehr substantivisch gebraucht wird. 
Hiernach ist also Cerus manus in übereiustimmung mit 
Festus als der wohlgesinnte Schöpfer zu deuten. Aus der- 
selben Wurzel scheint zu stammen: Garanus (Preller röm. 
mytb. 70. 645, und Spiegel d. zeitschr. XIII, 390), iadem 
die bei Aur. Victor, vorkommende form Recaranus es 
wahrscheinlich macht, dafs g in Garanus aus c erweicht 
sei. Es war Garanus nach Verrius Flaccus (bei Serv. V. 
A. 8, 203) der ursprüngliche name des starken hirten, wel- 
cher den Cacus überwältigte, und auf welchen später der 
griechische name des Hercules übertragen wurde. Es mag 
Garanus etwa mit dem vedischen kränä-s oder kränd (nom. 
von krän4n was aber in keiner andern form vorkommt) ver- 
glichen werden, welches „wirksam, kräftig* bedeutet (798, 
19; 814, 1; 887, 1; 958, 2) und zu diesem gotte gut 
stimmt. 

9) Ceres, gen. Cereris für *Ceresi8, Cerealis für Cere- 
salis mit ausgefallenem s, im osk. Rerri == Cereri also für 
*Kersi stehend, wie herrins für ^hersins (vergl. patensins), 
daraus das osk. adjectiv Eerri-i-o mit den formen -in (loc), 
-Ol (d. s, m.), -ai (d. s. f.), -ois (d. pl. m.), -ais (d. pl. f.). 
Diese adjektivform scheint auf einen ursprüngl. i- stamm 
hinzudeuten. So gelangen wir zu einem indogerm. karsi, 
welches im sanskrit krsi lauten würde. Letzteres bedeutet 
im sanskrit das pflügen, den ackerbau^ und wird, worauf 
mich mein freund Pauli, dem ich überhaupt diese idee ver- 
danke, aufmerksam gemacht hat, im Qatapathabrähmana 
11,2,3,9 als gottheit des ackerbaues personificirt. So 
wird Kerri für Eersi als Stammform für den namen dieser 
göttin bei den Oskern au&ufassen sein, während im latei- 
nischen der Übergang von r zu s durch ein eingeschaltetes 
e erleichtert wurde. Die lateinische nominativform Ceres 
wird dann aus älterem *Ceresi-s auf ähnliche weise ent- 
standen sein, wie neueres Luceres aus älterem Lucereses 
(Lucerenses), indem das unbetonte i zwischen den beiden 
Zischlauten ausfiel, und dann das doppelte s durch längung 
des Vokals ersetzt wurde, oder indem das erste s ausfiel 
und e mit i zu e zusammenflofs (vgl. Corssen d. zeitschr. 



176 Qrafsmann 

ni, 298). Die gewöhnliche ableitung aus kar (Corssen d, 
zeitschr. III, 271, Döntzer XIII, 15, Preller röm. myth.70), 
oder die ans ^n (Leo Meyer d. zeitschr. V, 382) wird da- 
gegen aufgegeben werden müssen. 

10) Cäcus. Der name ist dem vedischen ^äkä-s gleich- 
zusetzen. Dies, von der wurzel ^ak „stark sein, vermögen'^ 
abstammend, bedeutet in den veden „stark^. 
So heifst es vom sonnengotte 881, 6: 
^äkmanä ^äkäs — arunas suparnas (1) 
er stark an starke, lichtroth, schöngeflügelt. 
So wird es von den Maruts gebraucht, welche als des In- 
dra starke männer, oder substantivisch als die starken des 
Indrä bezeichnet werden: 

313, 11 säm indras gds — a^ajat säm hiranjä (1) 

s4m apvijä — maghävä jas ha pürbhid*) (1) 
ebhis nfbhis — nftamas asja ^äkäis (3) 
räjas vibhaktä — sambharas ca v&svas (2) 
durch kämpf gewann viel gold und kühe Indra, 
rofsschaaren er, der mächtge burgzerstörer, 
der held mit diesen beiden, seinen starken, 
vertheilt den reichthum, speichert auf die guter. 
384, 10 säm täs indras — asr^at asja ^akäis (3) 
durch seine starken liefs sie (die kühe) Indra strömen. 
460, 4 täm vas indram — ^atinam asja päkäis (3) 
iha nünäm — vSgajäntas huvema (2) 
der sich verbarg, Indra mit seinen starken, 
ihn rufen wir euch her nun, krafl begehrend. 
Auch das mit 9&ka (kraft) zusammengesetzte purupi.ka 
(kraftreich), und die aus päka abgeleiteten adjektiven ^ä- 
kin, 9äkina werden in den veden von göttem, namentlich 
von Indra gebraucht, während der lateinische Cäcus als 
der starke dämon gedacht ist, der von Garanus oder Her- 
cules überwunden und der gestohlenen kühe beraubt wird. 
Es steht also Cacus, worauf schon vielfach hingewiesen ist 



*) pürbbfd ist konjektnr statt des unpassenden pürvis, was der text hat. 
Das häufige epitheton Indra's pürbhid kommt in ganz ähnlicher Verbindung 
z. b. 658, 5 vor. 



die italischen göUernamen. 177 

(Spiegel d. zeitschr. XIII, 386 ff.) dem vediscbeu Vrtra pa- 
rallel, welchem Indra die versteckt gehaltenen kühe raubt; 
und die bezeichnung desselben als eines starken, welche Spie- 
gel (a. a. o.) auch f&r den arischen Yrtra in ansprach nimmt, 
würde sich trefflich für den starken dämon eignen, der 
durch den noch stärkeren gott in heifsem kämpfe überwun- 
den wird. 

11) Neria, Nerio, (gen. Nerienis), Neriene, Ne- 
rienis, Nerine die gattin des Mars, daher in dem gebete 
bei Gellius: Neria Martis te obsecro, und bei demselben 
und^ bei Ennius Nerienem Martis. Nach den alten ist es 
ein sabinisches wort, und bedeutet tapferkeit. Das schwan- 
ken des suf&xes bestätigt die entlehnung; die acht sabini- 
sche form kennen wir nicht, wissen daher auch nicht, in 
welcher form es „tapferkeit^ bedeutete. Dafs es mit dem 
umbr. ner (a. pl. nerf, d. pl. nerus), osk. ner (gen. pl. nerum), 
skr. nar zusammenhängt, ist allgemein anerkannt (Ebei d. 
zeitschr. I, 307 u. a.). Die form Neria würde ganz dem 
feminin des ved. adjektivs nana (mannhaft, tapfer) entspre- 
chen, dessen neutrum nariam heldenthat bedeutet. Ob man 
bei den andern formen an skr. Naräjana, Näräjana (beina- 
men des Viänu), När&jani (beiname der Lakämi der ge- 
mahlin des Viänu) zu denken habe, will ich nicht ent- 
scheiden. 

Die begriffe der bisher behandelten gottheiten waren 
an anschauungen sinnlicher gegenstände oder thätigkeiten 
geknüpft. Ich gehe nun zu den gottheiten über, die schon 
ursprünglich auf geistiges gebiet bezogen wurden. 

12) Minerva, älter Menerva. Mit recht hat Pott 
(d. zeitschr. VI, 112) diesen namen aus skr. m4nas geist, 
verstand = griech. fievog abgeleitet. In den veden heifst 
mänasvat „weise^ und wird z. b. Rigv. 203, 1 zur bezeich- 
nung des Indra gebraucht. Ich habe schon oben darauf 
hingewiesen , dafs das lat. suflSx vo (fem. va) mit uo (ua) 
identisch ist, und erst eres regelmäfsig nur nach vokalen, 
nach r und 1 eintritt. So würden wir zunächst eine form 
*Menes-ua zu erwarten haben, aus der dann nach den 

Zeitschr. f. vgl. sprachf. XVI. 8. ] 2 



178 Grafsmann 

später entwickelten lautgesetzen *Mener-ua, Menerva, her- 
vorgehen mufste (s. o.). Ueber Manus vgl. n. 8. 

13) Venus. Die abstammung aus der wurzel van in 
der bedeutung ^hold sein^ ist bekannt. In den veden ist 
vänas (gen. vanasas) die lust, wonne z. b. 998, 1 wo es von 
der üschas heifst: 

i jähi vanasä saha 

gdvas sakanta vartanim — j&d ddhabis"') 
komm her mit Freudigkeit, da schon 
den pfad die kfihe mit den eutern segneten. 
So tritt vänas in gleicher bedeutung hervor in den vedi- 
schen Zusammensetzungen gir-vanas an liedern lust habend, 
jagnavanas an opfern lust habend, (297, 2; 876, 5). Hier- 
her gehört auch Venilia, Venelia als göttin der hofi- 
nung, des Verlangens (skr. van, ven auch in der bedeu- 
tung begehren, verlangen). 

14) Camena, Camoena, Casmena, Carmens 
(Varro 1. 1. VIT, 26). Die abstammung aus der wurzel skr. 
9äs, 9as (singen, preisen) ist bekannt. Aus ihr stammt skr. 
^asman (gesang). Aus diesem ^äsman wQrde sich ein ^pas- 
mania in der bedeutung dem gesange zugethan, im gesange 
geschickt, ableiten lassen, ganz wie aus brahman gebet, 
brahmania dem gebete zugethan, aus karman werk, kanna- 
nia im werke geschickt herstammt. So würde sich auch 
Casmena, Camoena als ^casmaniä, d. h. als die den gesän- 
gen vorstehende göttin deuten lassen. 

15) Sancus wird dem Semo pater und dem Fidius 
gleichgesetzt (Ov. Fast. VI, 213), und auf inschriften kom- 
men alle drei namen verbunden zur bezeichung eines got- 
tes vor: Sancto Sanco Semoni Deo Fidio etc. (Grut. 96, 6), 
Semoni Sanco Deo Fidio (ib. n. 5). Auf den iguvinischen 
tafeln tritt der name häufig auf, und zwar in der form 
Sanko, älter Sako als beiname des Jupiter, nämlich vok. 
Jupater Sape (tafel IIb, 24), dat. Sape Sakre Juvepatre 
(IIa, 4), Sapi Juvepatre (IIb, 17), Sa^i seil. Juvepatre 



*) Bei zwölfsilbigen Zeilen^, die mit achtsilbigen wechseln, tritt vielfach, 
in einigen liedern regelmKfsig, der einschnitt nach der achten silbe ein. 



die italischen götternamen. 179 

(IIb, 10); ferner daraus abgeleitet Sangio älter Sa^io dem 
SancuB allgehörig, stets in Verbindung mit dem Fiso d. h lat. 
Fidio, oder dem mit ihm gleichbedeutenden Fisovio; näm- 
lich im Vokativ Fisovie San^ie (VIb, 9. 10. 12. 12. 14. 15), 
Fisovi San^i (VIb, 6. 8. 8. 5), Fisovi Sansi (VIb, 6), und 
im dativ Fise Sansie (VIb, 3), Fise Sa^i (la, 15), Fisovi 
Sansii ( Vlia, 37). Die wahre bedentung des namens ist 
im umbrischen zu suchen, da der lateinische name nach 
den ausdrücklichen Zeugnissen der römischen Schriftsteller, 
aus dem sabinischen, also aus dem sabinisch- umbrischen 
götterkreise entlehnt ist. Hier ist aber Sancus bezeichnung 
und beiname des Jupiter, und der Fidius (Fiso, Fisovio), 
oder Dius Fidius wird nicht diesem Sancus identisch ge- 
setzt, sondern durch das adjektivische Sancius als zu ihm 
in beziehung stehend bezeichnet. Sancus hängt mit san- 
cire, sanctus, sacer und weiter mit der skr. wurzel saK 
zusammen. Letztere, mit sap (verehren) dem griech. ütimj 
lat. sequor verwandt, hat auiser der bedeutung „geleiten^ 
sich zu jemand gesellen^ im Bigveda sehr häufig die be- 
deutung ,j verehren", woraus saKatha „Verehrung*, saKathia, 
sakanä „verehrend'^, saKanävat „verehrungsvoll", so wie 
die participien saKasjämäna, saKanasjämäna „verehren wol- 
lend" herstammen. Sancus wird danach der heilige be- 
deuten. 

Endlich fiäge ich an den schlufs dieser betrachtung 
noch drei götternamen, über deren deutung man zweifelhaft 
sein kann: 

16) Päles, eine göttin der hirten, selten auch masku- 
linisch als bezeichnung eines gottes gebraucht (Serv. Virg. 
6e. III, 1). Das fest dieser göttin (am 21.april) hiefs 
Palilia, oder gewöhdlicher (durch lautabstofsung) Parilia. 
Die ableitung aus der wurzel pä, päl hat auf den ersten 
anblick viel anlockendes. Im sanskrit ist päl4-s der Wäch- 
ter, hüter, hirt, und auch die freilich nicht belegte form 
pal4-s wird dafbr angeführt, ebenso scheint das griech. 
al-^nolog ziegenhirt, falls es hierher gehört, auf urspüngliche 
kürze hinzuweisen. So könnte Pales als göttin der hirten 
benannt sein. Erwägt man jedoch die gesammtheit der 

12* 



180 Grarsmami 

umstände, welche mit der Verehrung dieser göttin in bezie- 
hung stehen, so wird man nicht umhin können, einer an- 
dern ableitung den Vorzug zu geben. Es ist nämlich da- 
nach Pales zunächst die göttin des viehfutters, wie auch 
Serv. Virg. Ge. III, 1 bezeugt Pales — . dea est pabuli. Und 
in der that bezieht sich die ganze Verehrung dieser göttin 
darauf, dafs die göttin bewogen werden soll, alles futter in 
reichlicher ftklle wachsen zu lassen und es dem vieh heil- 
bringend und nahrhaft zu machen. Hierauf zielen auch die 
manigfachen reinigungen und sQhnen , welche mit dem 
dienste der göttin verbunden waren. Die vei^ehen, für 
welche diese sühnen gebracht wurden, bestanden nach Ovid 
(Fast. IV, 749 ff.) darin, wenn der hirt auf heiligem gebiete 
geweidet, oder für seine heerde von einem heiligen haine 
laub abgeschnitten, oder sie aus heiligem wasser getränkt 
hatte. Auch die gegenstände, welche bei diesen reinigungen 
verbrannt werden, weisen auf dasselbe ziel hin. So das 
räuchern mit dem geronnenen blute des oktoberpferdes, 
was im Oktober ob frugum eventum geopfert war. So die 
räucherungen mit bohnenstroh und der asche des sechs 
tage vorher (beim feste der Fordicidia) aus der trächtigen 
kuh entnommenen ungeborenen kalbes; ein gebrauch, den 
Ovid (Fast. IV, 633) gewifs richtig deutet, wenn er die gra- 
vidae nunc semine terrae durch das Symbol der trächtigen 
kuh dargestellt findet, indem die göttin bewogen werden 
soll, nun die aus dem schoofse der erde hervorschiefsenden 
saaten dem vieh heilbringend zu machen. So auch das ver- 
brennen des Strohs und der halme bei der letzten reinigung 
des viehes und der hirten, so das laub und die zweige, mit 
welchen die stalle geschmückt wurden, so das verbrennen 
der öl- und lorbeerbäume und der kraut er; so endlich das 
hirsengericht, welches der Pales dargereicht wurde. Kurz, 
es ist fast kein zug in dem ganzen bilde dieses cultus, der 
nicht auf die besondere beziehung dieser göttin zur nah- 
rung der heerden, oder zur vegetabilischen nahrung über- 
haupt hinwiese. Insbesondere spielen stroh, halme, laub, 
zweige, allerlei kräuter, die der höhnen beraubten bohnen- 
pflanzen, die hirse eine hauptrolle bei den festen der göt- 



die italischen götteniamen. 181 

tin. Nun haben im sanskrit pala, paläla, paläli die bedeu- 
tung: Stroh, halm, Stengel der moorhirse, paläva-s = lat. 
palea spreu, hülse, palä^a-m blatt, laub, palakja und pa- 
lankja eine gemüsepflanze (Beta Bengalensis), auch pallava 
junger scbols, zweig gehört wohl hieben Die Übereinstim- 
mung dieser bedeutungcn mit den bei dem dienste der Pa- 
les in den Vordergrund tretenden pflanzeutheilen und pflan- 
zen kann schwerlich zufällig sein. Als wurzel vermuthe 
ich eine form mit anlautendem s, welches in phala-m 
(frucht, seltner brett, blatt) so wie in lat. folium, griech. 
cfvkkoPj skr. phulla (gespalten, aufgeblüht, mit blüthen be- 
setzt), die hauchung des p veranlafst hat, während es in 
den obigen formen ohne solche Wirkung abgefallen ist. Die 
grundbedeutung dieses ^spal (skr. phal, sphat, sphut) ist 
„spalten, bersten". Hiernach wäre die frucht vom bersten 
bei ihrer reife, der pflanzenschofs von seinem hervorbrechen 
aus der rinde oder knospe, die blüthe, das blatt von der- 
selben anschauung aus, oder letzteres (wie phala im sans- 
krit) von der anschauung einer abgespaltenen platte her 
benannt. Ob die Pallci zwillingsgötter der fruchtbarkeit 
gleichfalls hiermit und mit den skr. dämonen-namen palä- 
^-s, palä^in, pallgaka-s zusammenhängen^ oder ob die göt- 
tin Palatua (s. Preller röm. myth. 3()5) mit der Pales in 
etymologischer Verwandtschaft stehe, will ich nicht entschei- 
den; wenn gleich beides mir wahrscheinlich ist. 

17) L^mures die geister der verstorbenen, insbeson- 
dere in sofern sie als ruhelos umherschweifend und ruhe 
suchend gedacht wurden. Die ableitung ist schwierig. 
Ich vermuthe abfall eines k wie in lamentum, laus, lusci- 
nia, lausus, ludus, ludo und Zusammenhang mit skr. klam, 
^ram „ermüdet, traurig, beunruhigt sein''. 

18) Laverna göttin der diebe. Die ableitungen aus 
lavare, griech. A«/? (Xa^ißdvw)^ latere, oder gar von Lar, 
Lares sind theils der bedeutung, theils der form wegen 
unhaltbar. Ich schlage daher eine andere vor, welche mir 
nach beiden richtungen hin vollkommen zu genügen scheint, 
indem ich als wurzel skr. lü annehme, welche „abreifsen, 
abschneiden", und auch wohl im allgemeineren sinne „ent- 



182 Grafämann 

reifsen^ bedeatet. In der bedeutung ^aa sich reifsen^ tritt 
sie in dem lat. lu-crum hervor, was von jedem gewinn, sei 
er auch durch diebstahl oder betrug erlangt, gebraucht 
wird. Eine gunirte form aus dieser wurzel zeigt z. b. skr. 
lava-8 (ein abgerissenes stück). Man wOrde Lavema dano 
auf ein altes subst. ^lavor zurOckzuftlhren haben, etwa in 
der bedeutung von lucrum, ähnlich wie Saturnus auf sator, 
Jutuma auf jutor zurückgeht, indem die suffiz-verbinduog 
hier wegen des vorhergehenden v in -erna statt in -uma 
überging. Dieselbe wurzel lü hat im griech. kvw lat. luo, 
so-lvo eine abgeblaistere bedeutung angenommen. 

Dritte abhandlung. 

Die götternamen des umbrischen gebietes. 

Indem ich zu den gottheiten des umbrischen gebietes 
übergehe, bin ich mir wohl bewufst, auf welchen schlüpf- 
rigen boden ich mich begebe, da die opfervorschriften und 
gebete, wie sie auf der umfangsreichsten und wichtigsten 
Urkunde dieses gebietes, den iguvinischen tafeln vorkom- 
men, bei allen gottheiten fast auf gleiche weise wiederkeh- 
ren, und die geringen unterschiede nur wenig anhaltepunkte 
geben, um daraus auf die bedeutung der verschiedenen 
gottheiten sichere Schlüsse bauen zu können, und da auf 
der andern seite auch die sprachliche Untersuchung der 
namen leicht auf irrpfade föhrt. Dessen ungeachtet wer- 
den vermuthungen über das wesen der dort genannten gott- 
heiten, deren namen gröfstentheils auf hohes alter zurück- 
weisen, die Wissenschaft weiter fördern, wenn sie nicht in 
haltlose phantasien hinüberschweifen, und sich nicht einen 
grad der Sicherheit anmafsen, der ihnen nicht zukommt. 
So hofiTe ich, werden auch die folgenden muthmaisungen, 
die sich fOr nichts anders ausgeben wollen, zu genauerer er- 
forschung dieses gegenständes anregen. Ich werde überall 
die namen in der Stammform (ohne endung) auffuhren. Die 
meisten der in den denk malern genannten gottheiten stehen 
in bestimmt ausgedrückter beziehung zu einander, welche 
durch beigefügte bestimmungen wie die adjektivischen 



die italischen götternamen. 183 

Jovio, Martio, Qerfio, Grabovio oder durch genetivische, 
weiche nameDtlich die weiblichen gottheiten betrefTen und 
sie als töcbter oder gattinnen mäDnlicher gottheiten dar- 
stellen, bezeichnet wird. Am meisten gesondert von den 
übrigen zeigt sich die gruppe: Puemuno mit dem Zuna- 
men Puprko, Vesuna mit der genetiv-bestimmung Pue- 
munes Puprkes und eine Tursa, welche von den später 
zu erwähnenden Tursa Jovia und Tursa Qerfia zu unter- 
scheiden ist. Diese gottheiten kommen nur bei der auf 
taf. III und IV beschriebenen opferhandlung der attidischen 
brfiderschaft vor. Vesuna findet sich aufserdem noch auf 
volskischen und marsischen inschriften, auf den letzteren 
wird als ihr vater Erino genannt. Es wird dadurch wahr- 
scheinlich, dafs Puemuno als gatte (nicht als vater) der 
Vesuna aufzufassen ist Noch erscheint im sabinischen (auf 
dem steine von Äquila) eine Poimunia, unter welcher 
eine mit dem Puemuno zusammenhängende weibliche gott- 
heit verstanden sein mufs, vielleicht jene Tursa die also als 
Tursa Puemunia der Tursa Jovia und der Tursa perfia 
gegenüberstehen würde. Es findet sich zu diesen gotthei- 
ten eine merkwürdige parallele, die gewifs nicht als ein 
spiel des zufalls betrachtet werden darf. Wir finden näm- 
lich im Bhägavatpuräna (6, 6, 13) einen tarSa-s als söhn 
des arka-s d. h. der sonne und der väsanä erwähnt. Tursa 
mit dem umbrischen verb turse- = lat. torre- = skr. trs 
(perf. tatarsa) verwandt, fassen die herausgeber der umbri- 
schen spachdenkmäler gewifs richtig als göttin auf, die 
über die dürre zu gebieten hat, und angefleht wird, dörre 
und Sonnenbrand (umbr. tursitu) abzuwenden. Das entspre- 
chende wort würde im sanskrit tarsä lauten, wovon sich 
der oben erwähnte tarsa-s nur dem geschlechte nach unter- 
scheidet. Ebenso stimmt Vesuna zu väsanä, indem e eben- 
sowohl langes als kurzes a vertreten kann, und umbr. u 
sehr häufig durch o hindurch aus a entstanden ist. Diese 
väsanä war, wie oben angeführt, mutter des tarsa-s, gat- 
tin des arka-s. Wir werden vermöge dieser beziehung zur 
sonne väsanä als die glänzende, leuchtende, als die tages- 
helle aufzufassen haben, wie ja die vedischen väsarä (leuch- 



184 Grarsmann 

tend), T&stu-s, vSsara-m (tageshelle) diese bedeutung haben. 
Ist diese auffassung richtig, So wird arka-s dem Puemuno 
zar Seite stehen müssen. Dies letztere fbhrt auf die wz. 
pü, deren gnindbedeutung „hell sein^ ist, aus welcher sich 
einerseits der begrifT der klarheit, reinheit, andererseits der 
begriff des flammens, des feuers entwickelte. So ist das 
vedische pftvak&, woffir Qberall pavftka zu lesen ist, ein sehr 
gewöhnlicher beiname des agni, und mufs als „hell glän- 
zend, flammend^ gedeutet werden; Ja es wird auch als 
masc. geradezu als benennung des feuers gebaucht. Die- 
sen begriff zeigen ferner nicht nur die ableitungen griech. 
Ttvg^ umbr. pir, hochd. finr u. s. w. (Curtius n. 385), son- 
dern auch die wurzel pü selbst hat in den vedischen me- 
dialformen (erster klasse), unter denen im Rigveda pav- 
-at€, -asS, -ante, -asva, -atäm, -adhvam, -antam, -ätd, -iäta, 
äpavathäs und das particip pävamäna vorkommen, die be- 
deutung „hell glänzend strömen^ oder gerade zu „flam- 
men^; und diese beiden bedeutungsformen gehen vielfach 
in einander über, da die flamme häufig als glänzender 
Strom gedacht wird und umgekehrt ein heller ström als 
flamme. Die von den herausgebern des petersb. worterb. 
Angegebene bedeutung ,;sich reinigen, gereinigt ausflie- 
fsen, abträufeln, sich klären^ trifft den wahren sinn dieser 
medialformen nicht. So wird es gebraucht vom flammen 
des feuers; z. b. 829, 5 heifst es von Agni: 

svands nä jasja — bhämäsas pavante (2)*) 
des strahlen wie gewitter flammend strömen. 
Ferner von der ins feuer gegofsenen Schmelzbutter 
354, 9 ghrtasja dh4räs — abbi tad pavantö (1) 

der butter ströme flammen ihm entgegen 
354, 10 ghrtasja dhäräs •— madhumat pavante (1) 

der butter ströme flammen honighegend 

451, 2 ghrtäm na püki — matäjas pavante (1) 

wie helle butter flammen die gebete. 



"') Das versmafs verlangt hier die endung -äsas mit kurzem a zu lesen, 
also -asas wie öfter nicht blofs statt äsas sondern auch statt -äs (nom> 
plur. von -a) zu lesen ist. 



die italischen götternamen. 185 

So wird auch die participialforni 9ter klasse punäna in 
gleichem sinne von Agni gebraucht 525 , 2 , wo ich des 
Zusammenhangs wegen auch den ersten vers hinzufüge: 

1. abödhi gäräs — uä4säm upästhät (1) 
hötä mandräs — kavitamas paväkäs (3)*) 
dadhäti ketüm :— ubhajasja gantös (1) 
hayjä dev^su — dravinam sukftsu (1) 

2. sa sukrätus jas — vi düras panlnäm (1) 
punänas arkäm — purubhögasam nas (1) 
hdtä mandras — vi^aäm var damünäs (1)**) 
tiras tamas — dadrpe rämiinäm (1) 

1. erweckt ward aus der röthen schoofs der buhle, 
der holde opfrer, weithinschauend, flammend; 
er hält der götter und der menschen fahne 
bringt opfergufs den göttern, heil den frommen; 
2. der schöngesinnte, der der diebe thüren, 

die nahrungsreiche sonn' uns flammend aufthat, 
jder holde opferer, der häuser gastfreund 
liefs sich erschauen durch der nachte dunkel. 
So werden ferner die oben angeführten medialformen zur 
bezeiohnung des aus der seihe hervorrieselnden somasaftes 
gebraucht, und zwar hauptsächlich im 9ten buche des Big- 
veda, wo in jedem einzelnen liede diese bezeichnung mehr- 
fach wiederkehrt, seltner in den andern büchern (207,5; 
980,1; 482,1). Die aus der somaseihe herausfallenden 
gelbglänzenden tropfen erschienen den dichtem im glänze 
der morgenröthe wie leuchtende flammen, wie blitze, wie 
sonnen. Ich beschränke mich auf die letztere anschauung, 
nach welcher der söma pavamäna mit der sonne (arka, sd- 
ria, siira) in engere beziehung gesetzt wird. So heifst es 
von dem aus der seihe strömenden soma (762, 4) 



*) Da das supcrlativsuffix -tama nicht selten -täma zu lesen ist, so 
könnte dies auch hier geschehen und würde dann aus der 3ten form die viel 
häufigere erstere hervorgehn. 

•♦) Ich habe vär durch konjektur eingeschaltet. Das vcrsmafs verlangt 
diese einschaltung nicht nothwendig, indem mandrds in mandards aufgelöst 
werden kann, wie so überaus häufig fndra in indara aufzulösen ist. Allein 
die präp. vi in der ersten zeile erheischt eine solche ergänzung; vi — v»r 
ist der gewöhnliche ausdruck für das öffnen der thüren. 



186 Qrafsmann 

i pavasva madintama 
pavitram dhärajä kaye 
arkasja jönim äsadam. 
Hell ströme, o berauschendster, zur seihe, seher du, im 
Strom, zu sitzen in der sonne schoois. 
Er wird mit der sonne verglichen: 

766,2 ajäm stirjas ivöpadf^ 

er ist der sonne gleich zu schaun; 

766, 3 sömas deväs nä sdrias 

dem Sonnengott ist soma gleich; 

775, 13 somas deväs na sdrias 

adribhis pavate sutäs 

erglänzend gleich dem Sonnengott, strömt soma vom gc- 

stein geprcfst; 

776, 30 pavasva sdrias drp^ 
hell ströme, sonnengleich zu schaun; 
776, 7 pavamänasja vi^vavid 
prä te sargäs asrksata 
sürjasjeva na ra^majas 
allweiser, dein des flammenden — ergösse, sie ergossen 
sich, gleichwie der sonne strahlenschaar; 
778^ 22 p^vamänas ati srdhas 
abhi arsati suätutim 
säras nä vi^vädar^atas 
hinflammeud durch der feinde schaar, ergiefst er sich 
zum lobgesang, der sonne gleichend, rings zu schaun ; 
798, 34 pävamänas — mähi ärnas vidhävasi (1) 
säras nä kiträs — ävjajäni pävjajä (2) 
im flammenstrom durchrieselst du das grofse meer, 
wie Sonnenglanz im hellen ström die seih' hindurch. 
(Vergleiche noch 796, 2; 781, 6; 813, 12). Er hüllt sich 
in der sonne strahlen (798, 32), besteigt den wagen der sönue 
(787, 1), strahlt mit ihr oder durch sie (714, 6; 773, 8). 
Er zündet die sonne an, oder erzeugt sie: 
775, 7 ajä pavasva dhärajä 
jäjä särjam ärökajas 
mit diesem ströme fliefse hell, mit dem die sonne du 
entflammt; 



die italischen götternamen. 187 

809, 41 ädadhät indre — pävamanas Ögas (1) 
aganajat — stirig gj^is indus (2) 
der flammende ertheilte kraft dem Indra, 
es zeugte Inda glänz dem sonnengotte; 
740, 5 ää4 stiijam aröKajat 
p&vamänas viKarsanis 
er zündete die sonne an, der flammende, weit- 
schauende; 
749, 4 sa tritasjädhi sinavi 
pavamänas arokajat 
gämibhis sdriam saha 
hoch auf des Trita bergeshöh^ — entzündete der flam- 
mende — die sonne mit der schwesterschaar; 
822, 3 agiganas hi — pavamäna stiriam (1) 
denn du erzeugtest, flammender, den Sonnengott. 
(Vergleiche noch 754, 1; 808, 5; 735, 2; 729, 5; 819, 7). 
Er fbllt die sonne mit strahlen: 
809, 31 p&vamäna — pavase dbdma gönäm (1) 

gaganänas*) — sürjam apinvas arkäis (4) 
hellflammend strömst du zu der kühe statte, 
geboren fällst die sonne du mit strahlen; 
oder er füllt wie die sonne die weit mit strahlen : 
753, 5 sa pavasva vicaräana 
*§. mahf rödasi prna 
xx&is Stiljas nk ra^mibhis 
so ströme hell weitschauender, erfüll das grofse weiten- 
paar, mit licht wie sonn^ und morgenroth. 
Er wird endlich geradezu als sonne bezeichnet. 
775, 8 äjukta stiras ^ta^am 

pavamänas manÄv ädhi 
antarikäena jdtavg 
9. Uta tjas haritas da^a 
stiras ajukta jdtave 
indus indras iti bruvän 



*) Der einschnitt verlangt auflösung der form gagnänäs; die ausstofsung 
des wurzelhaften a scheint in der vedensprache noch nicht durchgedrungen 
zu sein. 



188 Grafsmann 

die sonne schirrte an ihr rofs, hellflammeod in des men- 
schen sitz, zu fahren durch den räum der luft. 
Die zehn goldrosse schirrte dann der Sonnengott zur 
fahrt sich an, der Indu, sprechend „Indra ich^; 
798, 29 täva gjötf äi — pavamäna sdrias (1) 
die lichter dein, o flammender, sind sonne selbst; 
778, 18 tuäm söma sdras esas 
die sonne hier bist soma du; 
779, 9 hinvanti süram üsrajas 

pävamEnam madhu^cütam 
die sonne kosen leuchtend sie, den hellen, honigtrie- 
fenden 

777, 1 hinvanti sdram üsrajas 
svasäras gämajas patim. 
die sonne kosen leuchtend sie, den galten die yerschwi- 
sterten. 

Nur einmal im Rigveda und zwar in einem späteren 
liede wird es vom winde' gebraucht (954, 2), und auch hier 
wird man ihm den sinn beilegen müssen: »hell, klar strö- 
men^. Die fiir diese medialformen erster klasse nachge- 
wiesene bedeutung tritt auch in dem gebrauche der späte- 
ren vedischen litteratur hervor, wo pavamäna, pävaka (flam- 
mend), ^uci (leuchtend) als besondere einkleidungen des 
Agni, oder als söhne des Agni von der svähä (ruf beim 
opfer) dargestellt werden. Jenem pavamäna nun setze ich 
den umbrisehen Puemuno gleich, indem das suffix des me- 
dial-particips hier genau in derselben form auftritt, wie in 
der oben erwähnten lat. Alemona (von al-) d. h. skr. -amäna 
= lat. -emono, altumbr. -emuno, sabin. imune; und die gu- 
nirte wurzelform skr. pav- erscheint im umbrisehen als pu, 
im sabinischen als po. Diesen Puemuno fasse ich, der obi- 
gen entwickelang gemäfs, als den flammenden, insbesondere 
als sonne, also begrifl'lich gleich dem oben erwähnten arka, 
der' mit der tageshelle (väsanä = Vesuna) die dürre, den 
Sonnenbrand (tarsa-s, Tursa) erzeugt. Der beiname Pu- 
prko ist mit Aufrecht (d. zeitschr. I, 278) als Pupidicus zu 
deuten, und vergleicht sich den oskischen gentilnamen Pii- 
pidiis, Pupdiis (d. zeitschr. XI, 401), ist also wahrscheinlich 



die italischen götternamen. 189 

von einer ortlichkeit benannt. Endlich der marsische 
Erino, vater der Vesuna, könnte mit skr. ärana*in tiefe, 
abgrund (112, 6; 679,8) verglichen werden, wonach eine 
bestimmte götterordnung äranaga (in der tiefe geboren) ge- 
nannt wird. Aber weit mehr empfiehlt es sich, Erino dem 
skr. arun4 gleichzusetzen, indem u und i als Umwandlungen 
eines alten a zu betrachten sind. (Ueber skr. u für a nach 
r siehe A. K. umbr. sprachd. I, 59**)). Es bezeichnet arunä 
als adjektiv die färbe der morgenröthe, und aruna-s als 
männliches Substantiv das morgenroth, und personificirt 
den Wagenlenker der sonne, den bruder des Garuda, eines 
mythischen vogels, durch dessen glänz bei seiner geburt 
die ganze götterweit in schrecken gerieth. Es würde da- 
her sehr treffend väsanä die tageshelle als tochter des 
arunä, des morgenroths aufzufassen sein* So hätten wir 
im umbrischen götterkreise Erino als den im morgenroth 
glänzenden wagenlenker der sonne, der die tageshelle Ve- 
suna gebiert ; diese vermählt sich dem Puemuno, dem strah- 
lenden sonnengotte (ark4 pavamäna) und gebiert aus ihm 
die Tursa, die dürre, eine gottheit, der zugleich die macht 
beigelegt wird das vertrocknen der pflanzen, oder das ver- 
siegen der gewässer (tursitu) abzuwehren. 

Alle übrigen götter, die auf den umbrischen denkmä- 
lern erwähnt werden, stehen mit Mars oder Jupiter oder 
beiden in Verbindung. So zunächst eine engere gruppe; 
Qerfo Martio nebst den beiden weiblichen gottheiten 
Pres tat a (Prestota) Qerfia und Tursa Qerfia, welche 
durch die genetivische bestimmung Qerfer Martier noch 
enger an den erstgenannten geknüpft, und offenbar als toch- 
ter desselben aufzufassen sind. Qerfo ist von den heraus- 
gebern der umbrischen Sprachdenkmäler mit dem lat. Ce- 
rus zusammengestellt, und als schaffender gott gedeutet, 
das sufGx aber auf die wurzel fti (skr. bhü) bezogen , und 
mit dem suffixe in mor-bu-s verglichen worden. Ich 
glaube jedoch, dafs man einer andern deutung den vorzug 
geben mufs, bei welcher man nicht auf die anftkgung eines 
solchen immer doch seltnen sufBxes zurückzugehen braucht, 
und welche das wort ^erfo in dieser form unmittelbar mit 



190 GraTsmatui 

bezeichnangen verwandter gottheiten der veden in bezie« 
hang setzt. Inlautendes f im umbriscben kann nicht nur 
aus altem bh, sondern aach ans db entstanden sein, wie in 
rufro SS rudbira, mefio = m&dbia. So werden wir von 
Qerfo auf das altind. pärdha geführt. Dies ist theils ad- 
jektiv, theils männliches Substantiv, ersteres wird in der 
bedeutung „stark^ von Agni (Rigv. 297, 12) und von In- 
dra (742, 6; 816, 3; 817, 3) gebraucht; letzteres hat theils 
die bedeutung „held^, und wird gleichfalls von Agni und 
Indra gebraucht in den Rigvedastellen 192, 5; 702, 16, in 
denen der gott als der gaben oder beute austheilende sie- 
gesheld dargestellt wird, theils die bedeutung „schaar^, und 
wird in dieser bedeutung am häufigsten (14mal) von der 
schaar der Maruts gebraucht. Dieser begriff der schaar 
bat sich offenbar aus dem der macht etatwickelt, und an 
manchen stellen pafst die bedeutung „macht der Maruts^ 
statt „schaar der Maruts^ ebenso gut oder besser. Diesen 
Übergang zeigt uns besonders klar das neutrale subst. ^ar- 
dhas, welches neben der seltneren bedeutung „macht, hel- 
fende machte (509, 8; 400, 2; 202, 14; 441, 6) die bedeu- 
tung „schaar^ hat, und wieder bei weitem am häufigsteu 
von den Maruts gebraucht wird; der komparativ ^ardha- 
stara hat die bedeutung „sehr stark^, und die wz. cardh 
die bedeutung „stark sein, tapfer sein^ und wird sowohl 
von göttem als menschen, von trotzenden dämonen und 
feinden gebraucht. Ebenso zeigt prdhjä tapferkeit (203, 10) 
denselben grundbegriff"^). Es wird also der umbriscbe 
^erfo Martio als der starke, der siegesheld aufzufassen sein, 
der mit dem Mars in Verbindung steht; dagegen wird seine 
beziehung zu dem ^ärdha-s märuta-s doch wohl nur eine 
losere sein, obgleich letzteres etymologisch fast genau dem 
Qerfo Martio entspricht. 

Von den beiden göttinnen, die mit dem Qerfo Martio 



*) Das kausativ ^ardhäjat zeigt die bedeutung rauschen lassen (mit ati- 
pra: 638, 6), welche später einen obscönen nebenbegriff angenommen hat. 
Diesen letzteren als grundlage der ganzen begriffsentwickelung anzunehmen, 
wie vielfach geschehen ist, ist gewifs sehr verkehrt, und wird durch die be- 
griffe der ableitungen 9drdha, 9äTdhas, fft^hjä vollstftndig widerlegt. 



die italischen götternameii. 191 

in Verbindung stehen, der Prestata und Tursa ist schon 
früher die rede gewesen. Endlich steht mit dem Qerfo 
Martio noch in Verbindung eine männliche gottheit, deren 
namen nur im dativ vorkommt: Hon de Qerfi, alt Hunte 
perfi, wo Qerfi dativ von Qcrfio ist, also dadurch der gott 
als ein zu dem Qerfo Martio gehöriger bezeichnet wird. 
Es vergleicht sich honde dem abstrakten subst. hondu, was 
von A. K. unzweifelhaft richtig aus der wurzel han (schla- 
gen, tödten) abgeleitet wird, indem nämlich das snffix -du 
gleich -tu gesetzt wird, dessen t im neuumbrischen nach 
nasalen zu d erweichte. Es würde also hondu = skr. 
häntu (das schlagen, tödten) sein, und, wie der Zusammen- 
hang wahrscheinlich macht, als krieg ( Schlacht) gedeutet 
werden können. Es liegt daher nahe, in dem Hunte, Honde 
gleichfalls einen kriegsgott vorauszusetzen, ^ie in dem 
Qerfo Martio. Allein dann kann man den stamm nicht als 
^Hunto, *Hondo ansetzen; denn dies könnte nur den ge- 
tödteten, geschlagenen bezeichnen. Als solcher konnte der 
gott nicht aufgefafst sein, sondern nur als der schlagende, 
tödtende, also = skr. hantar, als der gott der kriege, wie 
seine verwandten Qerfo Martio und Mars. Danach hätte 
man im dativ alt Huntre, neu Hondre erwarten sollen. Der 
ausfall des r, der hiernach anzunehmen wäre, ist bei he- 
betafe = ebetrafe (A. K. umbr. sprachd. I, 98) sicher nach- 
weisbar, weniger sicher in dem neueren rofo^ was älteres 
rufro wiedergiebt , da auch im lat. rufo neben rubro er- 
scheint. In unserm worte konnte der ausfall durch das 
streben der Unterscheidung von dem geläufigen umbrischen 
Worte alt huntro, neu hondro (ulter A. K.), wovon alt hu- 
tra, neu hondra und hondomo abstammen, begünstigt sein. 
Wir werden demnach als Stammform anzusetzen haben: 
alt ^bunter, neu ^honder, in der bedeutung „der schlachten 
kämpfende, der tödtende". 

Für den Mars selbst erscheint als beiname erstens 
Hurio, neu Horso, nur im dativ Marte Hurie, neu Marte 
Horse. Das umbr. r, neuumbr. rs entspricht stets ursprüng- 
lichem d. So würden wir zu einer wurzel gelangen, welche 
mit einer weichen aspirate anlautet, mit d auslautet, und a 



192 GrafsmanD 

als jTokal enthält. Da anlautendes dh bei auslautendem d 
den gesetzen indogermaniseher wurzelbildung widerspricht, 
so wQrde als anlautende aspirate nur bh oder gh (b) übrig 
bleiben. Nimmt man bb als anlaut, so wQrde man zu ei- 
ner Wurzel bhad gelangen. Diese kommt als Wurzel mit 
nasal vermehrt im Bigveda vor (bhandat^, bbandamäaa), 
wo es die bedeutung „glänzen^ hat und von Agni, und 
der mit der nacht gepaarten morgenröthe gebraucht wird; 
von der bedeutung „jauchzen^, die das petersb. wörterb. 
der Wurzel zutheilt, finde ich weder in den stellen, wo diese 
vorkommt, noch in den ableitungen, wie bhandänä (glänz, 
segen), bhadrä (glücklich, selig, leuchtend) eine spur; das 
letztere ist ein häufiger beiname der götter und göttioDen; 
auch später bezeichnung eines gewissen götterkreises. Die 
bezeichnung als eines leuchtenden, oder seligen ist fQr ei- 
nen gott, namentlich aber für den Mars, dessen grundbe- 
griff gleichfalls, wie oben gezeigt, vom glänzen entnommen 
ist, so zutreffend^ dafs man hier wohl, wie in umbr. mehe 
= skr. mahjama für ^mabhjam, in lat. herba =s fpoQßij 
Wurzel bharv (Aufrecht d. zeitschr. X, 157), hordus = for- 
dus Wurzel fer-. skr. bhar, entstehung des b aus altem bh 
annehmen darf. 

Endlich tritt als beiname des Mars auch Krapuvio, 
neu Grabovio auf (Marte Krapuvi, Marte Grabovei, da- 
tiv). £s scheidet sich das suffix -uvio, -ovio sogleich ab, 
was in ganz gleicher weise in dem umbr. Fisovio neben 
Fiso, so wie in manigfachen römischen bildungen Pacuvius, 
Vesuvius, Vitruvius, Lanuvium wiederkehrt. Dies führt 
auf einen einfacheren namen *Krapo, *Grabo (A. K. umbr. 
sprachd. II, 130) und auf eine wurzel *kr^p zurück. Diese 
tritt (Curtius n. 42) im griech. xgamvoq^ xaQjiahfiog 
(schnell), und in besonders klarer begrif&ausprägung in 
dem altsl. krep-ükü stark, krep-osti stärke, krep-iti stärken, 
russ. kräp-oku stark, fest, mächtig, tapfer u. s. w. hervor. 
Hiemach wäre jener gott als der starke, tapfere bezeich- 
net und demgemäfs auch die mit ihm durch den beinamen 
Krapuvio in beziehung gesetzen: Mars, Jupiter und Vo- 
fiono. Hiermit stimmt überein, dafs nur diesen göttem 



die italischen gdtternamen. 193 

grofse thiere (rinder) geopfert werden, und zwar jedesmal 
vor den tboren, während hinter den thoren kleinere thiere, 
und 9swar in der regel weiblichen gottheiten dargebracht 
werden. Es scheint, dafs gerade diese gdtter als diejeni- 
gen betrachtet wurden^ welche die Stadt und ihre thore 
vor äii&eren feinden schätzen sollton, was mit der obigen 
deutung des namens gut zusammenstimmt. 

Es schliefst sich hieran die gruppe der JovialgOtter. 
Jupiter selbst erscheint nur in den datiyformen Juve Kra- 
puvi, jünger Jure Grabovei und Juve-patre, und in der 
vokativform Ju-pater also nie ohne einen solchen zusatz. 
Mit dem beinamen Juvio, Juvia jünger Jovio, Jovia er- 
scheinen theils gottheiten, die uns schon bei den früheren 
gruppen begegnet sind, namentlich eine Tursa Jovia wie oben 
Tursa (^erfia und eine Tursa Poimunia (?); ferner ein Hun- 
ter (falls unsre obige deutung richtig ist) Jovio, von dem 
wieder nur die dativform Hunte Juvie vorkommt. Anfser- 
dem treten noch neu auf ein Tefro Jovio und eine Treba 
Jovia (wahrscheinlicher als Trebo Jovio). Beide namen 
erinnern unmittelbar an örtlichkeiten, der erstere an den 
Tiber, der das umbrische gebiet in langer erstreckung be- 
rührt, und von dem namentlich Iguvium nicht fern lag, 
letztere an den stadtnamen Trebia, der im umbrischen ge- 
biete vorkommt, so wie an die Stadt Trebia, nach welcher 
ein tfaor von Iguviam benannt war. Zu weiteren vermn- 
thungen finden sich nur dürftige anhaltpunkte, auf die ich 
nicht eingehe. Von dem Sancus, altumbr. Sako, neu 
Sanko, als einem beinamen des Jupiter ist schon oben die 
rede gewesen, ebenso von dem durch die adjektivische be- 
Stimmung Sanpio mit ihm in Verbindung gesetzten Fi so 
(röm. Fidius) und Fisovio. Ferner erscheint ein beiname 
Armune (dat.) des Jupiter, wobei nicht klar ist, ob der 
stamm konsonantisch oder tuif o auslautet. Da umbr. r 
altes d vertritt, und -mune als suffix sich zu erkennen giebt, 
so gelangt man zur wurzel ad verzehren; skr. ad man ist 
mahl, admän würde der verzehrer heifsen, admani bedeutet 
feuer, als das verzehrende, und nähme man in Armune wie 
in Puemuno ein mediales particip an, so würde sich gleich- 

Zeitschr. f. vgl. sprachf. XVI. 3. 13 



194 Grafsmann 

falls die bedeuiung »der verzehrende^ ergeben. Es mag 
also Jupiter hier etwa als der das opfer verzehrende, oder 
als der durch das feuer seines blitzes verzehrende aufge- 
fafst sein. Endlich ist noch der Vofiono Grabovio, alt 
Vufiuno Krapuvio zu erw&hnen. Mit Vufiuno ist vufro 
als beiname des kalbes (vitlo) und vufeto als beiname des 
geftTses (vesklo) zu vergleichen. Ersteres bestimmen A. K. 
als bezeichnung einer färbe; doch kann man ihrer verglei- 
chung mit skr. babhru (braun) schwerlich beistimmen, da 
babhru offenbar eine reduplikation enthält, also b f&r bh 
steht, welches im umbrischen in f übergeht, niemals aber 
in V. Dagegen wird man in der that nicht nur vufro, son- 
dern auch vufeto als bezeichnung einer fftrbung (von käl- 
bern und gefilfsen) anzusehen haben. Beide verhalten sich 
zu einander genau wie rubro zu rubido, indem das lat. 
snffix -ido, alt -edo, gleichfalls auf älteres -eto zurück 
weist. Mit dem ersteren vufro glaube ich nun das lat. va- 
fro (n. vafer) ganz gleich setzen zu dürfen, indem als neu 
nmbrische form ^vofro anzunehmen wäre. Das lat. vafei 
ist in seiner bedeuiung ganz auf das geistige gebiet über 
gegangen, indem es den verschmitzten, schlauen bezeichnet; 
aber die isidorische glosse vabrum = varium, multiforme 
führt uns auf die sinnliche grundbedeutung bunt, vielge- 
staltig. So würden wir unter vufro vitlo ein bunt geftrb- 
tes kalb und unter den veskla vufeta (veskles vufetes abl. 
plur.) bunte gefäfse zu verstehen haben, wie denn ja die 
färbung der opferthiere und der opfergeftfse von wesentli- 
cher bedeutung war. Die wurzel ist *vabh, griech. vqpatVo/, 
deutsch weben (ags. vefan, altn. vefa), wozu skr. ürna-vär 
bhi-s (die spinne) gehört (Curtius n. 406b). In dem ge- 
webe tritt sowohl das ineinander verschlungene^ manig- 
fache, als auch das bunte hervor, sei es durch ungleichen 
lichtreflex, sei es durch verschiedene färbe des aufzuges 
und einschlages. Sehr klar zeigen sich diese bedeutungs- 
Übergänge im angelsächsischen, wo aus der wurzel vefan 
(weben), die auch vom ranke spinnen (unraed vgfan Caedm. 
III, 5) gebraucht wird, das unserm worte genau entspre- 
chende väfer stammt. Die bedeutung dieses väfer tritt in 



die italischen götternamen. 195 

den Zusammensetzungen fast in allen oben dargestellten ber 
griffsabstuflingen hervor; so bedeutet v&fer-gang das ge* 
webe der spinne, väfer-möd =s lat. vafer den schlauen, 
verschmitzten; und väferness (pompa, ludus, spectaculum), 
väfer-stov (theatrum), väfer-syn (spectaculum) lassen den 
begriff des manigfach gestalteten, buntglänzenden hindurch- 
schimmern, der auch in der stelle Caedm. 231, 2 vylm 
päs väfran liges die gluth des buntglänzenden lichtes för 
das wort väfer selbst zu gründe zu liegen scheint. Der name 
Vofiono, Vufiuno enthält dasselbe suffix, was in Portunus 
u. 8. w. vorkommt (s. o.), und der gott mag vielleicht als 
der vielgestaltige, also etwa als ein italischer Proteus auf- 
zufassen sein. 

Endlich schliefse ich hieran noch zwei göttemamen, 
die sich an ein zahl wort anschliefsen, und in der mehrheit 
eine genossenschaft von göttern, in der einheit einen aus 
dieser genossenschaft, gewissermafsen den repräsentanten 
der fibrigen zu bezeichnen scheinen, nämlich : 

Novesede in der inschrift von Benedetto und in der 
von Pesaro (Mommsen unt. dial. 339, 342, Corssen d. zeits. 
IX, IBOff.)) eine form die Corssen (a. a. o.) gewifs richtig als 
dat. sg. fafst, während sonst die als sabinisch erwähnten No- 
vensides^ Novensiles nur in der mehrheit vorkommen, und 
von Corssen mit recht als ,, neunsassen ^ gedeutet werden. 
Sie vergleichen sich der in den veden vorkommenden ge^ 
nossenschaft der neuner (navagva); auch diese erscheinen 
in der regel im plural; aber auch der Singular kommt in 
dem oben angegebenen sinne vor (Rigv. 347,4; 820,4; 
888, 6). 

Declune in einer volskischen inschrift (Mommsen 
unt. dial. 320, Corssen de Volsc. ling.), wo deve declune 
als dat. sing, vorkommt, und eine männliche gottheit zu 
bezeichnen scheint. Im lateinischen würde der name etwa 
"^deculonus lauten, und durch das doppelsufßx -1-ono aus 
dec-em abgeleitet werden können. Dann würde er dem 
ved. da^a-gva entsprechen, welches in der mehrheit eine 
genossenschaft von zehn halbgöttern bezeichnet, und auch 

13* 



196 AagoH 



in der einheit im oben angegebenen sinne vorkommt (347, 
4; 632, 12; 888,6). 
Stettin d. 2. juli 1866. Grafsmann. 



Lateinisches und romanisches. 

(Fortsetzung.) 
II. 

1. tcnebrae, tetrns; idöneus; und anderes. 

Indem Ebel XIV, 77 f. tenebrae aus 'tenestrae 
(Henesd-rae ^teoesfrae ^tenesbrae) mit skr. tamisrä, dun- 
kel (subst.), eine dankle nacht, zusammenstellte, liefs er es 
imentachieden ob es sich dabei um ein im lateinischen ein- 
geschobenes oder im sanskrit verlornes t handle. Kuhn 
schlofs sich XIV, 222; XV, 238 f. Ebels ansieht an, so 
jedoch dafs er entschieden ein indog. tamistra oder ta- 
mastra aufstellte, dem ein urdeutsches pimistra (hd. 
dinster finster) bis auf die übrigens auch im sanskrit ein- 
tretende Schwächung des wurzelvocals genau entsprechen 
wfirde. Gegen Kühnes beweisführung hege ich aber einige 
vielleicht kleinliche bedenken, die ich kaum aussprechen 
würde, hätte sich mir nicht eine einfachere und dazu viel- 
leicht durch eine lateinische schwesterform bestätigte er- 
klärung geboten. 

Einerseits scheint mir doch die annähme eines indog. 
sufBxes astra, trotz XV, 305 f. und dem was sich noch 
aus dem armenischen (s. Bopps vergl. gramm. I, 364; III, 
264) herbeiziehen liefse, etwas zu gewagt, und nicht min- 
der gewagt dürfte es einstweilen sein etwa tam-as-tra 
zu theilen, folglich der Ursprache bildnngen wie griech. 
ccx-ia'TQa äyx-iG'TQO'V (vgl. skr. ank-as, biegung, krOm- 
mung) zuzumuthen. Sind timisrä sahasra (tausend) 
blofs arisch, so haben wir wohl dafür an *tamas+ra sa- 
has+ra (starkzählig) festzuhalten. Sollten sie aber ur- 
bildungen vorstellen, so wäre vielleicht darin eher ^tam- 



lateinisches and romanisches. 197 

-a-tra *8ah-a-tra zu erkeunen, vgl, skr. tisras tisr- 
bhis beim fem. des Zahlwortes drei, ond skr. snäju (aucb 
snftva^ Justi unt. z. ^nävare), sehne, zu wz. tan tnä. — 
Andererseits scheint mir die deutsche form (dinster) im 
gegenwärtigen falle ein doppelt gefährlicher Wegweiser zur 
erreicbuDg der urbildung zu sein; denn einmal ist str aus 
altem sr nicht abzuweisen, zweitens ist wohl nicht zu ver- 
kennen dafs, sei es aus analogie anderer fälle wo s aus 
der Verwandlung anderer laute vor t entstanden ist, oder 
aber aus der analogie des an das neutr. sufBx ursprünglich 
as antretenden t-suffixes (hul-is-tr), der gebrauch von s-ti 
8-tra u* s. w. auf deutschem boden eine besondere aus- 
dehnung erhalten hat. Wollte man auch z. b. f&r altsächa. 
hlu-st f., auditio, das indog. kru-ti (skr. ^ru-ti) bei seite 
lassen und auf ^rävasti XV, 305 zurQckgehen, so wird 
doch schwerlich jemand für jeden einzigen fall solcher be- 
gegnungen das ursprüngliche Vorhandensein des Zischlau- 
tes zu behaupten wagen. — Drittens mufs ich gestehen, 
dafs ich das n in dinster als „ein weiteres analogen zu 
tenebrae ans temebrae^ nicht gern würde gelten lassen. 

Bei tenebrae ebenso wie bei gener lasse ich m 
durch anstofs an den dentalen rcsp. lingualen darauf fol- 
genden laut nothwendig in n übergeben. Was gener be- 
trifit, so war ich, von Corssen (beitr. '^68 ff.) unabhängig, 
von einer grundform gam-ara ausgegangen, die mit skr. 
gäm-ätar gleichbedeutend und ähnlich gebildet wäre, und 
an deren seite man vielleicht das analoge altertümliche gr. 
femininum Sapiagt- stellen dürfte (s. hingegen Curtius n. 
260); also graecoit. gam'rö-s (oxytoniert; vergl. gr. pa- 
t'r-os, grundf. patar-as u. s. f.), daraus einerseits ya/^- 
ßQO'y andererseits gen'ro (später genero, vgl. auch we- 
gen des späteren furtiven vocals Corssen a. a. o., und -bulo 
= -blo = -i91o == -tra), wobei alb. öivdBQ^ eidam, ehe- 
mann, von nicht geringer Wichtigkeit sein dürfle, wenn 
sich überhaupt über alter und herkunft albanesischer Wör- 
ter beim gegenwärtigen stände der forschung irgend was 
mit Sicherheit behaupten liefse. — Tenebrae führe ich 
nun ganz einfach auf urspr, tan -tra (tam-Htra) zurück, 



198 Aflcoli 

das im zend regelEnäfsig durch täthra, finster, finsternifs, 
vertreten ist; folglich: ten-thra ten-fra ten-e-fra ten- 
-e-bra. Auf das einfache tautra dQrfte auch, nach dem 
oben bemerkten, selbst hd. dinster, der Schreibung dim* 
st er zum trotz, zurückgehen. 

Bekanntlich ist die im altbaktrischen uothwendige as- 
piration (tbra = tra) im graecoital. arbiträr, so dafs auch 
fbr ein und dasselbe wort sowohl die aspirierte form, oder 
deren Vertretung, als die unaspirierte vorkommt; ich brauche 
nur an terebra Tegergov^ libra kitga (s. oben I, 1), und 
in einer und derselben spräche an lat. palpebra neben 
palpetra zu erinnern. Es lag nahe in aolchen fällen die 
Verschiedenheit der lautform zur Scheidung der verschie- 
denen gestalten des begriffes zu benutzen. loh glaube da- 
her, dafs urspr. tantra nicht nur durch urlatein. ten«9*ro 
(*tenfro etc.), finster in physischer bedeutung, sondern 
auch durch ein urlat. tentro, finster in figürlichem sinne, 
vertreten wurde, dafs uns in der form teter (stamm te- 
tro), mit langem e zum ersatze des geschwundenen n, 
vorliegt. Wegtn der einbufse von n worden generellere 
analogieen wie menstruum neben -mester, -onsus 
-ossus -ösus U.S.W, wenig helfen, ganz speciell aber, 
d, h. für dessen Schwund vor t in der Wurzelsilbe neben 
ersatzdehnung des vocals, käme uns läterna = lau- 
ter na (s. Pott IP, 585. 809) zu statten (vgl. noch zeitschr. 
1,297 f.; n, 376 f.). Auch verdient, insbesondere wegen 
der ähnlichkeit der lautform, rumen. c^'tr^ = contra 
einige beachtung. . In der lateinischen literatur wäre der 
figürliche gebrauch von teter sehr weit geschritten, so 
dafs bei der betrachtung einzelner beispiele (tetro sa- 
pore, odoretetro; so auch in der ital. poetisch, litera- 
tur: odor tetro, tetro puzzo, tetro alito) die alte 
ableitung aus taedet begrifi^licherseits nicht leicht zu ver- 
werfen schiene; untersucht man aber näher die vielfältige 
anwendung des wertes, so wird man dadurch, von forma- 
len bedenklichkeiten abgesehen, jener ableitung abhold. 
Auch spräche fßr die Sinnesverwandtschaft mit tenebrae 
der alte unglückliche versuch teter mit ater zu verein- 



lateinisches Qnd romanisches. 199 

baren; den ausschlag gibt aber wobi der lebendige d. i. 
ital. und span. gebrauch des wortes: it. tetro, düster in 
sinnlicher und figftriicher bedeutung, t^n^breux, span. te- 
tro, noir, sombre, t^trico, m^lancolique. Da übrigens 
tan-tra tam-as u. s. w. die finsternifs als die beklem- 
mende besagen, so könnte man andererseits auf den ge- 
danken kommen, die bedeutung gravis, molestus sei bei 
teter ursprünglicher als die von finster; doch schiene mir 
dies nicht ratbsam. Was zuletzt die Schreibung betrifft, 
so ist bekanntlich teter noch besser als taeter bewährt; 
und haben wir recht, so ergibt sich das ae in taeter 
(wohl wegen taedet) als unhistorisch, vgl. caespes neben 
cespes, skr. paspa. 

Es würde folglich das deutsche düster (thiustar) so- 
wohl lautlich (wenigstens der wurzel nach) als begrifflich 
tenebrae und teter in sich vereinigen. Schwund des 
nasals ähnlich wie bei teter und dazu neben der sinn- 
lichen auch die übertragene bedeutung treffen wir weiter 
bei den neueränischen reflexen von altbaktr. täthra (vgl. 
Justi s.v.), z. b. neup. tär, tär-än, tär-lk, obscurus, te- 
nebricosus, tärik dil, animi obscuri (gleichsam tetri- 
-cors, wo also beide theile auch etymologisch entsprä- 
chen, da dil = *zird = hrd), ossetisch thar, mit regel- 
mäfsiger aspiration des anlautes, düster, besonders von 
Wäldern (Rosen 399). Die alte dentalaspirata hat sich 
hier, wie oft, verflüchtigt: tanthr tathr tahr tär, vgl. z. b. 
altbaktr. athr-, *ahr, kurd. är, feuer. Verliert auf diese 
weise das alte tantra in Neueranien die beiden mittleren 
consonanten^ so werden hingegen die beiden letzteren von 
tenebrae, somit das ganze sufHx, in einigen rumenischen 
formen vermifst, worin der lateinische name der dunkelheit 
ungemein verdunkelt steckt. Rumen. in-tunekä, assom- 
brir, obscurcir (bei Vaillant), ist nämlich =s *in-tenebri- 
care, wie jn-tuner-ecu (bei Clemens, d. i. in-tunear-ecu; 
vergl. peatre = petra), ^n-tuner-ek in-tuner-ik (bei 
Vaillant), finsternifs, deutlich zeigt, wo blofs der eine laut 
geschwunden. Letzteres wort geht auf eine ältere form 
des verbums, oder, was auf eins hinausläuft, des nom. 



260 Ascoli 

abstr. in^tunekare, obscuroissemeut (^iniimerekare), zu« 
rQck; ebenso lehnt sieh wohl auch in-tunekos, sombre, 
obscur (tenebricosus), wenigstens des praefixes wegen, an 
die verbalform. Wegen des reineren u s» e in der unbe- 
tonten silbe von intun(er)ekä mag einstweilen, obwohl 
die analogie nicht vollkommen entspricht, unflä (umflä), 
enfler (bei Vaillant), lat. inflare, it. enfiare, verglichen wer- 
den. Ob irgend ein slawisches wort, etwa illyr. tamnost 
(vgl. umbiä s= ambulare, skaun = scamnum), finster- 
nilfi, mit im spiele dabei gewesen? Für r aos br ist an 
kreeri (cerebrum) f. pL, cerveau (Yaillant), k^p^zina 
kreri-lor, die hirnschale (Molnar), zu erinnern; auch ist 
faur (schmied) belehrend, als mittelstufe zwischen '^fabru 
(faber) und friaulisch fari (schmied). Totalen schwund 
des Suffixes (-tra, -bra) haben wir wohl ferner aach bei 
mmen. pleop^, pl. plopi bei Vaillant, mit artik. pleöpa, 
pl. pleöpe-le bei Molnar, augenlid, anzunehmen, das von 
lat. palpebra (palpetra) unmöglich zu trennen, und hinsicht- 
lich der Verstümmelung mit mail. palp-ign-ent, epiteto 
proprio delP occhio di uno che abbia il difetto di batter 
le palpebre, palp-ign*ä i ceucc (brescian. palpegnä), 
batter le palpebre (oeuccx = occhi), zunächst aus palpcr- 
-ign-ent palper-ign-ä, wie mail. palpera, pL pal- 
pär, palpebra, lehrt, zusammenzustellen ist. Mailand, pal- 
pera, piemontes. parpera neben parpeila = genues. 
parpella (eigentlich diminuiivisch, vgl. it. cervello zu 
cerebrum), und veneziau. palpiera, palpier^r (palpe- 
brare), sind Übrigens eher auf lat. palpetra, neben neapoL 
parpetola, brescian. parpecie (== *parpetle), franz. pau- 
pi^re (XIV, 221), als auf palpebra zurückzuführen; vgl. 
venezian. fievara, mail. f^ver, f^vera, piemont. demin. 
fgvreta, assfebris, hingegen venez. pidra, piem. pera, 
mail. pr^ja = petra. Um aber zu rumen. pleöp^ zu- 
rückzukehren, so ist dabei erstens der verlust des werten- 
des (und die länge der ersten silbe, falls eine solche wirk- 
lich da ist) als eine Wirkung des accentes auf der dritt- 
letzten silbe zu erklären, vergl. it. palpebra neben pal* 
p^bra, und das ziemlich zerrüttete ebenfalls proparoxyto- 



lateinisches und romanisches. 201 

Dierte span. parpado, das sieb auf ein altes palpetro 
(das italieniscbe kenot auch die männliche form: palpebro) 
stützt. Ferner zieht das ziemlich auffallende eo in pieop^ 
unsere aufmerksamkeit auf sicl^; es könnte e als palatale 
afficierung von 1, so d&fs wir hier ungefähr die nämliche 
lautstufe wie bei südrumen. oliae 3» clavis hätten, und 
o als einen durch die labiale Umgebung bestimmten ver« 
treter von altem a (vgl. Qbrigens lotru sa latro, Diez 1% 
136. 33«)) angesehen werden. Endlich ist die Versetzung 
des 1 in unserem rumeniscben worte hervorzuheben; wobei 
(überhaupt vielleicht bei pleo-) an eine einwirkung des 
griechischen namens des augenlides (alt- und neugriech. 
ßlitfagov) gedacht werden dürfte. Jedoch glaube ich diese 
Versetzung anderswo unter Romanen wiederzutreffen (vgl. 
pöpulus, rum. plop, it. pioppo u. s. w.), denn aus altem 
*pl&petra *pläpera würden sich, neben rumen. pleop^, 
durch den im lateinischen oft eintretenden schwnnd des 
anlautenden p vor 1, die italienischen formen läppare, pal- 
pebre (bei Tramater, aus Venzon), l&ppole (im lucchesi- 
schen), die haare des augenlides (wegen des doppelten p 
vgl. z. b. ital. -ittimo = lat. itimus), erklären, die folg- 
lich aus einer zeit herrühren mochten, wo der zug noch 
nicht eingerissen war pl durch pli zu pj zu erweichen*)« 
Der vordertbeil von palp^bra bat aber wiederum viel 
stärker im gemeinsardisch. pibir-ista, aus *palpibir* 
-ista, gelitten, wobei -ista als weiterbildend (wobl de- 
minutivisoh) zu fassen ist; vgl. südsard. pibir-istäi, asper- 
gere, spruzzar di pepe, von piber = piper* 

Der name des „zittergliedes^ (p^lp-) palpit-, Pott und 
Coresen; vergl. illyr. trep-äv-ica, augenlid, neben träp- 
-iti, zittern) scheint sich im romanischen mit jenem des 
schmetterlinges nahe zu berühren; im genuesischen fallen 
sogar, durch den dieser mundart sehr beliebten wandel 
des alten 1 in r, die beiden Wörter gänzlich zusammen: 
parpella (auch piemontes. parpeila), palpebra; parpa- 



*) Läppole und das gleichbedeutende nepitelli fallen wohl blofs 
änfseittch mit den beiden kräaternamen Uppola und nipitella zusammen. 



202 Ascoli 

giün, parpelletta, papiiio, ital. parpaglione, und fast 
möchte man sagen dafs in der verbalen ableitung die bei- 
den bedeutungen zusammenfliefeen : parpella, muover le 
ciglia, parpellä da seiamma (= fiamma) du lümme, 
tremolare, parpellä, grillettare, dicesi di queir acuto ro- 
moreggiare, che fanno i liquidi prima di levare il boUore 
(vgl. flattern = crepitare, Grimm's wtb.). Doch wäre eine 
wirkliche Wurzelverwandtschaft zwischen palp-ebra und 
pap-ilio, folglich mit verlust des freilich im romanischen 
sehr verbreiteten r (vgl. Diez wtb. unt« farfalla und par- 
paglione) bei dem letzteren, schon deswegen nicht zu be- 
haupten, weil im romanischen auch das reine papilio reich- 
lich vertreten ist, z. b. friaul. pavee [paveje] 3= ^papilia 
(vergl. friaul. famee fameje = familia), venez. pavegio 
pavegia (vgl. venez. famegia = familia). Hier kämen 
also, blofs durch lautliehe entartung, solche Wörter zusam- 
men, die doch dem begriffe nach aus identischer quelle 
ganz leicht hätten fliefsen können, denn flittern und flat- 
tern schlingen sich natürlich vielfach in einander; vgl. un- 
garisch pilla, augenlid, pille, Schmetterling, pillang 
flimmern, flimmen, flittern, pillango, fiatterling, schmet^ 
terling; hebräisch 'aph'aph, augenlid, eigentl. volitans. 

Die behandlung von tenebrae fAhrt mich weiter noch 
auf dreierlei. Wird erstens durch meine erklärung von 
tenebrae der vielleicht am hartnäckigsten verfochtene fall 
for lat. n zwischen vocalen = altem m, beseitigt, so mag 
zugleich der versuch hier folgen, ein anderes beispiel das 
für jenen Übergang geltend gemacht wurde, entschieden 
wegzuräumen. Es hat nämlich Kuhn lat. idöneusass skr. 
idammaja (Böhtlingk-Roth: aus diesem bestehend) III, 
158 f. aufgestellt, und Corssen bereits dagegen (beitrage 
260 ff.) sowohl vom formalen als vom lautlichen Standpunkte 
protest eingelegt; wozu noch begrifilicherseits das beden- 
ken hinzukommen dürfte, ob- der Ursprache ein so künst- 
liches derivatum, wie idammaja meinem bedünken nach 
ist, zugeschrieben werden mag. Seinerseits schlägt Cors- 
sen eiue ableitung von idh, leuchten (entzünden, entflam- 
men), vor, indem er auf ein sehr bedenkliches dem Bhatti- 



lateinisches and romanisches. ^ 203 

kavja entnommenes iddba, darus, subtilis, das indischer- 
seits als lauter und stechend gefafst wird, weiter baut, 
ferner einen bildungsgang wie bei erröneus, also ein *ido 
"^idonis dazwischen, und die begri&reihe: klar, be- 
stimmt, genau, tQchtig, tauglich, scharfsinnig jedoch 
durchaus muthmafsHch , d. i. jeder geschichtlichen basis 
entbehrend, aufstellt. Idöneus kommt aber ganz einfach 
und regelmäfsig auf indog. idäna zurück (wozu es sich 
formell wie ahe-n-eu-s zu ahe-nu-s verhält), dessen 
weibl. accus, im skr. adverb. idänim, in diesem augen- 
blicke, in diesem falle, gerade (vgl. tadänim, vipvadä- 
nim, Benfey vollst, gramm. s. 215. 238), vorliegt. Somit 
heifst idöneus, seinem Ursprünge nach, der diesßlllige, 
zeitgemäfse, schickliche, conveniens, und der literarische 
gebrauch des wertes palst vollkommen dazu. Ist ferner 
das immerhin späte ultröneus nicht aus falscher analogie 
nach dem vorbilde von erröneus (nitro nitro -neus, erro 
erron-eus) sondern vielmehr nach jenem von idöneus ge- 
formt, so dürfte es vielleicht ein zeugnifs dafür ablegen, 
dafs im lateinischen das bewuTstsein der pronominalen na- 
tur von id-ö-neu-s (id-ä-na) noch immer fortlebte. 

Zweitens wird mir durch b = & in tenebrae die 
gelegenheit geboten, auf lat. b = indog. dh in urbs etc. 
(s. oben I, 1) um einer einzelnen bemerkung willen zurück^ 
zukommen. Es haben nämlich sowohl Meyer als Corssen 
verbena zur wurzel skr. vardh gezogen. Stehen aber 
einer solchen Zusammenstellung die von Lettner VII, 190 
aufgeführten litusla vischen Wörter nicht entgegen, so war 
vor allem hierbei an das auffallender weise von obigen ge- 
lehrten vernachlässigte lat. verber zu denken (vgl. über 
sss üdhas), da^ einem indogerm. vardh-as, wachsendes 
(vgl. virga) auf's genaueste entspräche. So wären urbs 
und V erb er lautdiflerenzierungen eines und desselben ur- 
wortes (vgl. altbaktr. vareda neben altp. vardana), beide 
als virescens. 

Endlich wünschte ich an das oben wegen des Schwun- 
des von n angefahrte lat. -onsus -ösus eine den ety- 
mologischen werth der toskanischen ausspräche betreffende 



204 Ascoli 

bemerkung hier anzuknöpfen. Der allgemeinheit des auch 
in Norditalien ziemlich gangbaren satzes, dafs ital. s im 
inlautc zwischen zwei vocalen weich d. i. wie im französi- 
schen rose gesprochen werde (vergl. z. b. Corssen ausspr. 
1^121), widersetzt sich die toskanische Orthoepie aufs 
entschiedenste, indem sie auch ein scharfes s (= 9) inlau- 
tend zwischen vocalen reichlich bietet, das jedoch freilich 
in der schrift nirgends unterschieden wird (in den folgen- 
den beispielen setze ich, der evidenz halber, 9 für schar- 
fes s). Bei näherer betrachtnng ergiebt sich nun, dal's 
wo s zwischen vocalen im toskanischen wie 9 lautet, es 
sich in der regel auf altes ns stützt, und die etymolo- 
gische Wichtigkeit der sache leuchtet von selbst ein. Nach 
den toskanischen grammatikern (s. z. b. Caleffi gramm. ra- 
gionata della lingua ital. 3. ausg. Florenz 1841) käme die 
ausspräche 9 folgenden endungen zu: -ese (-e^e) bei gen- 
tilibus, -eso und -oso («690, -090) bei a^jectivis. Es geht 
aber 1) --e^e auf -ensis zurück (z. b. Lucche9e, Mal- 
te 96, Lucensis, Melitensis), auch ist die bezügliche regel 
zu knapp gemessen, vgl. z. b« fore9e^), forensis, me9e, 
raensis; — 2) sind die sogenannten adjectiva auf -e9o fast 
durchgängig partic. perf. pass., die sich auf lat. «enso 
stützeu, und auch hier ist die regel zu knapp; man ver- 
: gleiche; pe90 (gewicht), ap-pe9o, pe9are^ contra-p- 
K -pe9o, 8-pe9a, lat. pensum; te90, dis-te9o, in-te9o, 
tensum; in-ce9o, ac-ce90, accensum; a-8ce9o, di- 
sce9o, a8censum>; di-fe9a, of-fe9a, defensum; pre90, 
com-pre9o, prehensum; eso mit weichem s ist hin- 
gegen lat. -aeso -eso, man vgl.: ad-^so, ad-esione, ad- 
baesum, 16so, illeso, laesum, obeso, obesum; — 3) wäre 
i folglich schon aus toskan. -090 das nunmehr auch ander- 
I wärts bewährte alte -onsus neben -ösus zu erschliefsen 
l gewesen; also: famo90, acquo90, u.s.w. u.s.w., = *fa- 
monsus, famossus, u. s. w. Esoso und oso(ardito) unter- 
scheiden sich guten rechtes von den übrigen, weil sie auf 



*) Die toskanische aassprache der einzelnen beispiele entnehme ich aas 
Fanfani*s vocabolario della pronunzia toscana, Florenz 1863. 



lateinisches und romanisches. 205 

die lat. partic. exosus aasus zurnckgeben; nasco^o = 
nasoonsQS hat hingegen wieder regelmäfsig die scharfe aus- 
spräche. Ferner vergleiche man: ri-nia^o mansnm, ne- 
ben per-suaso suasnm; und weiter: viso, di-viso (da- 
neben jedoch ein subst. divido), al-lnsione, uso, caso, 
in-ciso, nc-ciso, fuso, chiesa, vaso, visum, divisum, 
lusum, usus, casum, caesum, fiisum, ecciesia, vasa. Frei- 
lich fehlt es an ausnahmen nicht, die jedoch wenigstens 
theilweise blofs scheinbar sein dürften. So haben wir: 
naf o nasus (hier ist aber lat s primär, d. i. von den obi- 
gen lat. s zwischen vocalen verschieden), sposo, tosare, 
misura, sponsum, tonsum, mensura, c hin 90 (regelrecht 
das jedoch mehr lateinische: escluso), ri^o, clausum, 
risum und oryza, ra^o, ro^o, rasum, rosum; bei den auf 
nrsprüngl. -ensis: cortese, paese, marchese (vergl. 
jedoch marquis, pays, neben courtois, mois etc.). 
Die erscheinung ist wohl weiterer Untersuchung werth. 

2. Petra, nirgog 7iiT()a^ und sinnverwandtes. 

An aixQog nivga^ ein so wichtiges und schwerlich un- 
ärisches wort, hat sich die Sprachvergleichung, so viel ich 
sehen kann, blofs einmal und zwar schüchtern und wohl 
erfolglos bisher gewagt. Es hat nämlich Benfey (wurzell. 
II, 94) skr. patta (s. jetzt über dieses wort ihn selbst im 
gloss. z. ehrest, und das petersb. wtb.), tafel u. s. w. (d. i. 
eigentlich pattra, blatt), und die unbelegte wurzel pas, 
destruere, fragend herbeigezogen, so dafs nergo- (unregel* 
mäfsig) för it^argo- stünde und eigentlich (als auffallendes 
masculinum) mühlstein hiefse. Niemand ist, meines Wis- 
sens, dem gefeierten forscher darin gefolgt. Für lat. pStra 
wiederholt man noch immer Isidor's: petra graecum est. 
Ein solches fremdwort dürfte aber doch der Volkssprache 
(petra ist gemeinromanisch: it. pietra, sard. (lug.) pedra, 
rumen. peatr^, span. piedra, franz. pierre; vgl. auch petro- 
nes bei Festns) nicht so leichtfertig untergeschoben werden. 

Ist petra spärlich in der literatur (besonders als stein; 
gewöhnlich = nirga^ fels) vertreten, in der Volkssprache 



[ 206 Ascoli 

hingegen so weit verbreitet, so hängt dies, wie ich glaube, 
[ von der zwar italischen jedoch unlateinischen abstammung 

L des Wortes ab. IlitgoQy petra fasse ich nämlich als qua- 

[ dros, quadra, so dafs anfangs damit blofs saxum qua- 

dratum, quaderstein, quader, besagt wurde. Der 
name reicht wohl in die periode des kyklopischen qua- 
derbaues hinauf; ist ferner als eine graecoitalische be- 
, nennung des quadersteins zu betrachten, die in echtrömi- 

schem gewande nicht fortgelebt zu haben scheint. Be- 
-. trachten wir die lautform näher, so geht bekanntlich hom. 

TtiavQ'Ss zunächst au(*nBTVQ^ osk. petor-a, umbr. petur- 
(6kr. katur, goth. fidur-) zurück, und ein griechisch -um- 
brisch-oskisches thema petro-, viereckig, verhält sich, der 
bildung nach, zu petnr, genau so wie quadro- zu *qua- 
tur. Es fehlt aber auch hinsichtlich der bedeutung an 
positiven geschichtlichen stützen nicht. Zuerst erinnere ich 
an die bekannte, für uns gewifs sehr wichtige stelle des 
Festus: petrarum genera sunt duo, quorum alte- 

rum naturale saxum prominens in mare al- 

terum manufactuntj ut docet Aelius Gallus: petra est, 
qui locus dextra ac sinistra fornicem expleturus- 
que ad libramentum summi fornieis (des Aelius 
tiallus Worte sind wohl unumgänglicher weise folgender- 
mafsen zu emendiren: petra est, qui locus dextra ac 
sinistra fornict« expletur, usque ad libramen- 
tum summi fornieis), also die behauenen steine, wo- 
durch der räum auf beiden Seiten des schwingbogens ge- 
fällt wird. Wichtiger ist jedoch der noch immer unter 
Romanen beobachtete unterschied zwischen petra und 
anderen namen des Steins. Ich beschränke mich hier auf 
I das italiänische (toskanische), indem ich aus Capponi bei 

Tommaseo (sinonimi, Mailand 1855, n. 3368) folgendes 
entnehme: Nella pietra si comprende Tidea di fonda- 
mento: la pietra h fitta nel suolo, e plana o quasi 
piana, e vi si puö editicare sopra. U sasso ch' esce dal 
monte, quand' ^ lavorato, diventa pietra. La pie^ 
tra angolare, la pietra fondamentale, non isi direbbero sassi. 
Si scaglia un sasso, non una pietra, meno certi rarissimi 



lateinisches und romanisches. 207 

casi, quando volano i pavimenti delle cittä. -- Somit 
ist also petra wirklich uocli immer der quadratus lapis. 

Wollten wir uns wegen des gebrauches von vier- 
eckig schlechtweg als viereckiger stein nach weiteren 
analogieen umsehen, so könnten einstweilen, aufser qua- 
der s=3 quaderstein, noch franz. carreau it. quadrello, 
Ziegelstein, quadratarius, Steinmetz, Carrara = qua- 
draria (Pott), angeführt werden. Auch ist es vielleicht 
kein blofser zufall, wenn neupers. khar, armen, qar, stein 
(thema qari- qaran-), mit armen, qar, vier, gleichlau- 
ten, doch würde mich dies eranische Beispiel hier zu weit 
fbhren, so dafs ich mich einstweilen begnügen mufs, dafür 
auf meinen aufsatz studj iräni I zu verweisen. Hebräisches 
gazit, lapides caesi, maxime quadrati, mag hier noch be- 
rührt werden; es bedeutet eigentlich behauung; von eben 
gazit, eigentlich stein-der-behauung =n behauener 
stein, gelangt man zum einfachen gazit == quaderstein, 
lapides quadrati. Ist nun gazit, ganz so wie petra, der 
behauene baustein, so gränzt es wohl andererseits, wegen 
seiner abstammung von einem verbum fär schneiden, an 
latein. saxum; denn letzteres fassen wir wohl gewifs rich- 
tig als partic. perf. pass. von einem primären verbum *säc 
(sac-tum saxum, das abgebrochene, abgespaltene, vgl. sexus), 
das sich zu sec in sec-üris und im denominativen sec- 
-ä-re ähnlich verhält wie gräd-us zu gres-sus (vgl. 
pas-sus). Die indische parallele zur lat. wz. säe (sec), um 
dies im vorbei zu bemerken, ist khä, d. i. skä =» sak, 
schneiden (lat. sec : scind : : skr. khä : khid), und wegen lat. 
a = urspr. a vor gutturalen ist Schleicher compendium 
§. 47 nachzusehen. Uebrigens heifst es schon bei Grimm 
gramm. 11, 275: „saxum (scharfer, schroffer fels) seco, 
sah 8 (culter)^, vgl. ib. 346 n. Das althd. sah-s führt 
weiter das Grimmische worterb. (unter fels) neben saxum 
auf, und erklärt dasselbe schlechthin durch stein, steinmes- 
ser, Steinschwert. Sahs als steinwaffe ist jedoch gram- 
matik III, 440 blofs muthmafslich hingestellt , auch kennt 
Graff (VI, 90) keine andere bedeutung als culter, semi- 
spatha, contus. Mithin ist wohl das deutsche wort activ zu 



208 Ascoli 

fassen (cultcr als schnoidendes) während wir dem lateini* 
sehen passire form und bedeatung (lapis als abgehauenes, 
abgerissenes) zutheilen. Auch sagitta hat man mit se- 
care in Verbindung bringen wollen. Es würde sich wegen 
des gutturallautes zur wurzelform sac verhalten wie seges 
zur wurzelform sec; för die zweite bälfte des auffallenden 
Wortes wüfste ich aber nichts befriedigendes vorzufahren. 
Ist „sagicta per et, quod in vett. codd. inveniri scribit Pie- 
rius in X Aeneid. ( Voss)^ einiger beachtung werth? Pott 
scheint an der latinität unseres wertes verzweifelt zu ha- 
ben, indem er es 11% 58 mit welsch saeth zusammen* 
stellte. Somit sind logische vergleichungen wie sagitta 
= <^X'^^ 0^ ^^^ bibel: pfeil), also passiv als das dann ge« 
schnittene, einstweilen verfrüht. 

„Die Vorstellungen fels und stein liegen sich ganz 
nahe und man darf stein für ein stück des felses oder 
fels für einen häufen steine nehmen^ heifst es bei Grimm 
unter fels. Am leichtesten war aber der Übergang vom 
massenhaften steine des quaderbaues zu steinblock, fds. 
IJerga (fels) neben niroog (stein) legt femer ein nicht un- 
wichtiges zeugnifs für die echt adjectivische natur des wer- 
tes ab. Ob aber ein wort fUr stein und fels zuerst letz« 
teres oder ersteres besagt habe, ist in einzelnen fällen des* 
wegen schwer zu beurtheilen, weil sowohl der stein als der 
fels als etwas abgebrochenes (ruptus, abruptus, diruptus, 
praeruptus), abgerissenes, spitziges, aufgefafst wird. So 
mochte z. b. obige etymologie für saxum über die Prio- 
rität der einen oder der anderen bedeutung nicht entscheid 
den; vgl. noch ital. bricco, Ziegelstein, neapol. vreccia 
(vr = tosk. br), pietra, pezzo di macigno, ital. briciolo, 
Stückchen (s. oben I, 3), neben ital. bricca, luogo selvaggio 
e scosceso, und ähnlichem bei Diez im Wörterbuch unter 
bricco. Von crepare, bersten, zerplatzen, entsteht vcne- 
zian. crepa (cr^pa de pign&ta, pezzo di vaso rotto di 
terra cotta, far de le crepe, rompere una pentolina in 
pezzi; crepa s= testa, also eine Wiederholung des translat 
lat. testa = Caput), friaul. crep, scherbel; und wohl geht 
auch friaul. cret, fels, auf altes crep'to (an crepidin- ist 



lateinisches und romanisches. 209 

gewifs nicht zu denken) zorfick; vgl. de-crepitus, eigent- 
lich abgebrochen (krepä im rumenischen mit activer 
bedeutung: spalten, zerspalten, Clemens). Noch will ich 
frianl. clap, stein, anführen, das vom altroman. ^solap- 
-are, worauf ital. schiappare, venez. schiapar, friaul. 
sciapä, spalten, holz klein schneiden (friaul. sclap, spalt, 
ritz), hindeuten, vielleicht nicht zu trennen ist (merkwür- 
dig daneben friaul. clapadä clapadade, lapidare, lapi- 
datio). Das frequentativum zu *sclap-are, d.i. ^sclap- 
-it-are *sclaptare, erkenne ich im provenz. esclater, 
lt. schiattare (vgl. acatar accattare = accaptare), zer- 
springen; 8. hingegen Diez unt. schiantare. Die intransi- 
tive bedeutung ist auch dem einfachen *sclap-are nicht 
fremd, und dem verwandten *sclop-are (iriaul. sciopä, 
venez. schiopar, bersten, zerplatzen, ital. schioppo 
scoppio, knall, feuergewehr) ist sie ausschliefslich eigen. 
Somit wäre franz. eclat, rifs, ausbruch, knall, mit friaul. 
sclap, ritz, und vielleicht auch mit friaul. clap, stein, 
enge verwandt. Weitere Zusammenstellungen lasse ich 
einstweilen bei seite; doch mufs ich noch lat. rüpes er- 
wähnen, das Corssen (beitr. 152 f.) als abgerissenes, zer- 
klüftetes (wz. rup), fafst, was uns recht gut zu statten 
käme. Dabei könnte jedoch jemand durch scrüpus scrü- 
pulum mifstrauisch werden (vgl. lien s^ ^splien, lis == stlis 
n. s. w.); Corssen gedenkt aber dessen nicht, und würde 
nach s. 93 keinen solchen consonantenschwund vor r zu- 
geben (vgl. Schweizer-Sidler XIII, 307). 

3. Spiro, prosper, spes; spissus. 

, Schon längst habe ich zwei indog. wurzeln mit der 
bedeutung anhelare: kas und svas aufgestellt, zu ersterer 
skr. 9as 9a s (im med.: sich darnach sehnen), lat. ques (als 
deponens eigentlich: seufzen, klagen), zu letzterer hingegen 
skr. ^vas (vergl.^pva^ura aus *sva9ura u. s. w.), spirare, 
suspirare, erän. hvas (neupers. khvästan), sich darnach seh- 
nen, und minder entschieden auch lat. spis (spir-o) zu- 
rückgeführt (s. beitr. V, 86). Es ist jetzt darüber Kuhn 

Zeitschr. f. vgl. sprachf. XVI. 8. 14 



-^J 



210 Ascoli 

XV, 317 ff. ZU vergleichen^ der meine zusammenstellungeD 
übersehen hat. Die von ihm angefahrten germanischen for- 
men (hväsa, fessum anhelare u. s. w.) gehören wohl mit 
skn ^as, lat. ques zu indog. kas; — slav. svis- (svistü, 
sibilus; u. s. w.) weist jedoch nicht, wie unser verehrter 
herausgeber meint, die form svas nach, da es regelmäfsig 
auf indogerm. kvas (vgl. z. b. slav. svit-, indogerm. kvit, 
skr. ($vit) zurückgehen kann. 

Wir wollen jetzt lat. spis = svas näher in's augc 
fassen, und es entsteht erstens die frage oh wir recht ha- 
ben lat. sp = urspr. sv anzusetzen. Betrachten wir die 
erhärtung von urspr. v zu labialer muta von einem gene- 
relleren gesichtspunkte,. so sind folgende momente dersel- 
ben hervorzuheben: 1) aus stummer consonans +v wird p, 
mit gewöhnlichem Schwunde (assimilation) des vorlautes 
falls es eine muta, mit gewöhnlicher bei behaltung desselben 
wenn es ein zischer; arische beispiele: präkrit. dial. -pan 
-pen -pe =skr. -tvana, grieeh, avvf]'j pai =skr. tvaji, 
loc. sg. pron. sec. ps.; osset. tzuppar = alterän. kathvar. 
vier; altbaktr. appa c= skr. apva, pferd. 2) aus tönen- 
der consonans -f-v wird b, mit gewöhnlichem Schwunde 
(assimilation) des vorlautes; arische beispiele: altbaktr. bis 
bitja*= skr. dvis dvitija, bis, secundus. Zu no. 2 
stimmt nun die italische zunge, und speciell auch das la- 
teinische, durch bis, bos = *dvis, *gvo8, umbr. ben- 
(lat. ven-), griech. /^ai'- {ßaivo)) = *gvan-; zu no. 1 ge- 
hört bekanntlich über alle zweifei osk. umbr. pod, petru- 
(griech. 710-, TiiavQ') = qvod, qvadru-, u. s. w., und auch 
speciell dem lateinischen ist gewils dieser Vorgang nicht 
völlig fremd (vgl. Curtius no. 89. 566. 62«. 633). Demnach 
wäre italisches respect. lat. sp = urspr. sv (griech. an = 
urspr. SV, Kuhn IV, 16 f.) keine auffallende, sondern viel- 
mehr eine zur ergänzung der analogie bisher vermiiste er- 
seheinung. Zweitens mufs das lange i in spir-o erörtert 
werden. Entweder ist hier ein mittelglied spis vorauszu- 
setzen, also 

spis spis : svas :: fid-es fid-o fid-us m»V" n€i&a> : handh 



lateinisches und romanisches. 211 

oder aber, indem man dabei an der unmittelbaren Schwä- 
chung von ä zu I festhält, 
spis : svas : : sld : sad (sed-eo, skr. sad sld-ärmi), vgl. Wal« 
ter XII, 412 f. (flig- fläg- u. s. w.), 
aufzustellen. Bleiben wir bei letzterem, das ich vorziehe, 
so ist lat. spir-i-tu unmittelbar mit skr. ^vas-i-ta (aus 
svasM-ta) n., athem, zu vergleichen; es sind jedoch freilich 
die beiden Wörter durch verschiedene suffize gebildet 

Aber auch spes, d. i. die regelrechtere lateinische 
Vertretung von urspr. svas, ist wie ich glaube noch immer 
vorhanden. Pro-sper-o- (prosper prosperus), begOosti- 
gend, günstig (daraus erst: glücklich) ist mir nämlich: 
fauste adfians, so wie pro-pit-io-: prospere advolans, 
beide wahrscheinlich zuerst als termini augurales ge- 
braucht. Weiter aber steht der wurzel lat. spis spes, 
so wie fid-es zu fido oder noch genauer so wie sed-es 
zu sido sedeo, ein thema *spes-es (spes), anhelitus, 
hoffnung, vgl. ital. sospiro, wünsch, hoffnung, zur seite. 
Ueber die geschiebte solcher ursprüngl. neutra im lateini- 
schen ist I, 1, oder vielmehr die dort citirte stelle der 
Corssen^schen beitrage, zu vergleichen. Die altlateinische 
pluralform sp^res hat keine gröfsere beeinträchtigung als 
die analogen pluralformen sädes nübes u. s. w. erlitten; 
'spesesei ist hingegen, natürlich genug, zwiefach synko- 
piert worden. Die gleichung lat. spes == neupers. khväh- 
(d i. hvah svas) in khväh-iä, desiderium, u. s. w., wäre 
folglich der wurzel nach richtig, es entsprächen sich aber 
-es und -äh nicht genau, da dieses regelmäfsig auf -as 
zurückgeht, jenes hingegen aus -as-as zusammengezogen 
ist. Hängen aber prosper spes mit spiro zusammen 
(vgl. hingegen Curtius grundz. 2. ausg. s. 634), so ist schon 
deshalb Curtius' vermuthung, wonach (n. G52) letzteres 
mit cpvüdu), ich blase, gleichzustellen wäre (*8pois = ffva-), 
nicht annehmbar. 

Ein anderes mit sp anlautendes wort mag hier noch 
gelegentlich besprochen werden. Lat. spissus haben die 
alten philologen von gr. antSoBig amSvog (Hesych.) abge- 
leitet, die mit den glossematischen aniSi]g amdiog, ausge- 

14* 



212 Ascoli, lateiniscfaeA und romanisches. 

dehnt, gleichbedeutend sein sollen. Ausgedehnt, aus- 
gebreitet (vgl. am-d^'afiT], spanne, spa-t-ium, u. s. w., 
Curtius grundz. 2. ausg. s. 245. 643) erscheinen mir aber, 
der bedeutung nach, von dicht, gedrängt himmelweit 
entfernt, und eine etymologische Verwandtschaft der be- 
züglichen Wörter, wenigstens eine unmittelbare, halte ich 
deswegen, bei sonstiger ermangelung eines jeden histori- 
schen anhaltspunktes, unannehmbar. Weder för die be- 
deutung noch fiQr die geschichtliche entwickelnng der form 
ist andererseits, meinem bedünken nach, durch Benfey^s 
Zusammenstellung (wurzellex. I, 545) spissus, skr. sphira 
(sphlta), geschwollen, grofs, eine befriedigende lösung 
gewonnen worden. 

Spissus ist mir das regelrechte partic. perf. pass. der 
WZ. spid, d. i. der lautgerechten lateinischen parallele von 
german. spit (brat-spiss u. s. w., s. Grimm gr. II, 989 f.), 
deren gegenwart als wurzelnomen in cu-spid- schon viel- 
fach (Grimm, Benfey, Pott, letzterer fQgt hispido- hinzu) 
vermuthet worden. Spissus ist somit der angespiefste^ 
angeheftete, dicht an einander gereihete. Eine treffliche 
analogie bietet uns dazu der romanische gebrauch der bei- 
den lateinischen formen des partic. perf. pass. von figere 
(anheften, anspiefsen), ital. fitto =s fictus, venez. fisso 
s= fixus, beide für dicht, genau so wie spissus. Auch 
ist dabei an ital. calca^ foUa, franz. foule, gedränge, 
von follare, walken, niedertreten, calcare, niedertreten, 
zu erinnern. 

Mailand, august 1866. G. J. Ascoli. 



Ascoli, primärwurzel »ta, laut von sich geben. 213 

Primärwurzel sta, laut von sich geben. 

In incinen ärisch-semitisehen Studien''), habe ich unter 
anderem (§§. 14. 15. 20) den satz aufgestellt, dafs die skr. 
lexicalwurzeln auf i und u meistens als larvirte nomina 
agentis auf a*ja a-va zu fassen sind, worunter jene auf 
a-va die ältere Variation auf a-ma vorauszusetzen pflegen. 
So z. b. ksi (herrschen) = käa-ja (kSajati), vgl. käa-tra; 
— k§i (ruhig wohnen) = ksa-ja (ksajant), vgK käa-a 
(kää), käam käa-ma-ti; — ksi (zerstören) = kga-}a 
(käajati), vgl. ksa-nu-te ksa-da-te; — 9ri=spra-ja 
(^rajati), ire, inire, vgl. kram kra-ma-ti, ire, incederc 
(kra-va- im lat. crüs = ^kravas, das gehende); — }u 
= j a-va, zwingen, bezwingen, vgl. ja-ma ja-ska(jamati 
jaMhati); etc. etc. Wenn aber in der uns vorliegenden 
Sprachperiode jäuti und nicht ja-va-ti (wie dra-va-ti 
ga-va-ti u. s. w.) erscheint, so werden ebendaselbst (II, 
anm. 36) dergleichen zusammenziehungen zur begröndung 
des weiteren Satzes benutzt, dafs die sogenannte binde vo- 
callose conjugation u n ursprönglich sei. 

Nach solchen grundsätzen würde also stu stäuti, 
rufen, anrufen, lobpreisen, ein älteres sta-va (stavati) vor- 
aussetzen, aus diesem aber wäre ein noch älteres sta-mu 
mit grofser Wahrscheinlichkeit zu folgern. Nun kommt im 
altbaktrisclien : ^taman, maul, os (Brockhaus vend. ind.; 
Justi 298, 347), gleichsam der tönende, sprechende 



*) Studj Ärio-semitici, I. und II. abhandl., durch Löscher in Turin 
und Florenz zu beziehen (zusammen drei frcs.). Wegen einiger, wiewohl 
sehr beschränkten, immerhin bemerkenswerthen und erfreulichen Übereinstim- 
mungen, die zwischen dr. Sonne's freilich auf unabhängigem wege gewonnenen, 
zeitschr. XIV, 341, vgl. 337 f., auseinandergesetzten anschauungen über die 
geschichte des arischen verbums (von XII, 295 und XIV, 11 sehe ich ab, vgl. 
Benfey vollst, gramm. s. 76 f., Leo Meyer vgl. gramm. I, 827), und den mei- 
nigen, hervortreten, erlaube ich mir hier anzumerken, dafs von den obigen 
abhandlungen die erste am 9. märz 1865, die zweite am 6. juli 1865, die 
frammenti linguistici aber, worauf sie sich beziehen (und wovon unterm 
31. december 1864 eine deutsche bearbeitung an herm pro f. dr. Kuhn ab- 
ging), dem k. Istituto Lombarde am 15. december 1864 vorgelegt wurden, 
und dafs endlich die zwei ärisch-semitischen briefe, worauf sie sich 
ebenfalls beziehen, vom 6. märz und 27. april 1864 datirt und in der ersten 
hftlfte jenes jahres im „Politecnico" erschienen sind. 



214 Ascoli 

(vgl. skr. vadana), vor*), welches ich, insbesondere wegen 
sta-va, eher ^ta-m'-an als ^ta-man theile. So erhal- 
ten wir 9taman == 9tavan(t) der (an)rnfende, = indo- 
germ. sta-m^-ant, dem das griechische von Spiegel be- 
reits damit verglichene arouar so vollkommen entspricht, 
dafs wohl niemand mehr fßr letzteres die wesentlich gleiche, 
jedoch spätere bildungsart wz. stu + suff. mant vorziehen 
sollte, obwohl sich diese lautlich und auch begrifflich ver- 
theidigen läfst, und äol. (Tvvfiar für sich zu haben scheint.' 
^TOfiar und atvfiav verhalten sich, hinsichtlich des wur- 
zelvocals, zu 'stamant wie ovofiavj äol. ovvfiar^ zu 
*gnamant; auch wurde bereits, wie ich eben sehe, von 
Leo Meyer vgl. gramm. d. griech. und lat. spr. I, 340 we- 
gen atopia und skr. stjäi, welches jedoch, wenigstens in 
der bedeutung tönen, unbelegt zu sein scheint, eine wz. 
sta, tonen, scharfsinnig aufgestellt. Nur würde die völlige 
gleichstellung 9t a man = (TrOjuerr, falls ich recht habe 
sta-m^-ant zu tbeilen, dahin eine beschränkung finden, 
dafs sich aroua^ hinsichtlich der behandlung des endsuf- 
fixes (vgl. z. b. fiuag)^ denen auf ein mal durch -jwar ge- 
bildeten angeschlosssen hätte. Srcofivlog dürfte altem stä- 
mara oder stämura entsprechen. Wenn aber arev^rab 
u. 8. w. wirklich hieher gehört, so kommt freilich dessen 
wurzelform auf stav stu zurück, stört uns jedoch augen- 
scheinlich nicht, wie denn ja auch im altbaktrischen: 9t av 
9 tu neben p tarn an vorliegt. 

Das bisher auseinandergesetzte wird, wie ich eben sehe, 
auf überraschende weise durch skr. stämu, das Naigh« 
m, 16 unter den stotrnämäni (und Rv. VII, 2. 3. 9, nach 



*) Damit wird fragend von Justi „kurd. e9tev (Chodzko 347)** vergli- 
chen. An der angegebenen steUe finden wir aber, mit angehängtem prono- 
men, es tum, das ausdrücklich durch „mon cou** übersetzt wird; so dafs es 
kaum etwas anderes als kurd. (kurm.) stu, hals beim vogel (Lerch, for- 
schungen über die Kurden II, 143), ist. — Die kurdische benennung des mun- 
des ist daf (dav dSv), das bei Justi unter altbaktr. zafan etc., wozu es 
durch d = z (= skr. h oder ^, vgl. z. b. altpers. adam = aham, neupers. 
dämäd = ^mätar) gehört, vermifst wird; — das neupers. dah-an verhält 
sich wegen seines b dazu ungefähr wie neupers. küh zu altbaktr. kaofa, 
kurd. (bei Justi) kew, berg. — Fr. MüUer's abweichende ansichten (wiener 
sitzungsber, XL VI, 452 f.) scheinen mir nicht haltbar. 



primftrwurzel sta, laut von sich geben. 215 

Roth nirukta, aach V, 3. 2. 14, nach Benfey gloss. z. sämav.) 
vorkommt, unwidersprecblich bestätigt. 

Unsere primärwurzei taucht wahrscheinlich, mit ver- 
schiedenem Suffixe (vgl. z. b. ma-a neben ma-ua, d. i. 
mä-ti mana-ti), in skr. stan sta-na-ti, stöhnen, tö- 
nen, wieder auf. Kühnes auseinaudersetzung IV, 6 f., wonach 
in stan, ativw^ altn. styn, litusl. sten*, die einstimmige 
bedentung sonare, gemere, unursprünglich sein sollte, ver- 
mag es nicht, trotz Curtius grundz. 1, 91, 181, uns von dieser 
Zusammenstellung abzurathen. Wäre arivog u. s. w. wirklich 
mit arivojy gemere zu vereinigen, so wflrde ich eher die 
bedeutungsfolge: seufzend, beengt, kümmerlich, eng, vor- 
schlagen. Skr. stana, weibliche brüst, führe ich aber als 
stehendes, strotzendes, zu dem noch ungehauchten 
stha-, Stare, zurück (vgl. stüp stüpa u. s. w., und hier 
sogleich), so dafs es mit ariaQ und ähnlichem verwandt ist. 
Endlich könnte vom gothischen, aufser staua (rieh* 
ter als aussprechender, s. Kuhn 11, 458), noch stibna, 
stimme, herangezogen werden, das sich zu unserer primär- 
wurzei skr. sta ähnlich so verhalten würde wie *stabu, 
stamm (11,467) zur primärwurzei skr^stha. 

Bei dieser gelegenheit erlaube ich mir noch einen zu 
wenig beachteten spröfsling von sta, stare, nämlich stak, 
widerstehen, zu berühren, das zwar im sanskrit meines 
Wissens noch nicht belegt ist, jedoch durch abaktr. ptakhra, 
steif, fest, vollkommen verbürgt wird, indem sich letzteres 
zu *sta-ka, stehend, eben so verhält wie skr. sthavira 
sthävara, fest, unbeweglich, zu einem gleichbedeutenden 
und ähnlich gebildeten ^sta-va. Skr. sta-ka neben sta-a 
(sthä) ist aber wieder ein werthvolles indisches vorbild von 
jener zwiefachen Stammbildung, die normal in der griech. 
conjugation {'darfiP 'ian^xa^ man beachte die praesentielle 
geltung des letzteren) auftritt, und in den angeführten 
jjStudj'*, §§. 15. 16, weiter beleuchtet wird. 
Mailand, 1. november 1865. Ascoli. 



216 Ascoli 

Primärwurzel kra, kar, ertönen; und anderes. 

Sind die grandsätze richtig, die ich unter andern in 
dem vorangehenden brucbstücke angedeutet habe, 80 wird 
indogerm. kru (skr. (ru, x^t^oi, clu-o), hören, auf krava 
zurückgehen, und letzteres, &st mit gewiisheit, ein älteres 
krama voraussetzen; ein solches Zwillingspaar müfste aber 
ferner in würz. kra + suff. va ss ma aufgelöst, und als 
doppelform eines und desselben nomen agentis aufgefafst 
werden. 

Wir erhalten in unserem falle ein primäres kra, kar^ 
ertönen, das bekanntlich in unzähligen combinationen vor- 
liegt, wovon wir einige sogleich besprechen und einstwei- 
len blofs xak^ica xi-xkrj-Tca erwähnen. Somit ist kra-va 
der ertönende; und *krava-ti (xXvBt) heifst eigentlich 
er ertönt (er -der -ertönende). Von einem ertönen, 
gleichsam resonare alicuj us (xA{;i9-t juai), ^rudhi me), ist 
aber einen hören; und folglich hat der genitiv des ge- 
hörten, der sich bereits durch die indisch-griechische Über- 
einstimmung als altes erbstück erwies, einen tiefen grund, 
so dafs man darin einen kostbaren beitrag zur vergleichen- 
den etymologischen syntax erblicken darf. 

Logisch läfst sich trefflich damit die lexicalwurzel 
ghuä vergleichen, die dem Inder ertönen, dem Iraner 
hingegen (altbaktr. guä u. s. w.; ursprünglich gewifs mit 
einem dem indisch-griechischen bei kru analogen regimine) 
hören bedeutet. Daraus erhält Indien ghosa, ertönung, 
geräusch, Iranien hingegen gaoäa, ohr. 

Wenden wir uns aber jetzt wieder zu kar, kra, ertö- 
nen, so wird uns wahrscheinlich, dafs skr. kar- na, ohr, ganz 
wie altbaktr. gaoäa weiter nichts als das ertönende be- 
deute, und folglich mit dem gleichgeltenden urspr. kra-va 
kra-v'-ant (skr. ^ravas, gadhel. cluas), ohr, gleicfa- 
wurzelig sei. Letzteres wort (skr. ^ravas, griech. xX^og^ 
u. s. w.) bedeutet aber zugleich rühm, eben weil es ei- 
gentlich ertönuug (vgl. z. b. franz. bruit, geräusch, ruf) 
heifst. 

Die skr. wurzel kar, mit genitiv: einen rühmen, je- 



primKrworzel kra, kar, ertönen; und anderes. 217 

mandes röhmend erwähnen, ist wieder ganz einfach gleich- 
sam resonare alicujus; und die daraus entstehenden kirti, 
ertonung, ruf, rühm, karu, lobsänger, und andere derglei- 
chen, erklären sich von selbst als ebenbürtige brfider von 
kravas und kru (^ravas, ^ru). 

Kar-na, ohr, hält einerseits Benfey als spalt zu 
kar (9ar), dirumpere, laedere; andererseits werden goth. 
haurn (=*karna), lat. cornu, und weiter xi(>a^, altbaktr. 
9rva, nagel, hörn, etc. etc., als stofsend, spaltend, 
aufgefaibt. Ffir unsere Zusammenstellung von karna-cornu 
(ohr, hörn) mit kra-'vau. s. w. ak ertönendes, hörendes, 
spricht inde(s, aufser den oben berührten Verwandtschaf- 
ten: 1) der präsensstamm von ^ru (prnu-nia-s), worin 
karna^cornn ungestört fortlebt; 2) skr. ^rnga, d. i. indog. 
kra-n-ga, hörn, das wir, ganz wie karna-comu als ertö- 
nendes auffassen möchten, indem es mit xlayyij^ clangor, 
u. 8. w., zusammenfällt. 

Kra-n-ga, xXayyij^ (^rnga) erschien bis jetzt, auch 
seiner form nacb^ dunkel. Ist es mir aber erlaubt, mich wie- 
der auf „studj ärio-semitici 11^ zu bezieben, so fQge ich 
hinzu, dafs eine solche form durch die in jener schrift 
niedergelegten erörterungen vollkommen klar wird. Wie 
kra-va (lat. cor-vus, skr. kär*ava), der ertönende, aus un- 
serer WZ. + suftl va besteht, so erhalten wir aus derselben 
durch 8u£P. ka ein urspr. kra-ka {xogax-, ahd. hrnoh, 
u. s. w.) mit der nämlichen bedeutung ; daraus aber, durch 
gewöhnliche Weiterbildung und erweichung, kra-k'-ana, 
krakna, kranka, kranga, genau so wie beispielsweise 
^junga (jungens) durch jug-ana auf ju-ga ju-ka (jav'-ka, 
jav*-ga) zurückgebt, oder, von unserer wurzel selbst, durch 
das dentalsufBx (*kra-ta, kra-t^-ana, kratna) krand kran- 
da-ti, ertönen, entsteht, wozu wohl ahd. hrind, d. i. rind 
als mugiens, gehört. Mit unversehrtem weiterbildungssuf- 
fixe treffen wir ferner *kra-k'-ara, d. i. skr. prgäla, 
Schakal als schreiendes*). 



*) NBI der Wechsel zwischen tenuis k and media g bleibt unerklärt. 

anm. d. red. 



218 Ascoli 

Das richtige verbältuifs zwischen clämo und i^ru 
(9ru) stellt sich endlich dahin heraus, dafs dem lateinischen 
verbum ein *clä-nau-8 (vgl. cäl-are) zu gründe Hegt, wo- 
rin wir die ältere Variante von kra-va erblicken, genau 
so wie ja-ma neben ja-va, sta-ma neben sta-va, 
bhra-ma bra-ma(fremo ß^i/AOj) neben bra-va (brü bra- 
vlti), und so fort bei allen übrigen. 

„In welch sonderbarem verbal tnifs steht dazu (näm- 
lich zu cornu u. s. w.) hebr. qeren (hörn), welches kein 
sicheres etymon im semitischen hat^ bemerkt Benfey im 
Wurzellexikon II, 175. Sind aber cornu, ^rnga, und 
vielleicht noch andere, ursprünglich das ertönende, so mag 
es gleichfalls das ursemitisohe kar-ana sein, und folglich 
z. b. hebr. qeren mit hebr. qar-ä (urspr. ertönen) zusam- 
menhängen. 

Eine skr. schwesterform von kar^ ertönen, nämlich 
gar, tönen, führt mich weiter zu der vielleicht ursprüng- 
lich damit identischen skr. wz. gar, verschlucken, ver- 
schlingen. Daraus erklärt jederman skr. gal-a, kehle, 
hals, lat. gul-a, als verschlinger; folglich gal-a = gar- 
-ana, der verschlinger, das verschlingen, womit, nebenbei 
gesagt, das ursemitische gar-ana, kehle (hebr. garön) 
zusammenfällt. Ich vermuthe aber ferner, dafs skr. grivä, 
hinterhals, weiter nichts als gar-va, der verschlucker, 
sei, wozu es sich ungefähr wie z. b. dirgha, lang, zu ur- 
sprünglich darghaoder dragha (vgl. comparat. dräghl- 
jas, und altbaktr. daregha) verhält; und will weiter mit 
*garva, hals, das gleichlautende sanskritische wort für 
eitelkeit, stolz (garva), identificieren , indem ich für 
hals, halsstreckung = eitelkeit auf r^ax^häui und 
ähnliches verweise. Benfey gloss. zur ehrest, läfst hingegen 
grivä für grahvaaus grab entstehen, und bringt garva 
mit guru zusammen, so dafs es eigentlich gravitas be- 
deute. 

Dirgha erinnert mich nun endlich an eine sehr kühne 
Zusammenstellung, die mir schon längst vorschwebt, erst 
jetzt aber an's licht zu treten wagt. 

Im slavischen ist, wie mir scheint, indog. d arg ha 



primärwurzel kra, kar, ertönen; und anderes. 219 

dragba (skr. dirgba) zu zwiefacher geltung gekommen. 
Die eine ist durch russ. dolg- (altslov. dlügü), lang, 
langwährend, gedehnt, illyr. dolg (düg), böhm. dluh-? 
lang, — die andere aber durch russ. drug-, illyr. drüg-, 
secundus, alter, böhm. druh-, der zweite, andere, entge- 
gengesetzte, vertreten. Die begriffsfolge ist wohl: lang, weit- 
reichend, entfernt, fremd, alienus, alius (vgl. longus, longe, 
ital. lungi, lontano = ^longitano). Neben skr. dura, weit, 
fern, oder vielmehr mit dessen kernhaftem tbeile, der im 
comparativ (dav-ljas) einzig zurückbleibt, so viel als iden- 
tisch, stelle ich nun ein idg. dava, dav'-ja, auf, das uns 
leichter als dargha zu der bedeutung: fremd, alienus, alius, 
überführt. Die linke band ist aber germanisch und grie- 
chisch die andere, ?; iriya^ und folglich dürfte endlich 
durch ein solches davja das arische vorbild zu laevus, 
?.ai6gy slav. levü, gewonnen werden. Das einstimmige eu- 
ropäische / stellt uns freilich eine bedeutende Schwierigkeit 
entgegen (vgl. jedoch als vereinzeltes 1 = d : lith. -lika 
goth. -lif =s da^a); ein sehwanken zwischen d und I (r) 
darf indefs im ursitz angenommen werden (vgl. skr. da ne- 
ben rä). Der europäische diphthong liefse sich vielleicht 
aus alter Umsetzung (vergl. lat. scaevus = *skav-ja) er- 
klären. Aus Neuindien — ob blofser trugscbein? — kommt 
uns mahrattisches dävä (= *davja) und dävä (vgl. z. b- 
mahr. dul neben skr. dul und lul), left band or side, 
verführerisch entgegen. Kennedy hat im engl.-mahr. theile 
dävä, im mahr.-engl. dävä; die gramatica marastta (Rom 
1778): dawä hat, maö esquerda; das mahr. and engl, 
vocabulary compiled from Kennedy's and Molesworth's 
dictionaries (Bombay 1851) ausschliefslich dävä. Die bei- 
den langen a würden keine Schwierigkeit ausmachen; vgl. 
z. b. mahr. ändhalä, blind, dähä, ten. 

Mailand, 30. december 1865. ÄscoH. 



220 Diefenbach 

Lexicon palaeoslovenico - graeco - latinum emcndatum auctum edidit Fn 
Miklosich. Vindobonae, BraumüUer 1862— 1865. XXII und 1171 ss. 
gr. 8. 

Der gegenständ wie der name des Verfassers verbür- 
gen die hohe Wichtigkeit dieses werkes nicht blos ftlr einen 
der zahlreichsten volksstämme der erde, sondern auch fiir 
den Sprachforscher überhaupt. Soweit die alten formen 
anlafs boten, hat der verf. fürs erste die lebenden slavi- 
schen sprachen und die slavischen lehnwörter in den spra- 
chen der Ostromanen und der Albanesen zur vergleichung 
gezogen, sodann auch die sämmtlichen indogermanischen 
sprachen in sparsamerer auswahl der Wörter, aber mit Ver- 
weisungen auf ausführlichere besprechungen in bekannten 
Schriften. Dabei fällt die auslassung mancher früher in 
seinen eigenen „Radices linguae slovenicae veteris dialecti'* 
(Lipsiae 1845) aufgestellten mehr und minder wichtigen 
vergleichungen auf, wie namentlich der folgenden: bogt* 
deus mit skr. bhagas venerabilis apers. baga deus (skr- 
bhaga m. the sun; Qiva; n. divine power bei Benfey, der 
auch nicht bogii dazu stellt), eine folgenreiche verglei- 
chung. veriga catena zu vreti concludere. voskii cera 
i. q. lit. vaskas, richtiger vaskas (waszkas), woran 
sich noch lett. wasks eest wahha finn. waha u. a. for- 
men der finnischen sprachen reihen, sodann d. wahs 
(wachs), das vielleicht allein eine lebendige wurzel in 
wachsen crescere findet, kramola seditio i. q. carmula 
in den bajuvar gesetzen. strela sagitta i. q. d. strala, 
sträl. CQta denarius etc. goth. kintus, welches mit 
vorslavischer, etwa litauischer stufe anlautet, vergl. mein 
goth. wtb. II, 455; der mit. qu intus denarius darf nicht 
zugezogen werden. 

Für die folgende reihe gelegentlicher bemerkungen zu 
einzelnen artikeln des werkes mag die aufmunterung des 
mcisters selbst zur rechtfertigung dienen; für die häufige 
Verweisung auf mein eigenes „gothisches Wörterbuch ** 
(lexicon comparativum etc. Frankfurt 1851 ff,) die dort 
aufgehäufte fülle (leider oft überftllle, besonders im 1, bände) 
der vergleichungen, die hier keinen räum findet. 



anzeigen. 221 

alükati, lakati esurire (ieiunare etc.)*; an ersteres 
reihen sich formen sämmtlicher litauer (lett., preufs.) spra- 
chen (goth. wb. I, 34. II, 727); die lockende Zuziehung 
der ahd. glosse ilki, ilgi fames, Stridor dentium wird 
durch die weitere Verzweigung dieses deutschen wortstam- 
mes bedenklich. — anüthinü m. Athenae beruht auf einer 
vielleicht aus dem alterthum stammenden, an ävd-og ange- 
lehnten ngr. form !Av&iiva f. — biet flagellum, auch bin- 
senseil, stellt der verf. zu d. binse, welches bis dahin 
keine exoterische sippschafl kannte; aus dem slav. worte 
entstand das seit dem 1 5. jahrh. bekannte deutsche wort 
peitsche. — balütina, blatina, blato palus;. vergL 
ostrom. baltä f. id. alb. halte (bäljtea) id., auch erde, 
thon; in ngr. ßdlrog palus ßaktdSijg paludosus, das wir 
nicht trennen mögen, deutet das anl. ß auf eine sehr alte 
zeit zurück, in welcher es noch b lautete, obgleich in alt» 
griech. quellen das wort noch nicht gefunden wurde; wei- 
tere fragen versparen wir. — Der bauroname borü, coli. 
borije wird von Grimm wb. mit d. före verglichen, wo- 
gegen aber die gewöhnliche lautverschiebung spricht. — 
brechati latrare i.q. ags. beorcan engl. bark. — brodü 
vadum i. q. altn. brot. — brüdo n. clivus; vgl. Schweiz, 
bort n. id. und den ganzen d. stamm baurd (goth. wtb. 
I, 284flF.; Diez R. Wb. v. Bordo); die bedeutung des 
scharfen und stechenden scheint sich in den urverwandten 
sprachen überall anzuschliefsen. — brünestra myrica, 
ein an das gleichbedeutende ital. ginestra erinnerndes 
fremdwort. — vreteno n. fusus schliefst sich nebst an- 
dern slavischen formen an die deutschen Wörter wirten, 
wirtel an, die vielleicht gar aus dem slavischen entlehnt 
sind; man prüfe die ausgedehnte Verwandtschaft goth. wtb. 
I, 196. 197. Miklosich verweist bei vreteno nicht auf 
vrüteti, wozu er lat vertere und d. vairthan, wer- 
den stellt. — vSverica sciurus hängt durch mittelglieder 
mit lat. viverra zusammen (vgl. Pott et. forsch. I, 120), 
das ein lehnwort zu sein scheint. — vetvi f. ramus; dazu 
u. a. poln. wity i. q. hd. wide (s. goth. wb. I, 146) mit 
zahlreicher sippschaft, wenn nicht der dental dort nur dem 



222 Diefenbach 

Suffixe, hier dem stamme angehört. — gladükti laevis 
gehört wenigstens mittelbar zu d. glad, glatt; für die 
sonderung verwickelter formen auch in den lituslavischen 
sprachen häuft sich stoff in m. goth. wtb. I, 414 ff. 775. — 
gobizu abundan«, goth. gabigs. Der verf. fafst hier mit 
Bopp und Benfey ga als präfix, während ich ebensowenig 
gobizü von gobino fruges u. s. w. trennen möchte, wie 
gabigs von gab ei (vergl. gotli. wtb. 11,400). Auch in 
andern slav. Wörtern hält der verf. (auch Schafarik) das 
präfix go aus goth. ga entlehnt; so in gov^ti venerari 
aus d. gaveihan; gorazdii peritus (zweifelnd) aus goth. 
razda, vgl. dagegen goth. wtb. II, 156; gonizn^ti ser- 
vari aus goth. ganisan, obgleich auch gonoziti ser- 
vare goneziti liberare gonez m. heil nebst Zubehör nicht 
getrennt werden dürfen, wenn wir auch die zurückfilhrung 
auf gnati (zen§) und goniti pellere (welche M. trennt; 
vergl. goth. wtb. II, 119) gewagt halten; goneti sufBcere 
aus goth. ganahan, obgleich die ebenfalls verglichenen 
Wörter lit. ganeti id. gana lett. gan satis die wurzel gan 
nicht verkennen lassen; gotovü paratus aus goth. gatau- 
jan, vgl. ungatafs, wogegen ich die wurzel gat (s. diese 
zeitschr. XI, 286) zu gründe zu legen suchte. — goi pax, 
gaudium; vgl. lat. gav (isus), gaudere. — gr^bü ru- 
dis; daher u. a. magyar. goromba, urverwandt das gleich- 
bedeutende d. grob, woraus eestn. rop läpp, gruopes 
id. — gr^da f. gr^du m. trabs c. deriv.; ausführlich 
stellte ich das lituslavische und deutsche zubehör goth. wtb. 
11,391. 774 zusammen; ich übersah in m. anzeige von 
Miklosichs sehrifb über die slav. demente im rumunischen 
s. d. zeitschr. XI, 288 das ebenfalls in den germanischen 
sprachen vorhandene Stammwort von grindel. M. läfst 
die den slavischeu die wage haltenden germanischen wör« 
terreihen aufser vergleichung; ich glaube an Urverwandt- 
schaft beider, trotz der gleichen lautstufen, für welche 
weitere vergleichungen ein gesetz finden werden. — de- 
lüva, dlii f. dolium können diesem lateinischen worte ur- 
verwandt sein; die zweite Bedeutung propago erklärt M. 
durch Verwechselung der glossen nlO^og und Ttv&ft^v^ erin- 



anzeigen. 223 

Dert jedoch an hd. zeige (nd. tclge), welches Kuhn zeit^ 
Schrift VII, 63 zu skr. drh stellt, andere als lehnwort aus 
lat. talea ( roman. taglia) ansehen; sein verhältnifs zu 
zeige mit. telia, tilia, celga etc. rcodus agri, vineae 
bedarf noch näherer Untersuchung. — drugü alius, ami- 
cus zeigt wiederum gleiche lautstufen mit dem zubehör der 
germ. wz. drng, s. goth. wtb. II, 643. — dupli cavus; flSr 
die nebenstämme dup und dub (lit. dumbu, dubti) und 
ihre bcziehungen zu germ. stammen s. goth. wtb. II, 628. — 
kaligy f. pl. calcei ist wol das lat. caligae, das auch in 
den rem. und germ. sprachen mancherlei spröfslinge zeugte. — 
kinifesü m. pl. culices, axvmsg entspricht dem mit. cini- 
phes, stammt aber der anlautstufe nach zunächst aus dem 
griech. — klada f. trabs etc. stimmt zu xkcidog; M. ver- 
gleicht d. holt, holz, während sonst hlathan, laden ver- 
glichen wird (goth. wtb. 11, 558; Grimm wtb. I, U38; Pott 
et. forsch. II, 275), anderer german. vergleichungen zu ge» 
schweigen (klada pedica i. q. german. halda, halta s. 
goth. wb. II, 516. xkdöog: klotz ebend. 438, Pott a. a. o. 
223, vielmehr zu klot, klofs gehörig). — klükü m. 
stimmt zu x^oxy der glosse, wenn auch nicht im ge- 
schlechte. — lomü m. locus paludosus erinnert an lama, 
Xafiog, — lepü m. viscum adj. aptus, dccens, pulcher stellt 
M. Rad. 47 beide zu lepiti glutinare skr. (auch griech.) 
lip (vgl. Pott et. forsch. I, 258; Benfey gr. wz. II, 122; skr, 
diet. V. Lip); zunächst gehören dazu lit. limpu, lipti 
lett. lipu, lipt glutinare m. v. abl. — malu parvus stellt 
sich zu goth. smalists (vergl. goth. wtb. II, 277ff.), wenn 
anders s eotweder dort abgeworfen oder hier vorgetreten 
ist. — mociti madefacere klingt (nebst mokn^ti made* 
fieri und andrem zubehör) zu dem gleichbedeutenden germ. 
stamme muk, manch (urspr. kurz vokalig?), vgl. goth. wtb. 
II, 79 ff. 766, wo jedoch eine revision kundigerer zu wön- 
scben ist. — nevodü m. sagena wird zugleich mit lat. na- 
vis etc. und mit lett. vadus rete verglichen; an letztere, 
allein richtige, vergicichung schlielsen sich viele nctzuamen 
auch germanischer sprachen (s. goth. wtb. I, 137. 430. 11^ 
737), die den gedanken an. den ahfall von ne- ausschlie- 



224 Diefenbach 

fsen, eb(Mi80 die negative bedeutuDg dieses präfixes. — 
obuti calceos induere; ausführliche zusammenstellang der 
lituslav. verwandten, an welche sich lat. -uere, -uviae 
etc. anschliefsen, s. goth. wtb. 11^ 739. — ovosti m. 
vostije m. fructus ist echt slavisch, wie gerni. ofät, obaz 
(obst) echt deutsch, beide unvergleichbar; der slavische 
stamm wird vot sein, das germ. wort eine zusammenset:- 
zung mit itan, essen, wie z. b. urez u. dgl. — pa^ku 
aranea; aus pajqk (poln.) entstanden die lehnwörter ngr. 
Ttdtayxag ostrom. pai angin u; die natur des wertes bleibt 
noch unklar, eine frühe Umbildung aus (paldyyiov unai^ 
nehmbar. — pelinü . absinthium; vgl. eestn. pällin; M. 
unterläfst hier seine frühere vergleichung mit lat. fei. — 
riza vestis, ;^irft!i/ etc.; vielleicht daraus ahd. risa mhd. 
(häufiger) r!se ä. nhd. reise. — riziku fortuna ist das 
auch ins neugriech. aufgenommene rom. risico. — ruda f. 
metallum, lat. rudus unterscheidet sich nur durch das ge- 
schlecht; die grundbedeutung beider bleibt noch ungewifs. — 
ruda temo, pertica; aus hd. rute? die lautstufen stimmen 
nicht recht. — r^bü m. perdix findet eine wahrscheinlichere 
grundbedeutung (bunt) im slavischen, als rebhün im deut- 
schen (rebe), in welchem defshalb eine hybride Zusammen- 
setzung zu vermuthen ist. — r§bü m. gctxog^ pannus (de- 
tritus), in den nslav. sprachen (rüb, selten röb) für man- 
cherlei tuche und gewande, gehört zunächst zu r^biti 
secare; es fragt sich, ob dennoch das verbreitete german. 
roman. rauba, roba verwandt sei (vergl. Diez rom. wtb. 
I, 353; goth. wtb. II, 165. 770), woraus auch in slav. spra- 
chen roba f. später entlehnt wurde. — sani f. pl. traha; 
vgl. ngr. adpia f. id. , nach Megiser agr. aijvixrj id. ; dazu 
das sicher agr. aavig^ ngr. aaviöi asser? in beiden sprach- 
Stämmen kennen wir kein sicheres etymon; wie erklärt 
sieh die illyr. form saona f.? — skvrada, skovrada, 
skrada sartago; vgl. lit. skarvada, skavrada, skau- 
radä, skarradä id. iett. skärde, skärds blech; ahd. 
scarta craticula (bratrost); ä. nhd. oberd. schart m. n. 
sartago; ist auch icxctga verwandt? — skolika concha; 
vgl. d. schale. — skomrachu praestigiator; zu den ci- 



taten nnä wklänmgsversuchea ist noch zn f&gen gotibu 
wtb. n, 237; Pott in d. zeitechr. XHI, 341 ff. — slabu 
debilis, remissns; dazu u. a. lett. sll^bans id.^ vb. slftbdt 
litslabneti, vU. lehnwörter; urverwandt aber germ. slap 
neben (?) slaph, slaf. — sl^ku infiexus nslov. sldk 
macer; Tergl. nd. slank nbd. schlank (mit ähnlicher 
grundbedeutung auch schwank und dgl.). — smokü m. 
serpens smykati serpere; vgl. altn. smuga ags. smuge» 
id. bd. smiegen. — stapu baculus entspricht dem geriia. 
staf, Stab. — sulica hasta (auch ostrom.), ohne esot. 
etymon; vgl. ostrom. sulä f. i. q. ahd. siula, sula etc. 
nhd. saul, seule gleichen sinnes und Stammes mit lat. 
subula, woraus ngr. aovßki, aovyki id. und in obiger bed. 
üovßXa veru; darneben stehn aslav. russ. Silo böhm. äidio 
u. s. w. subula, die sich zu äiti suere verhalten, wie die 
germ. und lat. Wörter zu siujan, suere. — suru nslav. 
snri, sur ferrugineus, lehnwort, vgl. mit. säur us, sorus, 
vgl. Diez rom. wtb. v. Sauro; sollte syrus zu gründe lie- 
gen vgl. z. b. persus? — taboru m. castra; daraus mht. 
täber; das wort tritt in den lebenden slay. sprachen, wie 
in der ostromanischen, albanesischen und magyarischen auf 
und wird von M. an andrer stelle (Rumun.) ffir unelaviscb 
erklärt. — umü m. mens; M. vergleicht aufser lit. umas 
lett. 6m a memoria auch goth. gaumjan, in welchem er 
demnach ein verwachsenes präfix sucht? sicher zu diesem 
gehört lett. gaumä nemt mit einigen abll. und znsam« 
mensetzungen, wol lehnwort, vgl. goth. wtb. II, 387. — fo- 
rütuna tempestas ist<]as besonders für seesturm gebrauch« 
liehe lat. (mit. ital.) fortuna, ngriech. (pa^rowUf <pov^ 
Tovva. — ehliimu, cholmü coUis, saltua ist urverwandt 
mit Sachs, nord. ho Im; bair. Schweiz, kultn dagegen (das 
ich früher irrig verglich) stammt ans dem romMi. culm, 
dieses nebst ostrom. culme gipfel (wc^egen hfllmn coUis 
a. d. skiv.) aus lat. culmen (cul-m«n), das vir zunächst 
nicht mit obigen Wörtern zusammenstellen dürfen. *— 
chm^li m. lupulus gehört zu mit. humulus, einem duvoh 
die romanischen, germanischen, finnischen und mehrere asia* 
tische sprachen gehenden wortstamme. — chom&starü 

Zeitschr. f. vgl. sprachf. XYI. 8. 15 



f^ Sdimidt 

muB criceios ist unser d. harnst er; darneben die bemer- 
kenswerthe form chomjakü mit andrer ableitung. — 
iruvinü ruber, wovon criiminü id. die antikere neben- 
form zu sein scheint, verhält sich zu örüTi m. yermis, wie 
karmin, kermes u. s. w. zu der arischen form krmi; 
nicht zu Terwechseln ist krüvinü, eine ableitung von 
krüvi sanguis. — satiru m. tabemaculum ist ein durch 
viele osteuropäische und asiatische sprachen gehendes wort 
arischen Ursprungs (skr. Khatra n. umbella). 
Frankfurt a. M. im april 1866. 

Lorenz Diefenbach. 



PhjBiologie der meiiBclilichen spräche (physiologische laletik) von dr. 
C. L. Merkel a. o. pro£, d. med. an der nniv. Leipzig. Leipsig, Otto 
Wigand 1866. 444 ss. 

Im gegensatze zu den apriorischen theorien vergan- 
gener Jahrhunderte huldigt unsere zeit dem principe des 
realismus. Sie sucht mit gröstmöglicher genauigkeit das 
thatsächliche zu erforschen und baut erst auf dem so ge- 
wonnenen gründe ihre Systeme auf. Nothwendig wird da^ 
mit die polybistorie abgewiesen; das wesen der detailfor- 
schung ist theilung der arbeit. Ein jeder forscher sucht 
sich seine eigene disciplin auf. Aber die Wissenschaft läfist 
sich nicht Mrie ein land in felder zertheilen, von denen je- 
des fbr sich ohne rficksicht auf die anliegenden bebaut 
werden darf. Keine disciplin kann ohne ihre nachbam 
erschöpfend behandelt werden, von denen sie sich gar 
nicht einmal genau abgrenzen läfst. Wie es in der natnr 
der dinge keine linie giebt, welche »ch nicht bei genauerer 
Untersuchung als fläche erwiese, so erweitert sich bei tie- 
ferer forschung die grenzlinie zweier wissenschi^en zu ei- 
nem zwischen beiden liegenden felde, auf dem die grenzen 
beider wieder ineinander fliefsen und so unbestimmbar blei- 
ben. Es entsteht zwischen ihnen eine dritte disciplin, beiden 



anzeigen. 227 

verwandt, keiner von beiden ganz angebörig. Der fort- 
schritt in einer solcben zwischen zwei Wissenschaften ent- 
standenen neuen disciplin ist immer mühseliger und un- 
sicherer als in jeder der beiden anderen, weil selten ein 
forscher diese beiden in gleichem mafse durchdrungen hat ; 
um so nöthiger ist es daher, dafs beide partheien einander 
überwachen und berichtigen. So wird es denn gerechtfer- 
tigt sein, dafs hier das werk des physiologen vom Sprach- 
forscher beurtheilt werde. 

Der schon durch mehrere arbeiten auf dem gebiete 
der lautphysiologie rühmlichst bekannte verf. geht mit au- 
fserordentlicher gründlichkeit und ausfbhrlichkeit zu werke. 
Natürlich mufs ihm referent die Verantwortlichkeit för seine 
physiologischen Untersuchungen überlassen, deren resultate 
er nur dankbai* annehmen kann, sein urtheil auf das rein 
sprachliche beschränkend. Er beginnt mit einer durch 
figuren erläuterten, sehr ins einzelne gehenden anatomischen 
darstellung des menschlichen stimm- und Sprachorgans und 
kommt dann zu den „sprachlautlichen bewegungen im all- 
gemeinen^. Sämmtliche sprachlaute zerfallen in „schallende^ 
und „stumme^ s. 38. Bei jedem vollständig gebildeten 
sprachlaute haben wir dreierlei zu unterschen 1) den Vor- 
gang der Organe in die articulationsstellung, 2) das verhar- 
ren in derselben und 3 ) den rückgang aus derselben s. 39. 
Brücke (grundzüge und Systematik der sprachlaute s. 33) 
nimmt auf den ersten und letzten dieser drei punkte keine 
rücksicht. Merkel hat aber sehr recht sie alle drei gleich- 
mäfsig zu betonen, da gerade die von Brücke vernachläs- 
sigten momente in der lebendigen spräche, d. h. in der 
Verbindung der laute unter einander, die gröste bedeutung 
erlangen und die Verträglichkeit und Unverträglichkeit 
zweier laute, d. h. einen grofsen theil der lautgesetze, be- 
dingen. Der verf. stellt dann eine dreifache art der laut- 
verwandtschaft auf: verschmelzbarkeit, agglutination und 
assimilierende Verwandtschaft der laute. Es folgt der ab- 
schnitt über die vocalbildung. „Ein vocal ist jeder tönende 
luftstrom, der durch die mundhöhle allein hindurch und 
zum munde heraus gefuhrt wird, ohne dafs auf diesem 

15* 



928 Schmidt 

wege seine tonalität durch ein accessorisches Bcballpb&no- 
men in den hintergrand gestellt würde^ s. 64. Die vocale 
werden diuin getheilt in bellgeförbte ä, e, ö, i, ü, bei de- 
ren bildang der sinus glosso-epiglotticns offen, und in dun- 
kelgefärbte a, o, u, bei deren bildung der sinus geschlos- 
sen ist. „Eingesetzt werden kann ein vocal 1) oodt vollem 
oder starkem hauche, das gewöhnliche laute h; 2) mit lei- 
sem hauche (der nachher als der sogenannte Spiritus lenis 
bezeichnet wird); etwa wie die Franzosen das h bilden; 
3) ohne hauch, fest und bestimmt, mit momentanem glottis- 
schlufs; 4} mit einigen strohbass-vorschwingungen, das 
arab. ajin^ s. 72. Trotz der nachfolgenden ausführlichen 
beschreibung und erörternng aller dieser arten des ejxisat- 
zes ist dem referenten aber nicht klar geworden, wie sich 
no. 2 und 3 f)ir das gehör scheiden, welches doch für das 
wesen der spräche das einzig mafsgebende ist. Ks werden 
dann die vocale einzeln in ihrer bildung sehr genau fest- 
gestellt, wobei ich besonders auf die beschreibung des 
uns Deutschen schwierigen slavischen j s. 102 als sehr 
treffend hinweisen will. Durchaus würde es aber dem 
buche nicht zum schaden gereichen, wenn die auch bei den 
consonanten hinter der beschreibung eines jeden lauties fol- 
genden abschnitte über seine „psychologische bedeutung^ 
fehlten. Was der verf. da vorbringt ist alles willkührlich 
aus der luft gegriffen, h soll das „elementum emphaticun» 
f&r den sprachlichen ausdruckt sein, das „hastige, gewalt- 
same^ u. 8. w. bezeichnen (s. 73). Im indogermanischen 
ist aber bekanntlich h gar kein urspüngl. laut, sondern aas 
gh, dh, bh,s, k in den verschiedenen sprachen hervor ge- 
gangen. Diese behäuptung war also etwas zu „hastig und ge- 
waltsam^. „Eine spräche enthält in ihren werten um so mehr 
vocale, je mehr im leben des sie sprechenden volkes das 
gemüth, das seelische vorherrscht, während ein mehr mit 
dem verstände arbeitendes volk in der regel eine an con- 
sonanten reiche spräche spricht^ (s. 79). Danach wären 
z. b. die Georgier, welchen formen wie vhsttsereth 
scripsimus sehr geläufig sind, ungleich tiefere denker als 
die vocalliebenden Hellenen, „u dient zum ausdrucke. fiUr 



das tiefe, donkle, dampfe, schauerliche, forohtbare' (s, 90), 
die beispiele, welche dies belegen sollen, enthalten leider 
zoDi grösten theile aus a geschwächtes u, nur hu und 
profundus ursprüngliches. Ganz so leicht ist es denn 
doch nicht in der spräche das gras wachsen zu hören. 

8. 103 sucht der verf. festzustellen, wie weit die kie- 
fern zur bildong eines jeden einzelnen vocals Toneinander 
entfernt werden müssen. Die entfernung der kiefern von 
einander ist aber zur vocalbildung ganz unwesentlich, da 
man auch bei fest geschlossenen zahnen alle vocale deutlich 
sprechen kann, wenn nur die lippenstellung die nöthigen 
modificationen erfährt. Und zwar bleibt der ton dabei hell 
und rein, ohne wie der s. HO beschriebene des bauchred- 
ners, zu verdumpfen. Mit der Verwerfung des Lepsius'schen 
„unbestimmten vocals** (s. 1 1 3), der nur ein unvollkommen 
gebildeter vocal ist, werden wohl die meisten leser einrer- 
stMiden sein. Sehr fein und treffend ist auch die Unter- 
scheidung von mischvocalen und zwischenvocalen. „Letz- 
tere entstehen nicht durch zusammenfügung oder gleich- 
zeitige erzeugung von articulatorischen dementen, welche 
getrennt bei zwei andern vocalen vorkommen, sondern da» 
durch, dafs die organe auf dem wege, den sie von der ei- 
nen vocalstellung zu einer andern zurücklegen, auf einem 
gewissen mittleren orte stehen bleiben, welcher auf der 
grenze der physiologischen Spielräume der betreffenden 
vocale liegt^ (s. 1 1 4). So ist z. b. e zwischenvocal zwischen 
a und i. Die grenze der diphthonge wird zu enge gezo- 
gen, wenn (s. 115) behauptet wird, nur solche vocalcom- 
binationen könnten diphthongisch eine silbe bilden, deren 
letztes glied i oder u seien, dagegen sprechen z. b. lit. ö 
(ie), slav. £ (äa), ahd. uo, ua, mhd. ie, üe u. a., welche 
alle nur einsilbig sind. Die behauptung, dafs vocalisch 
auslautende siiben durch betonung fast stets lang werden 
(s. 116), gilt nur für das neuhochdeutsche; vgl. z. b. ro^ 
ross. xopoBiö (spr. charaäö), lit. ih ea, wohl zu untere 
sohdden von t^' eum, eam, sü ponü cum domino u.a. 
Ebenso wenig wird, wie der verf. will, in einem zwei- oder 
mehrsilbigen worte, dessen erste silbe mit dnem vocal en- 



230 Sdunidt 

digt, dieser yocal unbedingt lang, wenn die nächste silbe 
mit einer explosiva media anföngt (s. 116); vgl. z. b. USa- 
ffoq^ 'idog^ skr. sadas, lit. südeda ich lege zusammen, 
sügeriu vertrinke, pägailiu habe mitleid u. a., auch das 
vom verf. angefiihrte beispiel leder lautet niederdeutsch 
leder. Die definition der diphthonge (s. 123) ist unstrei- 
tig richtiger als die von Brücke gegebene, unrichtig ist, 
dais sie nicht vor r, manche (z. b. ai s. 126) auch nicht 
vor ch stehen können. Gerade r und h verwandeln be- 
kanntlich im gothischen vorhergehendes i und u in ai und 
au, welche, wenn auch später wohl e, ö gesprochen, ur- 
sprüngl. sicher diphthongische geltung hatten. S. 126 „ge- 
schrieben wird der diphtbong ai in der regel ei, was aber 
so ofPenbar falsch ist, dafs es kaum der mfihe lohnt, noch 
viel Worte darüber zu verlieren^. Schon der pommersche 
dialekt hätte den verf. eines besseren belehren können, 
und im litauischen wird der unterschied zwischen ai und 
ei sehr stark und deutlich empfinden, z. b. vaidas 
zank, aber v ei das gesiebt. S. 128 giebt der verf. selbst 
zu, dafs ei dialectice vorkommt, in dem dreisilbigen pay- 
San finde ich jedoch den diphtbong nicht. „Der Keuchli- 
nische dialekt des altgriechischen^ s. 127 ist ein wunder- 
barer ausdruck. Dafs die Russen den diphthongen ui oder 
uy durch ein einfaches zeichen ausdrücken (s. 128), war 
mir bisher unbekannt, meint der verf. vielleicht lo (ju)? 

Die consonanten werden getheilt in 1) velo-linguales (bis- 
her gutturales genannt), 2) palato-et alveolo- oder maxillo- 
-linguales (dentales), 3) labiales. In jeder classe scheidet er 
a) consonantes strepentes, b) vibrantes, c) explosivae, d) 
nasales sive resonantes. Wie der verf. dazu kommt grie- 
chisches V als stummlaut, und zwar als Brückesches f ^, 
aufzuführen (s. 138), ist nicht recht begreiflich. Für die 
folgende specielle physiologie der consonanten, namentlich 
deren erste familie „stofs- oder verschlufslaute * ist dem 
verf. sein sächsischer dialekt in dem mafse hinderlich ge- 
wesen, dafs er die klarheit und Zuverlässigkeit seiner Un- 
terscheidungen stark beeinträchtigt hat. Herr Merkel 
scheidet die verscblufslaute in a) weiche, mediae, b) halb- 



harte, tenu^ implosivae, c) harte, tenaes explosivae, d) 
adspirirte oder verschärfte. Ueber das wesen der zweiten 
gattung, der tenuis implosiva, ist es mir beim besten willen 
und redlichster anstrengung nicht möglich gewesen zur 
klarheit zu gelangen, sie unterscheidet sich von der tennis 
explosiva dadurch, dafs zu ihrer bildung die Stimmritze 
ohne zu tönen geschlossen ist (s. 149), während die explo- 
siva geöffnete glottis verlangt. Vor allen dingen scheint 
mir sehr mifslich bei einem verschlufslaute festzustel- 
len, ob die glottis geschlossen ist, wenn sie nicht, wie bei 
der media, durch ihr tönen den verschluTs documentiert, 
denn der kehlkopfspiegel ist hier selbstverständlich nicht an^ 
zuwenden. Die beispiele f&r tenuis implosiva sind nach 
norddeutscher ausspräche theils tenues explosivae: lan^-ar- 
mig (gan^ wird s. 150 als beispiel der ten. expl. aufge- 
führt!), gold-ammer, rippe, theils mediae: beob-achten, ajfna- 
tus, Widder. TVog, pracht mit r velo-linguale haben die 
t. explosiva, dieselben worte mit r palato-linguale die t. 
implosiva s. 156 (?). Aus den Verweisungen auf Brocke 
scheint hervorzugehen, dafs der verf. den ersten von 
zwei aufeinander folgenden gleichen verschlufslauten z. b. 
in rippe als tenuis implosiva auffafst; wie stimmen dazu 
aber beispiele wie beobachten, lan^armig? Aufserdem hät- 
ten dann auch consequent mediae, nasales, strepentes im- 
plosivae aufgestellt werden müssen, denn auch sie werden 
f als erste glieder einer Verdoppelung in ganz gleicher weise 

f afBciert wie die tenues, d. h. in jeder Verdoppelung fallen 

) von den drei zur bildung eines lautes nöthigen momenten 

[ (s. 0.) das dritte des ersten lautes und das erste des zwei- 

, ten fort. Kein Norddeutscher würde ferner behaupten, die 

1 bildung der media sei unmöglich vor ihrem ortsverwandten 

f resonanten (vgl. z. b. ordnen), in der Verdoppelung (wid- 

) der) und im auslaute nach langem vocalß oder diphthongen, 

f wenn die folgende silbe eine semivocalis anlautet (edler) 

^ s. 150. Die s. 151 und 156 gegebene regel, dafs eine as- 

^ pirata nie auslauten könne, ist auch nicht haltbar, wir 

j im deutschen aspirieren sogar jede auslautende tenuis, wie 

\ der leicht bemerken wird, welcher, z. b. von Slaven, reine, 



mg^ftiiehte temies sprechen gehört hat. Es muls om 
sa mehr ▼erwoDderung erregen, dafa dem t^. dies ent- 
gangen ist, als er (s. 197) fein nnd richtig beobachtet hat, 
dals sribst unser deutsches z (= ts) im anlant einer „acut 
bnrsen silbe^ aspiriert wird, z. b. zach, zopf. 

Die f&r die sogenannten gutturalen von Brocke ange- 
nommene Unterscheidung in zwei species, eine hintere und 
^ne vordere, verwirft Merkel s. 161 ff., die articulations- 
Stelle des anlautenden k weise sich unter allen umständen 
als eine und dieselbe aus, nämlich als der weiche gaumen. 
Nach vocalen stelle sich allerdings ein unterschied her- 
aus, indem nach e und i die anhaftungsetelle der zunge 
einige linien weiter nach vom rücke als nach a, o, lu 
Deshidb aber zw^ k zu unterscheiden hält er „f&r flber^ 
flüssig und selbst unphysiologisch ^. Dies hindert ihn aber 
nicht im folgenden zwei arten des ch anzunehmen (s. ITSft.)? 
l)das hintere oder tiefere, 2) das vordere, denen er dann, 
völlig aus dem eintheilungsprincipe fallend; 3) das tönende 
Üclk ch hiazufilgt. An der Verneinung eines vorderen 
tönenden cb (x^ Brücke) ist wieder der sächsische dialekt 
schuld, welcher den verf. veranlafst das nach mancher aus- 
spräche hierher gehörige beispiel theolo^e zu dem tonlo- 
sen eh zu stellen. Das hintere tönende cb, mit verschluis 
eingesetzt also geh hält er f&r den laut des skr. gh*) 
(s. 179), wie er später die geltnng des bh als bw (a 211) 
and des dh ah ddh (dh tönendes engl, th s. 19B) annimmt. 
Dbse hypotbese schont mir allerdings mehr f&r sich zu 
haben als die Brüofcesehe (grundzüge s. 85), die mediae 
asp. seien ursprönglieb tönende reibungsgeräusebe gewesen. 
Hauptsächlich bestimmt mich hierfür der umstand, dafs 
die med asp^ durch ihre entsprechende media redupliciert 
wird; wäre z. b. bhü als wü gesprochen, warum hat man 
nicht das perf. w^wüva gebildet? Sprach man di^egen 
bwü, so war ein babwüva ganz rationell. Bbenso er* 



*) Hi«ni»^li erklilrt sieh der Übergang von gr in gh z. b. in nighavtn 
ans granth ganz natOrlicb, indem das gnttnral anzunehmende r durch aJl- 
itiSbliche schwitchung und dann verlast seiner Vibrationen znm tönenden ch 
willig geh aber naeh obiger hjpoAeM der verth ron gh ist. 



•BMigeii. 98 

klärt sich ein ytiqvxa dut aus der ausspräche pepPflka 
(nach Brückeseber bezeichnaog), nicht aus pefQka. Zu 
diesen verschiedenen arten des ch kommt dann der ver- 
wandte laut ^g molle^ (s. 181) — eine schlechte bezeich- 
nung, da der laut nicht tönend ist , welchen begriff man 
doch mit g zu verbinden pflegt, die „tönende gattung des 
g moUe^ (s. 183) ist jot — dessen articnlationsstelle da 
beginnt, wo die des cb nach vorn hin aufhört. „Auf der 
articulationsstelle des g molle ist kein explosivlaot mög- 
lich: folglich hat das Brtickesche System hier eine böse 
lücke«^. 

Beim retrodental-blaselaut th (engl.) macht der verf. 
(s. 191 und 212) die treffende bemerkung dafs es „gleichsam 
auf der vordersten grenze des physiologischen Spielraumes 
des s-genus liegt und den fibergang zum f bildet, in wel- 
ches es auch wirklich in der russischen spräche überlau* 
tef. Auch im lateinischen geht dh bekanntlich meist in 
f über. 

Weshalb der verf, behauptet, dem anlautenden s könne 
kein ch folgen (s. 199) ist nicht ersichtlich, griechisches ax 
und westpbälisches s-ch hätten ihn eines besseren belehren 
können; letzterer dialekt weist auch die (s. 219) verworfene 
auslautende Verbindung Ich auf. 

Für seh sollen die lippen die wichtigsten activen ar- 
ticulationsorgane sein (s. 200 und 204), dieser laut lä&t 
sich aber mit völliger beseitigung der lippen deutlich und 
rein hervorbringen. Das seh ein einfacher sprachlaut ist, 
wird im gegensatz zu ir Oberen theorien mit recht behaup- 
tet. Was für ein „combinierter sprachlaut aber im sans- 
krit schha sein soll, der für das adspirirte seh gehalten 
werden kann^ (s. 204), ist nicht zu ersehen. Auch unser 
verf. bleibt nicht von der Versuchung verschont die spräche 
willkürlich zu meistern, so verlangt er (s. 205), dafs man 
sprechen soll aus-scbtehen, aber hirsch-stein. Ein physio- 
loge sollte sich doch immer an das vorliegende, in der 
natur gegebene halten. 

Den in vielen sprachen hervortretenden Übergang von 
g in i fa&i der verC nicht ganz richtig auf, er setzt z.b« 



fiilgeiBde stufin an, laL 
itet dzeneroso. Aber der ebeiMO hinfip Qbergang too 
di iD z, z. b. itjd. giomo ans dioniiiiB, fiMdcrt die rohe 
80 anzusetzen: generosoa. 



Anlaotendee p, wdelwni n foUgt, z. b. in jnrcw, soll 
nothwendig wie pr geeproehen werden (e. 210), spito' je- 
doch (s. 241 ) hat och der Ter£ eines b es s eren besonnen 
und UList den anlaot pn sn. 

Eine einseitig oberdeotsche behanptung ist wieder die, 
dals f sich nicht mit stimmbinderschwingnngen verbinden 
hsse, die oi^ane müssen dabei eine zwischen der ▼- (P 
Brücke) ond f'Iage(P Br.) liegende mittlere steUnng ein- 
nehmen (s. 212). In NorddeotseUand hört man fiwt nnr den 
hier Terworfenen hiot (w^ Br.). S. 250 kommt der verf. 
wieder auf densdben g^enstand zn sprechen, was er da 
sagt ist aber durch widersprfidie in sich nnTorstindKch. 

Ganz nnglöckfich ist die Termathong (s. 226) das ▼<>- 
eaUsierte sanskritische r sei tonks, ohne Stimmbinder- 
Schwingungen, gebildet In der angehingtcn qwachlantta» 
fid wird r einmal ab Tocalisiertes r und dann als r fin- 
guale non yibrans, f gar als mouilliertes r (ij) aB%cfilhrl 

Die (s. 230 und 242) gdengnete anlantrerbindung mr 
findet sich b^anntlich im ahbaktrischen, s. b. mrQ loqfui, 
skr. bm u. a. s. Jnsti, sowie im skr. mr^tö u. a. 

Mach erSrterung simmtlicher ein&chen consonanten 
werden die zusammengesetzten behandelt. Die aspiraten 
und «nsatz-blasgerinsche (pv, ts, kch u. 8.w.) werden 
(s. 261) als an£M;h angesehen. Die BrOckesche ansieht, dafe 
zussmmengesetste constmanten gebfldet werden, indem die 
mundtheile gleichzeitig Ar zw« Tttsdiiedene 
eingerichtet sind, wird al^ewiesen und Tidmehr ein i 
einander der betreffenden laute behauptet Die 
tenTerbindnngen werden dann eingetheih in 1) coneonantes 
eoncretae, oontractae mwe aggintinatae, unter denen wir die 
eben noch ak ein&ch angesprochenen einsatzblasgerinsehe 
wiederfinden und 2) oonss. jnztaneae sire juxta positae; 
▼on letzteren werden die s. 270 zngrliBsenen andantoidep 



anzeigen. 235 

verbindungeD mx und nps wohl in keiner spräche vorkom- 
men. Die beschreibung des polnischen rz (s. 270) ist un- 
genügend. Es folgen dann (s. 270 ff.) die mouillierten 
consonanten, von denen der verf. die irrige ansieht hegt, 
dals sie alle mit Stimmbänderschwingungen verbunden 
seien, es giebt aber z. b. im slavischen und litauischen 
auch mouillierte tenues in fülle. Auch braucht der auf 
einen mouillierten consonanten folgende vocal nicht betont 
und in die länge gezogen zu werden. Ferner sollen mou- 
illierte consonanten im anlaut einer zweiten silbe verdop- 
pelt, d. h. zwischen die beiden silben vertheilt werden. 
Zum beweise, dafs alles dies unrichtig ist, führe ich die 
beiden lit. szliurpiü und pliurpiü an. Unter den 
„mangeln und fehlem bei bildung von consonanten^ (280ff.) 
ist manches aufgeführt, was als dialektische varietät ein 
vollkommen berechtigtes dasein hat. 

Es folgt dann ein capitel über phonetische transcrip- 
tion, in welchem eine neue lautschrift aufgestellt wird, 
welche ihrem zwecke^ soviel man von vorn herein urthei- 
len kann, ohne sie selbst längere zeit benutzt zu haben, 
recht gut entspricht. Vor der eckigen Brückeschen schrift 
hat sie durch bequeme abrundung der züge den vortheil 
der leichteren anwendbarkeit. Einige inconsequenzen sind 
aber bei aufstellung des Systems doch mit untergelau- 
fen, die ich flir den verf. kurz andeuten will, sie finden 
sich s. 302. Das zeichen taf A III e sollte statt über den 
vocal rechts an denselben, das zeichen A III g sollte rechts 
an den ersten, statt über den zweiten vocal gesetzt werden. 

Endlich wird auch die Verbindung der vocale mit 
consonanten der betrachtung unterworfen. „Eine silbe ist 
ein einfacher vocal- oder ein diphthongenlaut mit oder 
ohne einen oder mehrere vor- oder (und) nachlautende con- 
sonanten, welche so beschaffen sein müssen, dafs sie auf 
der bahn, welche die Organe von einem indifferenzpunkte 
aus nach der vocalstellung hin und von dieser aus 
zum anderen indifferenzpunkte hinzunehmen haben, ohne 
Schwierigkeit und ohne dafs ein zweiter vocal dabei ge- 
hört wird, gebildet werden können. Als die beiden indif- 



1S96 Schmidt, «iizeigen. 

ferenzpunkte einer silbe bezeichnen wir: 1) die läge der 
Organe unmittelbar vor der bildnng des ersten silbenlaats, 
2) die läge der organe nach Vollendung des letzten silben* 
lauts^. Dafs diese definition, welche die silbe durch die 
indifferenzpunkte und diese wieder durch jene begrenzt, 
ein Zirkel ist, sieht jeder. In diesem abschnitte, so wie 
namentlich in dem weiter folgenden Aber die natürliche 
quantität waltet sehr viel willkfir, und nirgends macht 
sich die das ganze buch durchziehende mangelhafte sprach- 
kenntnifs des verf. fühlbarer als hier. Um nicht zu viel 
titdeln zu müssen übergehen wir das einzelne, dessen be- 
richtigung jedem sprachlich gebildeten auf den ersten blick 
gelingen wird. Das noch folgende über prosodie, accent, 
rhythmus, melodie der spräche berühren wir nicht als dem 
kreise dieser Zeitschrift fern liegend, obgleich es sehr gute 
bemerkungen über das verhältnifs zwischen spräche und 
musik enthält. Beigefügt sind dem buche noten- und 
Sprachlauttabellen, phonetische transcriptionen und figuren 
zur illustration der einzelnen lautbildungen. Letztere zeich- 
nen sich durch klarheit und Verständlichkeit vortheilhaft 
vor den in Brfickes grundzügen und in Max Müllers lectu- 
res U. series gegebenen aus. In fig. 1 3 ist statt n h gedruckt, 
welcher buchstabe also zwiefach in der figur erscheint. 
Der richtigen beschreibung des cerebralen oder cacuminalen 
t s. 164 entspricht die Zeichnung fig. 28, c nicht. 

Ich schliefse die besprechung des buches, indem reh 
trotz der mannigfachen hervorgehobenen mängel dankbar 
die reiche belehrong, welche es mir gewährt hat und wohl 
auch anderen gewähren wird , so wie die grofse gründlich- 
keit in der beschreibung der einzelnen lautmeeh»DhimeQ 
anerkenne. Sollte es dem verf gelingen sich aus der ab- 
hängigkeit von seinem heimischen dialekte zu befreien, so 
würde er bei erweiterter sprachkenntnifs der Wissenschaft 
noch werthvollere resnltate liefern können. Vielldcht wQrde 
er dann auch besser auf das Brftckesche System zu spre» 
chen sein, welches er allerdings in manchen stüeken cor- 
rigiert hat. 
Berlin. Johannes Sehmidi. 



1) Wurzel mü, flechten. 

Zu den oben 6,318 — 319 dieser wurzel zugetheiHen 
ableitungen sind noch zahlreiche schdfsUnge hinzuznftlgen. 
Zunächst scheint die griech. partikel ^v^ /ut), der vor- 
zugsweise durch den schlufs der lippen hervorgebrachtiB 
undeutliche, schüchterne laut (vergl. unser: nicht xnau sa* 
gen lat. mu facere) gradezu den physiologischen kern der- 
selben zu bilden, griech. /utcu daher, sich zuschliefsen, sich 
zusammenfügen in wz. mü flechten direct, nur in trän-» 
sitiver bedeutung vorzuliegen, wie es denn ja auch selbst 
wirklich transitiv als; verschliefsea^ suachliefsen, zuthun 
gebraucht wird. Auf sanskritischem boden nun ziehe ich 
hinzu zunächst noch wz. muh verwirrt sein, sei es, dafs 
dabei die grundbedeutung des m\x^ fiv direct noch zu gründe 
liegt, sei es dals wir auf die speciellere bedeutung der skr. 
WZ. mü: flechten, zuflechten dabei zurückzugehen haben. 
Dafs nämlich das h von muh secundär ist, auf eine ältere 
aspirata zurückgeht, ist selbstverständlich : dafür aber dafs 
diese aspirata das so vielfach zu Weiterbildung von wur- 
zeln verwendete dh (das vermuthlich seinerseits doch wohl 
mit WZ. dhä zusammenhängt?), nicht ein guttur. laut ist, wie 
man aus mugdha, mögha schlie&en möchte, entscheidet, 
wie ich meine, die partikel mudhä, eigentlich ein alter wur- 
zelijBStrumental, wie es deren so viele giebt. Zu dieser form 
mudh ziehe ich dann auch noch das bis jetzt dunkle wort 
mudrä., welchem nicht die dentale potenz, sondern die 
a<9piration abbanden gekommen ist, während das gleicbbe^ 
deutende np0rs. muhr umgekehrt, ebenso wie wz. muh, 
nur die letztere bewahrt hat. — Zweifelhaft bin ich in 
bezug auf wz. mürKih, betrübt, ohnmächtig, starr sein^ 
cans. erstarren, gerinnen machen (sarüpavatsäjä dugdh& 
vrihijaväv avadhäja mürl^hajitvä Kaup. 12« 3&), und die 
davon abgeleiteten Wörter mürkha murciis (murksig), 
mürta geronnen (svajammürtg ägj^ ^^* I9 S) 3* ^)^ starr» 
ob sie nämlich auch auf die alte interjektion mu, (av^ resp* 
eine daraus gebildete £[>ri;Kii mur {vf^. (AQQfjevgoi^ murmura^e, 
oiurren), oder ob sie nicht vielmehr auf W9, mar jnuCMit 



2M Wilbrandt 

resp. dessen nebenform mür (wie gür neben gar), wovon 
z. b. parimürni Qatap. Y, 3, 1, 13 upamürjamäna Qat. I, 7, 
3, 1?. 4, 12, zurückzuffihren seien. — Auf den begriff des 
zuscbliefsens, zustopfens läfst sich wohl auch der des 
schimmeis, moders, faulens, stinkens (muffeln sowohl vom 
ton, wie vom geruch) zurückführen, und dahin wQrde dann 
wohl auch mütra, urin, gehören, somit sich zu ixvSoq fixn 
aog stellen. — Endlich ist auch wz. muä, mausen wohl 
nur als weitere differenzierung des grundbegriffes : zuschlie- 
fsen, sich einer sache heimlich versichern anzusehen. 

2) muskara, masculus. 

Dais skr. muäka, oaxog (mit abfall des anlauts) in 
der that zu der oben 5,234 besprochnen wz. mas gehört, 
wird durch die Zusammenstellung von mudkara mit 
masculus wohl sofort gesichert. Aber auch muäti, 
die fleischige, gehört hieher, und hat mit unserer faust 
(wz. pug) nicht das geringste zu thun. 
Berlin, 1. august 1866. A.Weber. 



ergo, erga. 

Zeitschr. V, 390 wird raih-ts mit oQiyo), regere (ge- 
wifs doch also auch mit unserm recken und reichen, 
strecken und streichen? Zeitschr. IV, 25. 26) zusammenge- 
stellt und das voranstehen des r in diesen verwandten 
dem ind. ar^, rgu gegenüber als metathesis bezeichnet. Ob 
sie metathesis zeigen oder ind. arg, rgu, entscheide ich 
nicht, versuche aber den nach weis, dafs die ind. Stellung^ 
die ja im deutschen dort so reichlich erscheint, auch im 
lateinischen nicht un vertreten ist. Von raihts ist genetiv 
raihtis und dient wie allis (genetiv von alls) als binde- 
wort. Schon Gabelentz und Lobe (grammatik §. 163) wei- 
sen es ab die beiden formen als comparative fassen zu 
wollen. Es sind genetive wie unser: rechts, links, eilends; 
-wärts; -seits. Jene beiden ausdrücke werden beide ver- 
wandt ;^a(» zu geben; aber allis begegnet noch in derbe- 



miiGelleii. 239 

deutuDg oAit)^ (allerdings Lutb.) Mattb. V, 34. 1. Corintb. 
Xy, 29. Das lat. plane räth dem raihtis die nämlicbe 
bedeatung zuzuweisen ; aber würdigen wir unbefangen, wie 
raihts nebst ableituogen gebraucht wird, so bleiben wir 
wohl bei „o^^fj^aig, richtig '^ als der brücke von raihts zu 
raihtis {y(iQ)> Immerhin vereinigen sich beide ausdrücke, 
allis wie raihtis, darin, dafs sie den grund oder die Ur- 
sache als das schlechthin geltende — auf dem man nun 
weiter baue — hinstellen, allis so zu sagen mehr quanti- 
tativ, raihtis mehr qualitativ. Gerade wie nun unser al- 
lerdings dem griech. fiiv oft nah genug tritt, so sehen wir 
allis Luc. III, 16 {^yta fiiv vSan)', und gerade wie wir 
unsere ausdrücke „das ist richtig'^ (il est vrai que, 
c'est vrai), zwar (bekanntlich z@ware) ein aber einleiten 
sehen, so sehen wir auch raihtis oft in jener zweiten be- 
deutnng, so dafs ith folgt {Si). Schon in dem, was ich 
so eben verglich, zeigt es sich, dafs unter den bindewör- 
tero bisweilen gleichstämmige zu entgegengesetzter bedeu- 
tung verwendet werden; denn zwar ist juei^, vero (verus 
=s war) ist Sb, So wird man sich nicht wundern, wenn 
ein bindewort „denn^ bedeutet und ein verwandtes „also** 
— wenn ich die wurzel von raihtis und ergo f&r eins 
erkläre. Ergo (erst im silbernen Zeitalter ö. Zumpt) „rich- 
tig" — gewifs ablativ wie vero, falso u. s. w. — mag also 
ganz einfach beiwort des Satzes sein, in dem es steht, ohne 
dafs man nöthig hätte eine Versetzung anzunehmen. Jus- 
sus est: fecit ergo. Es ist ihm geheifsen worden: er hat 
es richtig gethan. PI. Cist. I, 1, 74 erfolgt auf Perfidiosus 
est amor die antwort: Peculatum ergo in me facit. Wir: 
ja, ja, er begebt unterschleif an mir. Dafs die Übersetzung 
„richtig" nicht überall pafst — wen wird das befremden? 
Zu erwägen bleibt noch ergo als vorwort. Die drei stel- 
len, welche mir zu geböte stehen, weisen einstimmig die 
bedeutung „zwecks" auf. Cl. Quadr, bei Gell. 111,8,8 
schreiben die consuln an Pyrrhns: „communis exempli et 
fidei ergo" hätten sie den verrätberiscben verschlag (ihm 
gift beizubringen) ihm doch lieber anzeigen wollen. So 
Lucr.V,1245: 



940 Wilbraadt, misceUen. 

hostibas intulerant ignem formidmis ergo 
und Verg. VI, 670: ilHus ergo (des Änchises wegen) Vö- 
nimus d. h. den A. zu sehen. Man sieht wie diese an- 
wendung aus der sinnlichem „auf •los*', die die worzel er- 
gibt, quelle, wie ähnlich unser gebrauch von „wegen" sei 
und sich aus dem lateinischen gebiet e regione (gegenüber) 
vergleichbar finde, das ja der nämlichen wurzel entstammt, 
übrigens in späterer zeit ebenfalls — wie contra — binde- 
wortartig gebraucht wird. So langen wir bei dem zweiten 
ausdruck an, den ich noch vergleichen wollte: erga. Be- 
kanntlich steht dies bei Plautus u. s. w. und wieder bei 
Tacitus u. s. w. oft genug feindlich, und auch die rein 
sinnliche bedeutung, nach der wir uns vor allem umsehen, 
entgeht uns nicht. Plautus: quae med erga aedes habet. 
(Truc. II, 4, 52). Noch sei bemerkt, dafs man wohl oiqht 
wegen des ergo mit genetiv zur annähme eines subst. zo 
greifen braucht. Ergo mit gen.: erga = goth. in mit gen»: 
in mit acc. (in himin gen himmel). Vielleicht war die äl- 
teste an Wendung dieses in mit gen. wie sie Tit. I, 11 vor- 
liegt: in faihugaimeins (aia^gov Kigäovg X^Q^^)' E^rgo i^^ 
masc. oder vielmehr neutr , erga fem. der abl. Zwar sind 
von adj. 4. decl. die spuren nur leise: acupedius = (uxi/- 
novg; dennoch möchte ich arguere lieber von einem sol- 
chen ableiten (vgL statuere, tribuere), wenn auch nicht grade 
in der Voraussetzung es sei eigentlich „mit kalk anstrei- 
chen" (zeitschr. XII, 423), so doch unter beiziehung von 
argentum^ argilla, als dem dort gemachten versuch beistim- 
men. Hier hat nun das ind. die andre Stellung ragata« 
Ob nicht doch vielleicht dies die ursprän^ichere sei?*) la 
dem lippenselbstlaut stimmen nun merkwürdig ar^una, 
ägyvgog und mein *argus, gen. argüs — wie in der be- 
deutung. 



*) Man wird wohl nicht mehr hieran zweifeln dürfen, wenn man mir zQ* 
giht^ dafs recken and reichen mit 9tce$Hcen und streichen ii^nd fUMßß m 
thnn haben. 

Rostock, juni 1866. Wilbrandt. 



Tobler, Über das gernndium. 241 

Ueber das gerundium. 

Im 14ten band dieser zeitschr. p. 350— 71 hat Schrö- 
der eioen bemerkenswertben versuch gemacht, der form 
und dem gebrauch des lateiuischen gerundium von einer 
neuen seite beizukommen. Obwohl Schröders annähme, 
dals der zweite theil der gernndialform die präposition 
do sei, trotz allem was er daf&r beibringt, mich nicht 
ganz zu fiberzeugen vermag, so bleibt doch die entwick- 
lung der bedeutung, so weit sie von jener annähme un- 
abhängig ist, als richtig bestehen und ist die behandlung 
auch darum anzuerkennen, weil der verf. mit richtigem 
blick verwandte erscheinungen aus dem gebiete der neueren 
sprachen beigezogen hat. Nur scheint mir, gerade diese 
parallelen hätten durch eine etwas eingehendere betrach- 
tung noch mehr zur erklärung des lateinischen beitragen 
können und von dieser seite erlaube und erfordere die ar- 
beit Schröders eine ergänzung, welche ich im folgenden zu 
geben versuche. Ich setze dabei die ausfnhrungen Schrö- 
ders als bekannt voraus, ebenso die von ihm, wie es scheint, 
Obersehene arbeit von L. Meyer im 6ten band d. zeitschr. 
p. 287 ff, 369 ff. , welche die griechischen adverbialbildun- 
gen auf -Jiyv, -äov, -Sa als erstarrte casus von Verbalsub- 
stantiven auf skr. -tvä, -tva, entsprechend den lateinischen 
auf -tim, nachweist und in diesem zusammenbang auch die 
sanskritischen und lateinischen gerundialformen bespricht. 
Da aber das lat. gerundium nicht unmittelbar aus einer skr. 
form sich erklärt, sondern ein späteres, eigenthfimliches 
product des italischen Sprachgeistes zu sein scheint, und 
doch auch auf diesem boden noch nicht genfigend er- 
klärt ist, so halte ich es nicht nur für statthaft sondern 
sogar fQr nothwendig, entsprechende erscheinungen spä- 
terer zeit in verwandten sprachen herbeizuziehen^ und 
zwar nicht blos aus den allerdings nächst liegenden ro- 
manischen, in denen ein altrömischer sprachtrieb hier wie 
auf andern punkten sich könnte erhalten und in einer das 
lateinische rückwärts beleuchtenden weise entwickelt ha- 
ben, sondern in diesem falle noch mehr aus den germa- 

Zeitsehr. f. vgl. sprachf. XVI, 4. 16 



242 Tobler 

niscben, obwohl diese für das lateinische noch weniger 
unmittelbar beweisen können. AufFallend bleibt es iinmer- 
bin, — und hieraut spreche ich den hauptgesichtspunkt 
meiner betrachtung vorläufig aus — dafs eine berührung 
und vielleicht theil weise Vermischung zwischen dem partio. 
praes. und dem gerundium, auch abgesehen vom Ursprung 
der form des letztern, durch alle jene sprachen sich hin^ 
durchziebt, nur dafs sie in den einzelnen natürlich beson- 
dere gestalt annimmt Sollte diese berührung blofs zufällige, 
rein lautlichen grund haben, so bliebe das zusammentreffen 
der betreffenden lauterscheinungen in den verschiedenen 
sprachen, gerade für diesen fall, immerhin merkwürdig; 
sollte sie aber noch einen tiefern grund haben, der auf die 
syntaktische function der betreffenden formen zurückfährt, 
80 dürften wir davon einen schätzbaren beitrag zur in- 
nern Sprachgeschichte erwarten. Die hauptfaotoren und 
-phänomene der Sprachgeschichte — mit ausnähme der 
eigentlichen wurzelschöpfung und ersten formgebung — sind 
zu allen zeiten dieselben; es kann daher eine form einer 
relativ alten spräche zufällig, und doch in einer wesentlich 
aufklärenden weise, in der neuern gestalt einer Schwester-* 
spräche sich wiederholen (wie dies von einzelnen wort* 
Stoffen gilt), da ja einzelne erscheinuugen unserer moder- 
nen sprachen auf überraschende weise sogar mit ganz unver- 
wandten sprachen jener niedrigeren stufe zusammentreffen, 
welche einst auch die höher begabten, in ihrer weise, werden 
durchlebt haben. Warum sollte nicht auch das allgemein 
menschUche Sprachgefühl bei einzelnen gelegenheiten über 
alle schranken von räum und zeit hinaus seine identität 
mit sich selbst offenbaren, wie das sittliche mitten unter 
den schroffsten abständen volklicher cultur, und wie ein 
kind unserer tage auf einen aussprach verfallen kann, der 
schon einem weisen des alterthums zugeschrieben wird? 

Die mir bekannt gewordenen ansichten über den Ur- 
sprung der form des lateinischen gerundium zerfallen 
in drei gruppen. Diej^igen der ersten gruppe suchen die 
form des gerundium aus zusammenfügung zweier bestand- 
theile zu erklären, und zwar sehen Pott, Leo Meyer und 



über das gerandium. 243 

Schröder in dem ersten (-en<-, -nn-) das sufSx -ana, das 
in seiner dativ- oder locativform -anäja, -ane die mit ihm 
gebildeten nomina aetionis schon im sanskrit als infinitive 
gebraueben läfst (Schleicher, comp. p. 379) und auch der 
griechischen und deutschen infinitivform zu gründe liegt 
(a. a. o. p. 380 — 381), während Weissenborn die alte infi- 
nitiTform auf -m (mit Qbergang in n) annimmt, wie sie im 
oskischen und umbriscfaen als -um erscheint, übrigens aber- 
OMiIs schon im skr. als -am, ursprünglich accusativ von 
Stämmen auf -a (a, a. o. 3r>7. 361). Im zweiten theil (-do) 
siebt Weissenborn die wurzel dha, Schröder dagegen die 
alte Präposition do (zu), welche letztere ansieht auch schon 
Pott neben der erstem zugelassen hatte, während L. Meyer 
das lat. -do dem skr. -tva gleich setzt, welches schon in 
den veden ganz entsprechend den drei andern Suffixen -ja, 
-tav-ja und ani-ja gebraucht werde zur bildung von par- 
ticipien oder adjectiven der nothwendigkeit, überdies in der 
instrumentalform -tvä zur bildung des eigentlichen skr. 
gerundium (absolutiv), und endlich in der form -tu, acc« 
•-tum, als infinitivsuffix, dem lat. supinum entspreche (man 
vergL über alle diese formen noch Schleicher comp. p. 349 
bis 351. 363. 371 --373). 

Allen diesen ansichten gegenüber steht diejenige von 
Bopp, dem auch Schweizer (in seiner recension von Bopps 
gramm. bd. III, 337 — 397 d. zeitsohr.) beizupflichten scheint, 
wonach die form des gerundium blofse Umgestaltung des 
partic. praes. wäre. Eine dritte ansieht ist die von Curtius 
und Schleicher, welche die skr. form -anija, verkürzt -anja, 
2u gründe legt, in der sich vor dem j ein d entwickelt 
habe, hinter welchem dann das j ausgefallen sei, so dafs 
also eine äufsere Umbildung, und insofern etwas ähnliches 
wie nach Bopp, stattgefunden hätte. 

Zwischen diesen ansichten sich zu entscheiden fällt 
schwer, nicht nur wegen der autorität ihrer Verfechter, 
sondern weil in der that lautliche möglichkeit keiner 
derselben bestritten werden kann. Es wird also darauf 
ankommen, ob dieselben auch gleichmäfsig die bedeu- 
tung der gerundialformen zu erklären vermögen. Hier 

16* 



244 Tobler 

steht ihnen allen die Schwierigkeit entgegen, dals die ge- 
rundialform im lateinischen selbst verschiedene Bedeutungen 
zeigt, bei dem eigentlich sogenannten gerundium als flec- 
tirtem intinitiv, sodann bei dem sogenannten part. fut. pass. 
(resp. gerundivum) und endlich bei den adjectivischen bil- 
dungeii auf -undus^ nebst denjenigen, wo noch c oder b 
vortritt. Die erstern erklären sich am einfachsten nach 
der ansieht von Bopp, als adjectivische nebenforroen der 
partic. praes. der betreifenden verba; um den zusatz eines 
b oder c zu rechtfertigen, müfste man annehmen, das 
participalsufQx -ant sei ursprünglich allgemein adjectiviscfa 
gewesen, wie es L. Meyer noch im lat. 1-ento (aber hier mit 
ungeschwächtem t) findet, und habe erst später vorwie- 
gend participiaJen gebrauch angenommen. Bei den an- 
sichten der ersten und dritten gruppe erklären sich die 
fraglichen adjectiva, mehr oder weniger unmittelbar und 
leicht, wohl auch, am besten vielleicht nach der ansieht 
von Schröder, nur dais er für die bildung von adjectiven 
durch Zusammensetzung mit praepositionen (oder vielmehr 
po st Positionen) aus dem lateinischen sonst keine, und 
auch aus dem griechischen keine andern beispiele als die 
auf -aTi-o-g beizubringen weifs. Im übrigen bleibt eben für 
alle ansichten dieselbe Schwierigkeit, nämlich die Vermitt- 
lung der wesentlich activen bedeutung der adjectiva auf 
-nndus mit der passiven der participia gerundiva und 
beider mit der substantivisch indifferenten des eigentlichen 
infinitivischen gerundium. Wir stofsen hier auf eine all- 
gemeinere frage der Sprachgeschichte. Es ist a priori, aus 
psychologischen gründen, wahrscheinlich und wird durch 
geschichtliche betrachtung bestätigt, dafs, wenn am ver- 
bum actives und passives genus nicht von anfang an ne- 
ben einander zum ausdrucke kamen, nur das activum 
das ursprüngliche, sein konnte. Aber wo liegen nun die 
Übergänge, welche von dort aus doch schon frühe auch 
zu passivformen geführt haben? haben wir, wenigstens für 
einzelne formen, eine stufe von indifferenz vorauszusetzen, 
auf welcher die ursprüngliche und immer vorherrschende 
activform doch auch zugleich dem seltneren bedürfhifs 



über das gerundium. 245 

passiven sinnes diente, bis für dieses entweder eine modifica- 
tion jener form, die zufällig entstanden war und gelegentlich 
aasgeholfen hatte, oder eine ganz neue erfindung, zur geltung 
kam? eine indifferenz dieser art läfst sieh für das verbum 
finitum — (und nur dieses spricht die wahre natur des 
verbum ganz aus) — nicht annehmen, wohl aber für die 
zu nominaler natur hinneigenden mittelformen des ver- 
bum (bei denen die niedrigeren sprachen stehen geblieben 
sind), die adjectivische der participien und die substanti- 
vische der infinitive nebst gerundien oder supinen. 

Indem ich betreffend die priorität des activum, die 
innern sprachformen und äufsern bildungsmittel des pas- 
sivum im allgemeinen auf Steinthal's besprechung der 
schrift von Gabelentz „über das passivum" in der zeitschr. 
für völkerpsych. und sprach w. II, 244 ff. verweise, be- 
schränke ich mich hier darauf, den Übergang zwischen activ 
und passiv, wie er sich, zum tbeil noch in späterer zeit, 
eben an den infiniten formen des verbum darstellt, her- 
vorzuheben. 

Wo das passivum durch suffigierte hilfsverba ausge- 
gedrückt wird, versteht sich von selbst, dafs diese active 
form haben. Am meisten beliebt für diesen gebrauch 
scheinen verba von der allgemeinsten bedeutung wie „ge- 
hen** und „ machen**. Aber auch wo diese beide verbun- 
den sein mögen, wie im griech. aor. (I) pass. auf -i9^-i?- 
(wurzel dha und i), scheinen sie nicht auszureichen für un- 
zweideutige bezeichuung passiven sinnes, wenn nicht dem 
vorausgehenden verbalstamm, der zwar nicht die form, 
aber die function, eines infinitiv haben mufs, selbst schon 
eine activ-passive doppelnatur zugetraut werden darf So- 
dann finden wir in unsern sprachen, obwohl sie auch ei- 
gene infinitive des passiv erzeugt haben, noch spuren da- 
von, dafs einst dem wirklichen infinit, act. syntaktisch auch 
passive Verwendung zustand. Bekanntlich gilt dies an 
mehrern auffallenden stellen der gothischen bibel; ähnliche 
fälle erscheinen im alt- und mittelhochdeutschen, und auch 
im neuhochd. steht vielfach der einfache active infinitiv, 
sei es blofs durch bequeme kürze oder durch einen wirk- 



246 Tobler 

liehen rest älterer bedeutungskraft, für den logisch genaue^ 
ren des umschriebenen passiv, s. Grimm, gram m. IV, 57 
bis 62- Dagegen verlangt der englische gebrauch, hier 
wie anderswo von bemerkenswerther Feinheit, in manchen 
fällen wo der infin. praedicativ oder attributiv steht, die pas- 
sive form desselben (man sehe darüber die grammatiken). 
Im lateinischen und griechischen steht dieselbe wenig- 
stens bei „sehen* und „hören" (im lat. auch bei jübere), 
wenn ein persönliches object nicht genannt ist. Hieher 
gehört auch der infinitiv in der altfranzös. formel (von bei- 
den im epos) „qui tant fait ä prisier (loer, amer), gleich- 
sam: der so viel preisens verursacht, also nicht etwa röh- 
mens von sich selbst macht, sondern veranlafst und ver- 
dient von andern gepriesen zu werden (für diesen ge- 
brauch von faire vgl. ital. questo fa per me, pafst für 
mich; facere gleichsam gelten, zählen, etwas aus- 
machen, wie bei einer rechnung). 

Dem infinitiv schliefst sich im gebrauche überhaupt 
vielfach das participium an, welches ja z. b. im praesens 
nach verba sentiendi mit dem infinitiv selbst wechseln 
kann. Auf eigenthümliche weise vertrat im altern deut- 
schen Sprachgebrauch das part. praet., auch von transiti- 
ven, also passiv, einen activen infinitiv praesentis, z. b. bei 
lassen; thun; taugen, helfen; sollen, wollen; auch 
bei einigen adjectiven (ähnlich dem lat. supinum auf -u); 
altnord. bei lata, fä, muna (s. Grimm, gr. IV, 125 ff.); 
nur scheinbar steht umgekehrt der infinitiv statt des part, 
praet von den „verben zweiter anomalie" und einigen an- 
dern (a. a. o. 168); dagegen berühren sich infinitiv und 
part. praes. wieder in der altern umschreibenden Verbin- 
dung beider mit werden, aus welcher der gebrauch des 
letztern als auxiliar des futurum entstanden ist (a. a. o.)- 
Aber auch abgesehen von diesen immerhin bemerkenswer- 
then Übergängen zwischen infinitiv und particip zeigt 
das letztere für sich allein im deutschen ein ganz ähn- 
liches schwanken zwischen activer und passiver natur, in- 
dem das part. praes. mehrfach (und zwar in einer von 



über das gerundium. 247 

Grimm nicht verworfeneu weise) passivisch, das part. praet. 
(und zwar nicht blos von intransitiven und reflexiven) acti* 
visch gebraucht wird (a. a. o. 64 ff.)* Diese erscheinungen 
verlangen und verdienen eine eingehende psychologische 
betrachtung, welche uns hier zu weit abführen würde; es 
sei nur bemerkt, dafs sie zusammenhangen mit einem noch 
viel allgemeineren sprachtrieb, den ich in der zeitschr. fQr 
völkerpsych. und sprachw. I, 375 — 377 als ein schwanken 
zwischen subjectiver und objectiver bedeutung vieler verba 
und adjectiva unter die grofse kategorie der metapher ge- 
stellt habe. 

Äehnlich wie diese erscheinungen werden wir uns nun 
auch die bedeutung der lateinischen gerundialformen zu 
denken haben. Wenn nach Corssens ansieht die bedeutung 
der lat, formen auf -ndo ursprünglich von der des part. praes* 
nicht verschieden war, so müfste eben die letztere selbst 
ursprünglich noch keine rein verbal active sondern eine 
adjectivisch indifferente gewesen sein, wie sie in den ad- 
jectiven auf -undus (freilich meist von intransitiven) vor- 
liegt. — Wenn das part. praes. nach Schröder den indif- 
ferenten Infinitiv auf -ana mit angehängtem pron. demonstr. 
enthält, so konnte sogar eine form wie bhar-an-ta be- 
deuten: bestimmt zutragen, oder auch: getragen zu wer- 
den, und wenn dann für den letztern sinn allmälig die 
erweichung des t und Stammbildung auf -a platz griff, so 
konnte auf diesem weg der spätere unterschied beider for- 
men und bedeutungeu zu stände kommen. — Wenn nach 
der ansieht von Weissenborn in dem d die wurzel dhä, 
im sinn von: (in einen zustand) versetzen, machen, 
enthalten ist, so dafs amandus ursprünglich bedeutete 
„lieben verursachend", so brauchen wir blos dem verbal- 
stamm vorwiegend passiven oder dem causativen zusatz 
zugleich reflexiven sinn zuzuschreiben, um die spätere be- 
deutung zu gewinnen. — Das gleiche gilt bei der annähme 
von Schröder, däTs das d die praeposition do sei und der 
ursprungliche sinn der Zusammensetzung: geeignet, be- 
stimmt, geneigt zu-, oder: verbunden mit-, wie bei den 



248 Tobler 

adjectiveu auf -ido und den griechischen mit voranstehen- 
den) ^;z^. Nehmen wir endlich das -do als Schwächung 
von skr. -tva, so fährt L. Meyer zur erklärung der activen 
fälle des lat. -ndo an, dafs z. b. skr. ganitva sowohl ge- 
nerandus als generans bedeute, und Schweizer hat be* 
merkt, dafs mehrere sanskritbildangen auf -at (welches 
nach Schleicher, comp. 312, die form des part. act, fUr 
-ant, bei reduplicierten stammen ist) die bedeutung des tat. 
-ndus ergeben. Wir können also etwa annehmen, dafs das 
an sich indifferente suffix, angehängt an intransitive ver- 
balstämme, active gesammtbedeutung ergab, an transiti- 
ven aber passive. Die schwankende natur aller solchen 
Suffixe erscheint ja auch an dem skr. -vant, welches, nach 
Schleicher (a. a. o. 316 — 8) selbst wieder aus va-f-nt be- 
stehend und im allgemeinen „besitz^ ausdrückend, beson- 
ders dazu dient, dem part. praet. active function zu ver- 
leihen und so auch im griech. -/"or, für -va(n)t, erscheint^ 
daneben aber in dem adjectivischen -ßhVT und lat. «öso^ 
aus -va(n)sa, mehr passiv. Noch näher hieher gehört, aus 
dem lateinischen selbst, die thatsache, dafs die adjectiva 
auf -bili, — welche zu den bildungen auf -ndo in der be- 
deutung sich ähnlich verhalten wie die griechischen ver- 
balia auf -rJ (skr. -tva) zu denen auf -reo (skr. tav-ja), in- 
dem sie blofse moglichkeit (oder Würdigkeit) statt noth- 
wendigkeit bezeichnen, — neben der häufigeren passiven 
bedeutung auch active besitzen, und zwar dasselbe wort 
beide. Beispiele s. Lorenz zu Plaut, most. 1147 (auch die 
ungrischen gerundialformen auf -va bei transitiven verbeu 
haben zugleich die bedeutung des part. perf. pass.: tat-va, 
aperiendo und apertus; zeitschr. f. völkerps. und sprachw. 
IV, 79). 

Wir mülsten weniger darauf halten, dais solche dop- 
pelte an Wendung auch des Suffixes -ndo von an fang an 
dagewesen sei, wenn sich die übrige Verschiedenheit des 
gerundium und particip. gerundivum (die adjectiva auf -un- 
dus lassen wir von nun an bei seite) etwa so erklären liefse, 
dafs das eine erst aus dem andern sich entwickelt hätte. 
Denn die Verschiedenheit des genus ist vielleicht, oder 



über das genindium. 249 

war wenigdtens ursprünglich, nicht so grofs, wie wir sie 
heute uns vorstellen, wenn wir das particip mit der schwer.^ 
fälligen Umschreibung: „der — werden mufs oder soll" 
übersetzen, statt mit der gefiigigen wendung: „zu-en(d)'', 
zu welcher wir gleich nachher beim deutschen kommen 
werden. Jene Verschiedenheit liefse sich vielleicht zurück- 
führen auf Verschiedenheit adjectivischer und sub- 
stantivischer natur; aber eben hier steckt die Schwie- 
rigkeit, und besteht darin, dafs sich von diesen beiden 
nicht leicht die eine auf die andere zurückführen läfst. 
Nehmen wir an, ursprünglich sei blofs das particip üblich 
gewesen, so lassen sich daraus nimmermehr die substanti- 
vischen casus des gerundium als attribut oder adverbiale 
ableiten sondern höchstens die prädicative construction des 
substantivierten neutrum mit esse, welche auch von in- 
transitiven Verben möglich ist, aber nur impersonal: eun- 
dum est, wie itur; das von Schröder angeföhrte roma- 
ixische vi an da, aus vivenda (sc. res, lebensmittel ) steht 
wohl sehr vereinzelt. Gehen wir umgekehrt von substan- 
tivischer natur (aber freilich nicht nominativforni) des ge- 
rundium aus, so hat zwar Schröder einen sehr anerken- 
nenswerthen versuch gemacht, auf diesem wege die ver- 
schiedenen gebrauchsweisen des gerundium auseinander ab- 
zuleiten, aber die participien auf -ndus (vollends die 
adjectiva auf -undus) setzt er als vorher schon dagewe- 
sen voraus, so dafs nur die sogenannteu gerundiva auf 
einem umwege in jene einmünden, wie es denn allerdings 
nicht leicht denkbar ist, dafs die participien etwa aus gro- 
fser geläufigkeit der gerundiv-construction (attraction) sich 
zu selbständigem dasein erst abgelöst hätten. Für das ge- 
rundium selbst scheint Schröder die form auf -do als die 
ursprünglich einzige anzunehmen, und das -do darin als 
die wirkliche praeposition do (zu); aber dafs statt der 
altern constructionen wie: agitandost vigilias; optandost 
uxorem, erst später: agitandum optan d u m sei geschrieben 
worden, ist ja wohl nicht richtig, da vielmehr umgekehrt 
jene ältere Schreibung selber schon nur metrische Verkür- 
zung der regelmäfsigen form ist, -ost für o(m)(e)st. Für 



250 Tobler 

die constnictioD war übrigens zu vergleicheu die ganz eut- 
sprechende des griech. adj. verbale neutr. z. b. roig loyotg 
TTQogsxTiov rov vovv, neben: Ttgogexreog 6 vovg. 

Wir verlassen hier das lat. gerundium, ohne noch eine 
ganz genügende erkiftrung desselben gefunden zu haben, 
und sehen zu, ob eine solche vielleicht aus vergleichung 
des deutschen zu gewinnen sei. Die lautliche Überein- 
stimmung des deutschen -nd, in der mit zu verbündten 
participialform , mit der gleichbedeutenden lateinischen 
ist natürlich nur zufallig und könnte höchstens entleh- 
nung aus dem lateinischen beweisen; aber nd findet sich 
im deutschen gerundium schon zu einer zeit, wo imsere 
Sprache noch ohne solche einflüsse gelehrter nachahmung 
sich entwickelte, und nur zur be Festigung einer bereits 
üblich gewesenen deutschen form mit nd im sinne der la- 
teinischen könnte die zufällige Übereinstimmung der laute 
vielleicht beigetragen haben. Dafs unser nd im gerundium 
urverwandt dem lateinischen entspreche, wird nicht 
durch den mangel der lautverschiebuug ausgeschlossen, — 
denn diese fehlt auch zwischen dem nt des lat. part. praes. 
und dem deutschen nd derselben form, offenbar durch stö- 
renden einflufs des n, der schon innerhalb des lateinischen 
selbst die (nach der einen ansieht) ursprünglich identi- 
schen participialformen in solche mit nd und nt zu spal- 
ten mitgewirkt haben könnte — , wohl aber durch den 
mangel dieser gerundialformen nicht blofs in allen andern 
sprachen unsers Stammes, sondern auch innerhalb des deut- 
schen gerade in den altern dialekten. Eine wirkliche 
identität der laute in beiden sprachen ist nicht möglich, 
wohl aber kann die deutsche form, ganz unabhängig von 
der lateinischen, diese erklären helfen, als ein späteres bei- 
spiel eines ähnlichen laut Vorgangs wie der von Curtius 
und Schleicher angenommene. Betrachten wir also zu- 
nächst die geschichtlichen formen des deutschen gerun- 
dium. 

Im gothischen fehlt dasselbe bekanntlich, da Luc. 
14, 31 ohne zweifei du vigana, als dativ eines subst. vi- 
gans, oder du vigan, der einfache Infinitiv, zu lesen ist. 



über das gerundium. 251 

Im isländischen findet sich ein partic. gerundivum (s. Grimm, 
gramm. IV, 113) in beispielen wi^: alt er segjanda (omne 
est dicendum); meö* nefnanda manni (cum viro nominando), 
ein gebrauch, ähnlich dem neuhochdeutschen des part. 
praes., auch ohne zu, in passivem sinne (s. oben), wie 
d«nn auch das ahd. gerundium gelegentlich im dativ ohne 
praeposition vorkommt, z. b. kelaupanne bist (credendus 
es). Das angelsächsische, altsächsische und althochdeut- 
sche zeigen für geuitiv und dativ die formen -annes und 
-anna, bei schwachen verben -janne, -jenne, -dnne, -6nne 
(Grimm, gr. I^, 1021). In der altsächs. genitivform -annias 
hat schon Grimm (gesch. d. spr.) nn aus nj entstanden er- 
klärt, wie dennan aus denjan; ebenso Müllenhoff (denkmäl. 
p. 484 — 5), der neben dem infinitivsuffix -an(a) für nomin. 
und accus., ein -anja für die cas. obl. annimmt, wofür er 
noch ahd. dativformen auf -anni, -enni beibringt und be- 
reits die vermuthung ausspricht, dafs diesen formen das 
skr. Suffix des part. fut. pass, -anija, -anja zu gründe 
liege wie dem lateinischen gerundium. Im mittelhochdeut- 
schen gilt zwar noch -ennes, -enne nach langer Wur- 
zelsilbe, nach kurzer aber bereits -enes, -ene, deren er- 
stes e, schon früher tonlos, jetzt stumm und auswerflich 
wird. Doch bleibt auch dieser verlust nicht ohne ersatz. 
Was Grimm gr. IV, 105 vgl. 66 als ergänzung zu II, 1022 
beibringt, dafs nämlich im mhd. -ende für -enne auftauche 
und im vierzehnten Jahrhundert vorherrsche, wie denn auch 
im altfriesisehen -ande gewöhnlich sei — , verdiente wohl 
etwas mehr hervorgehoben zu werden; denn aus dieser 
mittelform des gerundium, welche sich dann leicht mit dem 
passiv gebrauchten part. praes. vermischte, erklärt uud 
rechtfertigt sich einigermafsen die neuhochdeutsche con- 
struction „zu — end". Nicht Mos in mittelhochdeutschen, 
sondern auch in niederdeutschen Schriften jener zeit be- 
gegnet das -ende häufig und bildet vielleicht durch das 
friesische hindurch einen Übergang zu jenem isländischen 
gerundivum (s. oben). Man sehe z. b. niederdeutsche Schau- 
spiele von Schönemann p. 6. 12. 18. 52. 56. 75. 120 (wor- 
unter auch fälle von substantivischem gebrauch solcher ge- 



252 Tobler 

f 

rundien, wie: min wcsent; dat büent; juwe scrigent unde 
weneut), Theophil. v. Hoffmann, v. 705. 794. 804. 975. Graf 
Rudolf, V. W. Grimm p. 8. Haupt, zeitschr. HI, 82—85. 
Frommann, zeitschr. f. deutsch, mundart. V, 425, 1. Zu den 
alamannischen belegen, welche Weinhold, gramm. p. 348 — 9. 
378 — 9 anfßhrt, wären noch manche, z. b. aus schweize- 
rischen rechtsquellen, beizubringen. Von lebenden mund- 
arten bildet die appenzellische das praepositionale gerun- 
dium auf -id , z. b. z^schaf&d , zu schaffen. Dieses -id ist 
offenbar, gleich dem schwäbischen -ed, z. b. z^haissed, zu 
heifsen; z'töd zu thun (s. zeitschr. f. d. m. H, 111), aus der 
altern form -end entstanden. Dafs d hier nicht rein laut- 
lich erst später hinten angehängt worden — (obwohl der- 
gleichen auch vorkommt und gerade am verbum im vier- 
zehnten Jahrhundert massenhaft auch in die Schrift ein- 
drang, durch falsche ausdehnung des alten organischen t 
der dritten pers. plur. indic. praes., sogar auf dais praeteri- 
tum) — , zeigt die tirolische mundart, welche im part. praes. 
-et ftlr -end setzt (zeitschr. f. d. m. HI, 104, während die 
ebend. III, 174, 221. IV, 244, 2 angeführten bildungen auf 
-et, mit dem werth von adjectiven auf -ig, der form nach 
partic. praet. sind). Wenn nun femer in der zeitschr. f 
d. m. III, 173, 147 das oberbair. rennet, n. Wettrennen, 
ft)r rennend, ebenfalls mit recht als ein rest des alten 
gerundium in substantivform (mit plural rennet-er) er- 
klärt wird, so mufs dasselbe gelten von den verbalen neu- 
tra collectiva der hennebergischen mundart (a. a. o. 474 — 6), 
welche dort, wie die entsprechenden schwedischen und dä- 
nischen auf -ende, mit der bedeutung von -ung, schwer- 
lich richtig als Substantivierung des part. praes. erklärt 
werden. In diesen Zusammenhang gehören dann wohl auch 
die schweizerischen verbalcollectiva auf -et (Stalder, dialect. 
214 — 220), nur dafs diesen männliches geschlecht zukommt 
uud ebenso zahlreiche weibliche bildungen auf -ete zur 
Seite stehen. Diese geschlechtsverschiedenheit läist die an- 
nähme Stalders offen, dafs diese schweizerischen formen 
entweder geradezu reste der ahd. Substantivbildungen auf 
-6d, -6t, fem. -ida, seien, oder mit diesen sich vermengt 



über das gerundiura. 2^3 

haben. Wir hätten also hier, in später zeit, eine beröb- 
rang zwischen gerandial formen und wirklichen verbalsub* 
stantiven, wie schon in den veden die meisten infinitivfor- 
men eben nichts sind als einzelne casus von nomina actio« 
nis, welche 'gelegentlich jene function übernahmen und dann 
theilweise fQr dieselbe stehend wurden, wie die bildungen 
auf -tu im gewöhnlichen skr. infinitiv und im lat. litauisch, 
slav. supinum, die auf -as im lat. infin. act., die auf -ana 
im griech. infin. praes. act. und im deutschen infin. und ge- 
rund. Für unsere hauptfrage aber ergibt sich aus dem 
obigen nunmehr als wahrscheinlich, dafs sich auf deut- 
schem boden, aus rein lautlichen gründen, ähnlich wie im 
lateinischen, in einer fortsetzung der sanskritischen grund- 
form -anja ein d erzeugt hat, aber erst durch Vermittlung 
von nn, während im lateinischen nd unmittelbar aus nj 
entstand. Für die lauterscheinung im deutschen kann noch 
mehreres in betraeht gezogen werden. Von blofsem Zu- 
satz eines d im auslaut, wie in: ie-man-d, weil - an -d, 
ietzu-n-d haben wir abzusehen, da das d im deutschen ge- 
rundium ursprünglich wie im lateinischen, inlautend war. 
Ebenso kann phonetische einschiebung eines d wie in frz. 
vien-d-rai, mou-d-re (meiere) für unsern fall nichts bewei- 
sen, da sie offenbar in der eigenthümlichen natur des fol- 
genden r ihren grund hat. Dagegen findet sich inlautend 
ersatz von nn durch nd auch im nhd. mind^er für amhd. 
minnir, minner, und im nhd. verwinden, überwinden 
ist winden, unterstützt durch eine nahe liegende Volks- 
etymologie, an die stelle des alten winnan (laborare) ge- 
treten. Häufiger freilich erscheint umgekehrt nn für nd; 
so älter niederdeutsch: innewennig (inwendig); ingesinne 
(-gesinde); mhd. sinnen (gehen, kommen) für sinden 
(wovon das causat. senden). Besonders kennt diesen Über- 
gang die hennebergische mundart, jedoch mit localen un- 
terschieden, s. zeitschr. f. d. m. 11, 44 ff.; III, 126; auch 
die koburgische (II, 50); nach norden erstreckt er sich bis 
ins dänische; im altnordischen findet sich lann für land, 
wahrscheinlich mit fortgerissen durch die häufigere assi- 
milation von ntf in nn, — Ausfall des d zeigt die henne- 



254 Tobler 

bergisehe . mundart in formen des partic. praes. wie : zi- 
schelae, schmeicheine (a. a. o. II, 352); häufiger war schon 
im miltelbocbdeutschen ausfall des *n, «en, nicht blos bei 
verben, deren stamm selbst auf n ausging (wein -de, 
segen-de, sen-de) sondern auch beide fOr helnde, töude f. 
töu wende (moribundus) Grimm, gr. P, 1007. Weinhold, 
alam. gr. 349. 380. — Um die hieher spielenden lautcr- 
scheinungen zu erschöpfen und darunter auch die möglich- 
keit einer blofsen einschiebung des d, nicht als ersatz 
eines n, zu belegen, erinnere ich endlich an die nhd. bil- 
düngen: gefiissen-t-Iich, vermessen -t- lieh, gelegen -t -lieh, 
verschieden- t-lich; öffen<t-lich, namen-t-lich , orden-t-lich, 
wöchen-t-lich; vielleicht auch: eigen- t-lich und wesen-t- 
-lich, — bei welchen falsche analogie mit dem organischen 
nt (nd) der bildungen vom part. praes. (hoffentlich, wis- 
sentlich, flehentlich) mitgewirkt hat. 

Gehen wir vom deutschen zum nahe verwandten eng- 
lichen über, so fioden wir hier die im lateinischen und 
deutschen beobachtete berührung zwischen gerundium und 
part. praes. in noch höherem grade, ja sogar bis zu laut- 
licher identität gediehen, nur dafs dem englichen gerun- 
dium die function eines part. fut. pass. fehlt, welche dem 
lat. gerundium und der deutschen Verbindung „zu -end*' ei- 
gen ist. Aber im übrigen ist das zusammentreffen auf- 
fallend genug uud es wird lehrreich und für unsern Zu- 
sammenhang unumgänglich sein, wenn es auch .abermals 
nur auf lautlicher Zufälligkeit beruhen sollte. 

Schröder hat bei seiner umsieht auch das englische 
nicht ganz übergangen; aber er hätte es wahrscheinlich 
mehr hervorgehoben und verwerthet, wenn ihm der zweite 
band von M. Müllers „Vorlesungen** vorgelegen hätte, wo 
p. 13 18 und in den anmerkungen p. 534 — 36 gerade der- 
jenige englische Sprachgebrauch ausführlich erörtert und zur 
grundlage einer neuen ansieht von der entstehung des 
englischen partic. gemacht wird, den Schröder nur flüchtig 
als parallele zum romanischen gerundium -anfährt. 
Wenn das a, welches in der englischen Volkssprache häufig 
dem gerundium vorgesetzt wird, wie z. b. in: I was a 



Ubor das genindium. 255 

hunting, gleich der Umschreibung mit dem einfachen par* 
ücip, wirklich eine verkürzte gestalt der praeposition on 
ist, so hätte dieser gebrauch vielleicht eine neue stütze 
f&r die ansiebt Schröders werden können, dafs das lat. 
gerundium aus suiBgierung einer praeposition, welche spä- 
ter auch wieder vorgesetzt wurde, habe entstehen können. 
Diese anwendung möchte ich von der thatsache jenes ge- 
brauchs nicht machen, da ich der Schröder^schen ansieht, 
aus den angegebenen gründen, nicht beipflichten kann; 
ebenso wenig kann ich freilich, so wie Müller zu thun 
scheint, ohne einschränkung die ansieht von Garnett an- 
nehmen, der das heutige englische particip durchaus aus 
Verbalsubstantiven auf -ung (später -ing) ableiten will, 
vor welchen ursprünglich zu solchem zwecke immer die 
praeposition a (on) stand, später meist wegfiel, in der 
Volkssprache jedoch sich noch oft erhalten habe ; und noch 
weniger möchte ich mit Garnett diese theorie von der 
entstehung ganzer Wortarten aus obliquen casus anderer, 
hier aus dem locativ von Verbalsubstantiven, auf das in- 
dogermanische part. praes. überhaupt ausdehnen: aber 
sprachgeschichtliche möglichkeit läfst sieh ihr a priori 
wohl nicht absprechen, und wenn sie im vorliegenden fall 
nicht gelten soll, so muTs sie mit gründen bekämpft wer- 
den, die in den innersten Zusammenhang unserer bisheri- 
gen betrachtungen einschlagen. Was für dieselbe von 
Müller angeführt wird, kann ich hier im einzelnen nicht 
wiederholen, sondern verweise auf die eitirten stellen sei- 
nes buches ; es ist in kürze ; 1 ) die fortdauer jener con- 
strnction in der englischen Volkssprache; 2) die entstehung 
des (freilich nur scheinbaren, weil gleichlautenden) französ- 
particips aus dem lat. gerundium ; 3) die bildung des ben- 
galischen praesens und imperfect durch Verbindung des 
verb. subst. mit der loeativform des infinitiv; 4) das bas- 
kische praesens, welches nicht aus Verbindung der copula 
mit einem wirklichen part. praes., sondern mit dem locativ 
eines Verbalsubstantivs bestehe; 5) die Unzulänglichkeit 
der bisherigen erklärung des participialen -ing auf dem 
historischen boden des englischen selbst, resp. aus den ags. 



256 Tobler 

grundformen. — In der that liefs diese letztere, von vorn 
herein einfachste and natürlichste, erklärung bisher zu wfin- 
sehen übrig, besonders weil man sie durch unrichtige her* 
beiziebung einer parallele aus deutschen mundarten zum 
theil erschwerte und verdarb. Ich glaube daher, wenn es 
gelingt, diese erklärung richtig durchzuführen, so sei da- 
mit auch, nach logischem recht, die entgegenstehende von 
Müller, wenn nicht als unmöglich, doch als unwahrschein- 
lich und vor allem als unnöthig, abgethan; denn dafs jene, 
zwar bemerkenswerthen, aber nicht genau zutreffenden pa* 
rallelen aus fern liegenden sprachen zurücktreten müssen 
vor einheimischen historischen sprachformen und lauter- 
scheinungen, ist wohl klar. Ein punkt kann und mufs 
vorausgenommen werden, der beide erklärungen gleichmä- 
fsig betrifft. Die verbalsubstantiva auf 'Ung haben schon im 
angelsächsischen zum theil, und im englischen durchaus,, die 
endung -ing angenommen (Grimm, gramm. 11, 362). Dieser 
Übergang hat lautlich nichts auffallendes, da auch z. b. die 
hennebergische mundart jenen Substantiven vorherrschend 
-ing statt -ung giebt (zeitschr. f. d. m. II, 132) und ebenso 
die vorarlbergische und die ostschweizerische -i(n)g ftkr 
-ung setzt (a. a. o. VI, 256). Nun entsteht die frage, ob 
das englische gerundium, welches dieselbe endung hat, 
wirklich durchgängig diesen substantivischen Ursprung habe, 
so dafs von jedem verbum ein solches Substantiv auf -ung 
(ing) gebildet worden sei oder werden könne, welches denn 
auch die verbalen functionen eines gerundium übernehme. 
Nun werden sich zwar reine Substantive auf -ing, denen 
nicht ein lebendiges verbum zur seite stände, kaum finden, 
und auch im deutschen setzen die substantiva auf -ung 
entsprechende verba voraus; aber dafs umgekehrt von je- 
dem verbum ein solches Substantiv gebildet werden könne 
oder konnte, liegt nicht im allgemeinen Sprachgefühl und ist 
z. b. bei having und being bedenklich; es müfste denn 
die gewalt blofser, allerdings auf zahlreiche fölle gestütz- 
ter analogie auch hier durchgeschlagen haben. Die dop- 
pelnatur des englischen gerundium gehört zum eigenthüm- 
Hchsten und schwierigsten in der syntax dieser spräche, 



Über das gerund iu in. 257 

schwierig nicht blofs zum erlernen sondern noch mehr zum 
wissenschaftlichem begreifen (welches man freilich erst seit 
kurzem als aufgäbe der grammatik zu erfassen begonnen 
hat), und das schwanken zwischen nominaler und verbaler 
eigenschaft des gerundium zeigt sich im Sprachgebrauch 
selbst, wenn er z. b. in dem satze: the gaining of wisdom 
18 to be coveted — nicht blofs ohne fehler und sinnesver- 
änderung the und dann consequent auch of wegzulassen er- 
laubt, sondern auch einseitig nur eines von beiden. Doch 
diese zweiseitigkeit läfst sich allenfalls noch begreifen aus 
der parallele des lateinischen, welches zwar nicht sein ge* 
rundium, wohl aber seine nomina actionis auf -tio, wenig- 
stens in der Volkssprache, auch noch ganz verbal mit dem 
aceusativ construirt, wovon zahlreiche beispiele Lorenz zu 
Plaut. Most. V. 34 gesammelt hat. Andrerseits ist die no- 
minale natur wenigstens einzelner formen auf -ing durch 
ihre Fähigkeit zur pluralbildung erwiesen, und so wollen 
wir dieselbe für das gerundium vorläufig annehmen. Aber 
wenn nun diese zweifache function der formen auf -ing 
vollends zu einer dreifachen d. h. auch zu adjectivischer, 
erweitert, wenn jenes substantivische -ing auch die quelle 
des participialen sein soll, so sind wir zwar auf dem boden 
der englischen spräche an mancherlei seltsame und oft et- 
was gewaltsame erscheinungen gewohnt, und läfst sich 
auch die möglichkeit dieses Übergangs fOr sich allein 
oder Aar einzelne fSUe nicht bestreiten: aber wenn die 
blofse analogie hier nochmals, aber diesmal gewifs auf we- 
nigere fälle als beim gerundium gestützt, eine der wich- 
tigsten grammatischen formen geschaffen haben und gele- 
genheit regel geworden sein soll, so sträubt sich wissen- 
schafUiche besonnenheit gegen so auf einen punkt gehäufte 
anwendung eines sonst noch so fruchtbaren und berechtig- 
ten erklärungsprincipes. 

Uebergehend zum positiven theil unsers beweises müs- 
sen wir gegen M. Müller zugeben^ und können dies ohne 
allen abbrach an der stärke unserer position, dafs die zu- 
rückftlhrung des participialen -ing auf das ags. nominal* 
Suffix •'ing, welche auch Bopp ftkr möglich hielt, unstatt- 

Zeitachr. f. vgl. sprachf. XVI. 4. 17 



258 Tobler 

haft ist, indem dieses -ing meistens nur von nominalstämmen 
ableitend substantiva bildet, wie die deutschen auf -ing 
und die in beiden sprachen weit zahlreicLeren auf -1-ing. 
Doch hat schon Grimm (gramm. II, 355-^6. 1004. 111,236) 
spuren auch von adjectiven auf *-ing in den adverbien 
auf *ing, -ingun, häufig mit vortretendem 1 uud praeposi- 
tionen^ nicht blofs auf hochdeutschem sondern auch auf 
sächsischem gebiet, nachgewiesen, und das schottische we- 
nigstens bewahrt noch viele solche adjectivische adverbia 
auf -lins, entsprechend den zum theil substantivischen nhd, 
auf -lings. Dagegen wollen wir ebenso wenig verschwei- 
gen, dafs Grimm (a. a. o. 11, 357. III, 234—5) nicht blofs 
die alts. adverbia auf -ungo, ags. -unga (neben I-inga) son- 
dern auch die abd. auf -ingüa, mit den weiblichen Sub- 
stantiven auf -ung in Verbindung bringt und am ende (HI, 
237 — 8) findet, diese sämmtlichen adverbien seien bald 
von Substantiven, bald von adjectiven oder auch unmittel- 
bar von verben gebildet. Sollte substantivischer, und auch 
dann in letzter linie verbaler Ursprung vorherrschen, so 
wäre dies eine neue seite fruchtbarer entfaltung der ver- 
balia auf -ung, und vielleicht eine stütze der MCillerschen 
annähme derselben als grundlage der participien. Aber 
sehen wir nun endlich, ob wir diese nicht auf geraderem 
wege erklären können, oder was sich triftiges gegen die 
ableitung derselben aus der ags. partic.-endung selbst ein- 
wenden lasse. 

Den Übergang von dem ags. -ende zum neuengl. -ing 
bildet die mittelform -inde, welche z. b. in dem halbsäch- 
sischen „offenen brief' könig Heinrichs UI. von 1258 (her* 
ausgegeben in Haupts zeitschr. XI, 294 — 358 ) vorkommt 
in lestinde (= lasting, dauernd), neben den substantivi- 
schen gretinge (grufs), cruninge (krönung). In den bei- 
den texten von Layamons Brut finden sich, nach MüUers 
eigener angäbe, participia auf -ende und -inge promiscue 
neben einander. Im mittelenglischen wiegt -ing bereits 
vor; nur im schottischen hat sich die alte volle form -and 
in einzelnen resten bis auf heute erhalten. Es handelt sich 
also nur darum, den lautlichen Übergang von -end in *ing 



über das gerundium. 259 

weiter zu begründen, und zwar sowohl den consonantischen 
als den vocalischen, welche freilich zusammenhangen wer- 
den. Bopps bedenken gegen die Steigerung von e zu i, 
da sonst eher Schwächung von i zu e vorkomme, wird ent- 
kräftet durch jenes unzweifelhafte -inde; auch konnten die 
substantivischen und adjectivischen formen auf-ing, denen 
i schon frQher (mit ausnähme der gerundien ursprflng- 
lieh) zukam, die participien in diesem punkt durch ana- 
logie nach sich ziehen; denn dais sie ihre ganze gestalt 
jenen verdanken, haben wir bereits abgelehnt. Ffir den 
Übergang des d in g weifs ich allerdings aus dem eng- 
lischen selbst nichts besonderes beizubringen, aber mög- 
lichkeit desselben ist im allgemeinen durch die gemeinsame 
natur beider laute als medien hinlänglich festgestellt, be- 
sonders für den fall, wo ein vorausgehender nasal die be- 
stimmtere qualität derselben verdunkeln mochte, und zwar 
im anstaut, der zu allen Veränderungen am geneigtesten 
ist. Hingegen findet sich der iragliche Übergang in deut- 
schen mundarten, und zwar ebenfalls am part. praes., wo* 
durch denn doch das factum einige beweiskraft auch ffir 
das englische erlangt, so sehr man sonst gegen unmittdi'- 
bare Schlüsse von einer zunge auf eine andere, selbst zwi- 
schen dialecten einer spräche, auf der hut sein mag. Dafs 
man dazu einigen grund hat, zeigt sich allerdings gerade 
an einer deutsch-mundartlichen parallele, die fCkr das engl, 
partic. auf -ing ist herbeigezogen, aber von Müller mit 
recht abgewiesen worden. Beinwald hatte in seinem hen- 
nebergischen idioticon angegeben, das part. praes. dieser 
mundart bilde sich auf -ing. Aber dieses -ing wird nicht 
unmittelbar an den verbalstamm angefügt, sondern an ein 
dazwischenstehendes -en-, dessen natur selbst wieder frag«- 
lich ist. Ueberdies kommt nach den neueren angaben über 
hennebergische mundart, in der zeitschr. f. d. m. (II, 170. 
172. 352; III, 131), neben der endung -en-ing (z. b. blüw- 
-en-ing, blühend) auch -ennig vor (z. b. scbreiennig^ schrei- 
end), und diese beiden bildungen scheinen mehr adjectivi- 
sehe vom particip, ak dessen eigene form wir schon oben 
auch -ne g^nden haben (schmeicheine). Die form schrei- 

17 * 



260 Tobler 

ennig wird a. a. o. 172 erklärt als ein verbal-adjectiv zum 
partic. schreienne (fikr schreiende, also (n)n für nd, s. 
oben) oder eine verlängerte form des partic. selbst, und 
das fbhrt wohl auf die richtige spur. Nämlich mittelhoch- 
deutsch gab es vom part. praes. abgeleitete adjectiva auf 
•ec (ähnlich den oben angeführten neuhochdeutschen auf 
-ent-Hch), von denen sich leben dec, mit verändertem ac- 
cent, im nhd. lebendig erhalten bat. Ändere beispiele s. 
Grimm, gr. U, 304, darunter auch glüendec^ welches in 
kölnischer mundart gloendig, gloedich, in hennebergi- 
scher glüennig^ neben der einfachen participialform glü- 
%nne, lautet. Sodann findet sich ebenfalls schon mhd. er* 
Weiterung der adjecti vischen bildungssilbe -ec, -ic in die 
mehr substantivische gestalt -ine (vergl. umgekehrt nhd. 
pfennig für älteres pfenninc), und zwar nicht blos in 
beispielen wie grimminc, wSninc (Grimm, gr. II, 297) 
scmdem gerade auch bei jenen participialen ableitungen, 
z. b. wüetendinc, waldendinc, II, 356, wo auch angeführt 
wird, dafs H. Sachs häufig 4ng für -ig an gewöhnliche 
adjectiven setzte, z. b. listing (vergl. die unform genung^ 
sogar bei Göthe). Die leichtigkeit sowohl des eintritts als 
des ausfalls eines u vor g, begründet in nasaler neignng 
des letztern selbst, ist bekannt genug und bedarf keiner 
weitern belege. Hiemit sind die hennebergischen partici- 
pialformen erklärt, aber eben als blos scheinbare, und da- 
rum ohne beweiskraft für die englischen. Wenn aber Über- 
gang von nd in ng hier in der that nicht stattfindet, so 
kennt ihn doch die hennebergische mundart in manchen 
andern fällen, z. b. mangelkern fQr: die mandel (wäh- 
rend das mandel (maafs) mannel lautet). Uebrigens sind, 
laut zeitschr. f. d. m. 11, 217; III, 126 ff. gerade in diesem 
puukt locale Spielarten der henneb. mundart zu unterschei- 
den, indem nd theils beibehalten, theils in nn, theils in ng 
verwandelt wird, so dafs z. b. das wort bündel in den 
drei mundarten lautet: bündl; bönl; böngl; oder band er: 
bänder; bänner; bänger; hunde: hünd; honn; höng. 

Den Übergang von nd in ng kennt nun nicht blols auf 
mitteldeutschem Sprachgebiet auch die anhaltis^he mundart 



über das geruudium. 261 

(e. b. gefangen f. gefundeu), sondern auch die schweizeri- 
sche in einem tbeil der kantone Bern und Solotburn, in 
fällen wie: hang, ching, unger f. band, kind, unter und 
viel dgl. z. b. in den Schriften von Jer. Gottbelf ; aber auch 
die Ostschweiz, wenigstens in bildungssylben, z. b. äbig 
(Zürich), für das äbed (abend) der übrigen mundarten. 
Und hier werden wir nochmals auf das part. praes. ge- 
fbhrt. Dieses fehlt nämlich der Schweiz, mundart ganz, 
wenn es nicht, auch lautlich, enthalten ist in den schein- 
bar adjecti vischen formen auf -ig, die dafür gebraucht 
werden, z. b. glü(j)ig f. glühend (vgl. oben die deutschen 
formen dieses wertes), brennig (brennend) u. s. w. ; fär sie- 
dend gilt süttig, abgeleitet von part. praet., und diese 
bildung ist wirklich adjectivisch; von den andern aber 
glaube ich nicht, dafs man wirkliche adjectiva auf -ig zum 
ersatz der verlorenen part. praes. habe bilden wollen, son- 
dern diese selbst dauern wohl fort, eben mit der endung 
4g f. -ed, -end wie in äbig. Uebrigens üben andere süd- 
deutsche mundarten dasselbe verfahren, s. zeitschr. f. d. m 
III, 520. VI, 256. Möglich, oder sogar wahrscheinlich, 
bleibt es immerhin , dafs die wirklichen adjectiva auf -ig 
dabei als anhält und analogie dienten, wie wir im engli- 
schen sowohl für das gerundiale wie ftkr das participiale -ing 
etwas ähnliches angenommen haben. In dieser mittelbaren 
weise mag also die schweizerische mundart zur erklärung 
des engl, particip etwas beitragen, denn dafs sie -ig, nicht 
'ing gibt, macht auch darum nicht viel aus, weil sie über- 
haupt in ableitungen kein -ing sondern nur noch -ig 
kennt, (ausgenommen in den Ortsnamen auf -ingen, welche 
doch, auch in der schrifl, theilweise ebenfalls -igen ange- 
nommen haben), so dafs wir jetzt z. b. häls(l)ig (hals- 
strick) sagen, wo im 14ten Jahrhundert Boner (fab. 57, 92) 
und das Sempacherlied noch helsing, hälsling schrie- 
ben. Dafs aber unsere adjectivischen participien auf -ig 
aus älterem -ing entstanden seien, läfst sich darum doch 
nicht behaupten, da Boner und seine Zeitgenossen dem 
partic. die richtige endung -end geben; es wird vielmehr 
dabei bleiben, dafs diese endung zunächst ihr n verlor, 



262 Tobler 

wie dies schon io mhd. schrift vorkam (s. obeD), und dals 
dann auf dem angegebenen wege -ed in *ig Überging, wo 
es überhaupt geschah; denn die fraglichen formen sind 
weder zahlreich noch allgemein üblich und lautlich fest- 
stehend. 

Diesen ganzen auslauf .hatten wir nur der form des 
englischen particip wegen unternommen, und es bleibt zum 
Schlüsse noch festzustellen, wie das verhältnifs desselben 
zum gerundium im syntaktischen gebrauch zu denken 
sei. Dafs die form des pari, nicht aus der form und je- 
nem praepositionalen gebrauch des gerundium abgeleitet 
zu werden braucht, glaube ich nun genügend gezeigt zu 
haben; möglich ist es auch darum nicht, weil der rein 
attributiT-adjectivische gebrauch der form auf -ing sich auf 
jene construetion nur durch abermalige gewaltsame analo* 
gie zurückfahren liefse; oder soll vielleicht a loving 
child auf a child on loving zurückgeführt werden? 
auch die romanischen sprachen haben ja für diesen ge- 
brauch das lateinische particip mit flexion beibehalten und 
unterscheiden es vom participial gebrauchten gerundium. 
Wollte man annehmen, die praepositionale construetion des 
gerundium sei so geläufig gewesen und habe in vielen fäl- 
len, nach weglassung der praeposition, so sehr den schein 
und werth eines wirklichen particip angenommen, dafs man 
den ursprünglichen verhalt ganz vergessen und mit der 
fertigen form alle functionen eines particip bestreiten 
konnte, so müfsten doch von einer so grofsen gel&ufigkeit 
der ursprünglichen construetion, wie sie für diesen her- 
gang vorausgesetzt wird, irgend welche spuren schon aus 
dem angelsächsischen oder wenigstens aus dem altenglischen 
nachzuweisen sein. Wir kommen also zu dem Schlüsse, 
dafs hier, wie so oft in der spätem geschichte der spra- 
chen, zwei ursprünglich verschiedene formen, zunächst nur 
aus lautlich zufälligen gründen, in eine zusammengefallen 
seien, was im englischen, wo homonymie der Wörter in 
solchem mafse blüht, auch an flexionen nicht befremden 
kann. 

Zugeben können wir aber, dafs diese mischung der 



über das gerandiuin. 263 

form unterstützt wurde durch in mauchen f&llen zutreffende 
äquivalenz auch der syntaktischen Function. Dafs selbst 
in der Wortbildung sich eine berührung zwischen gemn- 
£um oder Verbalsubstantiv und participium zeige, läfst 
sich vom englischen nicht behaupten, da in losen Zusam- 
mensetzungen wie a brewing-tub, a writing-desk der 
erste theil, selbst bei passiver auffassung, nicht als parti- 
eip gedacht werden kann. Dagegen findet sich etwas ähn- 
liches in der ostfriesischen mundart, wo (nach zeitschr. f. 
d. m. IV, 128) gewisse Zusammensetzungen zweifeln lassen, 
ob der erste theil infinitiv oder particip sei, da dieses 
auch sonst (durch verlust des d) mit jenem zusammenfällt ; 
z. b. stän-ür (standuhr), hangn-lamp (hänge-lampe), sügn- 
-kind (Säugling). Zweifelhaft bleibt hinwieder im engli- 
schen, ob die formen auf *ing, abhängig von den verben 
to cease und to continue gerundien oder participien 
seien. Für das erstere spricht die analogie der construc- 
tion nach den verben to attempt, to intend, to for- 
bear, to escape (to deny und to cannot help sind 
etwas verschieden), wo das abhängige wort auf -ing nicht 
leicht participial sein kann; für das letztere die analogie 
der griechischen participialconstruction nach naiea&ai^ Sia- 
relelv; fp&dvuv^ tvyxo^vuv. Nabe gränzen hier auch ro- 
manische rede weisen an, wie das gerundium nach seguir 
(sequi, im sinn von fortfahren), acabar (franz. achever), 
tornar (tourner) im spanischen, das französische aller 
croissant (crescendo), ital. andare oercando, verschie- 
den vom franz. aller chercher wie auch span. seguir 
und continuar den infinitiv mit a nach sich ziehen, wenn 
das fortfahren nach einer Unterbrechung geschieht. Aber 
das romanische gerundium (über dessen entstehung und 
gebrauch Diez gramm. III, 192 ff. 246 ff. 257—8 nachzuse- 
hen ist) darf mit dem englischen nicht unmittelbar in pa- 
rallele gesetzt werden, weil es vom lateinischen her mehr 
verbale natur an sich hat, obwohl es auch substantivische 
annahm in Verbindungen wie die provenzalischen und alt- 
französischen: se levar de sezen und -en sezen (vom 
sitzen zum stehen, vom liegen zum sitzen) und noch mehr 



264 Tobler 

mit voraogebendem pron. possess. wie: ä mon sovenant 
(meiner erinnerung nach), ses sahen (ohne zu wissen), en 
son dormant (während seines scblafes), vostre veiant (vor 
euem äugen), (ä) mon esciant (meines wissens) und noch 
neufranz. sur son söant, de mon vivant. Im übrigen 
kommt aus dem romanischen Sprachgebrauch für unsem 
zweck folgendes in betracbt. 

1) Übergang des lateinischen gerundium in das part. 
praes. findet in den romanischen sprachen nur theilweise 
statt, da das lateinische particip in adjectivischer geltung 
fortdauert, und ist eben darum blos syntaktischer art, 
indem durch eine bemerkenswertbe „Verschiebung^ (hier 
der grammatischen formen, wie sonst der laute und der 
lexicalischen stoffbegrifie) das gerundium gerade in dem 
maafse fQr participiale Verwendung frei wurde, als es 
seinerseits die übrigen an Wendungen, deren es im lateini- 
schen fähig war, an den infinitiv (mit praepositionen) 
abtrat. (Dagegen hat das neugriechische wirklich aus dem 
part. praes. ein unflexibles, syntaktisch dem romanischen 
(aus dem gerundium entstandenen) gleichbedeutendes ge« 
rundium auf ^ovrag geschaffen (neugr. avax(»iQO}VTas kyci 
(absolut) = altgr. ävaxo^QOvvTog fiov, 

2) Bemerkens wertb eigenthümlich steht, hier wie in 
andern punkten, neben den übrigen romanischen sprachen 
die walachische, indem sie das part. praes. durch verbal- 
adjectiva auf -oriu (lat. -(t)orius ersetzt, deren vollkommene 
verbalkrafb an die der lat. nomina actionis auf -tio (bei 
Plautus) erinnert. Dies ersatzmittel selbst erklärt sich ei- 
nigermafsen aus der früher auch in andern romanischen 
dialecten üblich gewesenen Verbindung de.r lat. nomina 
actoris auf -tor mit esse, da wo jetzt, wie auch bei stare, 
ire und venire, Umschreibung mit dem gerundium stattfin- 
det. Dafs zu jenem lat. -tor auch wieder die participien 
auf -turus gehören, mag hier noch beigefügt werden. — 
Dafs das walachische gerundium auch als adjectiv behan- 
delt werden kann, ist eine conscquenz eben von der eigen- 
thOmlichen ersetzung des particip. 

3) Für die entstehung des romanischen gerundium aus 



über das gerundium. !265 

dem ablativ des lateinischen und das schwanken zwischen 
instrumentaler und temporal-kausativer Bedeutung des 
erstem kann als parallele angefllhrt werden das skr. ge- 
rundium oder absolutiv, indem der instrumentalis nach 
L. ~Meyer überhaupt ursprönglich comitativus ist. Vergl. 
die doppelte bedeutung des deutschen „indem^ und »mit^, 
und den lat. conjunctiv nach quum auch bei scheinbar nur 
temporalen angaben. 

Auf den ablativ (mit ergänzung von in) kann auch 
das romanische gerundium nach videre, audire, trovare (das 
nach mandare scheint allerdings dativisch) zurückgeführt 
werden, so wie das umschreibende mit esse, obwohl gerade 
in diesen zwei anwendungen das romanische gerundium 
am ehesten wirklich participiale natur anzunehmen scheint. 
Nach sehen, hören und finden kann im englischen, 
deutschen und lateinischen das participium folgen, in den 
beiden letztern sprachen auch der Infinitiv, aber in etwas 
verschiedenem sinn. Dafs ich die englische Umschreibung 
von to be mit -ing für gerundial halte, wenn die praepo- 
sition a (on) dabei steht, sonst für participial, folgt aus 
meiner oben geäufserten ansieht von der doppelnatur der 
-ingform überhaupt. Ob man neben: to go a begging 
nicht auch sagen kann: to go begging, jenes im sinn von: 
auf betteln ausgehen (ein einzelnes mal), dieses =» betteln 
gehn (als beständiges gewerbe) weifs ich nicht; to fall a 
trembling erlaubt wohl keine weglassung der praeposition. 
Wo wir nach bleiben die verba stehen, sitzen im in- 
finitiv setzen, steht englisch das particip, während hinwie* 
der englisch to come und ebenso franz. ä venir (neben dem 
Substantiv Tavenir) als attribut nach Substantiven unser 
„zukünftig'^ „venturus^ vertritt, ganz wie der passive 
englische infinitiv unsere formel „zu -end''. 

Solche einzelne fälle wären vielleicht noch manche an- 
zuführen; ich glaube aber schliefsen zu können mit dem 
rückblick ^nf das allgemeine resultat unserer betrachtung, 
dafs zwischen den drei nominalen kategorien des verbum, 
infinitiv, gerundium und participium, seit ältester zeit viel- 
fache berührung waltet, sowohl in der form als in folge 



266 Delbrück 

davon auch im syntaktischen gebrauch, am meisten be» 
greiflich zwischen infinitiv und gerundiam und zwischen 
gerundium und participium; die weniger innige und häu- 
fige berührung zwischen intinitiv und participium als den^ 
beiden extremen wird zum theil eben durch die geschmei- 
dige natur des gerundium vermittelt. Bemerkenswerth ist 
aber auch die an mehrern stellen hervorgehobene berüh- 
rung der nominalen verbalformen mit wirklichen nomina 
actionis, selten actoris und auch mit adjectiven, so dais 
von mehren Seiten ein blick in den Urzustand sich öffnet, 
wo in der spräche die grammatischen kategorien überhaupt 
noch nicht bestimmt ausgeschieden waren. 
Bern, sept. 1866. L. Tobler. 



Wetter, 

Unter wetter verstehen wir nach Sanders treffender 
Jefinition ^die jeweilige beschaffenheit der atmosphäre, in- 
sofern die Veränderungen derselben sich uns bemerkbar ma- 
chen^. Wir sprechen von gutem, schlechtem, warmem, 
kaltem, nassem, trocknem wetter. Dieser unbestimmte ge- 
brauch des Wortes ist in unserer spräche alt. Hävam&l 
87, 4 lesen wir: vedr raedr akri d. h. beim acker kommt 
es auf das wetter an^ und ähnlich Heliand 2478: wederes 
gang, regin endi sunna d. h. des wetters verlauf, regen 
und Sonnenschein. Häufiger steht wetter för bestimmte 
arten der Witterung. „Passendes, gutes wetter^ ist z. b. 
Häv. 8i gemeint, wenn die regel gegeben wird, bei „wet- 
ter'^ solle man auf die see rudern. Solche stellen haben 
Graff, Zarncke- Müller u. a. vor äugen, wenn sie unser 
wort mit arjo oder ärjo und al3"qQ zusammenstellen, die 
weder unter sich noch mit wetter zusammengehören. Be- 
sonders häufig dient wetter als synonym des nah verwan- 
ten „gewitter^. Es genügt zu erinnern an die ausdrücke: 
donner und wetter, wind und wetter, ein wetterschlag, ver- 
wettert, schlagende wetter, und an die Übertragungen auf 



ivetter. 267 

das getöse des kampfes „umzuckt von tausend wettern^ 
z. b. Helgakviäfa H. I, 12: 

v&n kvnff bann mundu 

vedrs ens mikia 

grära geira 

ok gremi Odins 

d. b. er sagte es sei bofinung auf das grofse wetter grauer 
Speere und den zorn O. Die anordnung dieser verscbie- 
denen bedeutungsnfiancen b&ngt ab von der etymologie. 
Das wort ist im gotischen verloren, lautet im ahd. wetar, 
im ags. veder, im alts. wedar, im fries. veeder. Folglicb 
mufs die entsprecbende altindiscbe form ein db zeigen. 
Die vfurzel ist vadb und die am nächsten mit wetter ver- 
wandten Substantive vadba und vädbas. V&dbas, welches 
auch Ngb. 2, 20 unter den va^ranämäni aufgeführt ist, be- 
zeichnet den schlagenden blitz, den „wetterschlag^ als die 
waffe, welche im kämpfe Indras mit den dämonen von 
beiden kämpfern geführt wird, dann wohl die waffe des 
feindlichen sterblichen. In etwas weiterem sinne werden 
vadha und vadb gebraucht, doch herrscht auch hier noch 
die beziehung auf den blitz vor. Einige vedische stellen 
mögen dies beweisen. V, 32, 7: 

\\d jäd indrö mahat^ dänavdja vädhar jämiSta sahö 

äpratitam 

jäd r vägrasja präbhrtäu dadhäba vi^vasja gantör adha 

man kakära 
„Als Indra gegen den grofsen Danaver sein geschofs erhob, 
seine unwiderstehliche kraft, als er ihn niederschlug im 
wurf des donnerkeils, da machte er ihn zum niedrigsten 
von allem geschöpf. IV, 22, 9 : 

asm^ väräiäthä krnubi ^^stbä nrmndni satri saburß 

säh&si 
asmäbhjam vrtri suhänäni randhi gab! v&dhar vanüäö 

m4rt)asja 
„Qieb uns gereifteste herrlichste mannesthaten , immer o 
siegreicher siege, unterwirf uns die Vrtras sie leicht zu 
schlagen, schleudere dein geschofs auf den kämpfenden 



268 Delbrück 

sterblichen^ (vgl. zu dieser constr. I, 32, 9, oder: schlage 
die waffe des kämpfenden sterblichen). X, 22,8: 
akarmä dasjur abhi nö amantür anjavratö amänu^a: 
tvän tasjämitraban vadhar däsasja dambhaja 
„Der nichtopferer der feind ist über uns der unverstän- 
dige ungläubige der unmensch, du o feindschläger schlage 
nieder dieses dämonen geschofs^. V, 32, 3 : 

tjäsja kin mahatö nir mrgasja vädhar jaghäna taviälbhir 

indra: 
ja ^ka id apratir manjamäna ad asmäd anyö a^anidta 

tavjän 
„Das geschofs dieses grofsen ungethQms schlug Indra fort 
mit seinen kräften, welcher allein sieh unbesiegbar dünkte. 
Da wurde ein anderer stärkerer als er geboren**. VIII, 
24, 27: 

ja rksäd ä'hasö muKäd j6 väijät sapta sindhuäu 
v4dhar däsasja tuvinrmna ninama: 
„Du, der uns von dem verderber von der noth erlöst oder 
vom Arier in dem laude der sieben ströme, beuge nieder 
das geschofs des dämonen, o tapferer". II, 19,7: 

nanämö vadhar adSvasja pljö: 
„Beuge nieder das geschofs des gottlosen frevlers". 
In ähnlichem gebrauch • vadhä, z. b. V, 34, 2 : 
i ja: s6mena gathäram äpipratämandata maghävä mä- 

dhvö ändhasa: 
jäd Im mrg&ja hantave mahävadha: sahäsrabhrstim u^änä 

vadhä' jämat 
„Welcher mit soma den leib anfüllte, der mächtige sich 
berauschte am süfsen saft, als der herr der grofsen waffe 
freudig erhob das tausendspitzige geschofs zum morde des 
ungethömes. V, 32, 8 : 

tjan kid ärnam madhupa ^ayänam asinvä' vavram mähj 

ädad ugra: 
apidam aträm mabatä vadh^oa ni durjöna ävrnan mr- 

dhräväkam 
„Diesen brausenden^ methsaufenden, lagernden, unersätt- 
lichen schlinger (?) packte gewaltig der starke. Den fufs- 



Wetter. 269 

loeeD, den fresser schlug er nieder im kämpfe, den Stot- 
terer mit grofsem geschosse'*. IV, 18, 7: 

mamaitdn putrö mahati vadh^na vriträh gaghanvan 

asrgad vi sindhün 
„mein söhn (Indra) mit grofsem geschosse tödtend den 
Vritra lies fliefsen diese ströme**. 1X5 91,4: 

vripkÖpÄriätät tu^atd vadh^na 
„Schlage von oben mit schmetternder waffe**. IV, 18, 9: 

9irö däsasja säm pinak vadb^na 
„das haupt des dämonen zerschmetterstest du mit dem ge- 
schosse". m, 32, 6: 

tväm ap6 jäd dha vrtran gaghanvan atjan iva prasrga: 

särtavägäü 
pajänam indra karatä vadhäna vavrivä'sam pari devfr 

adevam 
„Als da den Vritra schlagend die wasser eilen liefsest wie 
rosse im wettlauf (schlugst du) mit eilendem blitzgeschofs 
den ungöttlichen der die göttlichen umschlossen hielt". 
V, 29, 10: siehe Kuhn, herabholung 59. VI, 20, 4: 
9atäir apadran panäja indrätra däpönaje kaväjg Vkasätäu 
vadhäi: püsnasjä^üsasja mäjä: pitvö närirekit kin kanä prä 
„mit hundert (wohl zu ergänzen: ihres gleichen d. h. in gro- 
fser menge) liefen die Panis aus furcht vor dem weisen 
Da^öni davon, als er (durch sein lied) die sonne gewann. 
Durch seine schlage (überwand er) die listen des ge- 
fräfsigen Qusna, von dem tränke lies er auch nicht etwas 
übrig«. 11,21,4: 

anänudö vräabö dodhatö vadhä: 
„der unnachgiebige der stier der seh läger des tobenden". 
VIII, 51, 12: 

satjam Id v£ n tä' vajam indra staväma ndnrtam 
mahän asunvatö vadh6 bhiiri gjötföi sunvatö bhadrä 

indrasja rätaja: 
„Wahres in der that lafst uns vom I. preisen und nicht 
unwahres. Grofs ist der schläger des gottlosen, viel die 
erleuchtungen des frommen, glänzend die gaben des I. 

Auf Indras geschols oder eines menschen waffe kann 
I, 5, 10 bezogen werden, auf Varuna geht II, 28, 7: 



270 Delbrück 

md nö vadbfiir varuna je ta Utiv 4na: krnvantam asnra 

bhrinänti 
m& gjötida: pravasatbäni ganma vi Hl mrdha; piprathö 

^vase na: 
„(triff uns) nicht o V. mit den waffen, welche von dir ent- 
sendet du göttlicher den sünde thaenden versehren, mögen 
wir nicht des lichtes verlustig gehen, entferne unsere feinde, 
auf dafs wir leben^. 

Das vcrbum vadh, über welches Westergaard 188 ei- 
niges formelle bemerkt, und dessen v durch die zahlrei- 
chen ableitungen wie vadh& vÄdhas vadhasnä vadhasnü 
v&dhatra hinlänglich verbargt wird, wird im Kv. ebenfalls 
hauptsächlich vom blitzschlage, dann vom schlagen der 
götter überhaupt und schlieMich auch einfach für tödten, 
verletzen, beschädigen gebraucht, z. b. vom Indra, der den 
Vritra schlägt IV, 17, 3; VI, 17, 1 ; VHI, 12, 15; I, 52,2; 
ähnlich I, 80, 7; VI, 27, 4; VIII, 32, 2. — VI, 33, 3: 
ivkm tdn indröbhäjän amiträn d&sä vrtrdnj drjä Ica ^üra 
vädhir v&n^va südbitebhir atkäir i prtsü daräi nrnä' 

nrtama 
„Du Indra schlugst die beiden arten von feinden, die ari- 
schen und die barbarischen Schädiger, wie bolz mit wohl- 
gefertigten blitzen (?) spaltest du sie in den schlachten 
heldenhaftester der beiden^. 

(Bei B. R. s. v. atka ist diese stelle nicht augeftlhrt. 
Sie läfst sich unter die dort angegebene bedeutung, so 
weit ich sehe, nicht unterbringen. Man wird sich also ge- 
nöthigt sehen, entweder (wie Säjana) für ätka eine bedeu- 
tung wie waffe, axt aufzustellen, oder ätkäi: in arkäi: zu 
ändern). VIII, 45, 34: 

md na ^kasminn dgasi mä dväjör utk triäü 
vadhir md ^ara bhiirisu 

„Schlage uns nicht um einer sünde willen, nicht um zweier, 
nicht, o Indra, um vieler willen^. 

Von der lanze des Varuna wird vadh gebraucht VIII, 
56, 20, von Rudra VII, 46, 7, von Soma VHI, 68, 8. 
VIII, 64, 9: 



x^ov«, rOeren. 271 

mÄ na: samasja düdhjä: pÄridvöshasö ähati: 

urmir d& nivam & vadblt. 
^Nicht möge uns jedes übelgesinnten bassers notb scb&di- 
gen wie die woge das scbiff, cf. I, 38, 6. 

Die Wurzel vadb und ihre abkömmlinge wurden also 
im altindischen zunächst vom schlagen des blitzes, später 
vom schlagen überhaupt gebraucht. Als die indogermani- 
schen sprachen sich trennten, haftete an der wurzel nur die 
bedeutung des blitzschlages. Diese wurde in den deutschen 
sprachen verallgemeinert, derart dais die bezeichnung fiir 
die wunderbarste, ergreifendste atmosphärische Veränderung 
auf alle atmosphärischen Veränderungen ausgedehnt wurde. 



xQovcjy rüeren. 

Bekanntlich giebt es im griechischen viele verba, welche 
am ende ihres Stammes vor den mit consonanten anfan- 
genden sufSxen ein 6 zeigen, während dies vor vocalisch 
anlautenden suffixen, also z. b. dem co der ersten person 
des praes. act. nicht erscheint. Leo Meyer macht an ver- 
schiedenen stellen seiner vgl. gramm. namentlich I, 443 da- 
rauf aufmerksam, dafs dieses a nicht vor consonanten ein- 
geschoben, sondern vor vocalen — wie gewöhnlich — aus- 
gefallen sei. Man hat also anscheinend vocalisch oder 
diphthongisch auslautende stamme häufig vielmehr als 
(T-stämme zu betrachten. So läfst z. b. xaioß zunächst auf 
xaviü)^ dies auf xavö-ifa {xava-TBiQog) schlie&en. Entklei- 
det man xavg der gunirnng, so lautet es kus => altind. 
9ud, ysvsa&ai. ist =s guä und gus-tare, bvbiv = urere und 
US, axovBiv = hausjan, tqbiü &=s tras, ygaw = gras, ^iat 
= jas (Roth, Nir. VI, 11). Zu diesen verben gehört auch 
XQOvta^ fUr! welches der sigmatische ausgang durch x(>ot;- 
Ofiogj XQOvGTtxog^ xgovariov und xoovofia als nebenform von 
XQüVfia wahrscheinlich gemacht wird. Zur evidenz erho- 
ben wird er durch die betrachtung, dafs xgovo) und unser 
rühren dasselbe wort sind. 



272 Delbrück 

Das verbum lautet im ahd. hraorjan, alts. hrörian, ags. 
hreran, altn. hroera. Die verloreDe gotische form ist nicht 
mit vollständiger Sicherheit zu .construiren. Erwägt man 
aber erstens, dafs alth. alts. ags. altn. r häufig aus goti* 
schem s hervorgegangen sind, und zweitens dafs dem 
griech. ov in ccxov(o gothisches au in hausjan entspricht, 
80 kommt man zu der ansieht, sie werde wohl hrausjan 
gelautet haben. Doch mag auch der vocal anders gelau- 
tet haben, sicher ist, dafs der stamm nicht auf r auslautete, 
wie Weigand (in seinem Wörterbuch s. v.) vermuthet, son- 
dern dafs er dem griech. xqovq entsprechend ein s zeigte 
(also: braus = xgovg). Die völlige bedeutungsgleichheit 
ergiebt sich aus folgendem: Die verba heifsen 1) in be- 
wegung setzen z. b. ir schif mit dem segel da3 ruert ein 
hoher wint, setzte der wind in bewegung, da5 ros rfieren, 
antreiben in bewegung setzen, rüerende habe bewegliche 
habe (s. Zarncke-Müller s. v.) Euripides Electra 180 ovd* 
Ifftaaa x^Qovg u^Qyaiaig äfia vvfjKpctig eikixrov xgovao) nod' 
kfiov werde meinen fufs in bewegung setzen, rQhren*). 

2) Stofsen, anstofsen z. b. den himmel houbete ruoren 
pulsare (Graff s. v.) Eurip. Iph. Aul. 1043 ;^(>v(y60(TaWaAov 
i^vog kv y^ xQovovaai in die erde stofsend. 

3) Werden sie gebraucht vom spielen eines instru- 
mentes xgovofASva ogyava sind gespielte Instrumente (H. 
Steph. s. V.) deutsch: psalterium ruoret man mit banden 
(Graff), Atlamäl 62 hörpu tök Gunnarr 

hroeröi ilkvistum 
„Die harfe nahm Gunnar, rfihrte sie mit den zehen'^. 

4) Die Übertragung auf erregung des gemüths ist auch 
im gr. möglich. H. Steph. s. v. fiüirt aus der anthologie 
ein hübsches epigramm an, das an eine liebenswürdige zi- 
therspielerin gerichtet ist, und so lautet: 

nXijxxQOV H^BL ipoQfAiyyog^ Hx^i xal nkijxrgov ÜgfoTog 
XQOVH d' dficporigoig xal (fgiva xal xi&dgijv. 
Man könnte etwa übersetzen: 

*} Doch kann dies beispiel ebenso gut unter 2 gesetzt werden und die 
annalime der bedeutnng 1 ist von rein griechischem Standpunkt ans nicht 
noth wendig. 



rüaov, 273 

KfiD8te der liebe versteht sie so gut wie künste der leier 

Und mit gleichem geschick rühret sie zitfaer und herz. 

Wer sich schliefslicfa noch überzeugen will, dafs beide 

verba zu dem gleichen obscönen witze gebraucht worden 

sind, der möge Zarocke- Müller 8. v. und Aristophanes 

Eccl. 990 nachlesen. 



Das wort rslaov kommt, jedesmal in Verbindung mit 
ceQovgtjg^ vor: N, 707; -5*, 544 und 547. Es pflegt durch 
„ende^ übersetzt und als eine nebenform von tbIoq ange- 
sehen zu werden. Gegen die bedeutung wäre nicht viel, 
desto mehr gegen die bildung einzuwenden. Mir wenige 
stens ist ein solches suf&x -öo nicht bekannt. Ich theile 
also rila-ov und versuche eine andere etymologie. 

Ilias ^, 541 flg. wird ein bild auf dem Schilde des 
Achilleus folgendermafsen beschrieben: 

äv ö' iri&rj veiov iiaXdxtiv, mecgav agovQav 
evQBlav TQinoXov' nol.l,ol 8' agoTtJQeg iv avty 
^Bvyea SLvevovreg kXdatQBOV h&a xal 'iv&a. 
ot d' oTtove argiipavTsg ixoiccTO rekaov dgovQrig 
Toiai 8' BTiBtT kv X^Q^^ 8m(xg fiehfjdiog oivov 
SoaxBV dvi^Q äTticüV Tol 88 avgiipaaxov dv oyfAOvg 
UfA^svoi vei>oio ßa&Buig veXaov ixia&ai. 
rj di fxskaivBT oTiia&sv^ aQijQOfievy 8h ktpxsLV 
XQvaelrj nag kovaa' t6 8i] nsgl &avjLia t^tvxtq. 
Das bild ist klar. Der zuschauer, für den das bild ent- 
worfen ist, wird als neben dem aufseher stehend gedacht 
der die arbeiter mit wein erquickt. Er blickt auf den 
rücken der pflüger, die vor sich hin die furchen ziehen. 
Sie wenden am entgegengesetzten ende um, und pflügen 
nun auf ihren aufseher zu, bis sie gelangen zum tiXeov 
dgovgrig d. h. zum ende des feldes, wo sie getränkt werden^ 
und haben nun ein interesse daran, möglichst schnell wie* 
der an diesen erquicklichen ort zu gelangen. Woraus 'die* 
gränze des landes besteht, ob etwa aus einem graben odec 

Zeitschr. f. vgl. sprachf. XVI. 4. t8 , . . . ; : 



274 Delbrück 

buscfawerk und dergl., ist nicht ersichtlicb, aus der näch- 
sten stelle ergiebt sich aber, dafs, wie auch am natürlich* 
sten, die endfurche unter teXüov zu verstehen ist. iV, 701 : 

^iag 8* ovxiri ndfinav 'Otk^og ra^vg vlog 
iotat an AiavroQ Tekafiwviov^ ov^ rjßaiov^ 
äXk' äg r kv vai^ ßoB oivoTte TtTjscrov ägoTQOv 
laov &Vf46v 'ix^VTS TvxalvBTOv* {äfiq)L S' ä(ja acpiv 
TtQVfivolaiv xegdsaai Ttokvg dvaxrjxlsi ISgvig' 
rui fABV TS ^vyov olov kv^oov d/Kplg kigyet 
isuivot) xard tahca*) rip^Bv de re riXaov ccQovgrig^ 
wg T(a nagßeßaäTi fidV ietaaav dlhjlouv. 

Grammatisch ist zu bemerken, dafs das subject zu riuBt 
kein anderes wort sein kann, als ägorgov. Der sinn ist 
auch hier deutlich. Die beiden Äias wehren den Hector 
ab, gleichmäfsig und unerschütterlich, wie zwei stiere die 
eine furche ziehen. 9,Wie zwei stiere gleichmäfsig ziehen 
den festen pflüg, er schneidet aber'' — was ist nun rikaov 
dgovg f]g? offenbar auch hier nichts anderes als die grenz- 
furche. Sie mufs tiefer und schnurgerade sein, ist also 
eine besonders schwere arbeit, darum gerade bei diesem 
gleichnifs am platze. Wir übersetzen also auch im ersten 
fall rilaov mit endfurche. 

Hiemit stimmt genau die bedeutung des vedischen 
kdräman. BB. geben an: ziel des wettlaufs (eine gezogene 
furche). Auch Benfey stimmt jetzt hiermit überein in der 
Übersetzung von Bv. 1,116, 17, während er früher im Sv. 
einer anderen auffassung folgte. Die drei stellen, in denen 
das wort vorkommt, lauten I, 116, 17: 

& väm r&than duhitÄ siirjasja kirämävätisthad ärvatä 

gajanti 
„euren wagen bestieg die tochter der sonne, wie um zu 
ersiegen das ziel mit dem renner^. IX, 36, 1 : 

äsargi rathjö jathä pavitre I£amvö\- suta: käräman vägi 

nj äkramit 
„losgelassen ist der in die schüssel geprefste (Soma) wie 
ein^schnell fahrender auf den durchschlag zu; der renner 
gelangt zum ziele^. IX, 74, 8: 



tiXeov. 275 

adha Qv&tkh kala^an göbhir aktan k&rämann & vä^ 

äkramit sasavin 
^die weifse schQssel, die mit milch befeuchtet, spendend (?) 
gelangt der renner zum ziele '^^ 

Käräman gehört natürlich zu der wurzel karä, welche 
ziehen, pflügen bedeutet. Dem indischen kard entspricht 
griech. Tska^. Ueber die Vertretung von indogerm. k durch 
griech. T vergleiche man Curtius gr. e. II, 72 flgd. (aufl. L) 
St. Petersburg. B. Delbrück. 



elogium. 

6. Curtius hat in einem anregenden vortrage in der 
königlich sächsischen gesellschaft der Wissenschaften zu 
Leipzig (abgedruckt in den berichten dieser gesellschaft, 
philologisch-historische classe 1864, Iff.) einen von andern 
roh hingeworfenen einfall, wonach elogium aus ikeysZov 
gebildet sein soll, wissenschaftlich zu begründen gesucht» 
Wie sehr wir aber auch mit den meisten daselbst vorge- 
tragenen ansichten einverstanden sind, gegen die herleitung 
selbst haben wir bedenken, und wir glauben, dafs eine an- 
dere deutung, die gleichfalls bisher nur in roher gestalt 
vorgebracht worden, das richtige treflfe. 

Zuerst unsere bedenken, die sich theils auf die bedeu- 
tung, theils auf die form beziehen. i?,By6iov bezeichnet in 
der vorchristlichen zeit nur das bestimmte versmafs, so 
dafs fär ein aus mehrern distichen bestehendes gedieht nur 
der plural gebraucht wird. Die annähme, dals Hesychios 
sein : ile/sice^ hniTdcpia noirifirxTa^ aus alexandrinischen quel- 
len genommen, ist mindestens sehr zweifelhaft, nicht we- 
niger die Voraussetzung bedenklich, schon zur zeit, wo die 
Römer in regern austausch mit den Griechen gekommen, 
habe der gewöhnliche Volksgebrauch kX^yBiov geradezu fQr 
knlygafxfia gesetzt. Das wort kulygafifia war in dem sinne 
von aufschrift, spruchvers so verbreitet, dafs es wun- 
derbar wäre, wenn die Römer nicht gerade dieses wort^ 

18* 



276 DUntzer 

soodern das fragliche ikeyeiov aufgegriffen haben sollten; 
ja zu dem vorausgesetzten gebrauche des wertes lilsyeiov 
lag bei den Griechen nicht die geringste veranlassung vor, 
und erst als der singular ii,eyBiov für ein gedieht in meh- 
rer0 distichen platz gefunden hatte, was erst nach Chri- 
stus geschah, konnte man auch zu einer solchen verallge- 
meiiierung des gebrauches von kksyeiov übergehen. Stimmt 
aber einerseits die annähme jener bedentung von kXeysiov 
in so früher zeit nicht mit dem vorliegenden thatbestande, 
so lag andererseits die annähme eines fremdwortes um so 
ferner, als der Römer für die dadurch zu bezeichnenden 
dinge eigene ausdrücke in titulus, Carmen und, inso- 
fern elogium von rechnungsposten steht, in articulus 
hinreichend besafs. Und 'so wenig der Römer sonst in 
seinem reohnungswesen fremd Wörter sich gestattete, so we- 
nig sonst in seinen testamentsausdrücken, unter denen sich 
auch elogium findet, ein griechisches wort sich einschlich, 
30 wenig dürfen wir dies auch bei elogium annehmen, 
wogegen die bildung synonymer ausdrücke aus der eige- 
nen sprachfQlle sehr natürlich ist. Dafs der uns vorüe* 
gende gebrauch des wertes elogium sich auf die bedeu- 
tung Spruch zurückführen lasse, gibt Curtius zu; aber 
von dem nachweisbaren vorchristlichen gebrauche von 
Iksyslov liegt diese bedeutung weit ab. 

Gehen wir zur form über, so würde sich freilich die 
längung des e und die Verkürzung der vorletzten silbe durch 
die lateinische behandlung des fremdwortes erklären. Aber 
wenn die spräche hier das wort als ein einheimisches be- 
];ii^idelte, wie konnte sie gerade auf die umgekehrte behand- 
lung der zweiten silbe kommen und einen anklang an das 
giri^chUche Ao/og: suchen, wie Curtius will? Eher könnte 
m^ 9agQn^ was Curtius nur nebensächlich erwähnt, man 
bsbe da9, wotrt sfx loqui anklingen lassen; aber dies liegt 
iooh Uutlich nicht so sehr nahe und ein solcher anklang 
' liefse sieb nur annehmen, wenn elogium gerade das ge- 
sprochene wort bezeichnete. Wollte man aber das o 
ajUM^t e blofls für lautlich halten, so sind die auch von Fleck- 
eiseia neuerlich fär diesen Wechsel angefahrten beispiele 



eloginm. 277 

uiderer art, als dafs sie f&r eloginm aus kksysiov beweis- 
kraf); hätten. Vor einem 1 ist der Wechsel nnbedenklioh; 
die andern beispiele dieser art lassen sich auf assimilation 
oder wirkliche verschreibung oder falsche auffassnng zu* 
rückfßhren, wie ähnliches bei ungebildeten fiberall «eh . 
findet, ohne dafs dies für die gebildete spräche irgend etwas 
beweisen könnte. Warum sollte gerade aus elegium elo- 
gium geworden sein, trotz elegans? 

Die angedeuteten bedenken sind der art, dafs sie uns 
wohl geneigt machen dürften einer andern erklärung folge 
zu leisten, welche dem sinne und der form des Wortes ge- 
recht würde. Eiogium ist eigentlich spruch, wenn es 
auch nie von dem wirklich gesprochenen worte gebraucht 
wird. Dem sinne des wertes entspricht also sehr wohl der 
schon vor Döderlein geäufserte einfall, eiogium sei gleich 
eloquium, den Curtius gar keiner erwähnung werth hält^ 
obgleich er auf Döderleins Synonymik (IV, 11), wo er sich 
findet, in anderer hinsieht verweist. Freilich eiogium 
blofs flir eine andere Schreibung von eloquium zu erklä- 
ren, gebt nicht an, aber der Zusammenhang mit loqui 
läfst sich sehr wohl begründen. An der stelle des einem 
griechischen tt entsprechenden auslautenden qu findet sich 
nicht selten ein einfaches c. Neben ob-liqu-us steht 
iic-inus (vgl. auch li-mus d. i. lic-mus). Dafs lic-et, 
Hc-eor von linqu-o (vgl. relic-uus neben re-liqu-us) 
nicht zu trennen, gibt auch Curtius zu, nicht weniger dafs 
Dietrich dieporci delici richtig von delinquo herlei- 
tet. Mag man delica (explana) auf den verbalstanmi 
loqu (also de-lic aus de-lac, wie de-iicio aus de- 
-iacio) oder auf liqua mit Dietrich beziehen, wir haben 
hier c und qu nebeneinander. Bei coquo, wovon culina 
(d.i. coc-lina), werden sogar perf. und part. von coc 
gebildet, so dafs hier, wie in coquus, qu erst später an 
die stelle von c getreten zu sein scheint, woftlr auch das 
anlautende c (vgl. dagegen quinque mit Ttkfins) spricht. 
Secta, ad-sec-la, secus, secundus weisen auf sec 
neben sequ hin. Torques kommt von torqu, aber 
torc finden wir in tor(c)-mentum, torc-ulum. Was 



278 DOntzer 

hindert uns nun auch eine ältere bildung eloc-ium von 
loc neben loqu anzunehmen? Von diesem loc kommt auch 
loc-usta, dessen u zum sufBx gehört, wie in fid-ustus, 
ang-ustus, ung-ustus, auch wohl yet-ustus, aug- 
-ustus, subvervTUStus, und in moll-uscus, asin- 
•*usca. Für die erweichung des c genfigt die hinweisung 
auf vi-ginti neben yicesimus, vicies, auf quadrin- 
genti neben trecenti, auf dig-itus, auf nug-ae, des- 
sen Zusammenhang mit nuces Kitschi entdeckt hat. Eine 
elogium ganz ähnliche bildung ist adagium, das zu- 
gesprochene, von Wurzel ag, sprechen, aufweiche 
auch prod-igium (vgl. prod-esse, prod-ire) bezogen 
werden kann, wenn man es nicht lieber auf dieselbe Wur- 
zel mit dig-itus zurückführt. Eloquiam ist eine dem 
Cicero unbekannte späte bildung, zu welcher man durch 
eloquens, eloquentia gebracht wurde, nachdem längst 
das gefühl des Ursprungs von elogium geschwunden war, 
ja man darf sogar bezweifeln, dafs der gebrauch von elo- 
quens, eloquentia sehr hoch hinaufreicht, wogegen di- 
sertus und facundus alte bildungen sind. Hiernach 
dürfte lautlich ebenso wenig wie sachlich der herleitung 
des Wortes elogium von wurzel loc = loqu (skr. lap) 
irgend ein bedenken entgegenstehen. 

H. Düntzer» 



drjXog. 

Fast ein drittel Jahrhundert ist verflossen, seit Pott 
den ausspruch that (etym. forsch. I, 61): „Vor allem mufs 
fbr das griechische der satz aufgestellt und befestigt wer- 
den, dafs wo immer die aeolisch-dorische mundart — fälle 
wie (f'iXaöü von q)iXBiv^ in denen sich ri aus 6 entwickelt 
hat (?), sind vielleicht theil weise auszunehmen — ein ä, 
die attische oder jonische dagegen ein i; zeigen, letzteres 
als unursprünglich angesehen werden müsse. ^ Und doch 
wird dieser wichtige grundsatz noch heute selbst von de- 



&,ikoq. 279 

nen, die sonst auf genaueste befolgung des nachweisbaren 
lautfiberganges halten, nicht immer beachtet. Die fUle^ in 
welchen ein langes a des dorismus aus einem 8 hervorge- 
gangen zu sein scheint, hat Ahrens de dialectis II, 136 ff. 
146 ff. besprochen, aber nicht alle richtig beurtheilt. Die 
pindarischen formen 'Innoxliag, dova&Htsa^ icpiXadB^ wie das 
wunderliche anBööova im briefe des Hippokrates hat er 
glücklich weggeschai9%, q)(6vaa6, iätvd&tjVj nova&rjy mvaatl» 
Xai u. ä. durch die annähme von yerbis auf äv fiberzeu- 
gend erklärt. Wenn er an &66SfÄaTog, kidfiarog und vb68-' 
fiaxog anstofs nimmt, so geschieht es nur, weil er fiber- 
sieht, dafs hier eine neben 8b(i stehende form Sa(i voraus- 
gesetzt wird, wie rce^ neben rtfi steht. Vgl. rafiiagj das 
homerische rdfiveiv, ivTiÄi]Tog» Die frage, ob die dichter 
zu jenen formen berechtigt waren, ob sie sich nicht durch 
die ableitungen von dafiäv, wie ÜdS^irirog^ verleiten liefsen? 
ist eine andere; denn schwerlich nahmen sie diese Wörter 
aus dem gangbaren dorismus. Das pindarische fjtefiakoreg 
statt fiEfit^koTsg dürfte eher auf irriger lesart benihen als 
dem hier dem Homer folgenden dichter zuzuschreiben sein. 
Zu rechtfertigen wäre es nur durch die annähme eines dori- 
schen jiiak statt (Äsl, die höchst unwahrscheinlich ist. Jv- 
öTTivog^ .dorisch Svöravog^ kann weder nach form noch nach 
bedeutung mit Ahrens von arivstv hergeleitet werden. Was 
dieser als beleg eines wechseis von o und langiem a oder 
7] beibringt, beruht keineswegs auf einem lautfibergange. 
Dürfte man ein öTfjvog im sinne von öTceaig voraussetzen, 
so wäre die deutung sehr leicht. Die von den lexicogra- 
phen angeführten Wörter datijv und äartjvog^ die doch 
nicht blofs ersonnen sein dürften, widersprechen nicht; 
d6Tf]v wäre ganz wie dnri^v gebildet und bezeichnete den- 
jenigen, der nicht zu stehen vermag. Noch unglQcklicher 
ist die ableitung des wertes SfjiAog^ dorisch ödf^og, von Ssfi, 
als nebenform von Sofiog^ wobei der bedeutung wegen auf 
olxog und vicus verwiesen wird, die sieh doch näher lie- 
gen als haus und land. Die herleitung von Pictet und 
Hugo Weber von öafi hat Curtins (2lU) mit grund ver- 
worfen. Christ (116. 127) holt das wort gar aus dem skr. 



280 Dttntzer 

grftjna« her, 80 dafs es statt ygijiioq stehen soU. Man 
könnte an wurzel Sa th eilen denken, so dafs örjuog das 
geth eilte gemeindeland wäre; aus diesem begriffe würde 
sich der allgemeinere land, dann volk entwickelt haben. 
Die vertbeilung der feldmark ist ja der anfang jeder Städte- 
grfindung. Höchst unwahrscheinlich ist die umgekehrte 
fibertragung des begriffes volk auf land. Die bildung ist 
dieselbe, wie in xog-fiog^ nur dafs der accent ein anderer 
ist, wie in öv-aog^ vielleicht zur Unterscheidung von ärjfAog 
fett, dessen herleitung von der wurzel Jqf brennen, die 
Hugo Weber vermuthet, wohl schon an dem rj scheitern 
möchte, da man SafAogy wie dakog^ Saig^ erwartet; denn 
dijtogj das nicht blos epische form ist (es findet sich selbst 
in attischer prosa)^ ist auf wurzel da, äai zerreifsen zu 
beziehen. Den Sprachgebrauch der tragiker, die Sdiog und 
ä^g im sinne von elend, zu grun.de gerichtet brau- 
<$hen (vgl. EUendt lex. Sophocleum I, 383), fährt Curtius 
•(209) zur begrOndung der ursprünglichen bedeutung ver- 
isehrend, quälend an; aber die dichter bedienten sich 
hier wie sonst ihrer freiheit, indem sie ödiog für ät^iw&sig 
im bildlichen sinne nahmen. Man könnte Zusammenhang 
zwischen wurzel äv benetzen und di^f.i6g vermuthen, so 
dafs das thierische fett von seiner weiche benannt wäre; 
aber dann müfsten wir ein Sb neben Sv annehmen, da von 
Sv nur SsvfAog kommen könnte. Ein gleichbedeutendes 8$ 
würde man dann in öiaiveiv vermuthen können, und so Jfi, 
Jt, 8v als Variationen derselben wurzel betrachten, wie wir 
solche auch sonst finden. Von ds würde die wurzel ^€^, 
durch a verstärkt in äBxf)^ herkommen, wie eine erweite- 
rung der wurzel durch q) auch sonst nicht ohne beispiel 
ist (Curtius 59). Auffallend ist öevnJQ, wie ein geräth zum 
einrühren heifst, das seiner bedeutung nach eher auf öi- 
(fBiv als auf Seveiv deutet, so dafs also hier v aus qp ent- 
standen scheint. 

Hiermit sind die beispiele eines dorischen a statt c, 
die Ahrens beibringt, erschöpft. Aber leider hat die ver- 
gleichende Sprachwissenschaft es nicht an der aufstellung 
ähnlicher beispiele fehlen lassen, da sie jenes gesetz, dais 



äJiloa. 281 

dorisches langes a nicht aus e hervorgegangen sein könne, 
zuweilen übersieht. So wird C^kog noch von Curtius (339) 
unbedenklich auf wurzel ^aa bezogen mit ^ta/iAa, L,i$jia^ ^^oig^ 
und ardor erklärt. Aber die dorische form ist (^äXog. 
Find. Ol. VU, 6 hat ^AcoroV, und bei Hesychios steht Sä* 
koVf Cv^ov. Dieses C^log zeigt die Unmöglichkeit der ab- 
leitung von C^kog aus isakog, C^kog. Es kommt von wur- 
zel ^a, wovon auch ^coö^, ^ciQog^ und bezeichnet eigentlich 
kraft, daher die heftigkeit des triebes, den eifer. Der 
name des einen sohnes des Boreas heifst inschriftlich Zd- 
zag, bei Pindar wohl unrichtig Zijrag. Wir können auch 
diesen namen besser von unserm ^a erklären (der starke, 
heftige) als durch vergleichung von ^i;r€Zi/. Curtius (552), 
der die dorische form nicht unbeachtet lassen durfte, sieht 
in Cf] ^^^ sanskritwz. ja, wozu sich ^ijTia) verhalte, wie 
(dfjiq>ia)ßf]T6w zu wurzel ßa^ was richtiger heifsen würde, 
€8 liege ein f??ri?$ zu gründe, was sehr wohl von der wur- 
zel ^a stammen und eigentlich cupidus, avidus heifsen 
könnte. Wollte Curtius ein dem skr. ja entsprechendes ^rj 
annehmen, so lag es sehr nahe hiervon auch Cv^og abzu- 
leiten. Wenn er das hesychische (^aisrai (wie er statt ^is- 
Tai liest) CxiTBixai von einer wurzel L,a ableitet, so übersieht 
er, dafs nach der dorischen form a, nicht € stammhaft ist. 
Statt ^ietai ist wohl ^rjevai zu lesen. Wenn man fArjgvs- 
ij&av mit kgvsiv hat verbinden wollen, so spricht dagegen 
aufser dem , was schon Curtius 524 anführt, auch die do- 
rische form fiaQvea&ai im volksliede bei PoUux X, 125. 
Curtius (221) will nrjöäv von nidrjj nadäv nicht trennen, 
weil dieses doch mit ntjdov Tttjädhov zusammengehöre (eine 
begründung, die uns wunderlich scheint), und er meint, 
die stärkere form entspreche der energischem bedeutung. 
Dagegen ^ aber dürfte doch das dorische naddv bei Sophron 
und Aristophanes einspruch einlegen. Auch bei andern 
Wörtern, wie bei arjfAa und tf]Tda&ai^ hätte man die do- 
rische form mit a wohl beachten sollen, vor allem aber 
bei dem schwierigen dt^kog^ worüber man sich noch immer 
in grofsem irrthume befindet. 

Schon als gymnasiast ärgerte ich mich über die be- 



282 D&ntzer 

merkung von Benjamin Weiske zu Xen. Mem. II, 3, 11*. 
Scilicet ex mea opinione ro äi] (sive des ex antiqua scri- 
ptura) fuit adverbium, quod significavit clare, aperte, 
distincte, unde dijkog {olim öiskog) et coniugata. Simi- 
liter a ^iu) dedueunt Cv^og. Buttmanns Lexilogus läfst 
SijXog aus iStjkog entstehen. Auch die neueste zeit brachte 
ober das wort nichts haltbares oder klar entscheidendes. 
Bei Curtius lesen wir jetzt (213): j^Jid-lag Sijkagy SiaXov 
(pavegov, äeskov dfikov, Sdskov didötikov (Hesych.) gehen 
theils auf öif^ theils auf ein verstärktes daiv (skr. dev) 
glänzen zurück und lassen keinen zweifei über den Ur- 
sprung von dijkog übrig.'* Aber wie stimmen zu dieser 
annähme die dorischen formen zläkog^ Jdkiog? oder sollen 
wir etwa annehmen, das lange a sei nur der insel zuge- 
kommen, das adjectivum habe auch im dorismus öijkog ge* 
lautet? Aber man glaubt den beweis in der band zu ha- 
ben, dafs Sijkog wirklich aus öiekog hervorgegajQgen sei. 
Lesen wir ja bei Homer K^ 465 ff. von Odysseus, der die 
dem getödteten Dolon abgenommenen waffen der Athene 
weiht: 

Kai dno ^&ev vxpoa ddgag 
&ijxsv dvd fivQixYiv Seekov S' hnl arj^Ad r Hdijxsv, 
Gv^fidQipag dovaxag fivgixtjg r igi&tjksag o£ot;g, 
/MiJ kdö-oi avTig iovTS &orjv 8id vvxra fjikkatvav. 
Hier, meint man, ist doch diskov oflPenbar so viel wie ^a- 
vBQov. Da fällt es aber doch zunächst auf, dafs wir £) 2 
lesen: 

Jcjxs fiivog xai &dgaog^ i'v exdfjkog fierd näoiV} 
denn wie kommt es, dafs nicht an beiden stellen die me- 
trisch passende aufgelöste form steht? Und wie kommt es^ 
dafs wir K^ 466 nicht xal ai^fta dgicfgaSig äkk' kni&rixBv 
lesen? vgl. ^, 73. Der umstand, dafs wir es hier mit dem 
dichter der Doloneia zu thun haben, dürfte kaum zur er- 
klärung hinreichen, da dieselbe schwerlich später als die 
Odyssee ist. Sehen wir uns aber die stelle genauer an, 
so erwarten wir nicht sowohl ein nichts bezeichnendes bei- 
wort zu arifia als die angäbe dessen, wa^ als zeichen darauf 
gelegt wird. Ein zeichen machen kann man wähl 



öülkoq, 283 

sagen, aber kaum ein zeichen darauf legen, und man 
erwartete blofs nach a^fia einen accusativ ohne participium. 
Nach homerischem sprachgebrauche mufs man annehmen, 
der participialsatz av^fidgxpag — o^ot;^ enthalte eine aosfbh- 
rung, wie er dasjenige gemacht, was er darauf gelegt. Und 
wirklich bedarf es keines Scharfsinns, dem dichter hier eine 
würdigere spräche zu leihen. Jiskog heifst bQndel und 
stammt von wurzel de, Seö^ wovon auch äerrj. Wie letz- 
teres eine gebundene fackel bezeicjinet, so äeeXog ein reis- 
bündel. Führt ja Hesychios selbst ein Siekog mit der be-^ 
deutung Seöfiog an. So tritt die stelle in ihr klares licht; 
evpLiAaQtjjag — üt,ovg führt aus, wie er das bündel gemacht. 
Es versteht sich ganz von selbst, dafs mit der homerischen 
stelle auch des Hesychios glosse Sielov ÖTJkov wegfallt, da 
diese offenbar nur auf die homerische stelle sich bezieht. 
Was bleibt nun von den aufstellungen von Curtius übrig? 
Nur solche formen, die im besten falle nicht für die her- 
leitung von Sijkogy 8älog zeugnifs geben können. Freilich 
lassen sich die mit dvak anlautenden formen auf wurzel Sif 
zurückführen; äiaXog, wovon Siäkag^ ist SißciXog^ glän- 
zend, hell, deutlich. Dagegen kann Sdslog nicht auf 
wurzel daiv bezogen werden, sondern stellt sich eher zu 
Sof brennen, wie Saßekog Sakog, Saßet xaväy. Jeden- 
falls haben däXog^ drjkog nichts damit zu thun, da sie un- 
verkennbar auf wurzel Sa kennen führen, die in Saijvai, 
SiSae u. s. w., Sar^fKuv^ verstärkt in SeSiSa^a, SiSdaxetv vor- 
liegt, wovon sogar SiSdaxalog gebildet worden. Demnach 
ist Sdkog, S^kog unzweifelhaft kenntlich, deutlich. Ha- 
ben wir Seekog deutlich auf sichere weise weggeschafR;, 
so zerfällt von selbst die weitere behauptung von Curtius, 
evSeiekog sei trotz Buttmanns und trotz meiner deutung 
nichts weiter als evSrjkog; denn von Sdkog, Sijkog führt kein 
pfad zu evSeiekog. Aber von dieser deutung hätte auch 
schon die einfache beobachtung abhalten sollen, dafs von 
adiektivis nicht ohne weiteres neue adiektiva durch ein vor- 
gesetztes ev gebildet werden können. Nur die verbalia und 
die participia werden mit ev verbunden, wie evnfjxrog^ iv^e- 
(JTog^ kvxriuevog, evi/aierdwv; denn stsitt ivTtkeijjv ist (»,467 



284 DUntzer 

hvmUiriv die richtige durch |, 113. (>, 300. X't 3 geschützte 
lesart. Anders ist es mit 5vq und dem a privativum. Ei- 
nen gegründeten einwand gegen meine auf ein von selbst 
sich ergebendes wirkliches homerisches wort sich stützende 
deutung erkenne ich nicht. 

Auch in andern fällen sehen wir Curtius von der gründ- 
lichen und besonnenen weise, womit er seine Untersuchun- 
gen gewöhnlich führt, in auffallendster weise abweichen. 
Einen fall dieser art machte ich hier hervorheben. Gegen 
die herleitung des schliefsenden ^fiwgog in lofitaQoq^ äy^^ai- 
^a)()ogy vXaxofACDoog^ aivdf.icD()og von wurzel fie(} hatte ich 
das in diesem falle unerklärliche u) angeführt* Curtius 
glaubt (296) diesen einwand widerlegt zu haben durch die 
berufung auf valaiTiwQog, das von wz. neg komme, wozu 
er raXanÜQiog anführt, auf (fdg und dtafia. Das erste bei- 
spiel würde passen, wenn es richtig wäre. Aber ich gestehe 
nicht zu begreifen, wie man bei raXainuigog an wurzel neg 
denken kann, da der zweite theil des wertes nothwendig 
ein Substantiv enthält. Ein nicht mehr nachweisbares ma^ 
könnte zu gründe liegen, das von dem wirklich angeführt 
ten, von Antimachos gebrauchten mdoog abgeleitet wäre, 
wie nivvtri von nivvrog. Aber eine ableitung dieses nw- 
gog^ wie auch des verwandten 7tf]o6g^ von wurzel neg^ Tuxg 
durchstechen möchte ich kaum annehmen, eher von einer 
wurzel na , die als urform von naj: (vgl. naisiVy nof-iuv^ 
pavire) vorauszusetzen wäre. Dafs vor volleren endun- 
gen ein a oder £ zu o} verstärkt werden kann, ist mir wohl 
bekannt und mehrfach von mir selbst hervorgehoben wor* 
den. Dahin gehören ßon-fiogy &ü'Xog, xoinri^ kdcoÖijy wo die 
Wurzel reduplicirt wird; auch die ohne suf&x gebildeten 
Wörter, wie 'AXanp^nagaßliayf}^ haben eine solche Verlängerung; 
dafs aber je vor der endung og eines aktiven compositums 
ein £ oder a in io übergehe, man je statt "Xoyog^ -Tiogog^ 
-(pogog u. ä. die formen mit ut als zweiten theil von com* 
positis dieser art habe brauchen können, dafür erwarte 
ich von Curtius den beweis. So lange bis dieser geliefert 
ist, behaupte ich, dafs von wz. ^£(; nur lojuiogog, kyyBoiixO" 
gog gebildet . werden konnte. In "fAcugog stand aber eben 



S^jXoq. 285 

die länge so fest, dafs Homer, um iofiojgog in den vers 
zu bringen, das t> von log kürzen mufste. Was i-yx^Giuia- 
QOQ bezeichnet, drückt ein homerischer dichter anderwärts 
durch die Umschreibung aus fjefiaatg doextyGiv /ÄeUrjatv 
&(0Qf]xaQ prj^Biv Sf]iu)v dfucpl aTi]&saai'V (B, 543). Eine 
blos epische Verlängerung des o anzunehmen, hindert schon 
das prosaische aivafiiogog, Dafs Curtius mit meinen er- 
klärungen leicht fertig wird, ist mir längst bekannt. Schade, 
dafs er dabei meine gründe nicht erwägt, und mir dinge 
vorwirft, die er sich selbst gestattet. So wagt er zu be- 
haupten (192), meiner deutung von arsvfiai fehle jeder 
boden, da stu im sanskrit nicht sprechen, sondern lob- 
preisen (vielmehr loben) bedeute. Als ob dieses das 
einzige beispiel wäre, wo das sanskrit nicht mehr die ur- 
sprüngliche allgemeinere bedeutung, sondern eine abgelei- 
tete hat! Er selbst nimmt gleich auf der folgenden seite 
an, skr. stan, sonare, gemere sei nicht blofs dieselbe 
Wurzel, die wir in arivaiv finden, sondern auch atsivsadai^ 
enge werden, arsvog gehören ihm dazu. Wenn man 
nun nach seiner eigenen äufserung (107) den seufzer als 
ausdruck des geprefsten sorgenvollen herzens von der Vor- 
stellung drängender fülle abgeleitet hat, so hat doch hier 
das sanskrit offenbar blofs die abgeleitete bedeutung, wäh- 
rend das griechische auch die ursprüngliche erhalten hat, 
wousLch {reilich CurtiuQ aTeiv6Gx9-at enge werden vor ari" 
vetv seufzen setzen mufste. Ich dächte doch, was Cur- 
tius sich erlaubt, durfte er in einem andern falle nicht ge- 
gen mich anführen; denn dafs arevrai die von mir ange- 
föhrte bedeutung hat, bezeugt Homer, und das ist die 
hauptsache, unwidersprechlich. Ich gestehe, dafs ich im- 
mer gern von Curtius gelernt habe, dessen gründliche beson- 
nenheit ich im allgemeinen sehr hoch schätze; wenn er 
aber sich gegen meine belehrung sträubt und ihr gegen- 
über an seiner einmal ausgesprochenen ansieht sich festklam- 
mert, so ist dies seine Sache. Mein recht zu schützen 
halte ich der guten sache wegen für pflicht. 

Köln, 23. decbr. 1866. Heinrich Düntzer. 



286 SaveUberg 

Etymologische mittheilungen. 

Evr^vogj tjviov, ävvi. 
Indem wir die trefflichen erklärungen, welche hr. prof. 
Benfey in seiner Zeitschrift „Orient und Occident* I, 193 
bis 196 von ini^t^i], anrivrig, -iq, TiQoarjvi^g, ^ig, 7iQ7]viig, -ig 
und prönus gegeben hat, durch einige beachtenswerthe 
nachtrage vollständig zu bestätigen gedenken, müssen wir 
vorerst kurz mittheilen, wie jene deutungen gewonnen wur- 
den. Ais grundlage diente das sanskritwort änä-s, wel- 
ches Benfey in der hierher gehörenden bedeutung „mund^ 
nur an einer einzigen stelle Rigv. I, 52, 15 fand. Dort er- 
klärte schon der scholiast änä-s, indem er es mit äna- 
na-m „mund, gesichf^ verglich und etymologisch richtig 
deutete: „mund oder nase als organ des athmens'^ (von 
der WZ. an „athmen^). Von den zwei schwankenden auf* 
fassungen hält nun Benfey die erste „mund^ fQr die rich- 
tige, nur findet er der in demselben hymnus öfter erwähn- 
ten mythe gemäfs, nach welcher Indra bald den donner 
auf beide kinnbacken des Vritra schleudert, bald sein haupt 
spaltet, die erweiterte bedeutung „gesicht", wie sie bei 
änana-m vorliegt, so auch für äna-s an der genannten 
stelle Rigv. I, 52, 15 nöthig, wie denn auch schon Rosen 
hier äna-s mit „facies^ übersetzt hat. Im griechischen 
sodann hat Benfey zuerst das entsprechende wort ^i/o-g in 
mehreren Zusammensetzungen wirklich entdeckt, nämlich 
zunächst in vmjvi] „hart", das eigentlich „unter oder am 
munde'^ bedeutet, wo also das zu gründe liegende fjvo-g 
noch mit der altern etymologischen bedeutung „mund^ ent- 
halten ist (von WZ. av „wehen", woher auch ävsfiog und 
lat. animus), femer die neutralform ijvog mit der bedeu- 
tung „gesiebt^ in den adjectiven anrjvrjg „das gesiebt ab- 
wendend, unfreundlich*, ngoar^vrig „das gesiebt zuwendend, 
freundlich, miW und ngfjvrjg „das gesiebt vorwärts nei- 
gend **, dann (wie praeceps) „kopfüber, abschüssig" von 
nQo und 171/og, welches letztgenannte auch im lateinischen 
prönus für pro-onus besteht*). 

*) Schon früher hatte A. Goebel „Homerica oder etym. nntersuchnngen 



etymologische mittheilungen. 287 

Zu den wenigen fbr vn^vti aus classiscbon Schriftstel- 
lern beigebrachten citaten fügen wir jetzt eines von Ari- 
stoteles bist. an. III c. 11 hinzu: n^Qi 8k t6 yivsiov roig fAhv 
[sc. ^ftioic;] avfißaivBi xal rrjv vTfijv^v xal t6 yivBtov Saav 
ix^iv, xoiq Si raxfxa fikv Xsla, rag aiayovag 8i SacBiag, wo 
vmjvrj^ weil verschieden von yivBvov „kinn^ und „kinnbart* 
(wie Aeschyl. fr. 27 Savlog S' VTiijptjg xal yevsidSog mn% 
firjv ebenfalls vmqvr} verschieden von ysveidg ist), den ,,bart 
um den mund'^ bezeichnet, während bei Aristophanes Lys. 
1073 vni]vri nach dem scholiasten dasselbe wie nwycov (oder 
ysvBidg) „kinnbart" ist und so auch Vesp. 477. 

Von den obengenannten w5rtem kommen noch einige 
mit dem altern langen a vor, sowohl attisch ngavrig bei 
Xenophon und Theophrast, als dor. ngoaavi^g bei Pindar 
Pyth. III, 52. X, 64 und nor-avijg von IQeobulos bei Diog. 
L. 1, d3. Dafs das thema avo oder rjvo in Zusammensetzun- 
gen zum neutr. avsg oder r^veg wird, ist eine erscheinung, 
die eine menge analogien im griechischen hat und einige 
auch im sanskrit, wie Benfey nachgewiesen hat. Doch 
auch vom ursprünglichen thema avo oder tjvo, auf welchem 
{mTjvij beruht und welches dem sanskritthema äna völlig 
entspricht, haben sich noch mehrere regelrechte composita 
erhalten: 1) ngavov ro xarcocpegig^ ngavig (kopfttber, ab- 
schüssig) bei Hesychios, also ngavo-g so genau als mög- 
lich mit prönu-s übereinstimmend aus ngo und avo\ dazu 
hat Hesychios noch das abgeleitete verbum ingdvcüae • xar- 
ißaXsv aufbewahrt und Leonidas von Tarent gegen 270 
V. Chr. das compositum xaraTtQtjvoa) gebildet Anthol. VII, 
652. 2) der Superlativ ngoarjvoTaTog in einer inschrift der 
Taurischen Chersonnes C. I. Gr. 11, 1004 n. 2113. c. 8: 
näai ndgog ^oicov '^g a[v] ngoarjvoratog. 



über YTZ.'AN^ Münster 1861, s. 18. 19 die in rede stehenden "Wörter scharf- 
sinnig auf die W2. *AN zurückgeführt, hatte aber aus deren bedeutung « we- 
hen" kühn noch weiter gefolgert 2) brennen, 8) strahlen, glänzen, und end- 
lich 4) sehen, um anvivriq »wegblickend", nqnafiv^q »anblickend", vQ-ip^riq 
» vorwärtsblickend ^, und vntivri hart „als das untergesichtige" zu erklären. 
Anstatt dieser glänzenden divination nun hat Benfey an dem wirklich in den 
veden aufgefundenen nominalstamm Sna «mund" von an »athmen" einen 
sichern boden gewonnen. 



288 Savelsberg 

und 3) der schon bei Homer öfter erscheinende name Evfj' 
vog „schöngesicht*. 

Nunmehr können wir an das thema i]vo und seine 
dem Worte vtttjpi] noch zu gründe liegende bedeutung „mund^ 
zwanglos und passend das bis jetzt vereinsamte rjvlov „zäum, 
zögel", eigentlich „mundstück* anschliefsen, so dafs wir 
nicht mehr nöthig haben, letzteres mit einer sanskritwurzel 
jam „bändigen" (Benfey griech. wz. lex. II, 202), die zwar 
lautlich im Wechsel von j zum hauch und von m zu n die 
vergleichung vertrüge, aber sonst mit dem ihr im griechi- 
schen allein gegenübergestellten worte ijviov (G. Curtius 
grundz. II, 122) durch nichts vermittelt würde. Formell 
gibt es nichts passenderes, als eine so deutliche deminutiv- 
form, wie rivlov ist, besonders da der hauch ohne zweifei 
nachträglich eingedrungen ist, auf das jetzt sicher ermit- 
telte thema r]vo zurückzufahren. Auch fehlt es wirklich 
nicht an einer alten form mit Spiritus lenis, denn dieser 
ist geblieben in dem homerischen namen von Hektor's wa- 
genlenker \Hvio7ievg II. 0, 120, den auch schol. Ven. rich- 
tig naga rag fjviag herleitet und in einer altlakonischen 
inschrift bei Leake Travels in the Morea vol. HI, n. 71, wo 
H als hauchzeichen wiederholt vorkommt, tritt ohne sol- 
ches auf: JlSlOXIOlS (i. e. avioxi(jov Ahrens d. Dor. p. 38). 
Wir können also rjviov gegenüber dessen vorauszusetzendem 
nominalstamm 7]vo unbedenklich den zahlreichen beispielen 
des den vocalischen anlaut verstärkenden hauches beizählen, 
welche G. Curtius grundz. II, 256 — 258 behandelt, wie 
TjyiofAai von äyta^ rjuiga von r^^ag^ %(ag neben ep. 77 wg, fiXiog 
neben avr-riXiog^ eiico neben «vw, ävvoü attisch (Moeris 
p. 179 s. V. rjvvaa) neben ccvvm. Und was die begriffliche 
ableitung von r^vo „mund" betrifft, die schon von vorn 
herein ganz angemessen erscheint, so wird diese durch die 
erklärung des Pollux I, 148: ro d' slg ro axopia kußaXXo^ 
fjLBvov x^^^^og, ov t6 fjihv fASCov tjviov^ dafs es der mittlere 
theil des zaumes, dessen mundstück sei, bestätigt und 
vollends durch die analogie des gleichbedeutenden aro^iovy 
sowie des von os „mund'^ abgeleiteten altlateinischen orea 
bei Festus ed. C. O. Müller p. 182: »Oreae freni, quod 



etymologische mitÜieilaiigeD. 389 

ori inferuntiir^ mit vier Tordassischen bet^ideii, wonmter 
aus Cato orig. L III: ^eqaos respondit: oreas mihi inde, 
tibi cape flagellam^ und aus Coelias iioreaa detraho*^. 
Schliefslich bemerken wir, dafs vom nentnun gewöhnlicb 
mir der pland und zwar schon bei Homer t« i^Wa, sonst 
noch fi Tivia^ dorisch ävia bei Pindar und w-avui^ bei 
Hesychios sich findet 

Zu derselben verbalwnnsel ist nun auch die priposi- 
tion at/-7f, skr. an-ti, lat. an-te, deutsch ant- und ent- 
^angesichts, gegenüber, yor'^ zurückzufi&hren, da f&r diese 
etymologie die jetzt b^andelte wort^ruppe mit der ge- 
meinsam zu gründe liegenden bedeutung ^gesicht*^ einen 
deutlichen, sichern anhält bietet, welcher der vergleichung 
mit einem demonstrativstamm ana, der wieder in a und 
na zerlegt wird (Bopp vgl. gramm. 11% 172 §. 369), fehlt, 
Ueforigens ist avxl gebildet wie skr. a-ti (praepos.) ndar- 
über hinaus*^, i-ti (adv.) ,,so^ (Bopp vergL gramm. 111% 
500), wozu Zeyfs in dieser zeitschr. XIV, 425 noch lat. 
i-ti-dem, i-den-ti-dem*) und u-ti (das später ut 
ward) hinzufügt, und hat die grdfste analogie mit 9i(ßo^ti 
skr. pra-ti, da auch diese pr&position nebst 7i(f6 skr. pra 
u. s. w. von der verbal wurzel par im sanskrit „hinüber- 
f&hren^**), wie an-ti von der wz. an abgeleitet ist. 



*) Dem in diesen beiden wortem zusammengefletsten adv. i-ti steht als 
Simplex i-ta gegenüber, wie unserer praepos. av^tl eine nebenform aj«-Ta. 
Letztere mit Goebel wz,'jiN s. 21 fttr den acc. sing, eines nomtnaltheoMui 
av-T anzunehmen, wie av-%fiv allerdings acc. sing. fem. ist, scheint mir sehr 
bedenklich, da ein sufBx t zu einer consonantisch endigenden wurzel im 
griechischen sonst fehlt, auch in nafr» wo gewifs rt zum sniBx gehört (Gor- 
tius grundz. II, 54), im lateinischen aber mor-t (nom. mor-s) und men-t (non. 
meuHB) wahrscheinlich ein stammhaftes i verloren haben aus mor-ti men-tl 
(Bopp vergl. gramm. III, §. 844). Vielmehr ist ar^ta ursprünglicher aec. pL 
nentr., eine nicht weniger hftufige adverbialbüdung, als rat^K^v acc sing, 
fem., von av~Tfi angesicht, ähnlich wie ttqvß^öa und xqvß^riy (Curtius 
grundz. II, 215). Demnach können wir faavva oder clVraKra nur für ein 
compositum halten, welches in eine reihe gehört mit afa»*!« udrarfa ffcs- 
Qavta 11. V^ 116 und fi'avra. Uebrigens freut es mich, in der ableitung 
der praepos. dvxi von wz. u4N mit Goebel, wie ich erst später gesehen habe, 
zusammengetroflfen zu sein, und wundere mich, dafs Curtius statt derselben 
eine wz. ant aufstellt, wozu doch etwa äv-ro^cu ebenso wenig nSthigt wie 
^ig/AtTO zu ^tQfi anstatt ^tQ (in ^/(poO* 

**) Worin wir Böhtlingk und Roth saaskrit-wtb. IV, 4SI beipflichten. 

Aachen, m&rz 1866. J. Savelsberg. 

Zeitschr. f. v^ß. sprachf. XYI, 4. 19 



290 Ooissen 

Gnmdrift der Uteinisehen d«(toatioii, von Franz Bttobeler. Leipzig 
1866. 

Untersocht man zuerst den grund, auf dem der vor« 
stehende grondrifs der lateinisoben declination beruht, so 
ist sBunftohst anzuerkennen, dafs der verf. das «aterial dazu, 
das heifst die sprachlichen formen aus den -quellen schöpft, 
aus inschriften und handschriften. Er besitzt eine genaue 
kenntnifs der altlateinischen inschriften und stellt über das 
Torkommen der einzelnen casusformen in denselben zu ver- 
schiedenen zelten sorgsame chronologische Untersuchungen 
an nach dem muster der grundlegenden und bahnbrechenden 
forsdhnngen von Ritschi auf diesem gebiete. Bisweilen sind 
jene Untersuchungen freilich zu scharf zugespitzt, und was 
in die aufgestellte chronologische bestimmung einer casus* 
form nic^t passen wUl, wird gelegentlich als curiosum, als 
irrthum des graveurs, als Sprechweise der „plebejer^ be. 
zrichnet. Wenn der verf. f&r die altlateinischen casusfor- 
men vielBaoh auf' den index grammaticus von Huebner zum 
ersten bände des Corpus inscriptionum Latinarum ver- 
weist, so darf man bei benutzung desselben nicht aufser 
acht lassen, dafs in demselben nur die von den gewöhnli- 
chen formen des classischen lateins abweichenden formen 
au%eflQhrt, hingegen die mit denselben übereinstimmenden 
we^elassen sind. Wer also nach diesem index die altla- 
teinische declination beurt heilen wollte,, würde eine irrige 
Vorstellung von derselben gewinnen« Die spätlateinischen 
inschriften sind nur gelegentlich zu rathe gezogen. Hätte 
der verf« die datierten spätlat. christl. inschriften der Stadt 
Rom von de Rossi und die sorgfältigen Sammlungen in 
Schnchardts vokalismus des Vulgärlateins ausgenutzt, so 
hätte er eine dankenswerthe darstelluug der verkrfippelung 
und des absterbens der lateinischen declination geben kön- 
nen, die der schrift mangelt. In bezug auf die handschrif- 
ten tritt der verf. dem richtigen grundsatz bei, dals diesel* 
ben ftlr die feststellung grammatischer formen nur von se- 
cundärer bedeutung seien, und vorwiegend da beachtung 
verdienten, wo sie die ergebnisse der inschrift;en bestätigen. 
In diesem sinne bringt er aus handschriften sehr schät- 
zenswerthe beitrage flir altlateinische casusformen. Die 



aaseigen. 291 

metrik der altlateinischen dichter ist ein von dem verf. 
schon früher angebautes feld. Er tritt auf diesem gebiete 
mehrfach den neuerdings zur geltung gebrachten principien 
bei, namentlieh dafs die sogenannten licensen der altlatei- 
nischen dichter in eigenthflmlichkeiten der alten volk»* 
Sprache ihren grund haben, dafs die sogenannte positions- 
lange darin ihren grund hat, weil auch consonanten bei der 
ausspräche zeit erfordern und die Zeitdauer derselben zu 
der Zeitdauer des vorhergehenden kurzen vokals hinzuUitt» 
so dafs die ganze silbe die metrische goltung einer Unge 
erhält. Auch aus metrischen Untersuchungen bringt der 
▼erf. manchen dankenswerthen beitrag f&r die quantität und 
idso fbr die geschichte der lateinischen casussuffixe. Hin- 
gegen läfst er sich durch seine subjectiven ansichten Ober 
den saturniscben vers, die ich so lange für hypothesen 
halten mufs, bis Ritschi den viel gewünschten aber immer 
noch nicht gegebenen beweis von der richtigkeit seiner 
theorie des satumischen verses geführt haben wird, zu be- 
hauptungon über Verstümmelungen von casussuffixen in der 
ausspräche verleiten, die unhaltbar, zum theil sprachlieh un- 
denkbar sind. Weiter unten werden einige beispiele der- 
selben zur spräche kommen. 

Was nun die erklärung der lateinischen oa- 
ausformen anbelangt, die ja die hauptaufgabe f&reine 
darstellung der lateinischen declination ist, so ist anzu- 
erkennen, dafs der verf. gebrochen hat mit jener alten phi- 
lologie, welche der Sprachvergleichung aus unkenntnifs, 
bequemlichkeit, gelehrtem hochmuth oder besorgnifs vor 
Umsturz des hergebrachten grammatischen Schematismus 
und formalismus so lange äuge und ohr verschlossen hat* 
Der verf. benutzt also die hauptergebnisse der vergleichen- 
den Sprachforschung, so weit ihm dieselben in Schleichers 
Compendium der vergleichenden grammatik zur band wa- 
ren, das man ja jedem philologen als fährer auf diesem 
gebiete angelegentlichst empfehlen kann. Aber von vielen 
Specialuntersuchungen und deren ergebnissen auf diesem 
felde hat B. keine kenntnifs. Statt sich um diese zu küm- 
mern, sie sorgsam zu benutzen oder sie zu widerlegen^ 

19* 



292 Conum 

wenn ihm stichhaltige grAnde zu geböte stehen, stellt er 
vielfach grandlose und irrige behauptungen , vorschnelle 
und haltlose yermuthnngen über lateinische casosformen 
auf, nicht selten in eiaeni ton, als sei er der erste, der von 
densdben eine erklArung g&be, und als sei mit dieser die 
Sache entschieden. Man kann nicht umhin dieses verfah- 
ren der unkenntnifs jener Untersuchungen und ihrer ergeb* 
nisse zuzuschrieben. Man kann doch nicht annehmen, dafs 
der v^rf« dieselben gekannt und absichtlich nicht hat be- 
nutzen wollen. Man kann doch einem gelehrten, in dessen 
arbeiten man sonst das streben nach erforschung der Wahr- 
heit, und eine scharfe auffassnng wahrnimmt, nicht eine 
so dünkelhafte Verblendung zutrauen, dafs er sich einbil- 
dete, f&r ihn seien eingehende specialforschnngen seiner 
vorgfinger und mitforscher ganz entbehrlich, durch blolse 
behauptungen von ihm ohne gegengründe und Widerlegun- 
gen würden deren beweifsf&hrungen von selbst weggeblasen 
werden wie die mauern von Jericho durch den posaunen- 
schall der kbder Israel. Ich werde f&r das ausgespro- 
chene urtheil nun eine ganze reibe von belegen beibringen. 

Die vom verf. ohne bedenken hingestellte behauptung 
so-br-inu-s sei entstanden aus *sorr*inu-s (s. 7) ist 
ein starker irrthum, da im lateinischen so wenig wie in 
irgend einer der verwandten sprachen sich rr jemals zu 
br dissimilieren konnte. Ich verweise dem gegenüber auf 
meinen nachweis, dafs das -so-br- in jener Wortbildung 
entstanden ist aus -soror-bri- einer bildung wie mulie- 
-bri- ftkr mulier-bri- (krit. naehtr. s. 191 f.). 

Ueber die entstehung der e-declination ist B. 
ganz im unklaren geblieben, weil er von den ergebnissen 
der neueren Untersuchungen über dieselbe keine kenntni& 
hat. Es ist längst nachgewiesen^ dafs die abstracten sub- 
stantiva der e-declination, deren stamm auf ie- ausgeht, und 
den^i formen derselben Wörter auf ia- zur sette stehen wie 
amioit-ie-s, avarit-ie-s, effig-ie-s, pauper-ie-s 
neben amicit-ia, avarit-ia, effig-ia, pauper-i«, 
durch die im lateinischen häufige assimilatimi von ia zu 
ie aus der a-declination in die e-declinatton übergetreten 



siDd, und dann nach der analogie von dies, spes, ple- 
bes, fames u.a. das nominativseichen s an den stamm 
f&gten (Bopp, vergl. gramm. I, 147 f. 2. Ä. umbr. sprachd. 
A« K. 1, 31 anm« 2). Statt sich von dieser erklärung kennt- 
nils SU verschaffen, wirft der verf. die flOditige und irrige 
behauptung hin, die meisten jener stamme auf -ie wür-. 
den in die a-declination umgesetst (s. 25). Der ausdruck 
^yumgesetzt^ verhUllt hier die haltlose annähme, da(s ie zu 
ia geworden sei. Andererseits sind ursprünglich auf -es 
auslautende stamme durch schwinden des s in den casus 
obliqui in cEe e*declination übergetreten, wie in die i-de- 
GÜaation (Bopp, a. 0..282. Ref. krit. beitr. s. 466 f.). So war 
di-es- ein auf -es auslautender stamm entsprechend skr. 
diT-as- wie Dies-piter, ho-dier-nu-s neben in- 
ter-dius, per-dius, diur-nu-s unzweifdhaft erweisen 
(Ref. ausspr.11,295. 476). Statt von diesen thatsachen 
kenntnifs zu nehmen, bringt B. den alten irrthum wieder 
vor, daCs in Dies-piter des dies- genitiv sei (s, 30); 
dafs spes^ ursprünglich ein aufs auslautender stamm war, 
zagt der Übergang desselben in r in den formen sper-es^ 
sper-ibus, sper-are, pro-sper. Statt dessen wird 
behauptet ein stamm spe- sd durch r erweitert (s. 40). 
Für ein solches nominalstämme erweiterndes r im lateini- 
schen fehlt jeder anhält. Dafs plebes und fames nicht 
aus der i-dedination in die e-declination, wie B. aufstellt, 
sondern umgekehrt aus dieser in jene übergetreten sind, 
ergiebt sich daraus, dafs famei plebei die alten foi> 
men des genitiv singularis derselben sind, famis plebis 
die jüngeren. Hätte B. die Sammlungen von Schucbardt 
sos'gsam benutzt, so würde er gefunden haben, da(s 
das stammhafte e der e-declination in der spätlateinischen 
Volkssprache vielfach in i Übergeht (vok. d. vulg&rlat* I? 
249f.)* Ritschi hat die behauptung aufgestellt, das adjec- 
tivsuifix -ari sei aus -ario entstanden, und dieses die äl- 
tere bildung. Ich habe dagegen gestützt auf eine menge 
sprachlicher thatsachen den nachweis gef&hrt, dafs zahl- 
reiche adjectiva auf -ari schon in der ältesten zeit der 
spräche, von der wir nachricht haben, neben denen auf 



291 Consen - 

-ario hergehen, dafs erst in der kaiserzeit die überströ- 
mende fälle der letzteren hervortritt, dafs die sufiBxform 
•ario in manchen ftUen aus -ari durch -io erweitert, in 
anderen aus -asio entstanden, in wieder anderen aus -aro 
abgeschw&cht ist wie -ali aus -alo, dafs endlich das lange 
a in diesen adjectivformen daher stammt, weil denselben 
ursprünglich verba der a-conjugation zu gründe lagen 
(krit. beitr. 331—339). Wenn B. nach dieser beweilsföh- 
rung die obige behauptung von Ritschi einfach wiederholt, 
so wird dieselbe dadurch, dafs er sie ausspricht, natürlich 
nicht zur Wahrheit, sondern bleibt, was sie war, ein irrthum. 
Oanz ebenso steht es mit der behauptung, alis, alid sei 
aus alius, aliud entstanden (Ref. krit. beitr. 298). In 
i-pse soll das i verkürzt sein (s. 13); aber der pronomi- 
nalstamm i war ja kurz und ist nur in manchen casusfor- 
men zu ei, €, I gesteigert. Die nominativformen iste ipse 
sollen nicht aus istus ipsus entstanden sein, da eumpse 
eapse zeigten, dafs bald das erste bald das zweite glied 
dieser zusammengesetzten pronominalformen flectiert sei. 
Aber es sind doch nicht die beiden glieder unflectiert ge- 
wesen. Es kann doch unmöglich von vorn herein eine 
nominativform gegeben haben, die aus zwei oder drei 
(i-p-se) unflectierten zum theil geschwächten und ver- 
stümmelten pronominalstämmen bestand und nie ein nomi- 
nativsuffix hatte. Oder soll es etwa eine form *ispse ge- 
geben haben als nominativ zu ipsius ipsum u. a., die den 
endbestand theil der composition flectieren? Also sind ipse, 
iste ebenso gewifs durch abtall des nominativsuf&xes s 
und Schwächung des u (o) im auslaut zu e aus ipsus 
istus entstanden wie ille aus ollus wie die vocativfor- 
men Marce, hone aus den nominativformen Marcus, 
bonus (Ref. ausspr. I, 267 f.). Unhaltbar ist die aufstel- 
lung, quod sei bei Plautus so ausgesprochen, dafs d gar 
nicht gelautet, o aber mit dem vokalischen anlaut des fol- 
genden Wortes zusammengeflossen sei (s. 14). Da das 
auslautende d des nom. acc. sing, von pronominalformen 
niemals in der altlateinischen schrifl fehlt, so mufs es 
auch immer gelautet haben, wie das ja zahllose dichter- 



anzeigen. 295 

stellen besUUigeD. Ein zusammenfliefseB von vokiden 
fiber eiDen consonantischen laut hinweg ist aber eine un- 
mdglidbkeit. Die metrischen stellen, aus denen B. zu dieser 
bebauptung gelangt, sind alle einer anderen metrischen er* 
klärimg fähig. 

Im nom. plur. sollen lateinische a- und e-stftmme nicht 
das Suffix -as angesetzt haben, das allgemeine suffix die* 
ses casus in den indogermanischen sprachen, sondern blo- 
ßes 8 mit deboung des vokals. Aber in diesen feminin^i 
stammen auf -a und -e war ja das ft und € ursprönglich 
lang und die nom. plur. dies spes der ursprflnglich auf 
-es gebildeten stamme di-es-*sp*es, sind aus *di*es<-e8 
*8pes-es durch: schwinden des s und vokalverschmelzung 
entstanden^ wie aus dem oben gesagten erhellt. Man muls 
also doch urspr&ngliehes -as als das suffix ansehen in al- 
len auf s auslautenden lateinischen formen des nom* plur«, 
dessen a mit dem auslautenden a der a-stämme verschmolz, 
sich auslautenden e, o, u, i Ton stammen assimilierte und 
dann mit diesen lauten verschmolz, bei consonantischen 
stammen aber wie im griechischen sich zu -es abschwächte, 
bis diese stamme der analogie der i-stämme folgten und 
den nom. plur. wie diese auf -es, -eis, -Is bildeten. Eine 
reihe von unhaltbaren behauptungen des verf. knüpft rieb 
an die altlateinischen formen des nom. plur. matrona, 
Pisaurese (s. 16). Erstens ist hier der laut s der for- 
men matronas, Pisaureses nicht völlig verschwunden; 
er lautet vielmehr hier wie sonst im auslaut nur so schwach 
dafs er in der altlateinischen schrift bald noch durch ein 
schriftzeicfaen dargestellt wird bald nicht. War das s ein- 
mal gänzlich verklungen und lautlich abgestorben in Pi- 
saurese u. a., so hätte es in den gewöhnlichen formen wie 
Pisaurenses nicht wieder auferstehen können. Falsch ist 
ferner die aufstellung Pisaurese sei von einem conso* 
nautischen stamme Pis aureus- gebildet, da das suffix 
-ensi niemals sonst auslautendes i einbü&t« Die form 
Thermesum fQr Thermesium beweist das sicher nicht. 
Ueberaus häutig schwindet i nach vorhergehenden conso* 
nanten vor folgendem vokal. So konnten also auch von 



S86 ConBea 

i^^üminen formen 4^ gen* plar. auf -um f&r -iam ent^ 
stehen, indem sie der analogie der eonaonantisch^oi stamme 
folgten;. Aus Therm esnm folgt also nicht entfernt, dafis 
es einen oonsonantischen stamm Thermes- gegeben habe. 
Dais in der flexion lateinischer substantiva und adjeetiva 
die ganze pluralendung -es jemals geschwunden sd, mulk 
ich gänzlich in abrede stellen. Die oskische form cen- 
stnr und die umbrische frater sind nicht beweisend für 
das lateinische. Dafs noch auf dem boden der lateinischen 
apraohe quattuor aus *quattuores entstanden sei, be- 
streite ich ebenfalls, da schon das sanskrit die flexionslo- 
sen formen Katvar Katur zeigt« Die form des Zahlwor- 
tes quattuor kann überdies f&r angeblich flexionslose for- 
men lateinischer substantiva imd adjectiva nichts beweisen, 
^da ja die Zahlwörter in den indogermanischen qfxrachen 
frühzeitig verstümmelte flexionsendungen zeigen und viel- 
fach flexionslos erscheinen. Wenn der verf. femer be- 
hauptet die formen Ramnes, Tities, Luceres seien 
ausRamnenses, Titienses, Lucerenses durch abfall 
der endnng -es des nom. pL entstanden, so wirft er diese 
behauptung wieder hin, ohne eine andere bereits gegebene 
erklärung zu kennen, und ohne die mdglichkeit eiaer an- 
deren entstehung jener kürzeren wortformen sich zu vei^^ 
genw&rtigen. Ich habe, eben weil sich im lateinischen kein 
beispiel des gänzlichen Schwindens der pluralendung -es 
von i-stämmen oder consonantischen stammen findet, die 
kürzeren formen aus den längeren so erklärt, dais wie 
häufig erst n vor s^ dann s zwischen vokalen schwand, und 
diese verschmolzen, so dafs also -enses zu -eses, -e-es^ 
es wurde (krit« beitr. s. 465). Es bleibt aber noch eine 
andere möglichkeit der erklärung, dais nämlich die formen 
Ramnes, Tities, Luceres nom. plur. der o-stämme 
Ramno-, Titio-, Lucero- sind wie flexumines, ma- 
trimes, patrimes von flexumino-, matrimo-, patri- 
mo-, wie die in altlat. inschriften vorkommenden formen des 
nom. pl. auf -es von o-stämmen, und dafs von jenen o-stäm- 
men durch anf&gung des Suffixes -ensi die erweiterten 
Stämme Ramn-ensi-, Titi-ensi-,- Lucer-ensi- gebii- 



aaseigwi. W! 

det mdj zu denen die plnralformen Bamn-ens-es, Ti- 
ti*en8-e8, Lncer-ens-es gehören. Ich gebe dieser letz» 
tecen erklftmng jetzt den vorzog. Wenn also in canes, 
panes, fores, turbines bei Plautns die letzte silbe in 
der metrischen geltnng einer kürze erscheint, so folgt da- 
raas keines weges, dafs das sufBx -es -^e aufgehört habe, 
wie sich B. ausdrückt, sondern das e des Suffixes von pa- 
nes o. a. kürzte sich bis znr mittelzeitigkeit, bis zn einer 
irrationalen zwischen Iftnge und kürze liegenden tondauer. 
So konnte, da das auslautende s im altlateinischen yielfach 
zu schwach lautete, um mit consonantischem anlaut des fol- 
genden wertes Position* zu bilden, die silbe -es in den 
obigen werten zur geltung einer metrischen kürze herab- 
sinken. 

Der verf. weist flUle nach, wo im altlateinischen neu- 
trales a des nom. aco. plur. als l&nge gemessen ist (s. 19). 
Von diesen sind verberft und debilift bei Plautus nicht 
zu bemängeln. Ich habe nachgewiesen, dafs in den zahl- 
wörteni tri-gints, quadrä-ginta, quinquä-ginta 
u. 8. w* sich ein altes ursprünglich langes neutrales a er- 
halten bat, dals sich auch sonst in den indogermanischen 
spradien zeigt, dals also quadrS-ginta, entstanden aus 
quadrfi *decentä, eigentlich bedeutete „vier zehner^ (krit. 
beitr. s. 508). Ohne von dieser erklärung oder von dem 
Vorhandensein eines ursprünglich langen neutralen fi eine 
ahnung zu verrrathen, erklärt B. septuä-ginta u. a. fibr 
ablativische composita. Er zweifelt nicht daran, ohne ein 
beispiel ftr solche ablativiscbe zahlwörtercompositionen 
aus dem bereiche der indogermanischen sprachen beibrin- 
gen zu können, ohne über die bedeutang solcher wunder- 
lichen ablatiwerwendnng ein wort zu verlieren. 

Von den i-stftmmen soll -em die alte lateinische bil- 
dung des acc. sing. sein. Aber wie die a-stämme den 
acc. sing, -am, die e-stämme -em, die u-stämme -um, die 
o-st&mme -om gebildet haben, so konnte der acc. sing, der 
i-stftmme ursprünglich nur -im lauten wie im oskischen 
und skr. -i-m, im griech. "i-v und dem entsprechend in 
anderen verwandten sprachen. Die älteste form von dem 



298 GorsBen 

acc. sing, eines i-stammes, die auf einer altiateinischen in- 
schrift vorkommt, lautet denn auch -im, nämlich part-i, 
wo nur das schwach auslautende m wie so oft nicht ge- 
schrieben ist. Der ursprüngliche accusativ auf -im hat 
sich daher auch erhalten in den zahlreichen accusatiTen 
auf -ti-m von ursprünglichen Substantiven auf -ti^ wie 
par-ti-m u. a. (krit. beitr. s, 76. 281). Vor auslautendem 
m hätte ein altes e unmöglich zu i werden können, we- 
nigstens nicht im älteren und klassischen latein, da i zu 
m keine Wahlverwandtschaft hat und umgekehrt sich e so 
vielfach an die stelle des i in den auslaut oder vor die 
schwach auslautenden consonanten" drängt. Irrig ist auch 
die behauptung, dafs au-tem aus *au-tim entstanden seL 
Das -tem desselben steht vielmehr neben tam wie das 
nem- in nem-pe neben nam, vne -dem in qui-dem^ 
pri-dem neben -dam in qui-dam, quon-dam. Das 
a von tarn ist in au -tem zu e geschwächt, weil es zwei- 
tes glied einer Zusammensetzung oder enklitisch angef&gt 
war. Aus demselben gründe ist in un-decim etc. das 
e von decem vor m zu i verdünnt, wie in red-imo.ne- 
b^i emo, wie das a von nam oder das e von nem-pe 
zu i in -nim von e-nim und osk. i-nim (vergl. Ref. krit 
beitr. s. 289 f.). Mag also auch die form -es des acc. plur. 
von i«stämmen auf älteren inschriften vorkommen als die 
auf -is (s. 27), als grundform niufs man doch -i-ns an- 
nehmen wie für a-stämme -a-ns, für e^stämme -e-ns, f&r 
o-stämme -o-ns, f&r u-stämme -u-ns. Da das -ns die- 
ser casusformen durch ss zu s wurde, so mufs auch -i-ns 
erst zu -i-s geworden sein ehe es altlateinisch zu -eis 
und -es ward. 

Die alte genitivform partus soll von einem stamme 
par-t- abgeleitet sein, also nicht von par-ti- wie par- 
-ti-m, par-ti-um etc. Aber ein blofses sufBx t hat nie 
existiert sondern ist immer nur eine Verstümmelung von 
-ta, -to, oder-ti. Par-t-us ist aus *par-ti-us entstan- 
den durch schwinden des i nach vorhergehendem conso- 
nanten vor folgendem vocal gerade so wie Thermesum 
aus Thermensium. Die genitivformen isti, illi, ali 



anzeigen. W9 

in den Verbindungen isti modi, illi modi, ali rei sol- 
len ans istiuB, illius, alius durch „zusammendrängung^ 
entstanden sein (s. 40). Hingegen in neutri generis das 
neu tri nicht aus neutrius. Das ist eine rein willkfihr- 
liehe Scheidung. Die genitive auf i der vorstehenden pro- 
nomina und pronominaladjectiva sind einfach der nominal- 
declination von o-stammen gefolgt, win die genitivformen 
alterae, utrae, unae, ullae, totae ebenfalls der nomi- 
naldeklination folgten neben alterius, utrius, uniusa.a. 
Ich habe nächgewiesen, dafs in dem gen. quo-i-as und 
in dem dat. quo-i-ei der pronominalstamm quo- durch 
ein I erweitert ist, ebenso wie in e-i-us der pronominal- 
stamm i- in hu-i-us der pronominalstamm ho-, dasselbe 
locative I, durch dessen anf&gung aus quo- im nom. sing, 
masc. *quo-i und mit vocalverschmelzung qui, im nom. 
fem. aus qua-:qua-i, qua-e wurde, dafs dieses I daher 
ursprünglich lang war, in quo-l-us so sicher wie in ist- 
-l-us ips-l-us, ill-l-us u. a. und sich wie in diesen 
formen kürzte (krit. beitr. s. 544; krit. nachtr. s. 94). In 
quo-i-us, ho-i-us, e-i-us trat diese kürzuog früher 
ein, da das i hier zwischen zwei vokalen stand, während 
in ips-i-us, ill-i-us u. a. der auslautende Stammvokal 
Vor dem vokalischen suffix schwand. Und zwar wuchs in 
jenen formen ein lauttheil des langen i den vorhergehenden 
Stammvokalen o und e zu, während der andere sich zu 
dem halbvokal j verhärtete, oder anders ausgedrückt I 
kürzte und verhärtete sich zu j und es trat ersatzdehnnng 
des vorhergehenden vokals ein. So entstanden die zwei- 
silbigen formen cü-ius, hü-ius, e-ius. Als beleg flQr die 
ursprüngliche länge des i in quo-l-us habe ich den als 
regelrechten Saturnier gemessenen vers: Quofus forma vir- 
tut^i parisuma föit angefahrt. Dagegen thut der verf. den 
machtspruch, dreisilbige messung dürfe f&r quo-l-us nicht 
angenommen werden. Warum nicht, das sagt er nicht, 
läfst sich auch nicht begründen, wie ich zu behaupt^i 
wage. Und wie mifst er nun den vers? Er mifst pari- 
suma, indem er das i des wertes fßr einen blofsen kurzen 
bindevokal ausgiebt. Aber parisuma ist ja hier blofs die 



300 Corssen 

alte Schreibweise f&r parissnma, das saperlatavsoffix -is- 
-simo aber aus -is-timo f&r -ios-timo entstanden, so 
dals der bestandtheil -is ans -ios Terschmolzenes compa- 
rativsoffiz ist wie in pr-ls-cu-s, pr»ls-tlnu-s u. a. 
(Ref. krit nacbtr. s. 94 anm.)* Die so entstandene «Ibe 
is*s in parissuma also soll in jenem Satomier knrs ge- 
messen sein, und daraus soll folgen, dals man nicht or- 
sprfinglich quo-I-us sprach und ma& so gut wie ips- 
-x-us ist-i-us u. a. Dafs die Altere verskunst noch 
quo-i-us* mafs, ist ebenso wenig befremdlich, als dafs 
sie in terr&-i, €-i, fid6-i u« a« die Iftnge des to- 
kals vor folgendem vokal wahrte. In bove*ram, Jov- 
e-rum, nuce-rum, rege-rum, lapide-rnm will der 
yer£ nicht genitivbildungen sehen wie anima-ram, bo- 
no-rum, deren sufiSz -rum aus orsprünglichem -sam ent^ 
standen ist, sondern erklärt das -er in jenen genitiyformen 
für eine Stammerweiterung (s* 40). Von den beispiden, die 
er f&r diese angebliche Stammerweiterung beibringt, ist kein 
einziges stichhaltig. Von spes neben sper-es, pro-sper 
u. a. ist schon gesagt, dafs es ein auf -es auslautender 
stamm war, dessen s in spe-i u. a. geschwunden ist wie 
in die-i. Ein eben solcher stamm war pub-es pub-er-is 
(Bef. krit. beitr. s.466). In vi-s war -is suffix, entstanden 
aus ursprQngltchem -as und an die wz. vi- für gvi- ge- 
fligt; durch sinken des s zu r entstanden vir-ium, vir- 
-ibus, durch schwinden desselben vi-m vi, so dais das 
wort in die i-declination übertrat (a. o. s. 60. 465). Das 
su&-is ist auch in cucum-is- enthalten, dessen genitivform 
cttcum-er-is aus *cucum-is-*is entstanden ist wie ein. 
er-is aus *cin-is-is(a.o.). Ebenso gebildet ist acipens-is, 
acipens-er und acipen-ser-is aus *acipens-is-is 
entstanden, während die genitivformen cucum-is und 
äcipens-is in der angegebenen weise der i*declination 
folgten. Was die form su-eris neben su-is betritt, so 
hat es mit derselben seine eigene bewandtnifs. Bei Fe- 
stus, V. spetile, p. 330 erscheint eine form su-eres, die 
O. Maller in sueris emendiert. Bei Varro heibt es L. L. 
V, 110: Tegus suis^ab eo quod tegitur* Pema a pede 



anzeifpen. 901 

sueris. Ex abdomine eioB affula dicta ab offii miDima e 
siiere. In den hier vorkommenden formen su-er-is, 8u- 
-er-e Hegt allerdings ein aus su- erweiterter wortstamm 
su-er- vor. Aber da Varro unmittelbar den genitiv su-is 
hat, so ist es mindestens wahrscheinlich, dafs su-er-is, 
su-er-e im altlateinischen nicht ganz dasselbe bedeutete wie 
sn-is, sondern su-s dem ahd.su nhd. sau entsprechend 
das weibKche, su-er das zahme mftnnliche schwein. Zur 
erklflmng des wortbestandtheiles -er in su-er bieten sich 
verschiedene wege, von denen ich hier vorlftufig abstehe. 
Mag dem sein, wie ihm wolle, so viel ist klar, dafs keine 
veranlassung vorliegt, die oben angefikhrten gen. plur. auf 
-e»rum anders zu ciliaren als die auf-a-rum, -o-rum, 
zumal denselben formen anderer casus wie 'boveres, 
*Joveres u. a« nicht zur seite stehen. Wenn consonan- 
tische st&mroe beide bildnngen des gen. plur. auf -um und 
aaf -rum zeigen, so ist das ebenso wenig befremdlich, als 
wenn sich von a- und o-stftmmen beide genitivformen ne- 
ben einander finden und vom pronominalstamme i- e-fim 
neben e-orum. An jene trat das suffix -rum fttr -sum, 
-8 am natürlich mit einem bildungs vokal wie .das sufBx 
-bus, während beide suffixe an vokalische st&mme unmit- 
telbar angeAgt wurden. 

Die Präposition si-ne soll entstanden sein aus ^sed-ne 
und <lie altlateinische präposition sed enthalten, die sich 
in sed fraude, sed-itio unversehrt erhalten, in se-ce- 
dere, se-ponere, se-vocare u.a. ihr d eingebüßt bat 
(s. 54). Dieses sed soll unserem „allein^ gleichen; aber 
es bedeutet ja in den angefahrten compositen „abseits, hin- 
weg, gesondert^ und daher in der Verbindung sed fraude 
„ohne^. „Deutlichkeit der spräche^ soll zur anhängung 
des ne an dieselbe gef&hrt haben. Ich vermag nicht ab- 
zusehen^ was die spräche bei dieser angeblichen anhängung 
eigentlich hat deutlich machen sollen. So viel aber ist 
klar, daä, wenn sed „abseits, gesondert^ bedeutete, sed-ne 
„nicht abseits, geisondert^ also „zusammen mit^ hätte be- 
deuten müssen, so sicher wie dum modo „wenn nur^ und 
duamodo ne „wenn nur nicht ^ bedeutet IMe berdts 



302 Corssen 

gegebene erklärung von si-ne (Ref.aa8spr.II,274) ist wieder 
nicht zur kenntnils des verf. gelangt. Festas sagt p. 16ö: 
M.Nesi pro sine positum est [in lege dedicationis arae] 
Dianae Aventinen[si8]. Si-ne enth&lt also dieselben wort- 
bestandtheile wie ne-si nur in umgekehrter folge. Das 
si- ist dasselbe wie in si-c, nämlich eine m&nnliche od^ 
neutrale locativform des pronominalstammes so-, sa-, und 
bedeutet ursprünglich „da'^ daher ),so^, also si-ne wie 
ne-si „da nicht, so nicht", daher „geschieden gesondert 
von, ohne". Die locativform hat sich deutlich erhalten in 
dem altlateinischen sei-ne, später hat sich der vokal ei, 
1 gekfirzt wie in nisi neben n€, nel, nL 

Wie die kenntnisse des verf. auf dem gebiete des os- 
kischen beschaffen sind, zeigt sein irrthum, dais er meint, 
es gäbe auf der weiheinschrift von Agnone dativformen 
Kerri, Kerrii von einem e-stamme (8.54). In dieser 
inschrift erscheinen die formen Kerr-i dat. sing, entspre- 
chend der lat. Cerer-i, nur dafs das e zwischen den bei- 
den r geschwunden ist wie in Cerr-itu-s, also vom no- 
minalstamme Ker-es-, ferner Kerr-ii-in loc. sing, masc 
Kerr-iio-i undKerr-iio-is dat. sing. plur. masc, Kerr- 
-iia-i und Kerr-iia-is, dat. sing. plur. fem. von dem ad- 
jectivstamme Kerr-iio- der mit dem sufBx -iio vom no- 
minalstamme Kerr- f&r Keres- gebildet ist und Cere- 
-ali- bedeutet. Eine form Kerrii giebt es weder in der 
genannten inschrift noch überhaupt im oskischen (vergl. 
Knötel, z. f. Alterthumsw. 1852, n. 17; zeitschr. f. vgl. spr. 
1,88. VI, 64. VII, 164). Von einer e-declination findet 
sich im oskischen auch keine spur. 

Die pronominalform tibe, tibei, tibi soll inderidt- 
lateinischen metrik nicht blofs einsilbig behandelt, sie soll 
sogar wie mihi mit anlautendem langen vokal des folgen- 
den Wortes zusammenfliefsen (s. 58). Aber neben mihi 
steht ja die einsilbige form mi; wo findet sich hingegen 
eine einsilbige form *ti neben tibi? Also dasselbe suffix 
-bi, das immer so geschrieben ist, soll nicht blofs nicht 
gesprochen, das b gar nicht hörbar gewesen sein, auch i 
vor bi soll mit dem anlaut des folgenden Wortes verschilf- 



anzeigen. 90S 

fen sein and nicht gelautet haben. Wer solche behaup- 
tungen auszusprechen wagt, mufs consequenter weise da- 
rauf verzichten, aus der schrift der Römer irgend einen 
sicheren schlufs auf ihre ausspräche zu machen. Man gehe 
die messungen der verse durch, aus denen der verf. deda- 
oiert, dafs das stets so vollständig geschriebene tibi wie 
blofses t gelautet habe, und man wird finden, dafs unter 
ihnen keiner ist, der sich nicht anders messen liefse, als 
der verfk annimmt. Die dativform qno-i soll nicht aus 
quoi-ei entstanden sein (s. 59), wie ich angenommen habe 
(krit. beitr. s. 544). Warum? Weil Seneca das einsilbig 
gesprochene ciii metrisch in cüi aufgelöst habe und die 
kflrze des i gegen die analogie von bovi, ovi, pecul sei. 
Aber diese Wörter sind ja zu Seneca^s zeit nicht einsilbig 
gesprochen worden, und so konnte bei ihnen eine künst- 
liche metrische Diaerese nicht eintreten, wie sie sich Se* 
neca mit cüi erlaubt, indem er natürlich statt der einen 
langen silbe ciTi zwei metrische kürz erechnet. Wenn Sta- 
tins dagegen h&ic dono mifst, so behandelt er das i als 
positionslang, während sich vor vokalischem anlaut des fol- 
genden Wortes eine zweisilbige messung von huic nicht 
findet. Ueberbaupt aber bestreite ich die ansieht, dafs in 
der dativendung I, ei, e von consonantischen und i-stäm- 
men so wie von prqnominalstämmen eine locativform zu 
suchen sei. Doch davon an einer anderen stelle. 

In dem abschnitt über den loc. sing, finden sich be- 
sonders viel willkürliche und irrige behauptungen, die der 
verf. durch künstliche Spitzfindigkeiten vergebens zu stützen 
sucht (8.61—63). So wird neben der locativform dom-i 
„zu hause ^ die alte form domu-i „zu hause^ für einen 
dativ erklärt. Da der alte stamm des wertes unzweifel- 
haft domu- war, so mufs als das locativsuffix -l an den- 
selben herantrat, der locativ desselben doch jedenfalls ein- 
mal domu-i gelautet haben. Es ist also nicht der schat- 
ten eines grundes vorhanden jenes überlieferte domu-i 
nicht für diesen locativ domu-i zu halten. Als domu- 
wie viele andere u-stämme in die o-declination übertrat, 
entstand die jüngere locativform dom-i. Dafs die loca- 



a04 Conatn 

tivform Romai in der sehr alten inachrift dner cista ^ 
silbig gesprochen sei^ ist ganz unerweislidi , da die in«- 
Schrift prosaisch ist, also das metnim kein kriterimn bie- 
tet f&r die ausspräche der wortform. Wenn aber beim 
herantreten der dativendung i an den stamm Bomft- und 
noch lange nachher Romft-I gesprochen wurde, so ist gar 
nicht einzusehen, weshalb nicht nach herantreten der loca- 
tivendung i an denselben stamm in der ältesten zeit auch 
der locativ Romä-l gesprochen worden sein soll, bis die 
vokale ä*l zum diphthongen ai verschmolzen. Ebenso wUl- 
kOhrlich ist die behauptung, die alte locativform humo-i 
sei von jeher zweisilbig gesprochen worden. Demselben 
irrthum, dafs das locativsuffix I von jeher und von vom 
herein mit dem auslautenden Stammvokal zu einem diph- 
thongen verschmolzen gewesen sei, verdankt auch die fal- 
sche behauptung ihren Ursprung, in die-quinte sei das 
quinte locativform, aber das die- ablativ nicht locativ, es 
sei also hier ein adjectiv im locativ zu einem Substantiv 
im ablativ gesetzt. Der locativ vom stamme di-es lautete 
einst *di-es-i, dann nach schwinden des stammbaften s 
di-e-i. Diese locativendung aber konnte ebenso gut zu 
die abgestumpft werden wie die genitivendung di-e-i zu 
di-e. Mindestens unerwiesen ist die annähme, dais die 
adverbien mane und sane locativische nicht ablativische 
adverbien seien. Das adverbium qui ,)Wie^, das man bis- 
her filr einen ablativ hielt, erklärt der verf. f&r eine loca- 
tivform. Grade der gebrauch in der frage qui Ht? wdet 
nun aber darauf hin, da(s qui ablativ des fragenden und 
indefiniten pronominalstammes qui ist, der auch gelegent- 
lich relativ verwandt wird. Das bestätigen ja auch die 
Verbindungen qui praesente und qui cum, wo qui un- 
läugbar ablativ ist, während der verf. hier zu gunsten sei- 
ner hypothese einen locativ-ablativ absolutus und eine con- 
struction von cum mit dem locativ annimmt. Wo findet 
sich davon sonst im lateinischen irgend eine spur? Die 
locativformen wie olim, illim, exim, proin, dein be- 
handelt der verf. gar nicht, obwohl sie in neuerer zeit der 
gegenständ mehrfa^er eingehender erGrterung gewesen sind. 



anzeigen. 305 

Vielfach irrt der verf. auch in seinen behauptungen 
ober die aus dem ursprünglichen snffix -bhjas entstande- 
nen italischen suffixformen. Der umbrische dat. abl. plnr. 
fratr-us soll entstanden sein aus *fratrfus (s. 64). Un* 
möglich kann man eine solche form als die ursprünglich 
umbrische oder italische ansehen, da die consonantenrer* 
bindung trf in den italischen sprachen unerhört ist. Ich 
glaube neuerdings den beweis gefllhrt zu haben, dafs umbr. 
fratr-us entstanden ist aus ital. fratr-e-fos, umbr. hö- 
rn on-us aus ital. homon-e-fos durch Verflüchtigung des 
f zu h und schwinden dieses hauchlautes, dafs aus denselben 
italischen grundformen die lat. fratr-i-bus, homon-i- 
-bus geworden sind durch Verschiebung des f zu b (krit. 
nachtr. s. 212). Die form senator-bus, die einmal in 
dem erlafs über die baccbanalien erscheint, sieht B. als ei- 
nen rest acht consonan tischer flexion an, d. h. also, wo 
das sufBx -bus ohne den bildungsvokal e, i an den con- 
sonantischen wortstamm getreten sei (s. 64). Die formen 
bu-bus und su-bus können daf&r nichts beweisen, da 
sie von einsilbigen auf u auslautenden wortstämmen gebil- 
det sind, an die natürlich das suffix -bus wie überhaupt 
an die auf u und andere vokale auslautenden stamme ohne 
bildungs- oder vermittlungsvokal trat. In dem erlafs über 
die bacchanalien findet sich neben senator-bus zweimal 
senator-i-bus, einmal mulier^i-bus, in allen älteren 
und späteren Sprachdenkmälern erscheint der dat. abl. plur. 
von consonantischen stammen immer mit dem bildungsvo- 
kal auf -e-bos -e-bus oder -i-bus ausgehend. Man 
mufs daher schliefsen, dafs auch jenes einmal vorkom- 
mende senator-bus aus senator-e-bus oder sena- 
tor-i-bus entstanden ist, indem der bildungsvokal e, i 
unter die Zeitdauer einer metrischen kürze herabsank 
und daher wie zahlreiche andere irrationale vokale gele- 
gentlich durch die schrifb nicht bezeichnet wurde. Aus- 
gehend von einer willkürlichen messung. eines saturnischen 
Verses hält es der verf. fQr möglich, dafs die endung 
-i-bus in tempestati-bus einsilbig ibs gesprochen sei, 
während doch der auslaut bs in lateinischen Wörtern uner- 
Zeitschr. f. vgl. sprachf. XVI. 4. 20 



906 Gonsen 

hört ist. Wenn er dabei auf eine oskisehe dativeiiclung 
-188 hiBweist, 80 ist dagegen zu sagen, dafs deren erklft» 
nuig keineswegs sicher gestellt ist (Ref. krit. nacfatr. s.212) 
uad dafs sie unmöglich beweisen kann, die saffixform 
-i-bus sei in einem lateinischen wort wie ibs oder Sha- 
lieh wie iss gesprochen worden. Um dieser aufstellung 
halt za geben, behauptet B. femer omni-modis sei ent- 
standen aus Omnibus modis, indem -bus im erst^ 
compositionsgliede ganz geschwunden 8ei. Die entstehung 
jener Zusammensetzung ist aber eine ganz andere. Aus 
multis modis, miris modis entstanden durch zusam- 
menrfickung von Substantiv und adjectiv unter einen hoch- 
ton, so dafs modis enklitisch wurde wie modo in quo- 
-modo, quodam-modo die späteren formen multi- 
-modis, miri^modis, indem s vor m schwand wie in 
Camena, remus u. a. fttr Casmena, resmos, und nun 
das i vor m sich kürzte, wie kurzes i so vielfach am ende 
des ersten compositionsgliedes aus anderen vokalen abge* 
schwächt erscheint. Nach der analogie der so entstande- 
nen formen multi-modis miri-modis, die wie die abl. 
plur. gratis, in-gratis adverbialisch verwandt wurden, 
ist dann audi omni-modis gebildet, wie die lateinische 
spräche reich ist an dergleichen analogiebildungen. Der 
verf. glaubt nicht an Schleichers erklärung, dals die for- 
men des dat. abl. plur. agro-is, silva-is aus ^agro- 
-bios, ^silva-bios entstanden seien, soudern hält sie ftkr 
gleichen Ursprungs mit den griech. dygo-2g vka-ig. Der 
ansieht sind auch andere Sprachforscher, die viel gründli- 
cher auf die sache eingegangen sind als er. Statt gegen 
Schleicher geltend zu machen, dafs b im inlaut zwischen 
vokalen nicht ausfalle, wendet er ^das vorwalten und den 
limgestaltenden einfiuft des i^ in der suffixform -is des dat. 
siü. plnr. ein. Dieser einwand aber ist bedeutungslos und 
unrichtig. Das i in , demselben ist gar nicht der active 
msigestaltonde laut, sondern der passive umgestaltete, iiad 
das 8 hat vermöge seiner Wahlverwandtschaft zu i die Ver- 
schmelzung von oi und ai zu i im dat. abl. plur. von o- 
and a- stammen befordert. Ich glaube neuerdings d^i 



anzeigen. 907 

nachweis gef&hrt za haben, dafs diese snffixfonn -is aus 
skr. -bhjas entstanden ist durch die mittelstufen -fiea, 
-fis, -his (krit. nachtr. s. 216), ebenso wie die entsprechen- 
den oskischen und umbriscben suffixformen von a- und 
o-fitäminen (a. o. 212). Hingegen ward das suffix -bhjas 
zu -bus durch die mittelstufen -fios, -fos, bos (a.o.'21d) 
und zu -bis in no-bis, vo-bis durch die mittelstufen 
-fies, -bies (a. 0.216). Die Überlieferte form nis für 
no-bis ist daher auch nicht aus no-bis durch ausfall des 
b entstanden, sondern aus ursprünglichen na-bhjas, ital. 
'^no-fies durch die mittelstufen *no-fis, *B0-bis, 
^no-is. Dafs in der form e-eis des sc. de Bacch. das 
stammmhafte e kurz sei, ist eine unbegründete annahm«, 
da sich ja später noch die formen ei-eis und g-is finden. 
Dafs der pronominalstamm i zu ei gesteigert wurde, zei- 
gen ja die formen des nom. sing, ei-s, ei-s-dem ei- 
-dem (Ref. krit. beitr. s. 529). Dieses ei- ward zu 6 in 
der obigen form e-eis, zu I in der form l-bus. 

Ich glaube hiermit mein oben ausgesprochenes urtheil 
über des verf. erklärungsversuche lateinischer casussuf^xe 
ausreichend begründet zu haben. Ich erkenne dabei aus- 
drücklich an, dafs sich in der schrift desselben anch manche 
treffende und scharfsinnige sprachliche bemerkungen und 
erklärungen linden. Jedenfalls beachtung verdi^it die Zu- 
sammenstellung von e-nos im Carmen arvale mit griech. 
k-fAS (s. 20) und die vergleichung der überlieferten accu- 
sativform me-he für me mit grieoh. i^fii-ye (s. 25), so 
dafs lat. -he, griech. ^ye auf den pronominalstamm skr. 
gha- zurückgeht, auf den ich neuerdings mit Benfey das 
pron. hi-c hae-c ho-c zurückgeflQhrt habe (krit. nachtr. 
s. 89 f.)- Fein ist die bemerkung, weshalb die formen no-^ 
strum vestrum als partitive, hingegen nostri vestri als 
objective genitive verwandt seien (s. 45), schlagmd der 
nachweis, dafs in dem sogenannten supinum auf u datav 
und ablativ der verbalsubstantiva auf tu- zusammengeflos- 
sen sind (s. 57). Potes-tas leitet der verf. von dercaia- 
parativform *potios ab (s. 63). Dafür hätte er maies- 
-tas von *maios als beleg anführen sollen* Ich hAe 

20* 



308 Rodiger 

potes-tas früher ans *potent-.ta8 hergeleitet wie eges- 
-tas aus *egent«tas. Es ist indessen sehr wohl möglich, 
dafs in eges-tas eine nominalbildung *eg«os- zugrunde 
liegt wie in hones-tas hon-os. Ich bin daher geneigt 
der obigen erklärung des verf. vor der meinigen den Vor- 
zug zu geben. 

Es ist kein zweifei, dals der verf. befähigt ist auf dem 
gebiete der lateinischen grammatik etwas zu leisten; aber 
er wird dies nur, wenn er neben seinen epigraphischen, 
handschriftlichen und metrischen Studien es ferner nicht 
verabsäumt, sich eine eingehendere kenntnifs von dem ge- 
genwärtigen Stande der sprachlichen Specialforschung auf 
diesem felde anzueignen, die auf den ergebnissen der ver- 
gleichenden Sprachforschung beruht. Ich wiederhole noch, 
einmal, dafs ich den aus jenen Studien hervorgegangenen 
schätzenswerthen thatsächlichen beitragen zur geschichte 
der lateinischen casusformen, dem in der vorliegenden scbrift 
hervortretenden bekenntnifs des verf. zu den principien 
und hauptergebnissen der vergleichenden Sprachforschung 
so wie manchen scharfsinnigen sprachlichen bemerkungen 
und erklärungen desselben volle anerkennung widerfahren 
lasse. Wäre das nicht der fall, so würde die vorstehende 
anzeige nicht so ausf&hrlich ausgefallen sein. 

Berlin. W. Corssen. 



Untersachiiiigen über die spräche der homeriselieii gediehte von 
Albert Fulda. 

I. Der pleonMÜsche gebraach ▼on ^vfioq^ q)griv und ähnlichen Wörtern. 
Doisborg 1865. 881 8. 8. 

Das vorbenannte buch ist aus der doctordissertation 
des hm. F. hervorgegangen und verfolgt seinen letzten re- 
sultaten nach ein philologisches ziel, nämlich zu einem 
besseren verständnifs und richtigerer beurtheilung der in 
den homerischen gedichten ofl rein pleonastisch auftretenden 
Wörter ß-vfA '^, (pgrjv etc. zu fähren. Die art der lösung 
dieses problems aber bringt den verf. und seine arbeit in 



anzeigen. 309 

nächste beziehang za allem, was die vergleichende Sprach- 
forschung auf dem gebiete des griechischen in etymologien 
geleistet hat. 

Der hr. verf. weist nach, dafs die genannten Wörter 
,,in den meisten fällen semasiologisch todt, dafs sie pleo- 
nasmen sind^. Er hält daför, und jedenfalls mit recht, 
dafs es eine „dem innersten wesen der spräche widerspre* 
chende erscheinung^ sei, dafs sich keinerlei einfluls dieser 
zQsätze auf den gedanken ermitteln lasse. Aus dieser Über- 
zeugung mufs nothwendig das bestreben hervorgehen die- 
sen Zusätzen einen Ursprung nachzuweisen, der sie wenig- 
stens ihrem entstehen nach „als unumgänglich nothwen* 
dige, den gedanken constifuirende demente des satzes^ er- 
scheinen läfst. Nun kommen diese Wörter gröfstentheils 
in formelhafter Verbindung mit den verschiedensten verben 
vor. Solche formelhaft fest geknüpften Wortverbindungen 
sind aber nicht als besitzthum der einzelnen individuen, 
sondern der ganzen gattung der dichter anzusehen, und 
sie werden von der epischen poesie unverändert auch durch 
generationen fortgepflanzt. So ist es gerechtfertigt in die- 
sen formein reste eines älteren vorhomerischen sprachzu- 
standes zu erkennen, bei deren erster bildung jene zusätze 
nothwendige erfordernisse zur bedeutungsbestimmung der 
verbundenen verba waren, während sie später, nachdem 
jene verba „€as semasiologische moment, welches in ihnen^ 
den Zusätzen, lag, mit in sich aufgenommen hatten^, einen 
rein pleonastischen charakter erhielten. Durch Leo Meyer, 
seinen lehrer, aufmerksam geworden auf eine Verwendung 
der Wörter d-vfiog etc. bei der Überleitung einer concreten, 
sinnlichen Wortbedeutung zu einer abstracten, macht es 
sich hr. F. zur aufgäbe bei allen homerischen verben, die 
in der besprochenen formelhaften Verknüpfung mit &vfi6g 
etc. vorkommen, den überleitenden charakter jener zusätze 
nachzuweisen,- und dies kann natürlich nur geschehen, in- 
dem er in den so behafteten verben eine dem entspre- 
chende concrete grundbedeutung festzustellen sucht. Für 
regmo z. b. ergiebt sich als grundbedeutung „sättigen^; 
durch die zusetze (ävfiov 'iregnap , tfvfi^ rioTtera^ nmf^d'eh] 



SlO Rödiger 

(pQBCiV yöiv etc.) wurde es dem gebiete des rein sinnlicben 
enthoben und daraus entsprang die bedeutung des ^labens, 
erfreuens^ für das verbum, auch in seiner befreiung von 
den Zusätzen. 

Es kann kein zweifei sein über die vollständige be- 
rechtigung des princips, von dem hr. F. ausgeht. Wie sich 
in festgescblossenen wortkörpern^ compositis, alterthümliohe 
formen erhalten, so mufs sich gewifs eine gleiche conser- 
vative Wirkung in formelhaften, bei lebendiger tradition 
anangetastet bewahrten satzkörpern geltend machen. Hr. 
F. giebt selbst auf pp. 4. 5. 18 beispiele analoger erschei- 
nungen auch aufserhalb des griechischen gebietes, und die 
erhidtung derartiger Verbindungen bei Homer ist umsomehr 
vorauszusetzen, als wir von tage zu tage besser belehrt 
werden über die unglaubliche Zähigkeit der Überlieferung 
in der volkspoesie, sei es nun in bezag auf einen gegebe- 
nen inhalt oder eine gegebene art der einkleidung. Aber 
bei einer Untersuchung, die die frei wogenden spracher- 
scheinungen unter einem gesichtspunkte zu bannen sucht 
und mit unerbitterlichem „entweder — oder^ scheidet, ist es 
unvermeidlich, stellenweise zu weit zu gehen, denn die lei- 
stungsßlhigkeit des princips mufs eben bis auf das äufserste 
erprobt werden. So bin ich denn auch hier der meinung, 
dafs der verf. zuweilen den sträng zu stark angezogen hat« 

Wenn hr. F. selbst auf p. 298 ein zugesetztes &vf4^ 
als einen „reflex einer alten formei^ betrachtet, auf p. 162 
und 163 (cf. p. 266) ein &vfi6g (/?, 138) aus einem „streben 
nach nachdruck und genauigkeit^ ableitet, auf p. 212 (cf. 
p« 164) die stelle ^, 147 trotz fehlender formelhaftigkeit als 
alter tradition entsprossen ansieht, so scheint mir diesem 
wirken der analogie und poetischer bedürfnisse betreffs der 
darstellung auch noch oft räum zugestanden werden zu 
müssen, wo der verf. diese erklärungsgründe abweist. Wenn 
sich die ziisätze auch bei verben finden, deren abstracte 
bedeutung schon zur zeit der Sprachtrennung erwiesen scheint 
{olSa ytypciaxü), denn hier ist mir die abfertigung der stellen 
nicht überzeugend), und ferner bei Wörtern, bei denen sie 
nicht jenen Übergang von concreter zu abstracter bedeutung 



uiMigen. 311 

vermitteit zu haben scheinen {aQOQS p. 44 — 5, fAoxa^ 
p* 163; cf. nr. 26. 30. 59), so kann ich nicht umhin deshalb 
von der haltbarkeit der argomente des verf. an andern ste)^ 
ien (fjiiQfiVi^i^i fialvofiav etc.) einen abzug zu machen und 
zu glauben, dafs mit der erklärung des verf. die bedeutung 
jener zusätze doch nicht ganz erschöpft sei. Mir kommt 
bei betrachtung der frage immer die Schwierigkeit in den 
sinn, die bedeutungsmodificationen durch die zahlreichen 
griechischen partikeln zu bestimmen, die trotz ihrer üb- 
fafsbarkeil nie als überflüssig angesehen werden können. . 

Weit entfernt bin ich aber bei alledem das dankeas- 
werthe verdienst des hm. F., von einer ganz neuen seile 
her das feld des homerischen Wortschatzes in arbeit ge- 
nommen zu haben, miiskennen und den werth seiner Un- 
tersuchungen gering schätzen zu wollen. 

Auf neue eigne etymologien ist es in der arbeit d<^8 
hrn. F. nicht abgesehen; seine Untersuchung „bewegt aioti 
ausschliefslich auf dem gebiete der bedeutungslehre^ und:^ 
deshalb beschränkt er sich darauf von seinem gesichts- 
punkte aus über die gelieferten etymologien zu urtheilen,. 
sich fbr die eine oder andere zweier widerstreitender zu 
entscheiden, oder auch einmal die entscheidung in der 
schwebe zu lassen, weil es dessen „zum zwecke der uu«- 
tevsuehung nicht bedarf^. Je schwieriger das ganze gebiet 
der bedeutungslehre ist, desto wichtiger und anerkennens- 
werther sind die umsichtigen und besonnenen entwickelun- 
gen, die hr. F. gegeben bat; denn unleugbar scheint mir, 
dafs das princip der Untersuchung wirklich ein ariadnefa* 
den ist, an dem sich das unsichere gebiet mit einiger Zu- 
versicht hat betreten lassen. 

Im einzelnen möchte ich folgendes erwähnen: 

Unter nr. 34 scheint die beobachtung des hrn. F. be- 
merkenswerth, dai's die ursprüngliche bedeutung von rigna» 
„sättigen^ besonders an formen mit bewahrtem etammhaf- 
ten a zu- haften scheint; mit ausnähme von vier stellen in 
jüngeren stücken lassen jene formen diese erklärung über- 
all zu und überdies erscheinen sie zugleich überall mit dem 
genitiv verbunden statt des sonst gebräuchlichen dativs. 



312 fiodiger 

Bei nr. 40 liegt ein beachtenswerther wink f&r etymo- ' 
logische versuche in der notiz, dafs unter den 136 malen, 
die voi(o bei Homer vorkommt,- es sich 82 mal ,,aiif Wahr- 
nehmungen von irgend etwas im bereiche des gesichtssin- 
nes liegendem bezieht '^. 

Nr. 76. Hr. F. vertheidigt wegen der bei fjiBQfiijQi^w 
häufig auftretenden zusätze die Stammverwandtschaft dessel- 
ben mit fAiQoq^ fiegi^o). Aber wenn ich auch die Widerlegung 
der bedenken, die Curtius gegen diese ableitung geltend 
macht, fbr zutreffend halte, so hat mich doch des verf. 
auseinandersetzung nicht für dieselbe gewinnen können. 
Schon oben ist auf das vorkommen der zusätze bei verben 
abstracter bedeutung aufmerksam gemacht, sie machen also 
auch hier die ableituug nach Curtius nicht zu schänden; 
um so weniger als sie bei einem verbum des überlegens, 
wo sinnliche Zeichnung des hin- und herschwankens und 
der dauer des seelenactes sehr nahe liegt (s. was herr F. 
auf pp. 105. 106. 1*08 über die formet xara fpgiva xal xavd 
&vfi6p bei diesen verben sagt), ganz besonders zulässig 
scheinen. Aufserdem aber scheint mir die intransitive be- 
deutung in fAsgufjgi^a) „in der seele getheilt sein^, wof&r von 
dat^at, das hr. F. zur vergleichung anzieht, der Ordnung 
gemäfs nur das passivum verwendet wird, unstatthaft; die 
Überleitung gar aus dieser intransitiven in die transitive 
„ersinnen^ nämlich: es wäre „aus getheilt sein in der 
Seele allmählich geworden in gedanken sein^, wozu 
dann ein acc. relat. z. b. (povov = „in bezug auf den mord'^ 
getreten sei, scheint mir ganz verfehlt. Meg^ttigi^eiv muts 
doch zunächst auf ein uigfAtiga zurückgehen (Hesiod.Theogn. 
= sorge, noth) und etwa einem „eine fiaofAiiga machen^ 
also „eine Überlegung machen^, nach hrn. F. aber höch- 
stens „eine theilung machen^, gleichstehen. 

Nr. 83 p. 202 anm. Um die bedeutungen „hoffen^ 
und „bef&rchten^ in iXnofiai zu vermitteln zur annähme 
einer verblassung der alten bedeutung auf negativem ge- 
biete seine Zuflucht zu nehmen, ist wohl ein unglücklicher 
gedanke. 

Nr. 92. Dals bei fiaivofiai die zusätze, weil nur an 



anzeigen. 313 

zweifelhaften stellen, nicht gegen die verknüpfiing mit ei- 
ner Wurzel von rein abstracter bedeutung sprechen, giebt 
br. F. selbst zu. Er findet es vorzüglich anstöfsig, dafs 
ficclvBO&ai und andere verwandte worte mit ausgesproche- 
nem inhalt einer bewegung auf eine wurzel die ruhiges 
denken bedeutet zurückgehen soll. Schliefsen wir uns ihm 
aber an und betrachten nach Crecelius (Elberfeld. Pro- 
gramm 1860) als grundbedeutung der wz. fiav ,, greifen 
nach etwas^, so bleiben wieder die ruhe bezeichnenden for- 
men (manas, upaman, f4if4,vt}axcj^ fiepo) etc.) steine des an- 
«tofses. Hr. F. scheint auch übersehen zu haben, dafs 
Crecelius selbst hier nicht ohne eine zweitheilung der wur- 
zel mit der masse der zuströmenden worte verschiedenster 
bedeutung auskommt. 

Nr. 97. Die bedeutungsentwickelungen von i&ikta ge- 
winnt sehr f&r die Pottasche zurückführung auf skr. dhri. 

Nr. 98. Die Zusammenstellung von fiikei mit ^iXöo- 
fjiai^ 'auaKSvv(ü und skr. mrd nach Potts Vorgang und die 
erklärung von (aHu (aov (pgBöiv durch „es schabt, kratzt 
mir in den (pgivse^ will sich mir durchaus nicht wahr- 
scheinlich erweisen. Besser verbindet wohl Curtius grundz. ^ 
p. 297 das wort mit wz. {a)fjiaQ, fjiiQifjiva^ fiBQfit^Qi^ta etc. 

Der Vorschlag auf p. 315 für cpQB&i not via Kigxt] in 
&^ 448 zu setzen (pgsai öe^ia Klgxt] soll doch wohl kein 
ernsthafter sein? / 

Meiner ansieht nach also ist das buch des herm. F. 
«ehr lesenswerth, mag man auch an vielen stellen mit dem 
verf. nicht gleicher meinung sein. Es behandelt reichen 
Stoff und diesen mit methode. 

Rieh. Rödiger. 



Poetische peraonification in^griech. dichtnngen mit berücksichtigang lat. 
dichter und Shakspere's, von dr. C. C. Hense. Parchim 1864. XIV, 
62 s. gr. 8. 

„Die sprachlichen Wendungen darzulegen, welche ins- 
besondere bei den Griechen personilicirend gebraucht wer- 



au Rödiger 

den, ist die absieht dieser blätter; diese weDdimgeo zer- 
fallen in drei gruppen. Die erste derselben umfafst alle 
Wörter, welche theile des menschlichen körpers bezeichnen 
ond durch anfbhrung eines solchen theils die vorstellong 
der menschlichen gestalt Oberhaupt erwecken; die zweite 
gruppe etc. Der verf. übergiebt zunächst dem poblicum 
den abschnitt, welcher die erste gruppe, wenn auch noch 
nicht in ihrem vollem umfange, behandelt^. Der mitge- 
theilten erklärmig gemäfs liefert hr. H., director des gym- 
nasiums zu Parchim, in dieser festschrift aus dem reich- 
thume einer aufserordentlichen belesenbeit znsammenstel- 
Inngen der dichterischen Wendungen, in denen ein xäga, 
xd(}t]vov, xtffak^y Caput, head, ein xofit], (foßr^^ xofiäv 
etc. etc. als ausdrücke einer personificireiiden naturan- 
schauung auf den bezeichneten gebieten vorkommen. In 
der leichten aneinanderreihung und liebevollen behandlung 
der gegebenen beispiele fQhlt man bald, wie der verf. selbst 
in den zusammengehäuften schätzen von poesie schwelgt 
und mitgeniefst und man kann nicht umhin sich durch das 
sanfte wiegen und wogen der bilder, die ja theils als Schö- 
pfungen unsrer eignen phantasie theils von aufsen an uns 
herangebracht auch zu unserm eigenthum geworden sind, 
gefangen nehmen zu lassen. Dem verf. ist es nicht um 
ein mühevolles vergleichen antiker und modemer dichtong 
von diesem gesichtspunkte aus zu thun, eine vergleichung 
die vielleicht nur eine staunenswerthe Übereinstimmung 
alter und neuer zeit in der art den ewig sich gleichblei- 
benden naturerscheinungen gegenüber zu fühlen, also ein 
zeugnifs für die permanenz der einen menschennatur, er- 
geben würde, er will nur sammeln aus beiden gebieten, da 
sie beide reich sind. Das werkchen nimmt sich aus wie 
ein poetisches repertorium, das für die aesthetische exe- 
gese eines dichterwerkes vortreffliche dienste leisten kann, 
aber auch für den mythologen und Sprachforscher, die ja 
beide der spräche in der bethätigung fbres personifications- 
triebes nach der art ihrer auffassung stets folgen müssen, 
angenehme und nicht nutzlose lectüre bietet. Diese Wür- 
digung hat das werkchen auch bei Curtius grundz. 2. aufl. 



Kahn, anzeigen. 315 

p. 107 gefunden. Nur eins möchte ich tadeln, oder, will 
ich besser sagen, bedauern (denn br. H. hat wohl nicht ge- 
radezu die absieht gehabt durch seine schrift mythologi- 
sche und sprachliche Untersuchungen zu fördern) und zwar 
triffi; das die gestalt des ganzen. Meiner meinung nach 
nftmlich mflfste die arbeit für die genannten zwecke viel 
nutzbarer sein, wenn die anordnung des Stoffes eine andere 
wftre, wenn sie nämlich nicht der reihe der personificiren- 
den attribute folgte, die f&r das ganze des poetischen bil- 
des doch nur von secundärer Wichtigkeit sind, sondern der 
reihe der naturgegenstände, denen der dichter leben einge^ 
haucht. Dann würden die etwaigen verschiedenen anffas- 
sungen desselben gegenständes klar nebeneinander treten, 
und vollständige phantasiegestalten gleichsam sich zusam- 
mensetzen lassen, während nun das verschiedenste, weil 
es zufällig von dem einen attribute her aufgefafst ist, in 
wirbelndem reigen uns umspielt. Ich verkenne nicht, dafs 
das wohl ein schweres stück arbeit geworden wäre. 

Rieb. Rödiger. 



Grammaire compar^e des langnes indo-europ^ennes comprenant le sans- 
crit, le zend, rarm^nien, le grec, le latin, le lithnanien, Tancien slave, 
le gothique et Tallemand par M. Fran9oi8 Bopp , traduite sur la den- 
xi^me ^ition et pr^^d^ d'ane introdnction par M. Michel Brdal, 
charg^ du cours de grammaire comparde au coll^e de France. Tome 
Premier. Paris, imprimerie imperiale 1866. LVII, 458 pp. 8. 

Die vorliegende Übersetzung von Bopp^s vergleichen- 
der grammatik darf als ein fortschritt der vergleichenden 
Sprachstudien begrüfst werden, indem sie die resultate 
deutscher forschung auch auf französischem boden hdlmisch 
macht^ und sicherlich dadurch nicht wenig beitragen wird, 
die Wissenschaft zu erweitern und zu fördern. Denn wenn 
bisher nur eine kleine zahl von französischen gelehrten sich 
an der forschung auf diesem gebiete betheiligte, so lag es 
wohl hauptsächlich daran, well es dort bis jetzt an einem 
werke wie das Boppsche fehlte, das nicht nur durch den 



316 Kuhn 

inhalt sondern auch durch die darstellung am geeignetsten 
ist, um als grundlage bei diesen Studien zu dienen, wes- 
halb br. B. mit recht sagt: nous avons vonlu rendre plus 
accessible un livre qui est ä la fois un tresor des con- 
naissances nouvelles et un cours pratique de m^thode gram- 
maticale. Nachdem daher hr. Adolphe Regnier seine ab- 
sieht das Boppsche werk zu übersetzen aufgegeben, hat 
sich hr. Breal dieser aufgäbe unterzogen und dieselbe mit 
ebenso viel eindringendem verständnifs als grofsem ge- 
schick ausgeführt. 

Hr. Breal hat sich nämlich zwar im ganzen strenge 
an den text des Boppschen werkes gehalten, aber er hat 
sowohl den haupt- und unterabtheilungen als den einzelnen 
Paragraphen Überschriften, welche den inhalt charakterisi- 
ren, gegeben und den inhalt der paragraphen durch ab- 
Sätze noch in abschnitte getheilt, welche der Übersichtlich- 
keit des ganzen Stoffes in hohem grade förderlich sind, so 
dafs wir den wünsch nicht unterdrücken können, dafs unser 
verehrter meister diese einrichtung in eine dritte ausgäbe 
des Originalwerks, die ja wohl unter allen umständen bald 
erscheinen wird, hinübernehmen möge. Im übrigen hat hr. 
Br^al sich nur geringere redactionsänderungen erlaubt, die, 
wie wir anerkennen müssen, im ganzen der darstellung des 
inhalts nur zum vortheil gereichen. Wir führen einige 
dieser änderungen zur begründung unseres urtheils an. 

In §. 13 sind die irischen und slavischen vergleichun- 
gen mit wz. ghar aus dem text in eine anmerkung ge- 
bracht. 

So ist in §.16 (B. p. 28, Br. p. 50) die vergleichung 
von rp&ayya) mit bhang fortgeblieben, offenbar weil Bopp 
selbst schon hinzufügt, dafs das sanskritische verbum noch 
unbelegt ist und auch das petersb. wtb. noch keine belege 
dafür gebracht hat. 

§. 20 B. p. 36 unten ist die ausführung über goth. 
ras-da bei Br. p. 59 passend in eine anmerkung gebracht 
und ebenso die auslassung über die Schleichersche ansieht 
in betreff von rekun. 

§. 21 a B. p. 39 anm. ist etwas verkürzt, ebenso die 



anzeigen. 317 

anm. zu §.27, §.31 (p. 56 B.), indem hauptsächlich die 
bezugnahme auf andere in der ersten ausgäbe ausgespro- 
chene ansichten weggelassen sind. Ebenso §.31 anni. 
(B. p. 57), wo aber der schlufs, der noch eine andere er- 
klSrung als möglich hinstellt, bei Er. p. 81 gewissenhaft ge- 
wahrt ist. 

§. 37 B. p. 65 Br. p. 89 ist der satz „Wie dem aber 
auch sei u. s. w.^ etwas gekürzt, indem die motivirung durch 
„insofern u. s. w.^ weggeblieben ist, die da sie grade den 
hauptpunkt enthält, der durch die blofse vergleichung nicht 
deutlich genug hervortritt, wohl besser stehen geblieben 
wäre. 

In demselben paragraphen ist wenige zeilen vorher 
der zu den werten „welches Burnouf erklärt** gehö- 
rige Zwischensatz „ohne sich über das verhältnifs von ya zu 
i auszusprechen** weggefallen. Ebenso ist in §. 39 der satz 
„Was das {g« anbelangt, welches ich früher mit Burnouf 
durch t umschrieben habe, so halte ich es jetzt mit Anquetil 
f&r eine media** in: Quant k la lettre "ti^je la regarde avec 
Anquetil comme une moyenne gekürzt. Auch in §. 44 
anm. ist die beziehung auf Bumoufs abweichende ansieht 
fortgeblieben. Ebenso ist die anmerkung zu §. 56 a, in 
welcher eine abweichende ansieht Burnoufs besprochen 
wird, weggeblieben, wie auch wohl in consequenz dessen 
die zu §. 62***). Auch die anm. zu §. 60, welche sich 
gegen' eine andere ansieht Burnoufs wendet, ist weggeblie- 
ben, wie ebenfalls die zu §. 127, in welcher die mitthei- 
lung enthalten ist, dafs Burnouf, eine frühere ansieht der 
von Bopp aufgestellten gegenüber aufgegeben habe. Es 
scheint uns, dafs diese bemerkungen immerhin hätten ste- 
hen bleiben können, denn einmal ist ihre fassung so ob- 
jectiv, dafs sie auch nicht das mindeste verletzende hatten, 
andererseits scheint es uns gar nicht überflüssig bei Stu- 
dien wie die des zend auch die abweichenden ansichten 
eines so bedeutenden gelehrten wie Burnouf nicht aufser 
acht zu lassen. Hr. Breal hätte es dem leser überlassen 
können, sich selbst ein unpartheiisches urtheil zu bilden. 

Die anm. zu §. 52 s. 82 B. ist ihrem hanptinhalt nach 



318 Schmidt 

gleich in den text gebracht; die zu §• 54 unbeschadet des 
Inhalts verkürzt. 

In §. 123 ist die ansieht Benfey's, welche in dem 
Satze „doch glaubte^ — bis — „sollten^ besprochen wird, 
passend in einer anmerkung untergebracht. 

Doch diese beispiele mögen genügen, um zu zeigen 
mit welcher umsieht der Übersetzer verfahren ist. Wir 
bemerken zum schlufs, dafs hr. Br. in <- einer lesenswerthen 
einleitung von 56 ss. sowohl die bedeutung der verglei- 
chenden Sprachstudien als auch ihre entwicklang seit Bopps 
erster schrift bis auf die neueste zeit in klarer weise dar- 
gestellt hat, in der natürlich die Schilderung der lebens- 
umstände und die litteraische thätigkeit Bopps den haupt- 
inhalt bildet. Interessant ist hierbei eine mittheilung im 
dritten abschnitte, der von der Stellung Bopps zu seinen 
Vorgängern handelt, wir erfahren hier, dafs nicht, wie ge- 
wohnlich angenommen wird, William Jones der erste ge^ 
wesen sei, welcher die Verwandtschaft des sanskrit mit dem 
europäischen sprachen erkannt habe, sondern dafs bereits 
im jähre 1767 ein französischer jesuit, P. Coeurdoux, diese 
entdeckung gemacht und in einer abhandlung derfiranzösi- 
schen akademie vorgelegt hatte. 

Wir wünschen herm Breal rüstigen fortgang seines 
Werkes sowie dafs sich die ho£S:iung f&r die Verbreitung 
und Vertiefung dieser Studien, in der er es unternahm, lo 
ihrem ganzen umfang erfüllen möge. 

A.KuhD. 



Etymologisches. 

Kuhn hat in dieser zeitschr. III, 429 ff. die indoger- 
manische WZ. skag behandelt, für welche er die bedeutun- 
gen springen, hüpfen, causat. erschüttern nachweist. Im 
deutschen erscheint diese wurzel regelrecht zu skak ver- 
schoben als ags. scacan, nord. skaka, skekja qnatere, 
concutere. Augenscheinlich verwandt mit diesen ist nord. 



etymologisches. 319 

skoekja mer^trix d.h. agitatrix viroram, welchem die- 
selbe vorstelhing wie dem skr. püpkali zu gninde liegt. 
Von hier aas glaube ich auch das von Ebel zeitschr. 1, 297 
und Legerlotz zeitschr. VII, 238 behandelte griech. xdaaa 
meretrix erklären zu können. Es ist laut f&r laut dem 
nord. skoekja gleich. Das anlautende a fiel ab wie in 
xdjtSTog neben axdnsTogy xvrog neben axvrog u. a.; vergl. 
Curtius g. e. % s. 623 f., und aus *xayja ward xdaaa^ wie 
aus *Te*yjw tdaa^ü. Auch lit. keksz6 meretrix hierher zu 
stellen ist man versucht, nur macht das sz, welches nach 
k einem ursprünglichen s ent^richt, Schwierigkeiten. Als 
einschub darf man es kaum ansehen, denn als solcher hätte 
es vor dem k zu stehen; vgl. Schleicher lit. gramm. §. 24; 
Compend. s. 265. Möglich ist aber, dafs in dem worte 
das beliebte suffix -iszke steckt, dafs sich also neben den) 
voraus zu setzenden *keg6 ein gleichbedeutendes ^ke- 
giszk^ gebildet hätte, wie gleichbedeutend neben einan- 
der stehen mot^' und moteriszke weib, vyras undvy- 
riszkis mann. Aus ^kegiszk6 wäre dann *keg8zkS, 
kekszke (vgl. äuksztas aus augsztas) und endlich mit 
beseitigung des zweiten k köksz^ geworden. 

Zu derselben wurzel stellt Kuhn die schon früher von 
Schleicher identificierten skr. Khäga, Khägä caper, capra 
und altbulg. koza. Auch dies wort hat sich auf deut- 
schem boden erhalten, es ist das ndd. höhen haedus, 
das ursprünglich anlautende s ist verloren und k dann re- 
gelrecht verschoben wie in dem wurzelverwandten hinken 
= öxaCta = skr. khang, ahd. hüt = axvrog*). Ahd. 
ziga, welches Schleicher formenl. d. kirchensl. spr. s. 99 in 
Zusammenhang mit skr. Mhagä vermuthet, hat man also 
wohl von letzterem zu trennen, da es unwahrscheinlich ist. 



♦) aber der vokal ö erhebt doch einigen einsprach; das wort zeigt ihn 
überall: bei Dähnert höken 8. (ohne angäbe des geschlechts), BW. höke 
Ziegenböcklein. Mecklenburg and Hamburg R., Weber höke im N. S. iq. 
ziegenböckchen, in Schles. iq. schöps, Schambach: hoiken n. dne junge 
ziege, die noch nicht gelammt hat. Die deminutivbedeatung so wie auch 
die durch Schambachs angäbe des geschlechts wohl gesicherte deminutivform, 
lassen das k als nicht worzelhaft, sondern znr endung gehörig erscheinen. 

anm. d. red. 



320 Rodiger, miscelle. 

dafs Khaga sich in zwei so verschiedenen gestalten wie 
höken und zige in zwei deutschen dialekten wieder- 
spiegelt. Johannes Schmidt. 



Jioadovog. 
Eins der anstöfsigsten griechischen composita ist das 
bei Pindar und Aeschylus zu öfteren malen vorkommende 
SioöSoTog. Denn halten wir den ersten theil desselben ftkr 
den genetiv zum nominativ Zeig, so sieht man in der weit 
nicht ein, wie derselbe zur bedeutung des compositums 
passen soll. Alle Schwierigkeit wird aber gehoben, wenn 
wir äioo' als bildung der wz. 3tf durch suffix eg skr. as 
ansehen, dessen o sich wegen des gleichlautenden genetivs 
von dem stamme dij: vor der Schwächung zu e bewahrt 
hat. Freilich ist der von Bopp vgl. gr.' §. 971 erschlos- 
sene vedische stamm divas von Benfey (Sämav. Gl.) und 
den herausgebern des petersb. wörterb. (divöduh = „aus 
dem himmel milchend^??) zu einem genetiv des Stammes 
div degradirt worden, aber das lat. dies- (in Diespiter, bo- 
-dier-nus) und dius- (in per-dius, inter-dius, diur-nus), wie 
sie Corssen ausspr. und vocal. 11 p. 293. 476 aufstellt, schei- 
nen einem griechischen stamme ötea" das wort zu reden« 
Dann aber fehlen auch auf griechischem boden nicht Stütz- 
punkte f&r meine ansieht. Ich nenne zuerst das n. pr. 
JioacfOQog^ freilich nur bei Pseudoplut. de fluv., ferner die 
bildungen SisiTQSifrjg (= 3üTQeq^i]g) „in antiquissimo mar- 
more Atticis literis scriptum^ und dismetTjg {= dÜTtBn^g 
„lichtfiiefsend^, worüber noch nachzusehen meine bemerk, 
oben p. 160), das durch Hesychius und Zenodotus (s. Schol. 
Od. d, 477) ausdrücklich bezeugt ist. Beide leiten, meine 
ich, mit Sicherheit auf ursprüngliches: äifea'i-TQSipijg und 
Sifsa-i-TiBTi^g^ also einen stamm difBa-^ wie ich ihn postu- 
lire. Endlich tritt als festeste stütze dazu das sehr hau- 
fige, z. b. bei Thucydides und Aristophanes sich findende, 
ta Jida-ia „Jovialia, festum quoddam in honorem Jovis**. 

Rieh. Rödiger. 



Forstemann, znr gescbiehte altdeutscher declination. 9SU 

Zur geschichte altdeutscher declination. 

IV. Der genetiv singularis. 

(Fortsetzung). 

Wie ich in den früheren drei an&fttzen (bd. XIY^ 
161; XY, 161 und XVI^Sl) unsere alten Ortsnamen io 
betreff dei: drei ersten pluralcasus durchmusterte, so gilt 
es jetzt die Untersuchung des nicht weniger lehrreicbfin 
Singulars aufzunehmen. Freilich sind hier die formlosem 
Substanzen, die wir nominative nennen, gleich völlig m 
übergehen, eben weil sie uns nichts über formengeschichte 
zu lehren yermögen. Denn das alte «-s klingt in unsorn 
Ortsnamen nicht mehr nach und auch sie filUen die groiae 
lücke zwischen der gotbiscben und der althochdevtsehen 
Sprachperiode so gut wie gar nicht aus. An drei stellen 
der traditiones Wizenburgenses, sämmtlich aus dem jabjr 
718, finden wir zwar die formen Theotbacis, Theotpacis, 
Deopacis als namen eines zum Saargebiete gehörigen ba* 
ches; aber haben wir hier wirklich noch das gothische 
nominativ-s? ist hier nicht etwa eine lateinische einwir* 
kung zu spüren? Das vereinzelte der erscbeinung läfst kein 
sicheres urtheil zu. 

Wir müssen uns deshalb sofort dem genetiv zuwen* 
den. Dieser liefert allerdings ein unendlich reichhaltiges 
material, vorzüglich in den uneigentlichen compositionei), 
deren erster theil aus dem genetiv eines personennamöns 
besteht; das ist ja die hauptmasse aller deutschen orts* 
namen. Dals der analogie dieser tausende von füle noch 
lindere, nicht einen personennamen enthaltenden namen fol* 
gen, habe ich in meinen deutschen Ortsnamen (1863) seite 
188 — 190 an einer anzahl beispiele dargethan; doch ist 
diese kategorie der regel gegenüber nur in schwachem 
masse vertreten. 

Aber so unendlich häufig auch die Ortsnamen sind, 
deren erster theil aus einem persongenetive besteht, so 
müssen wir doch manches hundert derselben als unbrauch- 
bar f&r die folgende betrachtung gleich von vorne hercdn 

Zeitschr. f. vgl. sprachf. XVI. 5. 21 



322 FSiBtemsnn 

verwerfen, da es keinesweg sicher ist, ob wir in ihnen 
einen solchen personengenetiv anzunehmen haben. Kann 
auch ein jedes Altinbnrg die bürg eines Alto, jedes Ri- 
chinbach den bach eines Richo, jedes Swarzinfeld das feld 
eines Swarzo bezeichnen, so wäre es doch thorheit anf 
solche formen im folgenden schlösse banen zu wollen. Es 
ist ja bekannt, wie die Ortsnamen in folge der datiyisch^i 
ellipse eine datiyform annehmen, wie dann aber das gmnd- 
wort die dativform verliert, das bestimmnngswort sie aber 
im geschfitzten wortinnem so oft bewahrt, so dafs also in 
jenen beispielen meistens nur von der alten bürg, dem rei- 
chen bache, dem schwarzen felde u. s. w. die rede sein 
wird. Wir sind ja nun wohl endlich darüber hinaas, ans 
jedem Ostamnaha, Ostarunloh auf die göttin Ostara oder 
auch nur anf ein menschliches femininum desselben na- 
mens zu schliefsen; was sollten wir dann mit einem We- 
stamnaha und Westamnfeld anfangen? 

Beginnen wir unsere Untersuchung mit der vocalischen 
(starken) declination, so bietet sich uns als erste und ehr- 
würdigste endung der o-stämme unter den masculinen das 
-OS dar, wie es noch das altsächsische bewahrt, während die 
andern mnndarten, das gothische nicht ausgenommen, schon 
erleichterungen oder völlige Synkope des vocals antreten 
lassen. Denn so ist entschieden das verhältnüs richtig 
aa%efafst, auch schon im hinblick auf das skr. -oiyo. So 
fafste es auch J. Grimm GDS% 449 auf; wenn er ebenda- 
selbst 635 diese ansieht zurücknimmt und das goth. -w ab 
die ältere form ansieht, so thut er entschieden unrecht; 
seine gründe zeigen hier, wie an manchen andern stellen, 
dab Grimm in seinen späteren jähren in der spräche im- 
mer mehr gebilde eines reflectirenden Verstandes snehte 
und der spräche immer mehr den charakter eines kunat- 
werkes gab. Man denke nur an seinen parallelismaa 
zwischen dedinations- und ablantsvocalen und an so man- 
ches andere. 

Die etwa 120 fSüle, die ich mir von solchem -os in 
ortsnamoi an%ezeichnet habe, theilen sich sehr scharf in 
drri ganz verschiedene klassen: 



zur geschichte altdeutscher dedination. 923 

1. Die friesisch-sächsische gruppe. In Fries» 
land, den Niederlanden, Westfalen, Engern and Ostfalen 
gilt in echten Urkunden von der ältesten erreichbaren zeit 
an (die leider auf diesem gebiete nicht in eine sehr frQhe 
periode fällt) bis ins elfte Jahrhundert hinein die endung 
-as: Fretholdasthorp, Havocasbroc, Earalasthorp, Hoki- 
nasluva und mehr als sechzig andere formen bieten hier 
die beispiele dar. Das stimmt gut zu den andern Sprach- 
denkmälern dieses gebietes, wie der beichiformel und der 
Freckenhorster rolle. Der Heliand freilich zieht schon das 
-es vor, mit ausnähme einiger stänmie auf -ja^ in denen 
er öfters -eas schreibt (gesideas, herdeas, suotheas), oder 
auch nach wegfall des e blofses "Os (tiras, suothas); da- 
neben gilt in einzelnen formen -le« (gesidies, herdies, suo- 
thies); vergl. Grimm GDS% 450. In den Ortsnamen finde 
ich das ursprüngliche -ias dieser bildungen nur noch in 
einem friesischen Stucciasvurd aus sec. 10, vielleicht auch 
in dem aus derselben gegend und zeit stammenden Riaz- 
vurd; noch früher, sec. 9, in dem westfölischen Hrlasford, 
welches a. 977 zu Reasford, 1049 zu Riesfordi entartet. 
Letzterem stehn im neunten Jahrhundert engrisches Hikies- 
husun und Meckiestorp, so wie ost&lisches Siniestorp 
gleich. Die tradd. CorbejeAses gewähren überall blofses 
-eSy doch ist dabei in anschlag zu bringen, daä die hand- 
schrifb erst aus sec. 15 stammt. 

Anziehend ist es zu sehn, wie dies alte -as in den 
an das sächsische gebiet grenzenden landschaflen schon 
so frühe verstummt ist, dafs unsere, hier zum theil sehr 
alte Überlieferung es nicht mehr erreichen kann. Auf thü- 
ringischem gebiete lesen wir a. 974 Erfasfurt (Erfurt), 
aber nicht in einer thüringischen, sondern in einer bairi- 
schen Urkunde, und wir werden gleich sehn, dafs das ganz 
in der Ordnung ist. In Hessen begegnet sec. 11 ein Wil- 
lichashuson in Ekkeberts leben des Haimerad, und das ist 
allerdings doppelt auffallend, wenn man bedenkt, dafs Ek- 
kebert in Hersfeld lebte. Ripuarien gewährt a. 846 ein 
Scindalasheim, jedoch in sehr schlechtem urkundenab- 
drucke, der durch die neuere lesung der stelle Scindala- 

21* 



324 Fdrstemann 

sceiz widerlegt wird. Ein Flatmarasbeki sec. 9 zeigt sieh 
in der gegend von Elberfeld, doch gehört die stelle den 
Urkunden des klosters Werden an der Ruhr an und be- 
stätigt deshalb nur die oben angegebene regel f&r West- 
falen. 

2. Die elsässische gruppe. Die Weifsenburger 
traditionen und andere elsassische Urkunden geben folgen- 
des her: Beroldasheim sec. 8, Moraswilari a. 771, Kodas- 
haim und Eringisashaim a. 778, Liutmarasheim a. 784, On- 
chisashaim a. 785, Hantscohashaim , Tunchinashaim und 
Wigfridasbaim a. 788, Hanscboashaim a. 803, Sowinashaim 
a. 829, Bothalaswileri a. 884. Da die letzte form, noch 
dazu in einem wenig genauen abdruck bei Schöpflin, chro- 
nologisch sehr vereinzelt dasteht, so werden wir jenes ^as 
als elsässische regel nur bis ins erste viertel des 9. jahr- 
hnnderts annehmen dürfen. Wir sehen hier wieder eine 
bestätigung der von mir schon öfters angedeuteten Wahr- 
nehmung, dafs der elsässischen mundart des 8. Jahrhun- 
derts vieles mit sächsischem wesen gemein ist. 

Nach Lothringen hinein hat sich dieses »as nicht ver- 
breitet; ein erst 1051 vorkommendes Luterasdarra im 
Luxemburgischen, das noch dazu a. 1026 Luteresdarra laa- I 
tet, ist nicht erheblich; ich wiederhole hier übrigens noch- | 
mals ausdrücklich, dafs manche meiner citate in meinem ' 
namenbuche vergeblich gesucht werden, da ich dasselbe 
handschriftlich längst weit überholt habe. Wie übrigens 
Elsafs sowohl als Lothringen unendlich oft den deutschen 
genetiv der bestimmungswörter romanisiren und uns damit 
den anlafs zur beobachtung der deutschen mundart des lan- 
des rauben, wird unten angeführt werden. 

3. Die bairisch-östreichische gruppe. Wäh- 
rend uns die beiden andern gruppen wirklich altes echtes 
-as darboten, erscheint hier eine rückkehr des gemeinen -i» 
zu dem ursprünglichen vocale, eine unbewufste rüekkehr, 
oder vielmehr ein schwanken des tones, durch welches das 
spätere farblose ^es vorbereitet wird. Und doch hat diese 
entartung auch ihr interesse. Wer sich erinnert, dafs ioli 
in meinem aufsatze über den dativ pluralis aussprach 



zur geschichte altdenUcher declmation. 926 

(zeitschr. XVI, 98), das gemeine -um, -un gehe seit 873 in 
der Schweiz, seit 885 in Sehwaben, seit 899 in Baiern in 
-an über, den mufs es als ein wunderbares zeugnifs von 
dem Organismus berühren, welchen die spräche auch ifi 
ihrer entartung bewahrt, wenn er hört, dafs das el*8te ge«> 
netivische -as in Baiern uns in einem Umpalasdorf a. 874 
begegnet, welches sich a. 902 noch einmal wiederholt» 
Seit der zeit ist in Baiern, das ganze 10. und 11. jähr«' 
hundert hindurch, dieses *as nicht selten und beispiele wii 
Eigilaspah a. 101 1, Tagaprechtasdorf a. 1011, EparaspaCb 
sec. 11, Frimuntaspach sec. 11, Cozpoldastorf a. 1060, so> 
wie manche andere geben gewähr dafür, dafs hier von 
blofser Schreiberwillkür oder von verderbnils nicht die rede 
sein kann. Dem läufl östreichischer gebrauch parallel,, 
wenn wir. ihn auch erst aus sec. 1 1 durch ein Bouckerafr- 
torf, Imicinastorf, Liutoldasdorf, Kadwanasbach, Schiltas^ 
dorf, Sitilinasdorf u. s. w. belegen können. Aber hier hat 
auch die sache ihre grenzen, die nach norden, westen und 
Südwesten nicht überschritten werden. Nördlich von der 
Donau ist dieses -as unerhört, denn ein Chuningishaobn 
aus dem jähre 823 hat kein gewicht, zumal da man auf 
derselben seite auch Chuningishaoba liest; Maganaspach 
a. 990, am Regen liegend, ist auf bairischem gebiete nie- 
dergeschrieben worden und eben so verhält es sich mit 
Berahartashusun sec. 11. In Schwaben kommt keinem ein* 
zigen orte ein -öä zu; wenn a. 890 der bekannte schwä* 
bische gau Perahtoltaspara geschrieben wird, so geschieht 
das nicht, weil der gau in Schwaben liegt, sondern weil 
die Urkunde zu Regensburg von könig Arnulf ausgestellt 
wurde. In der Schweiz endlich begegnet auch nicht eia- 
mal ein scheinbares beispiel von solchem -o^« 

Damit ist alles erschöpft, was über organisches und 
unorganisches -as beigebracht werden kann. Wie ich in 
einem früheren aufsatze (zeitschr. XIV, 169 f.) darthat, dafs 
die puralen nominative auf -a« in seltenen fäUen bis zii 
einem -os oder -us abirren, so geschieht das auch in un- 
serem falle, aber gleichfalls ohne irgend welche regel, sour 
dem nach blofser Schreiberwillkür, Man erwäge Buddr 



Foratemfluii) 



fosdorf a. 800 (Thüringen), Biscofosheim sec. 9 (Ostfran- 
ken), Secchosowa a. 862 (Schwaben), Cozzosowa a. 907 
und 909 (Schweiz), Muntrichoshuntare a. 961 (Schwaben), 
Heroltosbach a. 1027 (Schwaben), Gauhospach sec. 11 
(Oestreich), Geroshasin a. 1100 (Schwaben) j ferner Alhfri- 
dushnsen a. 793 (Ripuarien), Heidnlfushaim a. 801 (El- 
8a&). Haribertus villare a. 777 (Schwaben) ist kaum mehr 
als deatscher name anzusehn und Dorloshaim (Elsass) 
könnte nur dann irre führen, wenn man nicht wQfste, dals 
hier Torolfesheim die echtere form ist. 

Nur bei dem einzigen hier in betracht kommenden 
stamme auf -ti, thiu, haben wir viele genetive auf -o«, je- 
doch ist ja hier der vocal nicht der casusendnng angeho- 
rig. Wir kennen Engildiosdorf aus a. 879 (Oestreich), 
Heridioshusa sec. 10 (Baiern), Rihdiosdorf a. 1030 (Baiern), 
Dagadeos marcha a. 863 (Oestreich), Sindeoshusun und 
Sindoshusa sec. 10 (Baiern). Dafs hier hinter dem o noch 
ein vocal ausgefallen ist, zeigt der letztgenannte ort, dem 
wir schon seit sec. 8 mehrfach in der form Sindeoeshusir 
begegnen. Duisburg am Niederrhein zeigt keine form, die 
an alterthfimlichkeit Ober Thiusburg hinausgeht, woneben 
dann hochdeutsches Diusburg gilt. Die Umstellung der 
beiden vocale, mit der wir noch heute den namen schrei- 
ben, beginnt schon in einzelnen quellen des 10. Jahrhun- 
derts. Eine einzige Urkunde schreibt a. 993 ganz irrig 
Diasburg; nach dem oben mitgetheilten wird man gleich 
ahnen, dafs das nur eine bairische sein kann. 

Während die endung -o«, an die ich alle diese ein- 
zelnen aus wüchse der spräche anschlofs, nur den o-stäm- 
men zukonunt, hat die form -is^ die in urdeutscher zeit 
den «-stammen eigenthttmlich geweben sein mufs, sich schon 
unendlich früh das gebiet der a-stämme mit annectirt; 
schön im gothischen gilt ja fiskis wie balgis. 

Daher kommt denn auch auf unserm gebiete, dafs 
den etwa 120 beispielen eines -o«, auf welche die obigen 
Bemerkungen sich gründeten, etwa fünftehalbhundert fölle 
von -w gegenüberstehn. In seiner unbestrittenen herr- 
schafl als allgemeine starke masculinendung wird es nur 



zur gescbichte altdeatocher deoHnation. 327 

beeinträchtigt 1 ) durch das abgeschwächte -e«, welches 
wir (ob auch in unzweifelhaft echten Originalurkunden, 
wage ich nicht zu entscheiden) schon im 8 Jahrhundert 
finden, welches dann im 9. Jahrhundert schon so überwiegt, 
dafs Grimm in seinen althochdeutschen paradigmen nicht 
mehr -i«, sondern ^es als regelmäfsige form ansetzt, und 
welches nun von Jahrhundert zu Jahrhundert die ältere 
Schwestergestalt immer mehr überwuchert, so jedoch, dals 
im 11. und l'2.jahrh. noch immer massenweise -m vor- 
kommen. Was die Ortsnamen insbesondere angeht, so föUt 
es auf, dais in der Schweiz das alte -i« im 11. jahrb. 
schon ganz ausgestorben ist, während es in Schwaben^ 
Baiem, Oestreieh noch blüht. 

2) Durch das oben besprochene -ii#; und das ist ein 
punkt, der mehr anzieht. Es handelt sich hier zunächst 
um die frage, wie weit friesisch-sächsiches -as auf o-stämme, 
-M dagegen auf i-stämme hinweist, mit welchem grade der 
genauigkeit wir also die themabildung der personennamen 
aus der form der Ortsnamen erschliefsen können. Zu dem 
zwecke theile ich hier sämmtliche beispiele eines friesisch- 
sächsischen "is mit, deren manche mit mehreren Varianten 
an verschiedenen stellen erscheinen: 

Einfache personennamen: Egisbergun, Ekishusun, Ekis- 
biki, Ahtisberga, EUisvurd, Adistharp, Edishnsen, Brunis- 
berg, Bettisthorp, Bunistharp, Bisisheim, Dennisthorp, Do- 
dishusun, Erisburg, Hathisleva, Imiswald, Lopishem, Mi- 
nisleva, Merchishem, Otishnsun, Odisthorp, Eadistharp, 
Scalchispurg, Selispura, Sinisleba, Sullishusun, Uttislevo, 
Waldislevo, Widisleve. , 

Abgeleitete p. n.: Bodliswert; Bisinisburg, Budinisvelt, 
Emdinishem, Egininkisrod, Bruningisstedi. 

Zusammengesetzte p. n.: Sigefridismor, Alegremishu- 
sen, Elkerishuson, Emerisleve, Botherisdorf, Beginherishu- 
sen, Spirneriswald, Thieterisdorp, Levardishusun, Machel- 
mishuson, Brunhiidisdorf^ Gerleviswert, Fosetisland, Helm- 
wordishusen. 

Diesem gegenüberzustellen isi nun das verzeichnifs 
des friesisch-sächsischen -as. 



Emfaohe p. n.: Ascasberg, Ellasvord, ElasLaya, Ac- 
qastorp, Bisashem, Ejiralasihorp, Ekasbeld, Dongasthorp, 
Bamaslauti , Rammaahuyila, Havocasbroc, Hriasford, Lib- 
tttihorp, Marastbarp, SvaTasthorp, Voccasthorp, Welas- 
tharp, Wenaswald, Winashem. Erwähnt werden mögen 
hier noch Bergashorid, Binasborg nnd Wazarashwervia, 
die freilich keine personennamen enthalten. 

Abgeleitete p. n. : Hasicasbrn^i, Tnnglasthorp, Witi- 
laBhem, Rothalasbnrch, WifiladuTa, HokinasluYa, Nnonho- 
kinaslnva^ Osanaslnva, Frathinashem, Judinashnvila. 

Zuaamniengestzte p. n.: Wibadaskerikon, Beinbodas- 
hnson, Osbragtashem, Adalgerasthorp, Gerhardasweritha, 
Folcierdasthorp, Diorardasrip, Wagraslaya, VnlYierasthcHrp, 
Diseldashnsen^ Badanathashem, Frethnnathasthorp, Alva- 
tasthorp, Fretmarashem, Hrodmaraslnva, Atmarasbokholt, 
Henrikaskirichan, Landrikashem, Fretholdasthorp, Aldol- 
fadiem, Adolrascartis, Hrothalvashem. Dazu noch die mir 
anklar gebliebenen vereinzelten Siwataras hwervia und Si*- 
nokanashem. 

In folge der mannigfachen trfibenden Terhältoisee, 
anter denen der alte namenachatz anf ans gekommen ist, 
darf es nicht aufifallen, wenn diese beiden Terzeichmsse 
sich nicht in voUer reinheit von einander scheiden, son- 
dern vielmehr einige scheinbare Widersprüche anfbret^a. 
So z« b. ein EUasvurd neben Ellisvord, ein Be^nherishn- 
sen neben Yulvierasthorp; kaum fällt Scalchispnrg anf, da 
scalc servns ün altsächsischen das thema scalca hat, denn 
man merkt an dem ch und p gleich den hochd^itschen 
dnflufs. Im ganzen wird man doch durch beide verzeich* 
nisse bestätigt sehn, dals das erste die regel der stamme 
auf -t, das zweite die weise der stamme anf -a dar- 
stellt; dem ^bodas, -brahtas, -maras, -rikas, -vu1£b» stehn 
keine formen auf -^is zur seite. 

Auch die elsässische gruppe der formen auf -ai, f&r 
die ich oben beispiele gab, welche aber mit dem ersten 
viertel des 9.jahrh. ausgehn, muis den entsprechenden anf 
-^ g^enübergestellt werden. Dort beg^^en nun ans so 
irüher zeit die formen Fredishaim, Wingishaim, Uldshaim, 



zur geschichte altdeutscher declination. 329 

Romanisheim, Hundinishaim, Tuginisfaeim , Wittinishaim, 
Ratherisheim, Hugilagishus, Arlegisberg, Svindratisheim, 
ÄDSuIfisthaim; endlich das ganz verderbte Hiscbaigitisagmi. 
Sie zeigen sieb nocb unorganischer in bezug auf die wähl 
des vocals als die friesisch-sächsischen namen; Fredishaim 
widerspricht dem Wigfridashaim, Wittinishaim dem Sowi- 
nashaim, Ansulfisthaim dem sächsischen Aldulfashem. Der 
mangel an einer gröfseren zahl von belegen hindert uns 
zwischen organischem und unorganischem genauer abzu- 
wägen. 

Bei der dritten gruppe, der bairisch-östreichischen, 
geht endlich schon aus dem oben gesagten hervor, dalb, 
da sich das ausnahmsweise auftretende -as des zehnten 
und elften Jahrhunderts schon als völlig willkürlich erweist, 
um so mehr bei dem regelmäfsigen -is aller gedanke an 
seine vorzugsweise Zugehörigkeit zu t- stammen aufgegeben 
werden mufs. 

Dafs einige sächsisch- friesische formen von «a- stam- 
men im genetiv -te« darbieten, habe ich schon oben er- 
wähnt, dazu stelle ich nun noch thüringisches Edieslebo 
und Tasiesdorf (beides aus sec« 8) und rheinfränkisches Ha- 
rieshaim von 773 und 774. Man sieht, dafs solches -ies 
fast nur dem 8. und 9. jahrh. angehört, noch dazu aber 
den süddeutschen stammen, so weit sie uns erreichbar sind, 
ganz fremd bleibt. 

Wir kommen nun zu den starken femininen. Von 
einfachen und abgeleiteten unzusammengesetzten weiblichen 
namen auf ^a kann hier nicht die rede sein, da sie schwach 
decliniren; ein bairisches Chuntilapuron von 820 und ein 
ostfälisches Hazsacarod von 993 sind auffallend und gan^ 
vereinzelt. Im übrigen ist es bekannt, dafs die starken 
feminina auf -a im altsäohsischen den genetiv auf -d bil- 
den. Dem entspricht zunächst das vielfach belegte Ma* 
gathaburg, Magadaburg, für welches ich nur an drei stel- 
len ein Magadoburg und Magedoburg geftmden habe. Dann 
erwähne ich aus Engern Peringisamarca (a. 889), aus Ost- 
falen Wirintagaroth (a. 1041), aus Ripuarien Walderada- 
givelle (a. 992) und Blikardaroth (a. 948). Wie immer, so 



330 Fdntemann 

ecbliefst sieb auch hier der sächsischen weise das £l8afs 
und Lothringen an: Danamarachirica (a. 1016 zweimal), 
Margbergawilare (a. 769), Dhancleobahaim (a. 77Ö), Wolf- 
gundawilari (a. 830 zweimal), Wolfsiudawilare (a. 830). 

Für die hocbdeutscben mundarten setzt Grimm als re- 
gelmäfsige genetivendang der femininen a- stamme ein -o 
an, bemerkt aber, dafs Kero und einige andere quellen 
daf&r ein "d liefern. Nach den namen zu scbliefsen ist 
vielmehr -d die regel, -o die ausnähme. Aus Thüringen 
haben wir Berchtlougarod (a. 947), Gerburgaburg (a. 979), 
Herlicarod (a. 993); aus Hessen Alstratahusun (sec. 11); 
aus Rheinfranken Lantswindawilare (a. 1030) und Willi- 
gartawisa (a. 828); aus Schwaben Kapirgahusa (a. 995). 
Am reichsten ist Baiern: Kerhiltahusun (a. 820, sec. 10), 
Cozhiltahusum (a.835), Grimhiltaperg (sec. 10), Heripirga- 
chiricha (sec. 10 zweimal), Suanahiltadorf (sec. 10), Swid- 
muotachiricha (sec. 10), Wisigartadorf(a. 1011). Aus Oest- 
reioh und der Schweiz begegnet kein beispiel. In der letz- 
teren scheint das verblafste -e schon sehr frühe eingetre- 
ten zu sein; auch oben sahen wir, dafs die -U in den mas- 
culinen schon im 11. Jahrhundert verschwunden sind. 

Das nach Grimm regelmäfsige -o kann ich nur aus | 
Hessen, Rheinfranken, Ostfranken, Schwaben, Baiem und 
Oestreich belegen ; nach westen und norden reicht es nicht 
weiter. Hessisch ist Ruobburgorod (a. 1028), Siburgohu- 
sun (a. 1018 und sec. 11), rheinfränkisch Madalbergostraza 
(a. 959), ostfränkisch Garradohuson (a. 1031) und Wem- 
burgohusun (a. 1057), schwäbisch Adaldrndowilare (a. 858), 
bairisch Herisvindohusa (sec. 10) und Suanahiltodorf (sec. 1 1), 
östreichisch Ellinpurgochircha (sec. 11). Ganz vereinzelt 
irren die Schreiber, wie wir ähnliches auch beim gen. plur. 
beobachtet haben, von diesem -o hinab zum -u. So findet 
sich in Ostfranken ein Gerratuhuson (a. 901), Ruodswin- 
duhusun (a. 906) und Sehilturode (a. 944, sec. 10), in En- 
gern ein Heriswithuhuson (sec. f 1), in Westfalen Hrothbnr- | 
guhusen (sec. 9). Es fällt auf, dafs fünf von diesen sechs 
fällen auf --husun ausgehn ; vielleicht hat das u dieses wor- 



zur geschiebte altdeutscher declination. 331. 

tes den Schreiber verführt, diesen vocal auch in die vor* 
hergehende silbe einzuschmuggeln. 

Feminina auf -i sollen im althochdeutschen und alt* 
sächsischen die genetive auf -1 bilden. Davon gewähren 
die namen, da hier schon massenhaft das -e eingedrungen 
ist, nur wenig beispiele. Elsässisch ist Vuldroroodihaim 
(a. 739) und Achiltihaim (a. 792), ostfränkisch Dietbirgi- 
riut (a. 1030 und 1075), bairisch Gerhiltihusun (a. 1070) 
und Suanahiltidorf (sec. 10). Von diesen beispielen h|it nur 
Dietbirgiriut unorganisches -i, obiges Rapirgahusa war 
richtiger; umgekehrt sind die obigen formen mit -hilta 
schlechter als die hier erwähnten mit •hilti, obiges Swid- 
muotachiricha schlechter als Vuldromodihaim. Man darf 
sich über solches schwanken nicht wundern; dieselbe er- 
scheinung tritt hervor, wenn die abfasscr der Urkunden bei 
den lateinischen formen deutscher frauennamen zwischen 
den endungen -is (für t-stämme) und -a (für a-stämme) zu ' 
wählen haben. Selten ist -is bei den auf bald, berht, gis, 
grim, hraban, ing, rad, wald, win ausgehenden, selten -a 
bei denen auf -gild, -gard, «lind, -mod; am meisten schwan- 
ken zwischen -a und -is die auf birg, bürg, drud, frid, 
gund, hild, sind^ swind. 

Es folgt nun die consonantische, schwache declination. 
Wir gehn davon aus, dafs in dieser das sufiSx bei Ursprung* 
liehen €(- stammen »an^ bei i- stammen -in gelautet haben 
mufs, masculine und feminine declination aber sich von ur- 
deutscher zeit an so unterschieden hat, dafs letztere eine 
Verlängerung des vocals (also gothisch -on und -et«) erlitt. 
Das ursprüngliche a von -an bei den masculinen erscheint 
noch im angelsächsischen, altfriesischen und altnordischen 
(in letzteren beiden mundarten mit apocope des -n); im 
altsächsischen finden wir im Heliand acht fUle von -an 
gegen mehr als zwanzig von -on (auch schon viele auf -en), 
die alts. psalmen zeigen nach hochdeutscher weise ein -in. 
Das gothische, obwol durch das auslautende -« der schwa- 
chen genetive weit allen andern deutschen mundarten vor*, 
ausstehend, wird doch von ihnen durch den vocal, der zu, 
-f erleichtert ist, theilweise sichtbar übertreffen. Diese er* 



332 Föratemann 

leichteruDg tfaeilt das althochdeutsche, welches freilich schon 
früh das verblafste -en zur herrschaft kommen läfst. Bei 
den femininen ist das supponirte ^dn in Wirklichkeit nir- 
gends zu finden; das angelsächsische hat kurzes -an^ das 
das friesische -a. Gothisch gilt stets -öns, ahd. -tin; im 
Heliand ist -ün doppelt so häufig als "dn ; einmal begegnet 
auch der genetiv nadlan neben nadlün. Die altsächsischen 
Schwankungen lassen es nicht zu, eine bestimmte regel auf- 
zustellen, da die verschiedenen formen bei demselben worte 
vorkommen; es gilt frohon, alowaldon, frahon, welon, brun- 
non, herron, willion neben frohan, alowaldan, frahan, we- 
lau, brunnan, herran und willean, ebenso seolön und sun- 
non neben seolün und sunnün. Für t-stämme, die bei der 
consonantischen declinatiön überhaupt sehr zurücktreten, 
bietet das gothische nur feminine genetive wie manageins^ 
das althochdeutsche solche wie menekin; die andern in 
betracht kommenden mundarten liefern keine spur mehr 
davon. 

Mit diesen ans der grammatik der appellativa gewon- 
nenen Sätzen treten wir nun an die namen. Die beispiele 
zeigen uns in etwa 150 fallen den ausgang des ersten thei- 
les der composition auf -an, in etwa 900 fällen auf -m, in 
nahe an 100 auf -on, in etwa 125 auf -f^;i, ein unterschied 
von länge und kürze des vocals ist uns bekanntlich nicht 
überliefert. Wir gehn jede dieser vier formen für sich 
durch. 

1) Jenes -an haben wir der oben angedeuteten theorie 
nach nur bei masculinen auf niederdeutschem gebiete zu 
erwarten. Dieser theorie entspricht auf den ersten blick 
gerade die hälfte jener 150 formen; es kommen darunter 
vier friesische, 25 westfölische, 29 engrische und 17 ost- 
falische örter vor. Dazu kommen noch diejenigen falle, in 
welchen der ort zwar aufserhalb des friesisch -sächsischen 
gebiets liegt, die niederschreibung der sprachform aber in 
jenem gebiete erfolgt ist; so heilst Bamberg (hochdeutsch 
Babinberg) bei Thietmar und in den Quedlinburger anna- 
len Bavanberg; der Gibechenstein bei Halle bei Thietmar, 
in den Hildesheimer annalen und im leben des Paderborner 



zur geschichte altdeutscher decÜDation. 333 

bischofs Meinwerk Givekanstein u. s. w., thOringisches Isa* 
canrod erscheint in Quedlinburger, also ostfölichen Urkun- 
den. Ganz in der nähe von Gibechenstein finden wir 979 
ein Panicandorf, das gleichfalls eine sächsische aufzeich- 
nung verräth, ebenso wie a. 1055 ein thüringisches Seiman- 
roth und Waddanroth, a. 1069 thüringisches Gevanstidi. 
Es kann hier gleich bemerkt werden, dafs nicht eine 
einzige form thüringische und hessische gene- 
tive auf »an mit Sicherheit belegt. 

Dagegen ist in den westrheinischen gebieten, im Elsafs, 
Lothringen, ßipuarien, so wie im rheinfränkischen Worms- 
und Speiergau ein ^an nicht selten. Aus diesen landschaf- 
ten erwähne ich Bobanscote a. 726, Papanhaim a. 739, 
Ethanhaim a. 742^ Munzanbeim, Wachanheim und Wa- 
nandorph sec. 8, Eccandorph und Ginnanhaim a. 770, Gun- 
sanheim a. 788, Elisanheim a. 793, Muomanhaim a. 812, 
Garanbach a.817, Basanbrunnus a. 820, Witanhaim a. 829, 
Odangawe, Blowanscote und Heifanheim sec. 9, Mettan- 
heim a. 873, Gisanheim a. 874, Baidanheim und Owan- 
heim a. 888. Ein schweizerisches Emmanrieth a. 858 steht 
in einer elsässischen Urkunde. Vor dem ende des 9. Jahr- 
hunderts hört das alles aber gänzlich auf; ein Gelanthorp 
sec. 1 1 stammt aus sächsischer quelle. Nun vergleiche man 
die oben geschehene nachweisung, dafs elsässische genetive 
auf -oj bis in die erste hälfte des 9. jahrh. hineinreichen 
und dann verstummen; ihnen ganz parallel, nur räumlich 
und zeitlich etwas mehr ausgedehnt, gehn die auf ^an. 

Diese merkwürdige thatsache bringt uns von vorne 
herein auf den gedanken, es könne wol auch ein bairisches 
-a», aber erst seit der letzten hälfte des 9. jahrh., gegol- 
ten haben, herabgesunken aus älterem -in. Und in der 
that wird diese vermuthung eines völligen parallelismus 
zwischen starkem -as und schwachem -an aufs glänzend- 
ste bestätigt. Das älteste beispiel ist Utanhusa a. 891, 
dann folgen sec. 10 Pallanhusun, Ichanhusa, Tellanhusun 
und Zellanhusa, a. 1011 Elsanpah, a. 1030 Mammandorf 
und Wippanhusun, sec. 11 Pallanhusun, Perandorf, Ebi- 
chanhovan, Henmianhusan, Hattanhoven, Chitanrein, Mam- 



334 FSratemann 

mandorf, Sallandorf, Stallanchiricha, a. 1060 und 1080 
Ouganpurch, a. 1085 Frichandorf, a. 1090 Pallanhusun, 
wozu noch a. 1050 östreicbisches Hinpandorf zu rechnen 
ist. Dieser bairische klang Oberträgt sich auch hie und 
da auf orte, die nicht in Baiern liegen; ein hessischer ort 
wird a. 1068 in einer bairischen quelle Berhtanstad ge- 
schrieben, ostfränkisches Chitanfeld erscheint a. 1002 unter 
den Passauer Urkunden, ebenso ostfränkisches Mahandorf 
a. 1008 und Sueiniccandorf sec. ] 1 in bairischen schrift* 
stocken; ähnlichen grund mag es haben, dafs schweizeri- 
sches Pussanwanch mehrmals a. 886 und 909, schweizeri- 
sches Arananch a. 904, schwäbisches Rochanburra (unweit 
des Bodensees) a. 861, schwäbisches Messankirche (in der- 
selben gegend) sec. 11 gelesen wird. 

Genug, wir sehen in Baiern seit dem ende des 9. Jahr- 
hunderts statt der regelrechten dat. plur. auf -m« ein -an, 
statt der gen. sing, auf 'is und -tn die formen -a« und -an 
nicht selten auftreten, ein überraschend gleichförmiges hin- 
neigen zu dem grundtone a, der in andern gegenden um 
dieselbe zeit gerade erhebliches terrain einbOfst. 

Damit hätten wir alle -an, die uns überliefert sind, 
in ihre drei verschiedenen kategorien vertheilt. Was noch 
übrig bleibt, ist ganz unerheblich; wenn der ungenaue co- 
dex Laureshamensis schon sec. 8 ein Muscanheim in Rhein- 
franken (wo der erste theil vielleicht gar nicht einmal per- 
sonenname ist) und ein Ollanhusen in Ostfranken kennt, 
so ist darauf gar nichts zu geben. Auffallender ist höch- 
stens ein schweizerisches Sneisanwang von 840; am auf- 
fallendsten wäre ein ostfränkisches Waccanheim im Grab- 
felde, wenn nicht ein neuerer und besserer abdruck allen 
zweifei durch die Schreibung Wangheim beseitigte. In 
Ostfranken, Schwaben, der Schweiz sind gene- 
tive auf -an niemals üblich gewesen. 

Dafs jemals auch feminina unter allen diesen formen 
auf -an mit unterliefen, ist bis jetzt nicht ersichtlich. 

Die einzigen beispiele eines -tan von stammen auf -ja 
sind Guddianstede sec. 9 aus Engem, Willianstede sec. 9 
aul3 Ostfalen und Willianwege a. 979 aus Thüringen. 



zar geschichte altdentscher declination. 335 

2) Die 900 formen auf -in sollen der theorie nach die 
hochdeutschen masculinen genetive enthalten, höchstens 
einige wenige Feminina von t-stämmen; in den namen, wo 
die flberlieferung länge und kürze nicht scheidet, werden 
wir von letzteren nichts gewahr werden. 

Damit stimmt nun die beobachtung der eigennamen; 
viertehalb hundert bairische, anderthalb hundert östreichi- 
sche, über hundert schweizerische, mehr als sechzig schwä- 
bische, etwa siebenzig rheinfränkische, etwa fünfzig ost- 
fränkische formen zeigen in diesen landschaften die regel- 
mäfsigkeit der genetive auf -^in, so weit nicht schon stum- 
mes e eingetreten war. Die andern geographischen ge- 
biete müssen wir etwas genauer ansehen. 36 solcher for- 
men aus dem Elsafs beginnen in den ältesten zugänglichen 
Urkunden und sind schon in diesen etwas zahlreicher als 
die gleichzeitig geltenden auf -an, nehmen im 9. jahrh. 
schon beträchdich ab, noch mehr aber im zehnten und elf- 
ten, während gleichzeitig das stumme e immer mehr bo- 
den gewinnt. Dafs in Hessen kein -an gegolten hat, sa- 
hen wir oben; positiven beleg für -in bietet Berinscozo 
a. 782 und Botinhusun a. 1080. Denselben mangel eines 
-an behaupteten wir von Thüringen; ein -in erscheint in 
Emilinhusen a. 897, Fruminstet sec. 9, Sibbinvelde a. 946, 
Tutinsoda a. 974, Cucinburg a. 1004, Ahhilinstat sec. 11, 
Sibichindorf a. 1070. In Ripuarien hat zwar nicht selten 
-an gegolten, dafs aber, namentlich im ll.jahrh., vorzugs- 
weise hochdeutsches -in dort zu hause war, zeigen nicht 
ganz wenige formen; die älteste derselben freilich, Pisin- 
heim von a. 770, begegnet im codex Laureshamensis und 
hat keine beweiskraft für Ripuarien, ein ländergebiet übri- 
gens, dessen sprachliches verhalten einmal besonders unter- 
sucht werden mufs. 

Es bleiben noch die friesisch-sächsischen lande übrig. 
Für sie mufs -an entschieden fast die alleinige geltung be- 
haupten. Aus Friesland erscheinen scheinbar vier beispiele; 
auf das angeblich älteste derselben, Dockynchirica aus 
sec. 8, wird man in folge der völlig barbarischen Schrei- 
bung nicht das geringste geben; das zweite, Eeddingrip 



336 Fontemann 

von 855, ist ganz räthselhaft and vielleieht aus einem äl- 
teren Keddingarip entstanden, dann also nicht hieher ge- 
hörig; nur das dritte und vierte, Asikinthorp aus sec. 9 
und Buosinheim aus sec. 10, jenes in Corvey^ dieses in 
Utrecht niedergeschrieben, erregen einige aufmerksamkeit 
und könnten möglicherweise Beispiele von sonst noch nicht 
entdeckten schwach declinirten friesischen t-stammen sein. 
Die westfälischen formen sind: Basinseli und Ettinhische 
sec. 9, Aginhuson, HukiJIinhem und Sendinhurst sec. 11, 
Allinhusen a. 1072; die engrischen Buckinhusun a. 1031, 
Heginhuson sec. 11, Benninhuson a. 1069; die ostfälischen 
Messintborp sec. 9, Wirinholt sec. 10, Edinhusen a. 1022, 
Beginburstalle a. 1051 und 1057, Huginhusun a. 1052, 
Lucginheim a. 1057, Wichtinbizi a. 1060. Alle diese for- 
men sind im lande selbst niedergeschrieben, sie sind fer« 
ner aus guten unverdächtigen quellen entnommen, an ihnen 
darf also ohne noth nicht gerüttelt werden. Für jede ein- 
zelne eine erklärung aufzustellen, geht über unsere krafi; 
abgesehen von einer oder der andern ungenauen Schreibung 
werden wir annehmen müssen, dafs erstens im 11. jahrb. 
schon das gemeinhochdeutsche -tn auf die sächsischen for- 
men einflufs gewonnen hat (wir erinnern hier an die alt- 
sächsischen psalmen) und dafs zweitens die formen zum 
theil gar nicht hieher gehören, sondern älteres -inga zu -tn 
verunstaltet ist; Edinhusen z. b. kann leicht für Edinga» 
husen stehn. 

3) Nicht ganz hundert formen, die ein -oi» aufweisen, 
sollen der theorie nach erstens altsächsische masculingaie- 
tive sein und dem Heliand nach zu schliefsen häufiger 
vorkommen als das ältere -an, zweitens aber (als -ön) alt- 
sächsische feminingenetive und in diesem falle seltener als 
das regelrechte -ün. Wir können bei den namen beide 
klassen in folge des mangels von quantitätszeichen nicht 
scheiden, doch wissen wir, dafs die erste klasse bei wei- 
tem die häufigere sein mufs, wir wissen es sogar in ein- 
zelnen flUen bestimmt, dafs sie anzunehmen ist, wenn z. b. 
neb^n Givikonsten, Heionhusen, Yconrode und Gelonthorp 



znr geschichte oltdentBcher dedination. 337 

ein GivicaDsten, Heianhusen, Ycanrode a&d Gklanthorp 
steht. 

Wenn wir aus dem einzigen Heliand schlielsen woll- 
ten, im ganzen altsächsischen gebiete sei -oit die regel, -^an 
die ausnähme, so wäre das schon an sich ein fehlschlafs; 
die namen aber lehren geradezu das gegentheil. Wir ha^ 
ben an beispielen gesammelt: 

• -an -on 

Friesland .... 4 2 

Westfalen .... 25 25 

Engern 29 13 

Ostfalen 17 13 

Heliand 8 20. 

Die speciellere heimat des Heliand in Westfalen (denn von 
diesem kann nur die rede sein) wird sich also ergeben^ 
wenn wir bei reicheren Sammlungen eine gegend finden, 
in der das alte -an schon im 9. jahrh. gegen das jüngere 
• an zurücktrat. Uebrigens ist zu bemerken, dafs sächsisch- 
friesisches 'On sich über das ganze 9. bis 11. Jahrhundert 
ausdehnt. 

Aber was machen wir nun mit etwa vierzig föllen von 
-an ans den andern deutschen gebieten, wo der theorie 
nach für diese bildungen gar keine stelle ist? Sind es 
sächsische Schreiber, denen wir jene formen verdanken? 
oder haben die elsässischen und bairischen masculinen •an 
ihren vocal verdunkelt? oder endlich ist neben hochdeut- 
sches feminines -un ein -on getreten? An den ersten fall 
konnte man am meisten in Ripuarien, Hessen und Thürin- 
gen denken, die an sächsisches gebiet anstofsen. Ich muTs 
mich beschränken die ripuarischen formen anzuführen: 
Tottonthorra a. 838, Bobbonberg sec. 9, Gisonhova a. 856, 
Dodonvelt a. 893, Tontondorp a. 898, Liudonthorp a. 948^ 
Adonowa a. 975. Aus Hessen kennen wir nur Helmon- 
scede sec. 9 und Meribodonhago a. 1074, ersteres in 
Corvey niedergeschrieben. Aus Thüringen: Elaton- 
bure a. 874, Sipponveldon a. 937 (in einer quedlinbur- 
ger Urkunde), Duddondorf a. 973, Haichonthorf a. 988^ 

Zeitsohr. f. vgl. sprachf. XVI. 6. 22 



338 Förstemann 

Mochonowe st. 1039, besonders aber Giviconsten a. 961, 965 
und 1076. So viel siebt man wenigstens, dafs in allen 
drei landschaften keine ganz alten formen mit -on aufzu- 
weisen sind. Eben so vereinzelt ist diese Schreibung in 
andern landschaften; Elsafs hat Offonthorof a. 884, dem 
man auch in dem th niederdeutschen einflufs ansieht, und 
Hononheim a. 896, welches schon durch sein unorganisch 
anlautendes h aus der regel heraustritt. Aus Lothringen 
ist zu erwähnen Gingolonheim a. 966, dessen erster theil 
ein ganz unbekannter name ist, Waconforde a. 971 und 
Baddonviler sec. 1 1 , dem man den romanischen Schreiber 
ansieht. Aus Rheinfranken verzeichne ich Momonheim 
a. 771 (neben dem ziemlich in derselben zeit Mopian- und 
Momin- hergehn), Flaconheim a. 823 und Bettonforst sec. 
11, beide letzteren jenseits des Rheins. Ostfranken bietet 
nur Alonfeld sec. 8 (aber im ungenauen cod. Laur.) und 
Popponhusun a. 999, letzteres in einer bairischen Urkunde. 
Nun bleiben noch die südlichen landschaften übrig. Von 
diesen ermangeln Oestreich und Schwaben jeder spur eines 
-on, Baiern zeigt ein aus sec. 8 stammendes, aber erst 
später aufgezeichnetes Peronpah, sonst nichts. Nur die 
Schweiz zeigt, und zwar in genauen urkundenabdrücken, 
sechs fälle: Patolonhusun a. 827 und 830, Puobonwilere 
a.&65, Uzonwilare (sonst Uzin-) a. 873, Ramonwilare a.884, 
Rocconwilare a. 904. Da diese falle innerhalb von wenig 
mehr als sechzig jähren liegen, da die örter sämmtlich in 
der nähe von St. Gallen gelegen sind, so ist diesmal wirk- 
lich anzunehmen, dafs um die zweite hälflbe des 9. jahrh. 
in jener gegend neben dem gewöhnlichen -in eine neben- 
form 'On gegolten habe. 

4) Die etwa 125 beispiele von einem -un (-ün) weist 
die theorie sämmtlich femininen zu und zwar sowohl den 
althochdeutschen als den altsächsischen. Doch sind einige 
der überlieferten formen gleich als verdächtig abzuziehen; 
wenn rheinfränkisches Ingilunhaim nicht selten an stelle 
des weit echteren Ingilinhaim tritt, elsässisches Matunheiai 
anderthalb Jahrhunderte früher Mathinhaim lautet, schwei- 
zerisches Pussunwang älterem und häufigerem Pussinwang 



zur geschichte altdeutscher declination. 339 

g^genfibersteht, schweizerisches Uzunriuda and Uzanaha 
in früheren Urkunden mit Uzin- beginnt, bairisches Popun- 
hasa und Liutunwanc früher als Pupinhusir und Liutin- 
wanc erscheint, so ist in diesen formen der erste theil der 
composition besser als genetiv eines mascnlinum anzusehn; 
wenn der besitzer von Maduncella Madins heifst, so li^ 
dem noch ärgere Störung zu gründe. Was dagegen wei- 
ter zu erwähnen ist, hat alles die ansieht f&r sich, dafs 
wir hier feminine genetive haben, so z. b. das häufige 
schweizerische Witunowa, das nur einmal als Witinowa 
belegt ist, desgleichen das noch häufigere ostfi*änkische 
Hamalunburg, welches nur einmal, und zwar in einer bai- 
rischen quelle, Homolinburg (sie) lautet, das andere mal 
aber in einer sächsischen quelle als Hamelanburg misver- 
standen ist. Friesische beispiele von ^un mangeln ganz; 
Westfalen hat Hadunveni sec. 9 und Vitunbrucca a. 952; 
Engern Altungunhusen sec. 9, Baddunhusun a. 1020 und 
sec. 11, Liudunburin sec. 11; Ostfalen Holdunsteti sec. 9 
und Dununsteti a. 961 und 965; Thüringen Otunbach a. 
874 und 957, Asundorf a. 961, Cucunburg a. 979 und 999, 
Wanunbrucca a. 1039 ; Hessen Gugunberg sec. 8, Ruhun- 
bach a. 801 und 980, LoUunburg a. 980; Ostfranken vor 
allem Hamalunburg a. 777, 812, 823, sec. 9, a. 889, 923 
und öfters, dann Chruchunperk a. 798, Fridunbach a. 807, 
Roggunstat sec. 9, Govunheim a. 923, Tollunstein a. 1007, 
während Fafiinhusa a. 907 unsicher ist; Ripuarien Bardun- 
bach a. 867, Pissunhem a. 898, Sundunberga a. 948, Ru- 
mundorp a. 962; Lothringen Dutilunbrunnun a. 960 ; Rhein- 
franken Azalunheim zweimal sec. 8, üncunstein a. 764 und 
991, Dudunburc sec. 8, Omunheim a. 824, Abunheim sec. 9 
und a. 932, Bicchumbach a. 874, Zozunbach a. 877, Dut- 
tunvelt a. 976, Kagalunstat a. 991, Egizunforst a. 1012, 
Salhunbach a. 1046, Columbach sec. 11; Elsafs Lonun- 
buach a. 777, 779, 780, 782, 784, 786, 792 u. s. w., Dan- 
gunheim a. 776 und 865, Gebunwilare a. 774 und 796, 
Ilunwilare a. 784, Barunwilare a. 784, Dendunwilare a. 784, 
788 und 797, Dettunwilari a.820, Abbunwileri a. 884, Mo- 
rizunwilere a. 968; die Schweiz Hotumbach a. 831, Pua- 

22* 



310 FScBtoMim 

simhoYno a,842, HerichaDmaracba a.853, Ouundorf a. 861, 
Ivunekka a. 885, ThichuDowa a. 942; Schwaben vor allem 
Witunavia a. 786, 790, 809, 838, 861, 864, 873, dann 
Eitrahuntal a. 773 (vom flufsoamen Eitraha), Tatunhusun 
a. 776 UDd 961, Liubilunaha a. 802, Attunstete sec. 9, In- 
ganruti sec, 10, Zattunbusa a. 961, Azelunwilare sec. 11, 
Kazzunstaig sec. 11, Wilunhalda sec. 11; Baiern Hintiin- 
poh a. 731, Rezunpah a. 818, Ekkilunpurc a. 820 und 850, 
Lirundorf a. 1002 und 1025, Azalunphurt sec. 11, Kepun- 
riet sec. 11, Cucunberch a. 1080; Oestreich Moebundorf 
sec. 8, a. 790, 800, 805, 817,830, 1095, Papüundorf a. 888. 
Man sieht, dais in allen landschaften das -tin, wenn auch 
gewifs vielfach beeinträchtigt durch -i» und -e», lebendig 
geblieben ist. 

Diese übersieht von bildungen aus der vocaliscben 
und consonantischen declination hat gezeigt, wie lange und 
in welchen gegenden die alten vollen vocale dem eindränge 
des tonlosen -e widerstehen. Unsere alte declination hatte 
aber noch einen zweiten feind, dem sie indessen nicht un- 
terlag, sondern vielmehr siegreichen widerstand leistete. 
Schon in meinen Ortsnamen (1863) habe ich s. 191 darauf 
hingewiesen, dafs die romanische volksmnndart der west- 
lichen gegenden ihre form in die deutschen namen und 
zwar namentlich in die den ersten theil der Ortsnamen bil- 
denden Personennamen gemischt hat. Diese erscheinen dann 
l:^ftufig in einer form auf -i oder -e, wie Bobunivillare, Bet- 
tunemarca etc., die häufig, wie in Actulfivillare und ähn- 
lichem, von lateinischen genetiven nicht zu unterscheiden 
ist« Ebenso gebräuchlich ist aber eine form auf -o, wie 
in Ansfridohoba, Ansoldowilare u. s. w. Diese sehr häu- 
fige form gehört dem Elsafs und Lothringen an und wird 
von da nur ganz selten in die benachbarteo schwäbischen 
und rheinfiramkischen gebiete eingeschleppt. Am merkwür- 
digsten aber ist sie wegen ihrer dauer; sie beginnt für uns 
mit dem anfange unserer Urkunden am ende des 7. Jahr- 
hunderts, zeigt sich hundert mal das ganze 8. jahrhu durch 
imd erscheint noch in den ersten jähren des neunten. Pann 
veirstummt sie fast plötzlich; ein Theotbertowil^e von 829, 



zur geschichte attdcfotseher deklination. 341 

ein Odonowilare und Weraldocella von 847 sind gans ver- 
einzelte archaismen, die ihren besondern grand haben mfis- 
sen. Der vertrag zu Verdun sprach nur die völkerschei- 
dimg aus, welche die Völker selbst schon längst vollzogen 
hatten. 

Es kommt ja Oberhaupt eigentlich nicht darauf an, die 
laute um ihrer selbst willen zu beobachten, sondern hinter 
dieser lantgeschichte stecken, wenn auch oft verhüllt, ganz 
eigene und wichtige thatsachen. Auf eine solcher that- 
sachen, die hier nicht verschwiegen werden darf, l&hren 
uns auch die in diesem aufsatze abgehandelten mit perso- 
nennamen zusammengesetzten Ortsnamen. Sie lehren uns 
unsere personennamen , dieses wichtige stück unseres cnl- 
turlebens, erst wahrhaft kennen. Wie nämlich zur kennte 
nifs einer kometenbahn fünf demente gehören, so wird die 
bahn eines substantivums , d. h. seine declination und sein 
sonstiges sprachliches verhalten, erst durch drei demente 
völlig bestimmt, sein thema, sein genus und seinen nomi- 
nativ; d. h. abgesehn von Störungen dieser bahn. Wer 
einst auf meinem ersten noch vielfach rohen entwürfe wei* 
ter arbeitend unsere alten personennamen sammelt, wird 
daher die pflicht haben diese bestimmenden demente mög* 
liehst genau zu verzeichnen, wo sie sich nicht von selbst 
verstehn. Nun sind uns zwar das genus und die nomina* 
tive unserer alten personennamen durch die Überlieferung 
ziemlich gut bekannt, das thema aber entgeht uns oft, da 
wir diese namen bei weitem in den meisten föllen nicht 
deutsch, sondern lateinisch declinirt finden. Dafs aber die 
genaue kenntnifs des themas von grofser Wichtigkeit auch 
fbr die bedeutung der personennamen ist, mufs einmal 
mit einigen werten hervorgehoben werden. Es versteht 
sich fast von jsdbst, dafs Wolf (thema Wolfa) und Wolfo^ 
(thema Wolf-in) durchaus nicht dassdbe bedeuten; jenes 
heifst einfach lupm und ist das bekannte thier; dies da** 
gegen heifst qui pertinet ad luputn (sc. Wodani). Und so 
wird überhaupt durch das die schwache declination bil-^ 
dende suffix eine beziehung auf den begriff ausgedrückt,, 
der den körper des namens ausmacht. Nun ist es femer 



842 Föntemann 

klar, dafs der gröfsere theil unserer einfachen namen schwach, 
der kleinere stark decliniren mufs, da nur eine geringere 
ansahl von begriffen an sich zur bildung von pefBo- 
nennamen geeignet ist, viel mehr hiezu nur dadurch pas- 
send werden, dafs die person in einem bestimmten ver- 
bal tnifs zu jenen begriffen gedacht wird. Es ist ferner 
klar, dafs die in den schwach declinirten namen liegende 
allgemeinste beziehung, die das su£Bx -iit ausdrückt, 
wesentlich dazu gebraucht werden kann eine specielle 
beziehung, wie sie ein zusammengesetzter name andeutet, 
zu vertreten; dafs also ein Wolf bald, den spedell seine 
kühnheit zum götterwolfe in beziehung setzt, als ein blofser 
Wolfe erscheinen kann, wie das in hundert fallen geschieht. 
Man hat fär diese Vertretung den schiefen ausdruck Ver- 
kürzung und verkürzte namen angewandt, als wäre 
der Vorgang ein rein lautlicher, während es wesentlich 
ein begrifflicher, das allgemeine f&r das besondere set- 
zender ist. Man wird doch nicht etwa einen lautlichen 
Vorgang darin finden, wenn jemand seinen panamahut stets 
mein panama nannte, wenn man jetzt post auch für den 
begriff braucht, der in früherer zeit nur durch postwagen 
bezeichnet werden konnte, oder wenn die schüler von ih- 
rem schiefer und ihrem hhi statt schieferstift und bleifeder 
reden, was mit jenem vorgange bei den namen zwar nicht 
ganz identisch, aber doch ähnlich ist. Meine gegner neh- 
men an, es hätten jene sogenannten verkürzten namen nar 
dadurch ihre existenz, dafs sie statt voller Zusammen- 
setzungen stehn, während ich ihnen neben dieser Verwen- 
dung noch ein besonderes selbständiges dasein zu- 
schreibe; jener irrthum rächt sich dadurch, dafs er zu im- 
mer grö&eren curiositäten fährt, sogar zu der bebauptung, 
da& unsere spräche anfangs gar keine einfaphen personen- 
namen gehabt habe. Soll etwa auch ein griechischer Kri- 
ton aus Kritolaos, ein Agathon aus Agathokles verkürzt 
sein? Solche allgemeine beziehung, durch welche eine spe- 
ciellere vertreten werden soll, braucht natürlich nicht im- 
mer blofs durch die bildung -in (nom. -o) ausgedrückt zu 



zur geschichte altdeatscher declination. 343 

werden, sondern sie wird es eben so wohl auch durch an- 
dere sufBxe, namentlich das deminutive -z. 

Wollen wir also diejenigen begriffe kennen lernen, wel- 
che unmittelbar als personennamen gebraucht werden 
können, so dürfen wir, abgesehn von denjenigen wdrtem, 
welche schon als appellativa schwach decliniren, wie Aro, 
Bero u. s.w., uns nur an die stark declinirten einfachen 
uamen halten. Diese starke declination aber werden wir 
mit grölster Sicherheit nur aus der Verwendung jener per- 
sonennamen in den Ortsnamen erkennen; ein Wolfeswang 
ist nach einem Wolf, ein Wolfinwilari nach einem Wolfo 
genannt; selbst die verderbtesten quellen pflegen beide klas- 
sen sauber auseinander zu halten. Alles genauere weiter^ 
forschen auf dem gebiete der personennamen wird daher 
die fortwährende berücksichtigung der ortsnamen zur pflicht 
haben. 

Ich hätte mir zum Schlüsse erlaubt, aus diesen grün- 
den hier ein noch vielfacher Verbesserung und erweiterung 
föhiges register von denjenigen einfachen stark declinirten 
personennamen zu geben, deren existenz sowohl durch ihr 
gesondertes vorkommen, als durch ihren gebrauch in Orts- 
namen sicher oder im höchsten grade wahrscheinlich ist; 
doch sehe ich mich ans mehreren andern gründen veran- 
lafst, mit der mittheilung dieses registers, welches aufser- 
dem nicht nothwendig zum gegenstände des vorliegenden 
aufsatzes gehört, noch zurückzuhalten. 

Dresden. E. Forste mann. 



344 Tr«its 

üeber die declination der starken substantiva 
im gothischen. 

Jae. Grimm hat G. D. S. 91] ff. in seiner geistreichen 
weise sehr scharfsinnig aus den vorhandenen formen der 
gothischen starken Substantiv -declination die volleren vor- 
historischen formen zu erschliefsen gesucht. Er hat sich 
dabei in bezug auf die vocale wesentlich durch die an- 
sieht leiten lassen, dals der ablaut in ganz analoger weise 
auch die flexionssilben der starken substantiva durchdringe, 
wie die Wurzelsilben der starken verba. So schön auch 
seine methode und so sicher auch viele der erschlossenen 
formen sein mögen, so möchte es doch schwer halten, ihm 
in allen seinen folgernngen beizutreten. Ihm war (gesch. 
d« spräche von 1848) das für die vocale und consonanten 
der goth. flexionssilben geltende gesetz noch unbekannt, 
das erst Westphal in d. zeitschr. II, 161 ff. (vom jähr 1852) 
entdeckt und entwickelt hat. 

Mit benutzung dieses und der andren gothischen vo- 
calgesetze soll im folgenden eine neue aufstellung der vor- 
historischen gothischen declinationsformen der starken sub- 
stantiva gemacht werden, die natürlich von der Grimm- 
schen abweichen mulis. 

Westphal kam es offenbar nur auf den beweis sei- 
ner Untersuchungen zur laut lehre an, und ich sehe mich 
daher im einzelnen^ da ich die flexionslebre im äuge 
habe, zu ausführungen genöthigt, die sich von den seinen 
entfernen. 

Die aufsteUung Schades (paradigmen zur deutschen 
grammatik pag. 6) kann ich nicht billigen: er bringt sie 
ohne ein wort der erklärung oder recbtfertigung. Kelle 
(vergleichende grammatik der germanischen sprachen 1863) 
ateht auf einem ganz abweichenden Standpunkte — und 
andre analytische versuche von Germanisten sind mir un-r 
bekannt. 

Alle Verschiedenheit gothischer declination beruht auf 
der Verschiedenheit der stammauslaute. Da es im folgen- 



ttber die declination der starken substantiva im gothischen. 345 

den nur aaf die vocalischen stamme abgesehen ist, so wird 
die Untersuchung auf den unterschied ausgehen mfissen, 
den die flexionen — besonders die vocalisch anlautenden — 
an den ursprOnglich gleichbehandelten i- und u- stammen 
einerseits — an den a- und ä-stämmen andrerseits hervor- 
bringen. 

Ursprüngliche casu8*suffixe sind im gothischen -— ab* 
gesehen vom nom. acc. sing, und plur. neutr. — die fol- 
genden: 

Sing. nom. -s, gen. -as, dat. -i, acc. -n. 

Plur. nom. -as, gen. -am, dat. -mis, acc. -ns. 
auf deren rechtfertigung ich hier nicht einzugehen habe. 
Späteres goth. 6 ist dabei — und so auch im folgenden — 
noch als ä bezeichnet, und im folgenden keine rücksicht 
auf den gothischen Wechsel zwischen -iu und iv genom- 
men. Der zwischen au und -av kommt för die declination 
nicht in betracht, und ebensowenig der von ei und ij, weil 
die ihn hervorbringenden vocale in historischer zeit ver- 
schwunden sind. 



I. I- und ü-stämme. 

Vocalgesetz. 1) Der stammvocal bleibt unverän- 
dert vor consonantisch anlautender flexion — also im nom. 
acc. sing. — im dat. acc. plur. 

2) Der stammvocal wird gesteigert vor vocalisch an- 
lautender flexion, und zwar 

a) auf die 3. stufe ai, au im gen. dat. sing. 

b) auf die 2. stufe ei, in im nom. gen. plur. 
Daraus ergeben sich folgende formen: 

sg.masc. gasti-s fem. ansti-s sunu-s fem. handn-s 

gastai-as anstai-as sunau-as handau-as 

gastai-i anstai-i sunau-i handau-i 

gasti-n ansti-n sunu-n handu-n 

pL gastei-as pl. anstei-as pl. suniu-as pl. handiu-as 

gastei-äm anstei-äm suniu-äm handiu-äm 

gasti»mis ansti-mis sunu-mis handu-mis 

gasti-ns ansti-ns sunu-ns handu-ns. 



346 TreiU 

Die formen des gen. dat sing, und nom. gen. plun 
sind sicher so anzusetzen, nicht mit Wegfall des flexions- 
vocals, also nicht anstais, anstai — plur. anstei-s, 
anstei-m und sunau-s, sunau — plur. suniu-s, su- 
niu-m, denn das erhaltene goth. suniv-e = suniu-am 
beweist, dafs die Steigerung des stamm vocals in diesen 
fallen keineswegs eine folge des ä der flexion ist. 

Höchstens könnte es zweifelhaft scheinen, ob nicht im 
dat. sg. der I - stamme das dem stammauslaut verwandte I 
der flexion in dem ablaut -ai stecke. Aber abgesehen von 
tiefer liegenden lautgesetzen ist diese Termuthung schon 
deshalb zurückzuweisen, weil 

1) die nämliche Steigerung im gen. sg.anstai-as, und 

2) im gen. dat. sg. der U-stämme die dem ai streng pa- 
rallele Steigerung au eintritt. 

Wo also in den historischen formen das a und i der 
flexion fehlt, ist es in folge des gothischen lautgesetzes 
(d. zeitschr. 11, 161 ff.) ausgefallen. 

Allerdings stellen sich nun diese beiden declinationen 
genau den ablautenden verben mit wurzelhaftem I und ü 
zur Seite: 

greipa — graip — gripum biuga — baug — bugum, wie 

anstei — anstai — ansti suniu — sunau — sunu. 

II. A- und lA-stämme. 

Masculina und nentra. 

Die Verschiedenheit dieser declination von der vorher- 
gehenden beruht lediglich in der behandlung des stamm- 
auslautes. Die vocale d'er mit A anlautenden flexionen 
assimilieren sich dem verwandten stamm vocal; sie gehen 
darin auf, indem sie ihn streng organisch steigern, wäh- 
rend bei den I- und U- stammen der ablaut des stamm- 
vocals keineswegs von der organischen Verbindung des 
flexionsvocals mit ihm herrührt. Eine nicht lediglich durch 
das flexions-a herbeigeftihrte Steigerung ist nur im nom. 
plur. anzunehmen, aus dem klaren gründe, ihn formell vom 
gen. sing, zu scheiden, — ein vorzug, den die I- und U- 



über die declination der starken substantiva im gotbischen. 347 

Stämme ebenfalls darch die verschiedene art der beband- 
luDg des Stammauslauts erreichen — vgl. gen. siog. gast- 
ai-as sunau-as und nom. plur. gastei-as suniu-as. 

Die lA- stamme unterscheiden sich in vorhistorischer 
zeit gar nicht von den einfachen A-stämmen — später tritt 
ein nur in den lautgesetzen begründeter geringer unter- 
schied ein. 

Die casus mit consonantisch anlautender flexion sind 
ganz den entsprechenden formen der I- und U- stamme 
gleich gebildet. 

Also sg. nom. daga-s — acc. daga-n 
pL dat. daga-mis — acc. daga-ns. 

Anders die vocalisch anlautenden. 
Sg. gen. daga-as ergibt dagäs, d. h. organische erste 
Steigerung von a, bewirkt durch ein neu zutreten- 
des a. 
Sg. dat. dagai. Der flexionsvocal -i-, dem stammvocal 
unverwandt, tritt mit diesem zur rein äufserlichen 
Verbindung *ai- zusammen, die nicht mit dem ge- 
wöhnlichen goth. ai — der höchsten stufe der I-reihe 
und aus I entstanden — zu verwechseln ist. Die 
Verbindung ist ebenso äufserlich als in gastai-i 
sunau-i die von i mit -ai -au*). 
Plur. nom. dagä-as ergibt dag 6s als zweite Stei- 
gerung der a-reihe, die aus einem hinzutretenden reinen a 
in Verbindung mit der vorhergehenden ersten Steigerung 
erwächst. Der gothische vocalismus zeichnet sich gerade 
durch die strenge folgerichtigkeit in der auseinanderhaltung 
seiner Steigerungsstufen vor den urverwandten sprachen aus. 
Hier geht — wie im gen. sing. — der flexionsvocal 
mit dem stammvocal eine streng innerliche gesetzmäfsige 
Verbindung ein. Die zweite Steigerung -6- ist folge des 
flexivischen -a-, die erste Steigerung aber (— k im stamm- 
auslaut — ) ist eine folge des triebes in der spräche, die 
casus formell zu scheiden — ein trieb, der in vorhistorischer 



*) oder in saian-vaian die von a mit i. 



348 Treitz 

zeit im gothiscben weit stärker gewaltet haben mufs, als 
später. 

Plur. gen. daga-äm ergab regelrecht dagäm: ä der 
flexion zu stammhaftem a tretend hat dies verschlungen. 
So grofs ist seine macht, dafs es der späteren abschwä- 
chung widerstand geleistet und sich in historischer zeit als 
e behauptet hat. 

Für das masculinum ist daher folgendes paradigma 
aufzustellen : 

stamm daga: stamm harja: 

sg. nom. daga-s haija-s 

gen. dagärs = daga-as haijä-s = haija-as 

dat. daga-i * harja-i 

acc. daga-n haija-n 

pl. nom. dago-s = dagä-as pl. haij6-s = haijä-as 
gen. dag-äm= daga-äm harjä-m = harja-ftm 

dat. daga-mis harja-mis 

acc, daga-ns harja-ns. 

Das neutrum weicht nur im acc. nom. vom mascul. 
ab. Da das neutrum der nominalen (substantiv-) declina- 
tion im singuIar gar kein flexionselement in diesem casus 
an sich hat, so mag die aufstellung eines solchen fuglich 
unterbleiben: sowohl n als t hätten vor der historischen 
zeit abfallen müssen. In der pronominalen fiexion sind 
sie durch eine secundäre stütze gehalten worden : pa-t-a, 
blinda-t-a. 

Im plural war das flexionselement a, das naturgemäfs 
den stammvocal zu ä steigerte. 

Sing. nom. acc. vurda — kunja 
plur. nom. acc. vurdä — kunjä. 

III. Ä- und lA-stämme. 

Feminina. 

Die feminina der a- und ja-stämme zeichnen sich, wie 
in den urverwandten sprachen vor dem masculinum und 
neutrum durch ursprüngliche Steigerung des stammvocals 
aus. Dadurch ergeben sich folgende formen: 



über die declination der starken substantiva im gothischen. 349 

Sg. nom. gibä, mit regelmäfsig einfach gesteigertem 
etammvocal. In folge der Steigerung kann, wie in 
den urverwandten, das flezivische S des nominativs 
entbehrt werden. 

gen. gibä-as, mit regelrechter zweiter Steigerung gab 
gibös, 

dat. gibä-i. Da der flexionsvocal unverwandt, so blieb 
es bei der regelmäfsigen einfachen Steigerung. 

acc. gibä-n — ebenso. 

Plur. nom. gibös aus gibä-as: eine höhere Steige- 
rung als -6- war nicht möglich, daher hier ein for- 
melles zusammenfallen von gen. sing, und nom. plur. 
nicht zu vermeiden war. 

gen. gibä-äm ergab giböm mit möglichster Steigerung. 

dat. gibä-mis mit regelmäfsig einfacher Steigerung. 

acc. gibös für gibä-ns, mit einer Steigerung, die der 
des gen. sing, und nom. gen. plur. nicht gleich steht, 
aber doch in unserer sprachenfamilie mit zu den ge- 
wöhnlichsten erscheinungen gehört, so dafs ich mich 
der anfahrung von beispielen enthalten kann. Die 
Steigerung oder dehnung ist ersatz fQr ausfallendes n. 
Als paradigmen sind daher aufzustellen: 

stamm gibä stamm sibj4 

Sg.nom. gibä- sibjä 

gen. gibö-s = gibä-as sibjos = sibja^as 

dat. gibä-i sibja-i 

acc. gibä-n sibjä-n 

pl. nom. gibö-s = gibä-as pl. sibjö-s = sibjä-as 

gen. gibö-m = gibä-äm sibjö-m = sibjä-äm 

dat. gibä-mis sibjä-mis 

acc. gibö-s = gibä-ns sibjös = sibjä-ns. 

IV. Die Ulfilanischen formen 

sind weitaus zum gröfsten tbeil organisch aus den eben 
aufgestellten hervorgegangen, in folge des von Westphal 
eben so ^ücklich gefandenen als scharfsinnig entwickelten 
lautgesetzes. Die folgende etwas von der seinigen abwei- 



350 Treitz 

chende aufstelluDg brauche ich hier nicht weiter zo be- 
gründen; sie mufs sich am paradigma selbst beweisen. Sie 
wird sich auch in der conjugation überall als richtig zeigen. 

Gesetz für die endsilben in historischer zeit, 
a) Consonanten: 
Von ursprünglich auslautender doppelconsonanz hält sich 
nur -ns — von ursprünglich auslautender einfacher nur -s. 

b) Yocale im auslaut'odcr vor ursprünglicher einfacher 
consonanz : 
a und i erleiden apokope und synkope, 
ä und ai werden a — äi wird ai, 
ja wird im auslaut zu i: 

aber im inlaut zu ji, nach kurzer Wurzelsilbe. 

im inlaut zu ei, wenn lange Wurzelsilbe, oder 
mehr als eine silbe vorhergeht, 
ja und jai werden ja — jäi wird jai. 

Daraus ergeben sich regelrecht 

a) consonantische Verluste: 

NB. Die später in fremde analogie übergetretenen for- 
men sind hier noch in älterer organischer form 
aufgeführt. 
Sg. acc. daga harja — gibä sibja — gasti ansti — 

sunu handu. 
PI. gen. dagfi harjö — gibß sibjo — gastei-ß an- 

stei-e — sunive handive 
ä wird nach gothischer förbung zu S — iu zu iv — 
ei hätte ebenso zu ij werden müssen. 

In dieaem casus hat sich das lange a d. h. e gehal- 
ten, weil diese länge ursprünglich der flexion angehört und 
ganz anderer art ist, als in den übrigen f&llen. Nur die 
kurzen a und i der flexion fallen so leicht ab, das lange ä 
widerstand mit fug. 



über die decÜBation der starken substantiva im gotbisehen. 351 

b) Vocalische Verluste: 
Sg. Dom. dag-8 harji-s hairdeis — giba sibja — 
gast-s anst-8, während sunu-s handu-s 
verblieben, 
gen. daga-8 harja-s hairdja-s (gibös sibjös 
blieben) — gastai-s au8tai*8 — sunau-s 
handau-8 
dat. daga- harja- hairdja gibai sibjai — gas- 

tai anstai sunau- l^andau- 
acc. nach wegfall des ursprünglich auslautenden -n 

dag- hari- hairdi giba- sibja gast 

an st, während sunu handu verblieben. 
PI. nom. in den ä- und ja -stammen verblieben — sonst 
mit Verlust des flexivischen a — gastei-s an- 
stei-s — sunju-s handju-s 
acc. überall geblieben, in hoher alterthümlichkeit. 
dat. hat das i aus -mis nach dem vocalgesetz verlo- 
ren. Aus der übrig bleibenden endung -ms mufste 
das s wegfallen, da das vorhist* gothisch diese 
Verbindung nicht duldet. Nach diesen Verlusten 
hielt sich dann das m nach der regel. 
daga-m harja-m hairdja-m — gibö-m sib- 
]6-m — gasti-m ansti-m — sunu-m 
handu-m. 

Neutrum : 
Sg. nom. und acc. vaurd kuni für vaürda kunja 
pl. nom. und acc. vanrda kunja für vaürda kunja. 

V. unorganische Veränderungen. 

1) A- und ja-stttmme. 

gen. sing, da gi 8 harjis hairdeis f&r dagas harjas 
hairdjas. 

vaürdis kunjis andbahteis für vaiirdas 

kunjas andbahtjas. 

Grimm G. D. S. 914 fg. erklärt das i in dagis für 

organisch, indem er seine behauptung auf pag. 646 f., dafs 

auch dem goth. -is ein älteres -as vorhergegangen sein 



352 Treitz 

müsse, zurückzieht. Offenbar ist er dabei beeinflufst von 
dem gedanken, dafs sich in den vocalen der A»deelinatioD 
die ablau treibe i-a-e (giba gaf gebum) wiederfinden 
müsse. Dafs der auf dieses -is zu erwartende althoch- 
deutsche Umlaut ausbleibt, erklärt Grimm dadurch, dafs 
-is zur zeit des beginnenden umlauts schon zu -es ge- 
schwächt gewesen sei. Die zur stütze dafür vorgebrachte 
thatsache, dafs auch im ahd. käst tat kein umlaut vor- 
handen sei, obgleich sie auf goth. gastis dedis beru- 
hen, hat keine strenge beweiskraft. Dafs nom. acc. käst 
(tat konnte althochdeutsch noch nicht umlauten) nicht 
umgelautet werden, hat seine Ursache darin, dafs nach 
dem lautgesetze der stammauslaut -i- schon in vorhistori* 
scher zeit abfiel. Wo -i- im gothischen geblieben ist, se- 
hen wir es auch althochdeutsch in voller wirkung — vgl. 
fem. gen. dat. ensti und den ganzen plural des masculi- 
num und femininum der althochdeutschen I-stämme (nen- 
trum fehlt) — ja sogar im gen. plur. , der althochdeutsch 
sein i erhalten« hat, während das gothische diesen casus 
unorganisch in die analogie der A-stämme übertreten liefs. 
Also ahd. pelkjd kestjo enstj6 anstatt der verdorbe- 
nen goth. balge gaste anste. 

Ferner behauptet Grimm, auch deshalb müsse dagis 
als organischer genitiv angesehen werden, weil dagas als 
genitiv sich nicht von dagas als nom. sing, unterscheide. 
Diese bemerkung weist Westphal deshalb zurück, weil 
sich der genitiv dagas von dem nom. sing, durch ur- 
sprüngliche länge unterschieden haben müsse. Unzweifel- 
haft mit recht: denn wäre der genitiv dagis organisch, 
so hätte sein i ebenso gut ausfallen müssen, als in gast-s 
fßr gastis, anst-s für anstis — und ebenso gut als 
das a in dag-s für daga-s. Also grade dann wären in 
historischer zeit nominativ und genitiv formell identisch 
geworden, wenn die vorhistorische form des letzteren da- 
gis gewesen wäre. Denn daraus hätte nothwendig dag-s 
entstehen müssen. 

Als ursprüngliche form ist vielmehr dag&s =ae da- 
ga-^as anzusehen, die sich mit regelrechter abschwächung 



ober die dedination der starken substantiva im gothiscfaen. 32^ 

des 4 zu a im alts. ags. dagas treu erhalten hat und auch 
— wie der mangel des umlauts beweist — der althoch- 
deutschen geschwächten form takes (neben takis) zu 
gründe liegt. Grade so bewirkt das aus ursprünglichem 
a geschwächte i des gen. dat. sing, der männlichen N-stämme 
(hanins hanin) althochdeutsch keinen umlant. und das 
ist nur eins von unzähligen beispielen. 

Aus dagas ist nun goth. dagis durch vorhistorische 
Schwächung entstanden, wie in so vielen fällen das gothi- 
sehe geschwächte i und u zeigt, anstatt der althochdeutsch 
noch vorhandenen ursprünglichen a. Vgl. goth. tunpus 
ahd. zand — goth. ibuks ahd. abah — goth. inu ahd. 
anu ano — goth. maürgins ahd. morkan — goth. ha- 
kuls ahd. hachal. 

In den flexionssilben ist diese Schwächung gothisch 
allerdings selten. Doch ist aus der conjugation die Schwä- 
chung des charaktervocals a in der 2. und 3. sing, und 
2. plur. praes. indic. der starken verba hierhin zu rechnen. 
Goth. gibis für giba-si — gibip für giba-pi — plur. 
gibip für giba-pasi. Letztere form-^t am auffällig- 
sten und hier hat auch das ahd. kSpat das alte a er- 
halten*). 

Die entsprechenden personen der schwachen ja-conju- 
gation bieten ein treues seitenstück zu den genitiven har- 
jis hairdeis fbr harjas hairdjas. Da in dieser con- 
jugation das auslautende -a der ableitung -ja wie der cha- 
raktervocal der starken verba im praes. indic. behandelt 
wird, so lauten die formen bei kurzer Wurzelsilbe nasjis 
nasjip — bei langer sökeis sökeip — ftlr nasjas. 
nasjap, s6kja-s s6kja-p. 

^ 2) A- und JA- Stämme. 

Dat. plur. gib öm sibjöm für gibäm sibjäm. 
Nicht entschliefsen kann ich mich, in diesen femini- 
nen von vorn herein höchste Steigerung des Stammauslauts 

*) Eine andre erklänmg, die anf die im griechischen und sanskrit nach- 
weisbare genitiyform der A-stämme zurückgeht, haben wir oben ZV, 428 ff. 
gegeben. anm. d. red. 

Zeitschr. f. vgl. sprachf. XVI, 5. 23 



354 Treitz 

-d- als stammhaft anzunehmen. Das gothische ist in be- 
zog auf die verschiedenen stufen seiner vocalreihen so 
streng und folgerichtig, und so genau erklären sich gen. 
sing, sowie nom. gen. acc. plor. ans den strengen grund- 
sätzen der gothischen vocalsteigerung, dafs die annähme 
eines stammhafben ö mir unmöglich scheint. Aufserdem 
legen nom. dat. acc. sing, dagegen gebieterisch Wider- 
spruch ein: denn aus gibo gib6-i gibö-n hätte nim- 
mermehr giba gibai giba entstehen können, sondern nur 
unterschiedsloses gib 6*). 

Auch behandeln alle stamme ohne unterschied ihres 
auslauts den dat. plur. in einer so durchaus übereinstim- 
menden weise, dafs auch für die ä- und jä-stämme keine 
andre vorhistorische form als gibä-mis sibjä-mis, und 
daraus regelrecht gibäm sibjäm möglich ist Die fac- 
tisch vorliegende form gibö-m sibj6-m ist daher unor> 
ganisch und aus der andren entstellt. Diese entstellung 
lag aber sehr nahe. Der höchst gesteigerte vocal -6- 
überwog im plural so sehr, dafs ihm nach analogia der 
übrigen casus auch der dativ fast mit nothwendigkeit ver- 
fallen muste. Er hätte wohl noch weitere fortschritte ge- 
macht, wie wir ihn denn althochdeutsch auch schon im 
dat. sing. (kSpö QXr goth. gibai) erblicken. Später macht 
natürlich die jünger^ Schwächung, die fast alle bildungs- 
vocale in 'tonlose oder stumme e wandelt, eine weitere aus- 
breitung unmöglich. Doch verdient erwähnung, dafs sich 
6 vor dieser letzten Schwächung althochdeutsch schlecht- 
hin in alle genitive des plural eingedrängt hatte. 

3) I-stämme. 

Im Singular ist der gen. dat. des masculinums der 
analogie der a-stämme gefolgt: gastis gasta nach da- 

*) Man erwäge, wie dorgföltig das stammhafte 6 in der schwachen de- 
clination der adjectiva und sabstantiva, sowie in der conjngation der mit ö 
abgeleiteten verba verbleibt, selbst wo es in folge secandftrer voi^gttnge m 
den auslaut tritt, tnggd, hairto, fem. nnd neatr. nom. sg. blindd können 
nicht formell identisch gewesen sein mit accus, giba, der nie gib6-n ge- 
lautet haben kann. Aehnlieh salbd als 1. nnd 8. praes conj. 1. praes ind. 
im singolar nnd 2. imperativi. Nnr in einigen wenigen pronomiaalfonaen 
ist abweichnng von der strengei! regel vorhanden. 



ttber die declination der starken substantiva im gothischen. 355 

gis daga, während die feminina der alten form treu blie- 
ben: anstais anstai. 

Im plural folgte der gen. masc. und fem. der näm- 
lichen analogie: gaste anstS, etwa anstatt gastijg 
anstijS. 

Im althochdeutschen wird wie in jüngeren sprachpe- 
rioden überhaupt die wirkung der analogie noch stärker. 

4) Komin, sing, anf -i von jA- stammen. 

Wenn lange Wurzelsilbe oder wenn mehrere silben 
dem Stammauslaut vorhergehen, so tritt im nom. sing, an- 
statt des regelmäfsig zu erwartenden ja flQr ja ein i ein: 
bandi fflrbandja — mavi fürmauja — pivi für piuja 

— aqyizi für aqvizja. Auch dieser Vorgang scheint 
unorganisch, denn in den nämlichen Wörtern (Grimms 
2. starke feminin-declination gr. I, 603 G. D. S. 917) lautet 
der accus, sing, richtig bandja mauja piuja aqvizja, 
ganz wie giba sowohl acc. wie nom. sing. ist. 

Zur erklärung dieser abweichenden nominative bleibt 
nichts andres als die annähme übrig, dafs hier das goih. 

— sicher in verhältnifsmäfsig später zeit — zweimal den 
schritt gethan, den es sonst nur einmal that, dafs also ein 
unursprüngliches ans ja entstandenes ja die nämliche Ver- 
änderung erlitten habe, wie ein ursprüngliches ja, d. h. zu 
i geworden sei. Die langsilbigkeit der wurzel resp. die 
mehrheit der vorhergehenden Stammsilben mögen dabei in 
anschlag zu bringen sein — von entscheidender Wichtig- 
keit sind sie aber nicht gewesen, denn dann hätten auch 
die acc. sing, bandi, mavi, pivi u. s. f. lauten müssen, 
während nur ganz vereinzelt der acc. kunpi Luc. I, 97 
begegnet. Ja vollkommen wie ja zu behandeln wider- 
strebt der strenge des gothischen vocalismus. Ja in der 
endsilbe von stammen scheint im deutschen überhaupt 
nur in diesen femininen und im starken adjectiv vorzu- 
kommen, sowie in einigen zahlwort- und pronominalfor- 
men. In der gesammten verbalflexion aber kann ich go- 
thisch kein aus ja gesteigertes ja erblicken. Vielmehr er- 
klärt sich nasja 1. sing, praes. ind. nicht aus nasjä, son- 

23* 



356 Treits, Aber die dedination der starken snbsUntiya im gothischen. 

dern aus nasjami — beri 3. sing. conj. praet. nicht ans 
berjä, sondern ans berjapi, die historischen formen 
sind regelrecht; ihr reines a bleibt erhalten, weil es nicht 
in einer ursprünglichen endsilbe steht. Man hat fiir das 
gothische nicht nöthig, wie im sanskrit (Bopp V. G. 
n, 261) eine Steigerung des classencharakters — resp. bei 
der ja-conjugation des ableitenden ja vor m und v*) der 
fiexion anzunehmen und demgemäfs als Urformen nas- 
jä-mi, berja-ti anzusetzen. So lange die gothische form 
aus dem eigenen gothischen gesetz erklärt werden kann, 
ist man befugt, fremde analogie abzuweisen. 

Daher ist es auch nicht zu billigen, wenn Ebel in 
dies, zeitschr. lY, 153 in unsren femininen mit dem nomi- 
nativ -i f&r -ja nach analogie des sanskrit i-stamme er- 
blicken will, die aufser dem nom. sing, in die analogie der 
ja-stamme übergetreten wären. Dieser annähme wider- 
spricht ohnehin das gothische auslautsgesetz , das -ei be- 
stehen läfst, und nicht zu i schwächt Ja, grade umge- 
kehrt ist z. b. im imperativ nasei Steigerung des i zu ei 
eingetreten. Vom praesensstamm nasja ohne flexionsele- 
ment gebildet, hätte der imperativ nach dem lautgesetz 
na^i zu lauten: um aber das auslautende -i vor dem ab- 
fall zu schützen, ward es durch i regelrecht zu ei ge- 
steigert. 
Bonn^ 24. December 1866. Dr. Wilh. Treitz. 



Lautwandel von o in x. 

I. Im anlaut. 

(Fortsetzimg.) 

Wie in den l)isherigen wortgruppen und stammen das 
anlautende s als normal und ursprünglich durch die Sprach- 
vergleichung erwiesen ist, so auch 

6) in folgenden gruppen verwandter Wörter. 



*) oder gar vor dental. 



Savelsberg, Uutwandel von a in x. 357 

a) '^pni] „eichel**, zuerst von Grimm geschiebte der 
d. spräche 302 (1% 212) mit dem altslaw. srip, poln. 
sierp „sichel^-tind lat. sarpere „beschneiden^ verglichen, 
kann nur auf eine gemeinsame wurzel Sarp zurückgeführt 
werden, wofür weiter zur bestätigung dient ahd. sarf, das 
um so beachtenswerther ist, als daneben erst im zehnten 
Jahrhundert scarf aufkommt (s. Graff VI, 278). Es kann 
aber aus diesem späten scarf eben so wenig ein älterer 
vollerer anlaut sc gefolgert werden, wie aus den vielen 
oben s. 63 erwähnten ähnlichen fällen, wo im althochdeut- 
schen sc an die steUe von s trat, übrigens geht es auch 
wegen des griechischen nicht an, wo ein blofser Spiritus 
wie in äQTtr] sich nie einem ursprünglichen anlaut sk ge- 
genüber findet. Auch sonst deutet nichts auf einen ur- 
sprünglichen anlaut sk, sondern alles auf s. Doch auch 
so steht nichts entgegen, mit Kuhn in d. zeitschr. IV, 22 
das lat. carpere, und griech. xa(j7tügy xaQni'Quv „ernten, 
eigentlich abpflücken, abschneiden % auch ^alpa, wie die 
waffe heifst, mit welcher Pragapati von seinen kindern ver- 
wundet wird, gleichwie üranos mit der aQTiYi (Hesiod. Theog. 
175), dann xQoimov „sichel" (G. Curtius grundz. 1, 114) alle 
aus der gemeinschaftlichen wurzel Sarp hervorgehen zu 
lassen, da der lautwandel von (T in x in obigen beispielen 
hinlängliche belege fiir sich hat. In diesem Übergang fehlt 
es auch nicht an einer alten mit ax anlautenden form, die 
wir als vermittelung zwischen sarp und karp aufstellen kön- 
nen. Von üQTir^ nämlich, welches bei Hesychios, wie sonst 
auch ccQTiTj, einen haken oder Stachel (zum lenken des ele- 
phanten) bedeutet, oder genauer, von dessen älterer form 
aoQJirj stammt axoQnloq „skorpion, eig. der stachelige*'. 
Aber damit ist nun doch kein anhält gegeben, um skarp 
als ausgangspunct aufzustellen und zur erklärung von sarp 
und karp hier abfall des s, dort des k anzunehmen, woran 
einige gedacht haben, sondern wir können, wie früher cxvi" 
(fog 8. 60 axaiog s. 62, öxa^A und ^vv s. 73, so hier oxoq- 
mog nur für eine Zwischenstufe des lautwandels halten. Be- 
trachten wir jetzt etwas genauer das bei Festus und Pau- 
lus Diac. erhaltene altlateinische verbum sarpio mit sei- 



3S8 Savelsberg 

nen deriyaten sarxnen und sarmentam, welch letzteres 
mit virgolae abscissae erklärt wird, so sehen wir es vor- 
zugsweise vom verschneiden des weinstocks gebraucht 
(Corssen, krit. beitr. s. 32), ämlicb wie xkdu), eigentl. ^ich 
breche^, ganz besonders vom abbrechen der jungen schöfs- 
linge und zweige des weinstocks gesagt ward, welche da^ 
her x?.i}fmTa lat. rumpi (Varro de r. r. I, 8,4) heifsen, 
während xXijfiaTiSag schon überhaupt kleipe zweige und 
das verwandte xkoip mit seinem deminutiv xhoviov (beide 
bei Theophrast) und xkaSog schöfslinge oder zweige ver- 
schiedener bäume bedeuten. So bezeichnen nun auch im 
lateinischen das alte sarmen (Plaut. Most. V, 1, 65) und 
das spätere sarmentum alles dQnne gezweig, reisig, 
reisholz, von wz. Sarp „verschneiden^, woher (ebenfalls 
mit unterdrücktem p) &ur-culus stammt, wie von gleicher 
Wurzel mit geschwundenem s das griech. ogn-ri^^ attisch 
oQTi'Ti^ aus aoQn-i]^ „junger zweigt, alles vom schneiden 
benannt gerade wie unser „schnittling^ und schon althoch- 
deutsch „snitiling^ surculus, sarmentum. Von dieser wurzel 
Sarp stammt femer vermittelst des lautwandels von a in x 
die gleichbedeutende bei Hesychios erhaltene glosse xa^- 
nia xXiovia (nach Dindorfs unzweifelhafter emendation 
des cod. xXovia) *), desgleichen xagnig (aus aagnig) „die 
ruthe, mit welcher der praetor den sclaven berührt, den 
er frei spricht", aufserdem viele andere Wörter: ganig (ans 
agamg) „ruthe, virga", welches im homerischen epitheton 
des Hermes XQ^^ogpanig {oder xQv^oganig Find. P. 4, 178) 
enthalten ist, — dann mit langem wurzelvocal gwneg „zweige, 
Sträuche" Od. X, 166 gwnag re Xvyovg t€, — ptan^iov „ge- 
sträuch" L. XIII, 199 dvd pwTzrjCa nvxvd, — dann wieder 
blofs bei Hesychios: Qiundg' aiöog (pvrov ifjiavTcidovg aus 
Oppian. 

b) Wie hier bei Hesychios angedeutet ist, dienten 
solche abgeschnittene zweige häufig zum binden und flech- 
ten, wie Odyssens zum schütze des schiffs ein flechtwerk 
macht pinsaai öiafiTisgig oiavtvrjaiv Od. V, 256, aus weide- 

*) M. Schmidt's conjectnr xXävia entfernt sich ohne veranlassung gar 
zn weit vom handschriftlichen xkovia. 



laatwaadel yoii <r in x. 359 

nen zweigen. So heifst denn ^mog (ro) ein solches ge- 
flecht, eine matte aus blasen oder schilf, und bei Hesychios 
die lakonische glosse: pmig, pmig, t6 nXiyfAcc^ rj kx axoiv(av 
nizaaog sogar ein hut von binsen. Obiges (janig (ruthe) 
kommt nun bei Hesychios auch als fufsbekleidung vor,, die 
wahrscheinlich aus solchem flechtwerk bestand: panidsg 
vnoSTJfiata und ^anig QaßSog xgr^mg^ und eine nebenform. 
agmg pl. ägmÖBg bei Callimachos frg. 66 wird Etym. m. 
p. 148, 36 ebenfalls durch VTtoSr^fiava und x^riniSig er- 
klärt, jignig läfst sich leicht auf die ursprüngliche form 
aagmg zurückfuhren und somit gaTiig auf aganigj ja hier- 
mit ist auch xgrimg identisch, nur durch den Übergang von 
a im X und Verlängerung des wurzelvocals modificirt; denn 
die echtgriechische fufsbekleidung xgtjnig war ein flecht- 
werk, ähnlich einer matte oder einem netz"^), und dafs die 
bedeutung „sockel, basis^ in der architektur von der be* 
schuhung entnommen ist, bedarf wohl kaum der erinnerung 
(vgl. Pape). 

Indem virir zur völligen feststellung der wurzel auf giip 
zurückkommen, welches ein flechtwerk von jungen zwei- 
gen (s. oben), von schilf, röhr oder binsen bedeutet, be- 
merken wir, dafs es schon längst mit scirpus „binse'^ 
treflend verglichen worden ist, wobei Corssen krit. beitr. 
s. 32 das schwanken der handschriften zwischen scirpeus 
und sirpea, andererseits die gut verbürgte Schreibweise 
sirpiculae und surpiculi (Plaut. Capt. IV, 2, 36) sowie 
sirpare „mit binsen versehen" oder „anbinden'^ con- 
statirt. Das Stammwort sirpus in dieser für sich zwar 
selten (Gellius N. A. XII, 6), aber desto mehr in den de- 
rivaten beglaubigten Schreibung mit blofsem s stimmt am 
genauesten mit dem masc. gino-g „matte", wie es bei Dio- 
scorides vorkommt, so dafs dafür die urform agino-g an- 
zunehmen ist. Ferner da sirpea einen aus binsen ge- 
flochtenen „wagenkorb" und surpiculi piscarii Plaut. Capt. 
IV, 2, 36 „fischreusen" bedeuten, so ist, wie es schon Pott 

*) S. Rieh, illuBtr. Wörterbuch der romischen alterthümer mit berück- 
sichtigong der griechischen, ans dem englischen übersetzt von Müller s. v. 
crepida 2te abbildnng. 



3d0 Savelaberg 

etym. forsch. 1, 140 aii%e8tellt hat, in form und bedeatnng 
yglnoQ „fischernetz^ yerwandt und in übertragenem sinne 
auch ygiifog bei Aristophanes „räthsel^ als etwas künst- 
lich verflochtenes, wie im lateinischen das räthsel vom bin- 
sengeflecht übertragen scirpus heilst, oder sirpns bei 
Gellius N. A. Xn, 6: Quae Graeci dicunt aenigmata, hoc 
gen US quidam e nostris veteribus sirpos appellayerunt. 
Wir betrachten nun das griech. ygiTiog mit G. Cnrtins 
grnndz. IE, 93 als eine erweichung, aber nicht aus ax, son- 
dern aus X und solch erschlossenes XQJnog ist dann aus 
der eben an der band von sirpus gefolgerten normaIeD 
form öQinoQ entstanden. Alle bisher behandelten Wörter 
haben ihren Ursprung in dem gemeinsamen begriff des ab- 
geschnittenen Zweiges oder auch rohres, schilfes oder der 
binse und schliefsen meist das daraus gemachte flechtwerk 
ein *). Als gemeinsame wurzel gibt sich nicht minder in 

*) Falls aach das deutsche schilf, ahd. sciluf, der form nach ver- 
wandt sein sollte (Knhn in d. zeitschr. lY, 23), was wir nicht gerade in 
ahrede stellen wollen, so mochte man damit zugleich das griech. a£X<ptnv in 
Verbindung setzen, zumal da dessen lateinischer name sirpe oder iüter serpe 
(s. unten) und die bei Hesychios bewahrte form aiXnov aiXtpiov mit der 
oben Überall zu gründe liegenden wurzel Sarp sich leicht vereinigen lassen. 
In Bezug auf die bedentung ist zu beachten, dafs beim Silphion die abge- 
schnittene wurzel das wichtigste ist und daher eine specielle beziehung zum 
hauptbegriff « schneiden <* ersichtlich ist, wie mehrere andere knoUengewäclue 
offenbar vom abschneiden benannt sind: ganiK; (später gdqivq) „rübe'' Ist 
rftpum, ^dnai'nq (attisch ^ä(f>at'oq Ammon. de diff. p. 122) „rettig**, alle 
aus der wurzelform srap, deren s bei der Umstellung des r (aus sarp zd 
srap) abfallen mufste. [Ehe wir nun ffllipiov mit seiner lateinischen schwe- 
sterform confrontiren, wollen wir zunächst etwas über die pflanze in ge- 
drängter fassung angeben]. Theophrast schreibt von alX(pif*v^ das bei Kyrene 
wuchs, bist. pl. VI, 8, 4: seine wurzel werde eine die (l^fiifs) lang oder 
ein wenig grSfser; sie habe auf der mitte ganz oben, fast über der erde ei- 
nen köpf, aus welchem die sogenannte milch hervorkomme, und (§.5) die 
frisch abgeschnittenen wurzeln würden in essig gegessen. An die in den 
handel kommende sogenannte milch erinnert auch Solinus c. 27: Dictnm 
[est]primum lac sirpicum, quoniam manat in modum lacteum, deinde 
usu derivante laser nominatum. Der lateinische name sirpe, den auch 
Flautus Rud. III, 2, 16 hat, ist offenbar, da Hesychios die sehr ähnliche 
glosse aiknni' bietet, reiner und in älterem zustande erhalten als alXtfio*' 
Kun heifst davon die sogenannte milch der wurzel (Theophr. bist. pl. VI^ 
8, 4: %ov aiX<p£ov rijv gCl^av . . . . /5 »^5 <Jjj (p{t<r&ai, o xaXtUat yaka) 
lac sirpicum, gewöhnlich aber laserpitium d. i. lac serpitium (ver- 
stümmelt laser), also von serpe abgeleitet, welches noch das e wie atk- 
Tiov bewahrt hat. Somit ist denn atX(pi,nv auf die älteste nachweisbare gestalt 
serpe zurückgeführt, und damit dessen etymologie von wz. Sarp nun vol- 
lends gesichert. 



lantwandel von o- in x. 361 

der zweiten als in der ersten reihe nicht blofs im griechi* 
sehen, sondern auch im lateinischen surpiculi bei Plaotns 
unzweifelhaft Sarp zu erkennen. Denn in surpiculi ist 
das u der ersten silbe entweder mittelbar aus a und zu- 
nächst aus e (Corssen, Ober ausspr. toc. I, 259), oder aber 
unmittelbar aus a umgelautet (das. 314), jedesfalls &lter 
als i, so dafs surpiculi' von sarpere ganz analog ist 
mit absurdus von sardare (das. 315). 

c) Von derselben wurzel Sarp leiten wir mit Grimm 
Gesch. I\ 212 ctQnd^Hv „rauben^, gleichsam „abschnei- 
den^, von welchem das lateinische r apere wegen der 
identität der bedeutung und leicht vorauszusetzender form 
*srap nicht getrennt werden darf. Die lateinische ver- 
balwurzel Rap, deren a inRup-iliu-s und rump-o zu u 
geschwächt ist (Corssen krit. beitr. 155), bedeutet häufig 
noch „reifsen^ zerreil'sen^ in den derivaten rapidus als 
beiwort zu leo, fera — , rapax neben bestia, den&, lupus, 
falx (das. 156) — , vor allen in rumpere, sogar „durch- 
schneiden^ in: guttura cultro rumpit Ovid. Met. XV, 465, — 
rumpere colla securi ib. XII, 249 , übrigens ist die bedeu- 
tung „rauben" so gut wie „pflücken, rupfen" von car- 
pere, das mit gutturalisirung des s aus der wurzel Sarp 
entstanden ist, aus deren hauptbegriff „abschneiden" her- 
zuleiten und damit r apere durch schwinden des anlauts 
s vor r aus *srap zu erklären"^) wie in Roma für ^Srouma 
„Stromstadt" von wz. *rou für *srou „fliefsen" (Corssen 
das. 427) und in r^po für *srepo, das durch metathesis 
aus serpo entstanden ist (Cnrtius grundzüge I, 6.230). 
Im griechischen sind hier ebefafalls zwei gestalten der wur- 
zel, deren eine in ägn-ri „raubvogel" nebst agna^w „ich 



*) Dazu stimmt aufs genaueste Benfey's ableituug des lateinischen na- 
mens Läv-erna „diebsgottin^, von der skr. wz. lü „abreifsen, abschneiden ** 
(gr. würz. lex. II, 2), wozu auch Xaiov (für },%/-i,ov) „sichel* (das. II, 1), 
welches Bast zu Greg. Cor. p. 898 nachweist, und Xiwv „löwe« (fttr XrJ^tov) 
als reilJBendes thier gehört, sonst noch Uta {Xt^la) Xffiq {kfi^£<:) XuifVQOv 
{Xdßvgov) „beute" (s. m. gymn. progr. Aachen 1866 p. 14), von denen letzt- 
genanntes dem lat Lav-er-na am nächsten steht. Zur vollen bestätigung 
der begriifsyerbindung dient der homerische gebrauch ßovq ntQifäfivt90at 
Od. XI, 402. XXIY, 112 und ebenso afjKpnafivta^at II. XYIII, 628 fUr 
„rauben**. 



362 Savelsberg 

raube*^ und agna^Xiorg „reifsead, gierig^ im spir. asper 
noch eine andeutung des alten anlauts a enthält, während 
die andere dieses a in xgamdkrj „taumel^, xagTi-dkiuo-c; 
und X(}ai7t'v6'g „rasch ^ (aus Ttgan-ivo^q) gutturalisirt hat 
und mit der bedeutung einer reifsend schnellen bewe-* 
gung dem lat. rap-idu-s entspricht. 



n. Im inlaut. 

Im inlaut können wir den lautwandel von c; in x 
ebenso oft nachweisen, auch wie er stufenweise erfolgt ist. 

1) Zum ^xjhsi. ^ivaog ^liaGfAa „ekel, absehen^ bietet 
Hesycbios die nächste stufe der Verwandlung fjLVöxog ^Z- 
aapia^ welche form auch Herodian xa&oX. ngoacpS, p. 56, 14 
ed. Schmidt (vulgo Arcadius p. 50^ 15) kennt, zum adj. 
uvaog aber, welches aniser Hesychios in fivad' fAiagd^ 
jusiuaöfleva^ fjtvaaod auch Cyrill. 11 fxvaog' iivaovg ä^iog 
überliefert, die letzte stufe des vollen Überganges fxvxog 
fiiagog, 

2) Die desiderativa haben im sanskrit in der regel s 
als Weiterbildungselement, welchem in den griechischen 
und lateinischen der form nach entsprechenden verben 
meist ax sc gegenübersteht, z. b. skr. gignäsämi »mi> 
mnäsämi gigariäämi, griech. yiyvoiaxw uifiVTJaxui ßi- 
ßQüxsxb), selten ac wie in äeiSiaaofjiai neben Sediaxofiai' „ich 
schrecke, scheuche^ (wovon später). Im lateinischen ha- 
ben den blofsen Zischlaut folgende drei: vlso, dessen desi- 
derative form und bedeutung „sehen wollen = besuchen^ 
schon Pott et. forsch. II, 75 erkannte und dessen entste- 
hung aus ""vid-so ähnlich wie sanskr. Desid. med. vi- 
-vit-se, nur ohne reduplication , sich klar herausstellt, 
dann incesso „ich dringe ein, greife an'*, aus *in- 
-ced-so, und noch das causative arcesso oder accerso 
„ich hole herbei", so doppelt gestaltet durch die Ver- 
wandlung von ursprünglichem d in r (Corssen, üb. ausspr., 
voc. I, 89) bald in der 1., bald in der 2. silbe aus *ad- 
ced-so^); sonst endigen sich die hierher gehörenden verba, 

*) Wie in arcesso sicher das erste d von ad, so ist wahncbeinlich 



lautwandel von a in x. 363 

welche sämmtlich die reduplication eingebOfst haben, in 
der regel auf -sco: (g)DO-sco re-min-i-scor u. 8. w., 
doch einige auf -esso, nämlich: capesso incipisso 
(Plaut.) facesso lacesso petesso, welche Düntzer in 
seiner wortbildungslehre s. 135. 136 mit recht für deside- 
rativa, z. b. capesso „mit eifer anfassen^ erklärt. Auch 
den von nomina vermittelst des sufißxes sja oder asja im 
Sanskrit abgeleiteten desiderativen (Bopp vergl. gramm. 
§. 775) stehen entsprechende griechische und lateinische 
Verbalbildungen meist auf axw gegenüber, z. b. madhva- 
sjämi „ich wünsche honig^, yrigdaxta senesco, Tjßdaxo) 
pubesco, doch gibt es mehrere auf -acat, wie Xaifidaooj 
„ich verschlinge", dygoiaau) „ich fange", vTivciaau) „ich 
bin schläfrig", Ti&aiß(iiöa(a Od. XII, 106 „ich niste" von 
Ti&aijrog, einem synonymum von ri&aaog (Döderlein ho- 
mer. gloss. n. 2491) und einige, die bald diesen, bald jenen 
ausgang haben, wie TtrwaaoD und nronöxa^w IL IV, 372 
„ich will mich ducken, scheue mich" von ntoa (gew. 
7iToia\ Tiivvaaa) IL XIV, 249 und mvvaxu) Aesch. Pers. 830 
(Dind.) Callim. Dian. 152, „ich mache verständig, ermahne" 
von nivvTog, lat. assudasco und consudasso. 

Die wahrscheinlichste erklärung der verbalausgänge 
(Txo/« SCO ist noch immer die von 6. Curtius temp. und 
modi s. 115 an das sanskritfutur sjämi anknüpfende, wel- 
che sowohl an den lateinischen desiderativen auf -esso (für 
-esjo) gute stützen hat, als ganz besonders am altlateini- 
schen futurum von esse, nämlich escit nebst escunt in 
den 12 tafeln und superescit von Ennius bei Festus p. 
302 (Corssen krit. beitr. 35), ganz entschiedenen futurfor- 
men, die gewifs nicht anders als aus esjit esjunt ent- 
standen sind. Nur können wir nicht dem zischlaut s den 
einflufs, das begleitende j bis zu k zu verhärten, zuschrei- 
ben, sondern finden in sc ax den laut seh bezeichnet, zu 

in accerso abwechselnd das zweite d, das der wurzel ced gehört, in r 
verwandelt, Oder sollte accerso erst aus dem schon aus adcedso verwan- 
delten accesso, also rs aus ss entstanden sein (wie Döderlein lat. syn. III, 
282 erklärt), ähnlich wie Carmena aus Casmena (Varro L. L. VII, §. 26 und 
quirquir aus quisquis (ib. §. 8)? Da ein genau passendes belspiel fUr rs ent- 
weder aus ds oder aus ss fehlt, so ist es schwer zu entscheiden. 



364 Savelsberg 

dem auch sj sich leicht hioDeigt, und dessen ausspräche 
eben unser sj in neuern sprachen wirklich oft annimmt 
(Schleicher zur vergl. sprachengescbichte s. 75. 79. 82). 
Für den sch-laut spricht besonders die in diesen verbeo 
mit ax so oft wechselnde Schreibung aa, die durch die 
Sprachvergleichung als ein aus xj yj ^j oder tJ \^j ent- 
standener mischlaut mit der ausspräche unseres seh (Cur- 
tius temp. s. 101) oben s. 72 erkannt wurde, um so mehr 
als ao gerade aus yj z. b. in (pgccaato neben qjQayvv^L 
(Curt. das. 103) sich bildete statt ^, das ungefähr wie gi 
im ital. gioja oder wie franz. j in jour und joindre ausge- 
sprochen wurde, woher man für o6 auf eine ähnliche, nur 
stärkere ausspräche, nämli^^h die unseres seh schliefsen 
mufs: es liegen also in nivvaoo} und nivvöxa) wie in Sai- 
diaao licet und SsSiaxouai zweierlei bezeichnungen fQr den 
laut seh vor. Aber nicht nur in den zwei arten der de- 
siderativa (mit und ohne reduplication) mufs ax die gel- 
tung unseres seh gehabt haben, sondern auch in andern 
Wörtern, wo der lautcomplex ox^ sc und einigemal a^*) 
aller Wahrscheinlichkeit nach den aus &j Sj oder xj yj ge- 
bildeten mischlaut bezeichnete, mufs dieselbe ausspräche 
seh angenommen werden: so in ndaxo für nd&jio = pa- 
tior, — compesco = compedio, mit welchem wste- 
res die gleiche bedeutung „fesseln" gemein hat, — esca 
för *edja, wie im griechischen wenigstens ^eS-i-aQ (vgl. 
6v6'i-aQ Ourtius grundz. 1% 216) aus sldaQ genau so wie 
nhQ'i-aQ aus nuQao **) zu folgern ist, — Tteaxog (wz. nex 
„kämmen, scheren'*) „feil, hauf^ für nixjog^ welche letztere 
form auch wegen Tisixog' 'iQiov^ ^dp^ucc bei Hesychios in 
Verbindung mit der von Tzetzes berichteten äolischen form 
nexxoq in Gramer Anecd. III, p. 358, 1 1 vorausgesetzt wer- 
den mufs***), — ^icx^i »ort zum plaudern" &iT liyjri. In 

*) Wie ax '^^ ^X^^^ ^^^ ^*^ ^^ axCSvrifjii und scindo wechselt. 
**) Im lateinischen wird i nicht so häufig wie im griechischen in die 
vorhergehende silbe versetzt, was wieder in ex-peri-entia dem griech. 
nslifa (aus niqla) gegenüber zu sehen ist. 

***) niaxoci — bei Hesychios: niaaiMv d«ß/uaTWv, und bei Suidas s. ▼. 
TitKo? und s. V. niay.o<;' to Tiettoq cet. — hat Nikandros (148 v. Chr.) 
Ther. 649 gebraucht , aber nicht in der alten eigentlichen bedeutung, son- 
dern in einer abgeleiteten: rinde. 



lantwandel von a in x. 965 

diesen Beispielen also sehen wir den laut soh bezeichnet, 
gleichwie l, ein analoger, nur gelinderer laut, durch ver* 
Schmelzung von 8j oder yj entstanden in cyj^a und tfv^a 
sich zeigt (Curtius grundz. 11, 190. 191). Dann, wie J aus 
8 oder y nicht mit etymologisch verbundenem, sondern 
mit parasitisch angehängtem i verschmolzen erscheint in 
Tiefpv^oTBg agi^iilog ^oQxdg (Curtius grundz. (II*) 545 ff. 
585), aus Ttsq^vyjoreg agiSjjjXog öjogxccg^ so ist andererseits 
der seh -laut aus S nebst parasitischem i und aus y oder 
X mit solchem i hervorgegangen in aia%og aus cdSjog (wz. 
j4ld „sich schämen") und Siaxog aus dixjog (wz. Jix „wer- 
fen"). Analogien gibt es auch in den neuern sprachen: 
im englischen lautet der ausgang -tion ss sehen in na- 
tion und im italienischen ist goccia (ausgesprochen gotscha) 
aus gutta geworden; der gutturale laut c (k) aber ist 
im französischen sehr oft, in der regel vor a, in den 
Zischlaut ch (unser seh) übergegangen: champ aus Cam- 
pus^ chose aus causa, sicher aus siccare, wo wir im an- 
schlufs an Diez gramm. der roman. spr. I, s. 200 die Stu- 
fenleiter des lautObergangs k — kj — ch (seh) annehmen, 
wie dafdr zeugen chef aus altfranz. cief (das. s. 202), lat. 
Caput,, — chien aus lat. canis, — riebe aus ahd. richi, — 
choisir aus ahd. chiosan. Nun ward auch er;, worauf es 
nunmehr hauptsächlich ankommt, theils zu aa in nriaaü) 
(aus TiTiaJü)) lat. pinso (Curtius grundz. (11^) 594), la- 
cesso aus lacesjo (wovon später noch), theils zu sc in 
musca: denn lit. müsse und slaw. mucha, das ebenfalls 
auf musa zurückweist (Curtius grundz. I^ 302), lassen mit 
Sicherheit darauf schliefsen, dafs griech. ^t;7a aus fivaia^ 
aber auch lat. musca d.i. muscha aus musja entstan- 
den ist*). Hierzu ist nun die genaueste parallele das 



*) fivXa oder */tmia^ lat. mnsca „fliege**, wie auch fjv-tmff „bremse", 
sind beide von ihren blinzelnden äugen und zwar ihren drei sogenannten pnnct- 
angen aaf dem scheitel benannt, wie auch juvq, lat. mns, skr. müs-a-s, 
müs-ika-s von der wurzel Mvq „schliefsen" (äugen, mund schliefsen) stammt, 
welche im sanskrit mns vorliegt und ihre ursprüngliche bedeutung in die- 
sem thiemamen der blinzelmaus, aufserdem noch in musti „(geschlossene) 
faust" bewahrt hat, sonst aber zu mis geworden ist. Die bedeutung „steh- 
len" der verbalwurzel mus wird wie, unser „mausen" erst eine abgeleitete 
sein. * 



366 Savelsbei^ 

oben erwähnte altlat. futur escit und escunt, welches 
sicher nicht anders als aus esjit esjunt = skr. sjati 
sjanti zu erklären sein wird. Dazu kommt, dafs auch 
die andere gestalt -sso bei alten primären futuren levasso 
impetrassere expugnassere (Bopp vergl. gramm. 111% 
s. 278) gleicher weise wie bei den desiderativen vorkommt 
und diese, sowohl die mit so gebildeten wie in-ces-so, ac- 
-cer*so oder ar-ces-so, als auch die auf esso: cap-esso fac- 
-esso u. s. w. sämmtlich ihre perfecta und supina wie nach 
der 4. conjugation auf *ivi, -itum bilden (was Pott etym. 
forsch. IP, 574. 575 bemerkt), von den einen sogar jenes 
zweigestaltige ac-cer-so ar-ces-so und von den an- 
dern lac-esso noch die Infinitive accersiri Sali. Jug. 62. 
Tac. bist. I, 14, arcessire arcessiri oft bei Caesar und 
lacessiri bewahrt haben, so dafs wir fQglich ar-ces-sio 
ac-cer-sio und wohl auch lac-essio u. s. w. als ältere for- 
men ansetzen dürfen. Das letztere verbum aber und alle 
auf -esso haben die Verdoppelung des s, wofär noch die 
erklärung- nöthig ist, ebenso wie die Aitura auf -asso ohne 
zweifei durch assimilation aus -esjo und -asjo erhalten und 
sind dann, sobald sie zu -esso und -asso umgelautet war- 
reu, z. b. lac-esso aus lac-esjo, lev-asso aus lev- 
-asjo, ähnlich wie compesco, als es neben compedio 
selbständig auftrat, in die 3. conjugation und ihren in- 
tinitiv -ere (lac-essere expugn-assere) übergegangen. Auch 
gibt es im griechischen bekanntlich desiderativa auf -(re/co: 
SMöBiot) ßgcjaeicD dgaaeiM*), die der ursprünglichen, dem 



*) Diese griechischen desiderativa haben ebenso, wie sämmtliche lateini- 
sche, die reduplication aufgegeben, eine bildungsweise, die schon im sans- 
krit wenigstens mit znsammenziehung ihren anfang nimmt in 9ik8ati für 
^ifaksati von wz. 9ak, ripsati für rirapsati von wz. rabh, lipsate 
von WZ. labh (Benfey vollst, skr. gramm. §. 194), pitsati neben pipati- 
sati, ^nipsati neben ^i^näpajisati, dhipsati neben didambhisati 
(das. §. 190). Wie auch im griechischeil die reduplication allmählich verlo- 
ren ging, zeigen noch vorhandene doppelformen: Tgia-axot (Hippocr.) neben 
T(-TO(u-o'xft>, ag^^üxtu neben ag-ag^ £~(txu)» Zugleich beachte man den bin 
devoeal «, der den schlufsconsonanten der wurzel mit der endung verbindet, 
gerade wie im sanskrit z. b. ar-ir-i-sati „er wünscht zu gehen **, im grie- 
chischen sogar nach vocalen eintritt in xit-i-trxm und äol. ^(-^va-t-<rxa> 
^n-C-üxta (Schol. U. XI, 799. Ahrens dial. Aeol. p. 96) und die gleiche bil- 
dungsweise der beiderseitigen desiderativa beweist. 



lautwandel von a in x. 367 

dorischen Snütfw för ScociM zu gründe liegenden futurge- 
stalt Sw(f(uj wesentlicli gleich sind, so dafs die überein* 
Stimmung zwischen desiderativ und futur im lateinischen: 
lacesso und levasso, gnosco und escunt, um eine 
neue analogie vermehrt wird. Da hiermit für die beiden das-- 
sischen sprachen die ursprOngliche endung der desidera- 
tiva aio)^ sio als ausgemacht gelten kann und im sans- 
krit wenigstens nominale desiderativa durch sja und asja 
gebildet werden, wie ksira-sjämi, madhu-sjämi oder 
madhv-asjämi „ich verlange nach milch, — nach ho- 
nig^^ so ist grund genug zu vermuthen, dafs die eigent- 
lichen (reduplicirten) desiderativa im sanskrit ursprünglich 
ebenfalls auf -sjämi ausgegangen seien, welche endung 
mit dem futurum von wurzel as identisch war, und das j 
daraus geschwunden sei. Vom ehemaligen ausgang sjämi 
mag dann die lautverbindung sj schon im sanskrit in jenes 
kh übergegangen sein, welches wir in mehreren inchoa- 
tiven verben finden (Benfej vollst, skr. gramm. §. 144. 
Kuhn in d. zeitschr. III, 327), murkh „ohnmächtig wer- 
den ** von WZ. mr, hurKh „sich krümmen^ von wurzel 
hvr, hriKh „sich schämen^ von wurzel hrl. Zu den 
übrigen verbalstämmen, denen verwandte griechische bil- 
dungen entsprechen, fügen wir zugleich die mit s erwei- 
terten hinzu, weil ein constatirter Wechsel von ä und Ith 
in der doppelten wurzelgestalt i& und ikh „ wünschen ^ 
vorliegt und auch sonst kh gleichwie 9 seinen regelmäfsi- 
gen Vertreter an S hat*): bhää „sprechen", wo nun ä 
nach ä nicht mehr auffällt**), Icpdaxoo^ — ris „verletzen, 
tödten" von wurzel r oder ri „verletzen", oXiaxsi = 6X0- 
&Qav6i bei Suidas, — g^kh, nebenform von gam „ge- 



*) lüi gdit wie 9 vor t in s Über, z. b. wz. praKh im partic. prasfa; 
sowohl Kh als 8 werden, wie anch 9, mit s verbunden zu ks: praksjati 
tat. von praKh, dvSksjati tat. von dvis. 

•♦) Meist geschieht die wnrzelerweiterung durch s, welches gerade nach 
I unverltndert bleibt, z. b. bhss «leuchten **. üeber solchen zusatz eines 
Sibilanten sagt Curtius in seinen grundz. I^, 68 sehr richtig: „Die durch s 
erweiterten wurzeln berühren sich vielfach mit desiderativbildungen, welche 
ihrerseits wieder in einer kaum abzuweisenden Verwandtschaft mit dem sig^ 
matischen futurum stehen**. 



368 SaveUberg 

hen", fld(fxai*)j — arkh ron wz. r oder ar „ gehen ^, 
igXoum^ — Tän^h „wfinschen^, abd. wonsc, gr. evj^Ofuzij 
wo Bv die silbe va vertritt (Curtins gmndz. II, 272) durch 
Umstellung **). Dem einfachen laute kh entspricht im 
griechischen in der regel der lautcomplex i>x, aber darom 
ist £h noch nicht ans sk entstanden, eine oft wiederholte 
behauptung, f&r die ein nach weis noch nie ernstlich ver- 
sucht worden ist. Eine etwaige behauptung, dals Kk ein 
doppelconsonant sei, hat weder die tradition, noch ii^end 
eine analogie im sanskrit-alphabet fär sich, wo keine dop- 
pelconsonanten, wie im griechischen |, tp und auch c, zum 
aiphabet gerechnet werden, und hat den regelmäisigen 
Wechsel von ^ mit s, welches doch als einfEicher laot 
gilt, gegen sieb. Vielmehr ist Kh ein solcher ein£iicher 
laut, dessen ausspräche der des s am nächsten steht, 
er wird im griechischen regelmä&ig mit axj worin wir 
unsem laut seh gefiinden baben, oft auch weicher mit ^ 
wiedergegeben, wie wir letzteres in i^oiAai und Bvxofuu 
sehen, femer in nra^og neben mwaxaCo) und strwaoa 
(ptoschö), und in SiSa-^V neben biSa-axta^ aor. SiSaax-^^ftu 
Hesiod. Op. 64 und Sida-axaXog von wz. Sa***). Nicht 
minder ist nun der Übergang von <tx in x, wie firfiher in 
vielen beispielen, so besonders hier, wo neben dem eben 
besprochenen ris oUaxot anch ein thema tiq von glei- 



*) Dafs die hier behandelte präsensenreitemng von den inchoativen 
— yrigaffxo» senesco — nnd iterativen — «rra-Hmoir ld~r~mtor — im 
griediiachen nnd lateinischen dem wesen nnd mspnmg nach nicht verschie- 
den ist, hat Glutins in den erUnt. zn s. griech. gramm. s. 121 gezeigt. 

**) Anf der berahmten vase des Ergotimos C. I. 6. n. 8185 b steht der 
name ߀vx<rt€\T]oaTo[z], welcher fftr die wnrzel^ff;^ spricht, wo dann v 
an die stelle des alten a getreten wire. Cnrtins gmndx. 11, 288. 

***) Die wnrzel Ja, welche in 3r,ro<; pl- 3ijpfa bei Hom. „rathschlfisse* 
nnd in StrSa-mut vorliegt, ist eigentlich eine secnndire, ans J<^f (in da— 
ff(9cu «wissen*, 6akfrifiwv) verstfimmelte , wie im zend wz. d& « wissen* 
(n. 3 bei Jnsti) selbständig dann «weise* dämi „Weisheit* bildet, eigent- 
lich aber von wz. dan stammt, die in dioman «Weisheit* (ans danman) 
zn erkennen ist. Im griechischen finden sich solche verinderte wnrzefai öfter 
(Cnrtins gmndz. (II') 505. 508) wie srAw in nAaircq ans nXv oder lÜLtv in 
2cilci«-Hr-Tixn;, /•• in /«/la ans /« oder /ew in /ev/tou Wie der b^riff 
«brennen, lenchten" von wz, Aotf in «aofkliren, lehren* fibergeht, hat 
Hainebach im programm von Giefsen 1866 s. 19 trefflieh edintert. 



laatwandel von 47 in x. 369 

eher bedeutnng und entstehung ( aus wz. ri ) dem griech. 
oUxo) an die seite zu setzen ist, bei der regelmäfsigen 
entsprechung von skr. ^ und griech. x unzweifelhaft, ebenso 
in ^Qvxo) aus *kQV6X(o oder ^vaxo) (pvaxev II. XXIV, 730), 
ßgvxoD aus ßißQciaxiü (vergl. Curtius grundz. I, 51), und 
ßdx'TQov ba-culum aus ßd6x(a. In dieser classe von 
Verben sehen wir also ax überaus häufig und zwar aus s 
oder vielmehr ursprünglichem sj hervorgegangen, finden aber 
verhältnifsmäfsig nur in wenigen föUen den lautwandel 
über die gewöhnliche mittelstufe 6x hinaus zum x oder 
überhaupt zu einem gutturalen fortgeschritten. 

3) Zwei wie desiderative gebildete verba fordern ih- 
rer reduplication wegen eine gesonderte betrachtung. Das 
eine ist das erwähnte dsdlaxofiai mit der nebenform Sei- 
diaaofiai „ich schrecke, scheuche", welches ähnlich wie 
manche andere desiderativa, von wz. Sjrc „fürchten" wei- 
tergebildet, das Suffix ax zum gutturalen Charakter im aorist 
Sudi^ccff&at, sicherlich zu x, umgestaltet, die reduplication 
aber nicht mehr mit ^, wie vom desiderativ zu erwarten 
war, sondern mit s versehen hat, gleichwie das zweite hier 
anzuführende, genau entsprechende verbum jrsflaxoj *), sonst 
nur noch die intensiva rsTQaivco und TBVQBualvG). Wo das 
griechische die reduplication mit b bildet, wie im perfect, 
hat das sanskrit den wurzelvocal und zwar kurz, z. b. tu- 
töpa griech. virvipcc^ und so reduplicirt sind auch meh- 
rere desiderativa im sanskrit wie dudüäati von wz. du 
„quälen", nunüäati von wz. nu „loben", bubhüSati 
von wz. bhü „werden". Durch solche analogien in der 
formation sicher gestellt, mag jrs^ 10x00 nunmehr auf seine 



*) Dafs fifoixa und desgleichen J^^iffxw von Buttmann Lexil. II, 
s. 83 mit recht aufgestellt ist, zeigt die bestätignng des digamma (woran 
Curtius grundz. n, 228 zweifelt) im Gjn'illus Bremensis: ßfCxtXov' o/ioiov 
(lies ßi£xfXov)j s. Philol. XIY, s. 205, auch ^nifCxsloq Hoffmann Qaaest. 
Hom. II, p. 87 und das feste digamma der reduplication im perfect (das. 
p. 86) und praesens z. b. II. III, 197. V, 181, wo auch Bekker richtig ^f- 
^hxia schreibt. Einigemal kommt ohne reduplication verkürztes ^^(rxo) vor 
n. XI, 799. XVI, 41. Od. IV, 279, wovon flf^axev Od. IV, 247 imperfect ist 
mit langem angment wie ^l* II. I, 47 von wz. f., fi^ilötj Od. IX, 206 von 

Zeitschr. f. vgl. sprachf. XVI. 6. 24 



370 SayeUberg, lantwwdel von o in k. 

wQTzel zorückgeflQhrt werden. Im sanskrit gibt es ein ad- 
▼erb. riäu „gleich^ and verwandt damit ist das griecb. adj. 
^iaog^ dessen anlant^ inscbriftlich durch ^i4foTBhctv C. I. 6. 
n. 1562. 1563 and darch Hesychias glosse BiwQ' iautg, c^^ 
Sov jiaxwvBg bezeagt ist; vollständiger aber entspricht 
jriofogj welches schon Thiersch gr. gramm. §. 153,41 in 
der hesychischen glosse yiayov laov ganz richtig be- 
zeichnet fand. Dieses ^iofoq ward beim erlöschen des di- 
gamma darch assimilation iaaog^ das in i^ao&ioq (C. I. G. 
n. 3524, 15 enthalten ist and za arspr. fiav sich verhält, 
wie ro ijfÄtaaov inscr.Delph. ed. Wesch. et. Foac. n. 213, 11 
(aus TjiAiofov) za rjfAiaVy noXXog (aas noXfog) zu noXvq, 
nikexxov II. XII, 612 (aus nikBXfov) zu niXexvg^ bei Ho* 
mer aber trat, statt der assimilation Verlängerung der er- 
sten silbe ein, also ^laog (wie ^elvog aus ^ivpog)^ bis zu- 
letzt im attischen laog auch diese und damit jede spur 
des digamma schwand. Das sanskrit. adverb. visu nun 
wird von der verbal wurzel viä „disjongere, separare^ ab- 
geleitet, doch ist statt dieser anbelegten mit ä erweiterten 
form höchst wahrscheinlich eine einfachere wz. vi „tren- 
nen^ anzunehmen, die im sanskrit als präposition „aus- 
einander, zer-^ bedeutet und auf das zahlwort dvi „zwei^ 
zurückgeht (Curtins grundz. I ^, 36), im lateinischen aber 
in di-vi»do*) enthalten ist. Ans wz. vi ist alsdann vi-su 
vermittelst eines snfifixes su gebildet, welches im skr. adj. 
ip-su (wz. äp) „zu erlangen wünschend^ didrksu (wz. 
dr^) „zu sehen begierig^ ditsu (wz. da) „zu geben be- 
reit^ und im griech. rifu-av erkennbar ist, und bedeutete 
gleichwie das alte griech. adj. fiofog eig. : „divisus^. Aus 
solcher der skrl wz. vi entsprechenden griechischen wz.^t 
ist denn auch ^B'^i-axü) gerade so wie ds'djri^axofjiai aus 
WZ. dfi gebildet, und wie aus diesem der aorist SaiSiiao&ai 
mit X als Charakter und aus ßdaxa ein neues thema ßax^ so 



*) Dessen simplex, offenbar vido „ich theile*', zeigt sich der skr. wz. 
vi gegenüber als eine erweitemng durch d: vi-do, wie sie im lateinischen 
80 häufig ist — B, Curtiuß grundz. (11*), 690 — : ten-d-o itit>o) wz. Ttv^ 
fen-d-o O-iivfo wz. &€r, fun-d-o fu-d-i j^(/rai wz. Xi' und noch genauer 
entsprechend ru-d-o »ich brülle *< ^giiu skr. rn. 



ZeyCSf Aber die in ablatiyfonn enolieiiienden iüd. praepositionen. 371 

ist BXiBpifiOkw eine neue wurzel^^x mit perfz-l^oexcr, dual 
jrifixTov Od. rV, 27, nebst den derivaten jrixBlog jr^ixelog 
^eixoiv hervorgegangen und somit der Übergang des desi- 
derativcfaarakters s oder urspr. sj vermittelst ax in x — 
^B'^iaxd) in jri'XeXog — hier besonders klar ersichtlich« 

dr. J. Savelsberg. 

(Fortsetzung folgt.) 



I. Ueber die in ablativform erscheinenden 
italischen praepositionen. 

Zwei umst&nde könnten zu der ansieht iF&hren, dafs 
die bildungsweise der italischen präpositionen, welche sich 
auf d endigen, identisch sei mit der bildungsweise der 
praepositionen, die auf t, welches durch abfall des i aus 
dem urspröngliohen sufBx ti entstand, auslauten. Erstens 
nämlich könnte dazu das wort redivivus veranlassung ge- 
ben, wenn man dasselbe auf die wurzel viv zurückfahrt; 
allein auf überzeugende weise hat Gorssen in den krit. 
beitr. zur lat. formenlehre p. 94 — 96 dargethan, dafs viel- 
mehr re-div-ivus zu trennen sei, indem dieses wort von 
der Wurzel div j,glänzen^ abgeleitet ist, so dafs dasselbe 
eigentlich „wieder glänzend goworden^, dann „wieder frisch 
oder neu geworden, erneuert, renovatus^ bedeutet. Zwei- 
tens aber könnte man für jene ansieht anf&hren, dafs die 
praepositionen ad und apud, deren d freilich, wie unten 
gezeigt werden wird, aus r hervorging, sowohl mit d, als 
mit t geschrieben wurden. Siehe Schneider lat. gramm. 
I. bd. p. 251 — 254. Dieses schwanken der Schreibweise 
erklärt sich indessen hinlänglich daraus, dafs die linguale 
media im auslaut der Wörter überhaupt härter ausgespro- 
chen wurde, so dafs an dieser stelle derselben ihr laut dem 
der tennis ähnlich war. S. Schneider 1. 1. und Corssen 
über ausspräche, vokalismus und betonung bd. I, p. 71 — 72 
und die nachtrage zu p. 72. Ueberdies kennen die älte- 
ren lateinischen Inschriften die Schreibweise at für ad und 

24* 



372 Zeyft 

aput fär apud nicht. Dafs Tielmebr im gegentheil die 
bildungsweise der auf d sich endenden italischen praepo- 
sitionen ganz verschieden von deijenigen ist, welche die 
praepositionen zeigen, die auf t auslauten, geht deutlich 
hervor aus den lateinischen an-ti-d (in antidea, antid- 
hac, antideo, antidit) und pos-ti-d (in postidea 
und postidhac), indem diese durch anfQgung eines d aus 
den mittels des sufBxes ti gebildeten an-ti und pos-ti 
ebenso entstanden sind, wie durch hinzufügung der lokal- 
endung in, welche mit dem suffix ti in eine silbe ver- 
schmolz, das umbrische pustin und oskische püstin. 
Dieses d aber ist identisch mit dem d, welches als zeichen 
des abl. sing, im altlateinischen bekannt ist. Wie dieses 
durch erweichung aus ursprünglichem t hervorging, ebenso 
entstand jenes durch abschwächung aus früherem t. Der 
vokal vor demselben war lang, wie nicht blos das sanskrit 
beweist, sondern auch die stellen lateinischer dichter, in 
denen ablativformen dieser art vorkommen. 

Von lateinischen praepositionen gehört nun zuvörderst 
hierher exstrad (S. C. de Bacan. 16). Da mit dieser 
gleiche bildungsweise intra, citra, ultra, contra zei. 
gen, so läfst sich annehmen, dafs auoh diese ursprünglich 
auf d ausgelautet haben. Und ein gleiches ist anzuneh- 
men von infra und supra, da wir wenigstens das ad- 
verbium supra suprad (S. C. de Bacan. 21. 24. 29) ge- 
schrieben finden. 

Ebenso entstand aus den schon oben angeführten an- 
tid und postid durch abfall des d anti und posti, aus 
denen durch Übergang des i in e ante und poste ward^ 
deren früher langes e später verkürzt wurde, worauf das 
von poste abfiel, so dafs daraus post und nach ab- 
werfung des t sogar pos hervorging. Vergl. meine dar- 
stellung dieses Vorgangs in d. zeitschr. bd. XIV, p. 412 
und 414. 

Von prae ferner hat man vielfach, wie Schweizer 
in d. zeitschr. bd. III, p. 396, angenommen, dafs es, f&r 
pra-i gesetzt, der localis eines femininums sei, welches 
allerdings gerade das lateinische vorzüglich oft bei räum* 



ttber die in ablatirfonn erBCheinenden ital. praepositionen. 373 

bestimmuDgen verwendet« Dafs aber prae weder ein weib- 
licher localis von pra ist und mit dem epischen nagai zu- 
sammengestellt werden kann, wie Pott etym. forsch, bd. 11, 
p. 175 und 251 vermuthet, noch, wie Aufrecht und 
Kirchhoff umbr. sprachd. bd. I, p. 155 und Corssen in 
d. zeitschr. bd. HI, p. 265 und über ausspräche, vokalis- 
mus und betonung bd. I, p. 334 annehmen, zugleich mit 
nagal, nur mit ausstofsung des ersten a, als ein localis 
der a-declination von dem skr. adjeot. pronominale para 
(alius) aufgefafst werden darf, welches sie auf die wurzel 
Pf in der bedeutung transgredi zurückführen, so dafs der 
begriff vor von dem übersteigen, darüberhinausgehen ab- 
geleitetwäre, hat Kuhn in d. zeitschr. bd. II, p. 471 — 472 
deutlich gezeigt. Ueberdies steht der auffassung des prae 
als localis dessen vollständige form praed in „praed- 
-optiont praeoptant^ bei Fest. p. 205 ed. Müll, entge- 
gen. Desgleichen ist prae, wenn es auch in einigen com- 
positis dem griechischen nagd entspricht (praesens :» 
naQ(üv^ praebere = na^yix^iv^ praedicare = naQayyiX- 
Ihv\ doch seiner grundbedeutung nach, die gewifs nicht, 
wie Ebel in d. zeitschr. bd. VI, p. 204 sagt, »von der 
Seite her'^ ist, von diesem zu sehr verschieden, als dafs 
es, wie auch von Leo Meyer in d. zeitschr. bd. VII, p. 
419 geschehen ist, dem na^ai = nagd gleichzusetzen 
wäre. Nicht weniger irrig ist es, wenn Benary röm. 
lautlehre p. 57—58 und Bopp vergl. gramm. p. 1480 Ite 
ausg. prae aus skr. prati durch ausfall des t und con- 
traction der vocale entstehen lassen, wie Aufrecht und 
Kirch hoff und Kuhn an den angef&hrten stellen hin- 
länglich dargethan haben. Es ist aber auch nicht zu bil- 
ligen, wenn Kuhn in d. zeitschr. bd. II, p. 473 — 475 prae 
aus dem sanskritischen puras durch ausfall des u und 
Übergang des s in i erklärt, wie G. Cur t ins in d. zeitschr. 
bd. ni, p. 156 bewiesen hat. Nur soviel ist gewifs, dafs 
dem lat. prae und dem der bedeutung nach völlig über- 
einstimmenden sanskritischen puras und ebenso dem grie- 
chischen ndqoQ derselbe stamm zu gründe liegt. Sei- 



374 Ä^yft 



form nach aber ist es, wie die obeo angefUirte glosse 
des Festos seigt, abist, ängiil. 

Audi TOD der praepos. pro, welche dem skr. pra, 
zeod. fri oder fra, griecb. ngoy fit. pra and slaw. pra s. 
pro eotspricht, kami man nicht, wie Bopp TgL gramim. 
p. 1478 1. ausgäbe, Anfrecht and Kirchhoff nmhr. 
sprachd. bd. I, p. 1 59, Corssen in d. zeitschr. bd. m, p. 265 
ond über ausspräche, Tocalismos med betonong bd. I, p. 334 
und Schweizer in d. zeitsdir. bd. Hl, p. 396 wollen, an- 
nehmen, dals sie durch ansstolsung des ersten a nnd ab- 
Schwächung des zweiten zu o ans dem skr. para entstan- 
d^i sei, da nch dessen bedeutung mit der ursprOngUchen 
sinnfichen bedeutung dieser praeposition so wenig wie mit 
der von prae auf natfiriiche weise rereinigen lafsL Vid- 
mehr erscheint pro als die grandform und pröd, das 
sich in dos oompositis pröd-ire, pröd-igere, pröd- 
•esse und ebenso wahrscheinlich mit langem o in prod- 
-»ius (Non. p. 33 ed. GerL) erhalten hat, ond woraus nach 
dem abfall des d pro ward, als deren ablativ, wenn man 
nicht die annähme Tondeht, dals pröd die ursprüngliche 
lateinische foim dieser praeposition sei, Ton der sich nach 
dem abfall des d in den einen compositis pro mit langem 
▼ocal erhalten, in den andern verkfirzt habe. Auf keinen 
fidl aber ist Bopp beizustimmen, w^m er in der ver]^. 
gramm. p. 1482 Ite ausg. das d von prod, sowie von 
red, fllr blols euphonisch vor einem vocal eingeschoben 
erklärt« Pröd ist ebenso gewiis der ablativ der grund- 
form pro, wie das aus pro-i entstandene pri (in pri- 
•dem^ pri-die, pri^or ftr pri^ior, pri-mus, pri- 
-'Scus, pri^stipus) deren localis. VergL den localis 
domi, der an9 domo-i, wie populi aus populo*!? 
hefTorgegangen ist; denn dals Corssen irrt, wenn er 
gestütat auf Fest. p. 226 ed. Moll, „pri enim antiqui pro 
prae dii^eruQt* in d. zeitschr. III, p. 265 und krit. beitr. 
p. 433 dieses pri i&r eine alte form von prae hält und von 
dieser praeposition prior, primus aUeitet, hatH.l7sener 
in d. «eoen j^b. f, philoL ond päd. 1865 1. abth. p. 254 
deatlich gezeigt. Wie aber das lateinische prior und 



über die in ablativform erscheinenden italischen praepositionen. 375 

primus, so geht von derselben praeposition die sanskriti- 
sche Ordnungszahl pra-thamas aus and das griechische 
mgö^Tog, das aus ngoarog (verglichen mit ngoregog), und 
Ttgciga, das femin. des comparat. ngtSgog, der aus ngoegog^ 
wie x^f^Qog aus x^oegog, entstand (Odyss. XII, 230 ist jiQwga 
offenbar adjectivum, wie nQVfivri in der Verbindung vtivg 
ngvfxviq, welches letztere deshalb in dieser Verbindung f&r 
ein o^Tovov zu halten ist. S. Bekker im berliner mo- 
natsbericht 1860 p. 321). 

Dann ist hier die praepos. sed zu nennen, aus der 
durch abfall des d se entstand. Da diese ursprünglich 
der ablat. des pronom. reflexiv, ist, so bedeutet sie eigent- 
lich für sich, woraus sich, indem sie in beziehung auf 
andere gegenstände gesetzt wurde, der begriff gesondert 
entwickelte. Daher bedeutet sie als praepos. separabilis 
sonder, ohne („eam pecuniam eis sed fraude sua sol- 
vito". Inscript. bei Gruter. 509,20. „Si plus minusve 
secuerunt, se fraude esto." fragm. XII tab. bei Gell. 20, 1,49 
„Im cum illo sepelirei ureive se fraude esto." id. bei Cic. 
de leg. 2, 24. Vergl. Fest. p. 148. „Sed pro sine inve- 
niuntur posuisse antiqui^), in welcher bedeutung später die 
aus ihr, wie lat. pO'-ne aus pos-ne, super-ne, infer-ne 
und umbr. per-ne und post-ne, gebildete praep. si-ne 
gebraucht wurde (denn keineswegs kann ich Corssen bei- 
stimmen, wenn dieser in d. zeitschr. bd. IX, p. 158 be- 
hauptet, dals si-ne eigentlich „so nicht^ bedeute, indem 
das si dieselbe form des localis des demonstrativen pro- 
nominalstammes so sei, die sich in si-c erhalten hat); 
als praepos. inseparabilis theils ebenfalls sonder, ohne, 
theils abseits, bei seite. Der vokal derselben ist durch- 
aus lang, wie in sed-itio, so in secedo, secerno, se- 
grego. Von demselben pronom. reflex. stammt allerdings 
auch die conjunction sed ab, die, wenn wir biosauf diese 
form derselben und auf ihre bedeutung sondern, aber 
sehen, mit dem ablativ des genannten pronomens und mit 
der praep. sed identisch zu sein scheint; dennoch ist die- 
ses nicht der fall, denn dieser annähme, wie sie zuletzt 
noch Corssen über ausspräche bd. I, p. 334 und 335? 



376 Zeyfo 

und bd. n, p. 55 ausgesprochen hat, steht nicht sowohl 
entgegen, dais die conjnnction sed stets kurzen vocal hat, 
als vielmehr, dafis ihre ursprüngliche form sedum war 
(Charis/p. 87. P. und Mar. Victor, p. 2458. P.), welche, 
wie haud-dum, ne-dum, nec-dnm, non*dum, yix- 
-dum, cet.^ aus se und dum entstanden ist, gleichwie 
aus ni-hilum nihil oder aus dem zusammengezogenen 
nilum nil, aus ne-oinum, noenum non und aus do- 
nicum donec. 

Eine andere praeposition, welche hieher gehört, ist 
red, deren d sich in klassischer zeit nicht blos vor einem 
vokal (redarguo, redeo, redigo, redintegro, re- 
doleo, redundo) und h (redhibeo, redhostio), son- 
dern in reddo auch vor einem konsonanten erhielt und 
in anderen mit einem konsonant beginnenden Wörtern sich 
diesem assimilirte (reccido, relligio, relliquiae, rep- 
peri, rettnli), während es sonst vor einem konsonanten 
meistens ansgestofsen wurde. Eine parsdiele zu ihm findet 
sich in keiner der verwandten sprachen, auiser in ra (wie- 
der) in dem zum kreise der arischen sprachen gehörenden 
ossetischen (vgl. Pott etym. forsch, bd. 11, p. 156); denn 
ich kann Bopp, wenn dieser in der vergl. gramm. p. 1482 
Ite ausg. annimmt, dals das lat re und ossetische ra durch 
Unterdrückung der ersten silbe aus dem skr. parä (retro) 
entstanden sei, nicht blos aus den von Pott angeführten 
gründen nicht beistimmen, sondern auch deshalb, weil der 
Verlust der betonten ersten silbe an sich sehr unwahr- 
scheinlich ist, während leichter die unbetonte letzte schwin- 
det, wie in dem litauischen par, z. b. in par-eimi (re- 
deo), dem skr. parä zu gründe liegt. 

Endlich ist noch die alte form der praep. per perd 
anzuführen, die wir in perd-eam für per-eam Plant. 
Poenul. 4, 2, 62 und in perd-agatus Claud. Mamert. 
de stat. anim. 2, 3 antreffen. 

Dagegen gebort nicht hieher die praep. ad, weil die 
ältere lateinische form derselben ar war, die sich sogar in 
der späteren spräche in arbiter und arcesso durchgän- 
gig erhielt. Arundo, welches Pott etym. forsch, bd. I, 



Aber die in AblAtiyform encheinenden ital. praepositionen. 377 

p. 242 „ad undam crescens calamus^ erklärt, ist nicht hier- 
her zu ziehen. S. darüber vielmehr Hugo Weber in 
d. zeitschr. bd. X, p. 260. Co rasen hat zwar de Volscor. 
ling. p. 10 und 49 — 50 und über ausspräche, vokalismus 
und betonung bd. I, p. 89 — 91 behauptet, dafs in der alt- 
lateinischen spräche vielmehr das t in dieser praeposition 
der ursprüngliche consonant gewesen sei, der in d, wel* 
ches sich dann in r verwandelt habe, übergegangen wäre. 
Dafs Corssen aber darin irrt, dafs er im lateinischen die 
form at als die ursprüngliche auffafst, hat schon Schwei- 
zer in d. zeitschr. bd. VII, p. 448 mit Verweisung auf 
Ritschi tit. Alatr. IV gezeigt, insofern dieser behauptung 
die ältesten inschriflen widerstreiten. Dafs dagegen viel- 
mehr der r-laut in den italischen sprachen in dieser 
praeposition der ursprüngliche ist, geht erstens daraus her- 
vor, dafs sie nur in der späteren lateinischen spräche, 
mit ausnähme der oben angeführten Wörter, überall ad 
oder at lautet. Dazu kommt zweitens, dafs sie im um- 
brischen gewöhnlich mit dem zwischen r und s stehenden 
mittellaut, der von Aufrecht und Kircbhoff durch r 
bezeichnet wird, zuweilen auch mit r (siehe meine ab- 
handlung de vocabul. Umbric. fict. Partie. I. not. 12), wie 
in ar-ni-po (do-ni-cum), niemals mit d oder t geschrie- 
ben wird. Allerdings setzte für d zwischen zwei voka- 
len im inlaut, gleichwie die römische plebs öfters r, in- 
dem sie z. b. peres für pedes sagte (Lucian Müller 
in den n. jahrb. f. phil. und päd. 1866. I. abth. p. 387), so 
der Umbrer vielfach jenen bezeichneten mittellaut; dar- 
aus folgt aber nicht, dafs überall und so auch in ar die- 
ses r, wie Aufrecht und Kirch hoff umbr. sprachdenkm. 
bd. I, p. 85 annehmen, aus ursprünglichem d entstanden 
sei. Drittens war auch im volskischen die form dieser 
praep. ar, wie ar-patitu in der tab. Velitema beweist, 
obwohl vor einem vokal in demselben dialekt, wie aus 
atahus in derselben tab. Velitema hervorgeht, ihr r in t 
überging. Endlich gehört viertens wahrscheinlich dem si- 
kelisch-lateinischen die glosse des Hesych. an: tov 8' äg, 
ngoQ tovTov 8L (Doch ist fälschlich tov d' ag dem Epi- 



378 Zeyi^ 

charm. bei Athenaeiis VI, p. 235 F. nach Peiitus in Mia- 
celkn. I, 6. c. 3 von Maittaire graec ling. dial. ed. Stnrz. 
p. 333 und Pott etym. forsch, bd. I, p. LXXXII xnge- 
schrieben.) Wie diese praepoeition indessen im oskischoi 
gelautet habe, bleibt dahin gestellt, da wir sie nnr in ase- 
ram, i. e. assernm (asserere)^ antreffen, wo ihr oonaooant 
sich dem folgenden oonsonanten assimilirt hat. Gegoi die 
nrsprünglichkeit des r in dieser italischen praeposition kann 
man nicht anführen, dais das litauische, aufser in ar-ti 
(prope), nur die form at kennt, s. b. in ateimi (adeo, 
accedo), ateiwys (advena) und da(s in den celtisdien 
sprachen sich sowohl ar, als ad oder at find^ (vgl. Zeufs 
Gramm. Celtic. vol. II, p. 576 und 836), zumal fikr jenes 
die altgallische form are war (von der Ebel in den b^ 
trägen zur vergL sprachf Ton Kuhn und Schleicher 
bd. m, p. 35 sehr unwahrscheinlich anninmit, daCs sie im 
anlaut ein p verloren habe), so wenig, als man sich für 
die ursprOnglichkeit der form ar in den italisdien sprachen 
auf das sanskrit, welches die form ärät (jMXipe) bietet, 
oder auf das ossetische berufen kann, welchem die form 
ar eigenthümlich ist, wie in ar-tzawin (aocedere), ar- 
chasin (afferre); denn fiber das den italischen sprachen 
eigenthümliche können diese verwandten sprachen nicht 
entscheiden. Auch kann man nicht einen gegenbeweis aus 
den Worten des Priscian. entlehnen , wenn dieser I, 45 H. 
sagt: „antiquissimi vero pro ad firequentissime ar pone- 
bant^; denn gerade deswegen sagten die ältesten Romer 
gewöhnlich ar, weil dieses die ursprängHche itaüsche form 
dieser praeposition war. Eben so wenig kann man dage- 
gen anführen, dais in den meisten der von Schneider 
elementarlehr. bd. I, p. 257 gesammelten beispielen ar T<Mr 
folgenden v und f stehe, gleich als ob sich auf die Stel- 
lung vor diesen buchstaben der gebrauch dieser form in 
der alten latinität beschränkt habe, da in derselben genug 
beispiele vorhanden sind, in denen sich ar, wie das umbr. 
ar s. ar, vor andern con8<»anten (ar-biter, ar-ces8o, 
ar-ger) findet. Endlich steht es auch nicht frei, als eines 
beweise« fbr die ursprünglichkeit des t^lautes dieser latei- 



ttber die in ablativfonn erscheinenden ital. praepositionen. 379 

nischen praeposition, der sich in d erweicht habe, sich der 
sanskritischen praep. äti zu bedienen, welche Aufrecht 
und Kirchhoff umbr. sprachd. bd. I, p. 85, Kuhn in d. 
zeitschr. bd. II, p. 476, Schweizer in d. zeitschr. bd.III, 
p. 396 und Corssen de Volscor. ling. p. 49 und aber 
ausspräche, vocalismus und betonung bd. I, p. 72 mit ihr 
identificiren, da jene wegen der Verschiedenheit der beden- 
tung, indem sie eigeutlich das lateinische trans oder ultra 
ausdrückt, mit dieser gar nicht identisch sein kann. Ebenso 
ist die Verschiedenheit der bedeutung der grund, weshalb 
Bopps Zusammenstellung des lat. ad mit dem skr. adhi 
(im glossar und in der vergl. gramm. p. 1467. 1. ausg.), 
der Pott in d. zeitschr. bd. I, p. 326 und Ebel in d. Zeit- 
schrift bd. VI, p. 204 beigepflichtet haben, ganz unzuläs- 
sig ist. ar war also die altlateinische form dieser praepo- 
sition, aus der durch den zwischen r und d stattfindenden 
lautwechsel ad hervorging. Schwerlich läfst sich mit Pott 
in d. zeitschr. bd. I, p. 326 behaupten, dafs beide formen, 
ar und ad, die gewifs lange zeit neben einander bestan- 
den haben, verschiedene praepositionen seien, dergestalt, 
dafs die eine so gut wie die anJere ursprünglich, mithin 
die eine von der andern unabhängig wäre, 

Nicht zu übergehen ist hier apud. Es ist diese prae- 
position auf keine weise zusammengesetzt, weder, wie Pott 
etym. forsch, bd. I, p. 109 und bd. II, p. 314 will, der sie 
als aus ape (i. e. apud, nagd. Gloss. Philoxen.) und ad, 
sowie apor aus ape und ar erklärt, zumal jenes ape erst 
aus apud hervorging, wie Schweizer in d. zeitschr. bd. 
XII, p. 227 richtig bemerkt, noch, wie Ebel in d. zeitschr. 
bd. VI, p. 205 vermuthet, aus dem skr. apa (ss= lat. ab) 
und lat. ad. Auch Corssen kann ich nicht beitreten, 
wenn dieser über ausspräche, vokalismus und betonung 
bd. I, p. 335 apud als den ablativ eines verbalsubstant. 
apo- von dem einfachen verbum apere betrachtet, das 
den langen vokal des ablativs gekürzt habe, so dafs es 
eigentlich: in anfügung bedeute. Allerdings würde für 
diese ansieht die ähnliehe bildung des oskischen contrnd 
und amnud sprechen, aber geradezu entgegen steht ihr 



380 Zeyfs 

die alte form dieser praep. apor, die wir bei Fest. p. 26 
ed. Müll, und Mar. Victorin. de orthographia finden. Ich 
schlage daher zwei andere erklärungen vor. Entweder ist 
das anlautende a ein a prostheticum, wie in a-cerb-us 
und a-mar-us und por ist dieselbe lat. praep. por, von 
der ich in d. zeitschr. XIV, p. 415—416 gesprochen habe, 
woraus sich ergeben würde, dais, während die form por 
nur den compositis angehörte, apor selbständig aufträte; 
oder apor stammt gleich den Wörtern apex, apiscor, 
aptus, wie dies schon Döderlein lat, synon. IH, p. 276 
und Freund im wörterb. d. lat. spr. I, p. 337 wollten, 
von der wurzel ap in apere, in welchem falle ich die en- 
dung or mit der endung der litauischen adverbia loci: 
kur (ubi), kittur (alibi), wissur (omnibus locis), niekur 
(nusquam) vergleichen würde. Aus dem alten apor aber 
ging erst, wie ans ar ad, zugleich mit Verwandlung des 
o in u apud hervor. Ueber die Schreibart aput habe 
ich schon oben gesprochen. Ich kann daher Corssen 
nicht beistimmen, wenn derselbe de Volscor. ling. p. 49 
und über ausspräche, vokalismus und betonung bd. II, p. 
90, gleichwie at für ad, so aput für die älteste form die- 
ser praeposition hält, deren t sich in d erweicht habe und 
dann in r übergegangen sei. 

Denselben consonanten übrigens, den ar und apor 
im auslaut zeigen, finden wir auch, aufser bei dem schon 
angeführten per, bei super und den auf t er ausgehen- 
den praepositionen circiter, inter, praeter, propter 
und subter, noch in einer nebenform der dem griechi- 
schen d^qji und ahd. umpi s. umbi entsprechenden alt- 
lateinischen praep. ambe (Yarr. de ling. lat. VII, 30. Müll.), 
welche in der form amb sich nur vor vokalen (amba- 
ges,. ambarvalis, ambedo^ ambigo, ambiguus, 
ambio, amburbium, amburbiales, amburo) erhal- 
ten hat, während ihre noch mehr verkürzte gestalt am s. 
an sowohl vor vokalen (amicio), als vor consonanten 
(ampendices, amplector, amputo, Amsanctus, 
amsegetes; ancaesa, ancisus, anquiro) erscheint, ge- 



über die in ablativfonn erscheinenden ital. praepositionen. 381 

rade so, wie sich in den celtischen sprachen die ursprüng- 
liche form ambi, die sich noch in vielen eigennamen fin- 
det, zu amb und am verkürzt hat. S. Zeufs gramm. 
celt. vol. I, p. 7. 75. 99. 167 und vol. 11, p. 838. Die letzte 
form dieser praeposition nun, die form an, hat man all- 
gemein, wie Schneider lat. gramm. I, p. 535 und die 
neueren grammatiker und lexicographen, so auch Aufrecht 
und Eirchhoff umbr. sprachd. bd. II, p. 43 und Cors- 
sen in d. zeitschr. bd. XI, p. 414,^ auch in dem particip. 
anfractus und in dem subst. anfractus zu finden ge- 
glaubt. Dem steht aber entgegen, dafs frango niemals 
biegen oder krümmen bedeutet und dafs es höchst selt- 
sam und unnatürlich wäre, wenn der Römer eine umbie- 
gung oder krümmung eine umbrechung genannt hätte. 
Auf eine andere ableitung nun werden wir durch verglei- 
chung des oskischen und umbrischen geführt. Im oski- 
schen nämlich finden wir die verstärkte form am fr in 
amfret (cipp. Abell. 32. 45), i. e. ambiunt, und ebenso be- 
gegnen wir im umbrischen neben dem vor vokalen stehen- 
den amb s. amb in amperia und amboitu (ambulato) 
und dem vor consonanten erscheinenden an in an f er euer 
(circumferendi, i. e. lustrandi) und andirsafust s. an- 
dersafust (circumdederit, i. e. lustraverit) oder a in afe- 
rum's. afero (circumferre, i.e. lustrare) und aterafust 
(circumdederit, i. e. lustraverit) der der oskischen form 
am fr entsprechenden form ampr (wojför auch apr) s. 
ambr in ampr-ehtu s. apr-etu (ambito), ambr-etuto 
(ambiunto), ampr-efus (ambieris), ambr-efurent (am- 
bierint). Allerdings finden wir die oskische form am fr 
und die umbrische ambr, welche Aufrecht und Eirch- 
hoff umbr. sprachd. bd. I, p. 159, was sehr zweifelhaft ist, 
mit dem griech. a^cplg zusammengestellt haben, nur in der 
Zusammensetzung mit formen von ire, nichts steht aber 
der annähme entgegen, dafs sie auch in Zusammensetzun- 
gen mit andern Wörtern angewendet sei. Solche sind nun 
das lat. partic. anfr-actus und das subst. anfr -actus 
oder, wie sie auch geschrieben werden (gleichwie infe- 
riae und imferiae, s. Lucian Müller in den n. jahrb. 



an -ur^ 

t pbiL und päd. l^Hb^ L abth. p. ^l}j arafr-actas md 
amfr-actos, die demiiach too demsdbai t iatimy agere, 
ynt das sjnanyme amb-ages, abgeleitet, aber mift eiaer 
aDdern form derselben praeposhiao als fieses ■yi^ii i f^ 
gesetzt sind. Da& sich neben dem b in ambages m die- 
sen zosanunensetzungen das ake t, das wir in fiüheRr seit 
noch in der pnepoation af ndwn ab finden (& Ritsehl 
de mifiario Popilliano p. 7>, erlndt, ist so wenig aoAU- 
lend, als das fortwährende nebenonanderbestdien Ton fei 
nnd bilis, Ton rnfns nnd ruber, Ton rafer nnd ra- 
ber, von sifilare (Non. p. 531) nnd sifilns (Priscian. 
p. 560P.), woho* frz. siffler neben sibilare nnd sibi- 
Ins. Dafii sidi dies also rerhSlt nnd an frangere bei 
diesen wdrtem nicht zn denken ist, wird besond^s an aol- 
eben stellen klar, in denen yoa der kreisförmigen bewe- 
gong der himmelskörper die rede ist, wie Cic. de le poU. 
YI, 12 ^cam aetas toa septenos octiens solis amfractns re-> 
ditosqae conTcrterit daoqne ii nnmeri — circnitn natnrali 
sommnn tibi &talem confecerinf . Vergl. Cic. de leg. 
II, 8, 19. 

Doch ich wende mich za den auf d anslantenden prae- 
Positionen zurflck. Wie im lateinischen, so finden wir aodi 
im oskischen praepositionen mit schlielsendem d, nimlich 
ehtrad (extra), contrad (cootra) and amnnd (caossa), 
welches eigentlich ablativ eines sobstantivnms ist, wie es 
noch auf dem cipp. Abell. 17, amnod geschrieben, er- 
scheint, wo ich mit Mommsens ergänzong r(ehtod) 
amnod, pnv lese und recta (iusta) caossa, ubi fibersetze, 
da sich Corssens fibersetznng (in d. zeitschr. bd. V, p. 
84—87 nnd bd. XIII, p. 165 nnd 169) ,,in circoitu«' nicht 
mit der bedentnog caossa, die dieses wort offenbar aof der 
tab. Bant. 6 hat, vereinigt. Dagegen hat pro (pro) sein 
d yerloren, gleichwie dies im ombrischen dorchgängig der 
fall ist, wie hotra s. hondra (infra), sobra (sopra), pre 
(der form nach =r prae, der bedentong nach ss ante), pro 
s. pro (pro) ond re (re) beweisen. Ich fOge noch sei 
(se) biozQ, obgleich dieses nicht praeposition ist, wieAnf^ 
recht ond Eirchhoff ombr. spracbd. bd.I, p. 156- bd.II, 



erklänmgen umbrischer und lateinischer Wörter. 383 

p. 76 und 95 wollen, sondern adverbium, indem Via, 11 
zu Obersetzen ist: tum ad (hos) urbanos limites seorsum 
ad utrumque servato. 



n. Erklärungen umbrischer und lateinischer 

Wörter. 
1. Vufro, vufeto, Vufiuno. 

Von dem adject. ^ufro, welches tab. Iguvin. IIb, 21. 
24. 25 epitheton eines vitulus ist, haben Aufrecht und 
Kirohhoff umbr. sprachd. bd. II, p. 423 richtig bemerkt, 
dafs durch ' dasselbe eine färbe bezeichnet werde, näher 
aber (ibidem bd. II, p. 348) seine bedeutung nicht zu be- 
stimmen vermocht. Ich zweifle nun nicht, dafs dieses 
vufro, dessen nom. vufer gelautet haben wird, identisch 
sei mit dem lat. vafer s. vaber, dessen erste bedeutung 
wir nur in den alten glossarien finden^ nämlich: varius 
multiformis, diversipellis. Auf gleiche weise wird in ihnen 
das adverb. vafre durch inaequaliter erklärt. 8. die an- 
gaben derselben bei Hildebrand Glossar, latin. p. 288. 
Dafs aber fleckig, scheckig ein passendes beiwort ei- 
nes vitulus sei, wird niemand bezweifeln. Von demsel- 
ben stamme scheint vufeto abzuleiten zu sein. Man 
könnte nun meinen, dafs dieses zu vufer wie lat. rubi- 
dus zu ruber sich verhielte; dem steht aber kal-ero 
8. cal-erso, i.e. cälidus, IsvxofiirwTiog, entgegen. Iph 
halte demnach, wie es auch Aufrecht und Kirchhoff 
umbr. sprachd. bd. II, p. 376 und 423 geschienen hat, vu- 
feto für ein part. pf. pass., das ich aber nicht, wie jene 
vermuthen, durch lubitus, sondern dem obigen zufolge durch 
variatus übersetze, eine bedeutung, die mir zu vufeto als 
epitheton von vesklo zu passen scheint. Ebenso scheint 
mir dieser stamm in dem namen des gottes Vufiunus ent- 
halten zu sein, einem namen, der gewifs mit dem wesen des- 
selben auFs engste zusammenhängt, worin zugleich der 
grund liegt, weshalb ihm boves cälidi geopfert werden. 
Wie aber dieser auf tab. VI Vofionus heifst, ebenso 



384 teyü, eridinmgu ntibmAtr nd UteiaiadMr wMer. 

können wir annehmen, dafs das adj. Tufro nnd das pari, 
▼nfeto, wenn sie auf den tafeln mit lateinischer schrift 
TorkImen, Tofro nnd vofeto lanten wfirden. 



2. MiXi^ mel. 

Leo Meyer hat in d. zeitscfar. bd. V, p. 379 und 
ebenso Grafs mann in d. zeitschr. bd. XI, p. 48 mit dem 
skr. madbu (mel), das sie aus madfava entstehen lassen, 
das lat. mel zosammengestellt, indem sie vermutfaen, dafs 
dieses wort vielleicht ursprünglich melli gelautet habe 
nnd dals dieses ans mel -vi hervorgegangen sei. Dem- 
nach meinen sie, dais mel schwerlich unmittelbar mit dem 
griech. uiXir identisch sei, wenn dieses nicht etwa für fiik- 
ßvt stehe. Diese ganze darstellung mnis ich fbr irrig hal- 
ten. Das skr. madhn (mel) hat bereits Pott etym. forsch, 
bd. I, p. 245 richtig nicht blos mit dem gleichbedeutenden 
lit. medns, lett. meddus, sl. med, oss. mit, im dugor. 
dialekt mnd, sondern auch mit griech. ini&v und ahd. 
metu (mulsnm) zusammengestellt und auf die wurzel mad 
zurückgeführt; nur würde ich nicht mit Pott sagen: auf 
mad ebrium, mente captum esse, denn dieses würde nur 
zu griech. ^id^v und ahd. metu passen, sondern auf mad 
exhilarare, voluptatem dare*). Ebenso hat Pott etymol. 
forsch, bd. I, p. 143 und bd. 11 , p. 445 richtig gesehen, 
dals lat. mell (in mellis) statt uHax steht. 



*) Gegen beide ableitangen sprechen aber die aspiraten von madha 
nnd fif&Vj ebenso weisen ags. meodn, ahd. meto anf indogermanische aspi- 
rata znrfick. Anm. d. red. 



Zeyfs. 



Fetten, zur geachichte altdenttcher decUnation. 986 

Zur geschichte altdeutscher declination. 

(Nachtrag z« XV, 172 ff.) 

In den sorgfältigen untersuchnngen, welche Förstemann 
unter obigem titel in unserer Zeitschrift niedergelegt hat 
und an welchen sich leicht erkennen läfst, wie vieles noch 
aus einer genauen wissenschaftlichen durchforschung un- 
sers alten namenbuches gewonnen werden kann, ist auch 
eine reihe alter bezeichnungen f&r ortsgebiete zur spräche 
gekommen, die ein genetivisches -ono, verbunden mit 
fines, termini, provincia, regio, marca, biuang (letzteres wol 
nur einmal in Ithharteshusono biuang) zeigen. Wir wol- 
len versuchen auf dem wege, den Förstemann eingeschla- 
gen hat, noch einen schritt weiter zu gehen, um den Ur- 
sprung dieser formen vollständig aufzuhellen. 

Gewifs läfst sich nicht zweifeln, dafs Grapfeldono 
marca gleicher bedeutung mit Grapfeldero m. oder latini- 
siert Grapfeldorum provincia ist, Salagewono m. mit Sa* 
lagouensium provincia. Wie Grapfeldero einem nom. sing« 
Grapfeldari, bewohner des Grabfeldes, so stellt sieh 
Grapfeldono einem nominativ Grapfeldo gegenüber. Von 
Seite der theorie ist nichts dagegen, ein ahd. feldo in der 
bedeutung bewohner des feldes (wie lateinisch Campanus, 
äechisch Polan, der Pole, altslov. Poljaninü Mikl. 617) an- 
zusetzen, in der Wirklichkeit können aber derlei substan»- 
tive, wie sie Förstemann in d. zeitschr. XV^ 176 aufstellt, 
owo, bahho, feldo*) u. s.w., auTser der composition (iu 
Ortsnamen) völlig gefehlt haben, wie es auch z. b. neben 
ahd. Ü3lenti^ elilenti, mhd. Niderlende (Nibel. A 909), nhd, 
ausländer kein einfaches lenti, lende, länder geben mufs. 
Ein selbständiges ahd. gowo mufs nicht einem gothischen 
gauja zur seite stehen. 

Das dem gothischen gauja und baürgja zum gründe 
liegende suffix -jan ist nach unserm dafürhalten auch in 

*) Den satz FSntemanns, dafs seine sabstantive owo, bahho, feldo 
n. 8. w. „gemeindeutschen personennamen wie Bando, Sigo, Thegano n. s.w., 
die so hänfig statt voller composita gebraucht werden, ganz gleich stehn**, 
finde ich ganz unverstlindlich. Konnte vieUeicht ein bewohner des Grab* 
feldes, ein Grapfeldo schlechtweg feldo genannt werden? 
Zeitschr. f. vergl. spraohf. XVI. 5. 25 



ZM Fett«« 

jenen alten ortonamen auf -ono zo soeben, 6o da& Grab- 
feldono, entetanden aus Grapfeld-jono einem goth. banrg- 
jan^ genau entspräche. Ob -ono streng grammatisch -ono 
oder -ono« -ono oder -ono zu schreiben sei, mOsaen wir 
auüser betracht lassen und mit Förstemann das recht in 
anspmeh nehmen, die längenzeichen fortlassen zu können. 

Das ursprungliche suffix -jan lälst sich noch zum min- 
desten an einem alten Ortsnamen in Förstemanns sammhii^ 
nachwdsen: der ortsname Rböden (bei Goslar) tritt in den 
traditiones Corbejenses im 9. Jahrhundert in dativisdier 
form: Rindiun und daneben in genetivischer: in Biudi» 
ana marcu (marcu der richtige dativ) auf. Biudiana ent- 
spricht aufs genaueste gothischem baörgjane und stimmt 
bezüglich des auslautenden a mit magtzohana, paedagogo- 
rum bei Graff Y, 619, was ins gothische umgeformt ein 
magutaühan^ {yg\» sknlanS) ergäbe, wenn die pädagogen 
der Gothen diesen titel gekannt haben. 

Dem anlautenden j des Suffixes wird wol auch der 
umlant von -stetono zuzuschreiben sein: Munirihstetono 
ist von Munirichesstat (Förstem. Ortsnamen 105ii), jetzt 
noch ohne umlaut Mönnerstadt, Beinresteton o von Bei- 
nerestat (F. 172), jetzt Beinerstadt, gebildet. Minder si- 
cher kann von gleichem umlaut in -gewono, Sala-, Untar-, 
Werangewono, die rede sein, indem sich schon frühzeitig ne- 
ben gawi mit umlaut gewi gestellt hat z. b. Otfrid II, 14,2: 
in selba5 gewi sina3, in Tatians evangelienharmonie gewi, 
regionem. 

Steht nun aber fest, dafs wir jene genetive auf -ono 
auf ursprüngliches -jan-äm zurückzufahren haben, so kön- 
nen Förstemanns ausfbhrungen Über die „entarteten*^ for- 
men jenes -ono nicht ganz unbezweifelt stehen bleiben. 
Bei ursprünglichen ja- und jan -stammen hat sich in sehr 
früher zeit das j verflüchtigt und dadurch eine vermengung 
der a- und an-stämme mit den ja- und jan -stammen her- 
vorgerufen, die eine sichere sonderung in vielen fallen un- 
endlich schwierig macht; formen mit der reinbeit von go- 
thisch viljans, reikjam, gudjane erscheinen nur spärlich in den 
ältesten denkmälern des althochdeutschen und nieäerdeut- 



zur geschtchte altdeuUoher declination. 387 

sehen; bei den ja- und jan- stammen ist bald der i-Iant, 
bald der nachfolgende vocal der casusendung gewichen, 
oft auch das erstere in e d. i. e übergegangen. So steht 
bei Otfrid Judeono mit jüngerem Judono und Hierosoli- 
mono (III, 4, 2) im Heliand Juden6 neben dem häufigeren 
Judeono (mit marka 2983 Heyne). Die nebenformen zu dem 
am häufigsten erscheinenden -ono sind aufser dem erwähn* 
ten altertbümlichsten -iana oder -Jana von Riudiana fol- 
gende: -ano, ^ina, -ino, -ine, -eno, -ena, »ene, 
-one, -on, -in. Beispiele: Kazahano von Kazaha (F. 357, 
vgl. rätgepano Graff IV, 123); Mawentelina von einem an- 
belegten Mawental pg. Pernaffa (P. 1008, vergl. Mouuntal, 
Mawenheim, Mawinhard); Ibistetino von Ibistat (F. 825); 
pagus Prisingine (F. 294) ; Salagoeno von Salagewi (F. 1212), 
womit fuzuendeno d. i. fuo3fendeono, nom. fendo aus fen- 
d&o, fendjo, Judeno burgi bei Tatian zusammenzustellen 
ist; Morchenhofena (F. 1007) vergl. friesisch herena, ags. 
dagena bei Kelle, vgl. gramm. §§.283,281; Rumilingene 
(F. 784); Suinonedriht, jetzt Zwijndrecht (F. 1352), was 
wir uns aus einem nom. swlnjo, swlneo, gothisch etwa 
sveinja, schweinzüchter, gebildet wie fiskja, deuten (unter 
den Ortsnamen Böhmens gibt es ein genau entsprechendes 
Sviüany, sufßx -jan^ und mit dem alten sufiSx -arja ein 
Svinafe, was ein ahd. Swinarin mit dativischer form wäre), 
Horone, Leimone (F. 764 und 911), letzteres nachFörste- 
mann ,« wahrscheinlich keltisch'^, doch liefse sich gegen ab- 
leitung von horo und leim nichts einwenden, vgl. in Böh- 
men Hlinany von hlina, altslov. glina; Eitrahafeldon marcba 
(F. 31), vgl. gen. boton, Judon; Magelingunin marca (F. 
973), eine form, gegen die sich Förstemanns voller Un- 
wille erheben mufs, gebildet von einem als stamm behan- 
delten dativ Magelingun, wie Gimundinero vom dat. Gi- 
mondin zeitschr. XV, 166, bezüglich des schliefsenden -in 
mit herrin, irridin Graff II, 924 zu vergleichen. 

In der abhandlung über den genetiv pluralis bespricht 
Förstemann zuletzt noch ortsbezeichnungen wie Ecchen- 
heimo, Biberesheimo, Rorbaho, Heitungesfeldo marca; ne- 
ben auslautendem o tritt auch a, u und e auf: Althaima, 

25* , 



Akaiflie mtarcM. Aue gcnethe dieser art, £e 
bb ins jähr 743 zorttckreidieo, sidit Fanfonaa ftr est- 
it^imgea mm iroDerai -odo (oder gar -ort>) aa. KSante 
flMo hier indit ao vcrdookAe )■ ntla— p dcaken, die sich 
■rit godi. iDgardia, an a liainij a, afhaiaijm (Bopp t^ gnmm. 
§.901), ant SaXamvtoq, Kogiw^og xoBaameokalln fie- 
fteo? -heimoj Anho n. sl w. gehen TicBeidit auf -heinii^ 
-habjd mrliek, wie kiiiBii5 aas knBojo godi. knaje, hirtd 
aoa birtjd goth« hairdj^ e nlyiu gt. Der « direiber tqo Nah- 
gowH (F. 1067 QDter Nachgowi) hat Tieüeicht ait 
gdehrten hüamenuig Temtboi, was auui sidi bei 
geoetir wie Eecbenheiiiio zo denken hat, und sein alt- 
deotfldi bester gekannt als der sehreibcr von Grapfieido- 
nim prorineia (statt Grapfddioram?), der vom ableitenden 
i keine ahnnng hatte. MggM ch ef w eis e stdit nns ftr un- 
sere erkllmng ein ebenso guter beleg so geböte, wie obi- 
ges Biodiana: nnter Eggistat gibt Föntemann p. 10 Heg- 
gistetin nuurca, dessen anslaot gq^en die gemeine r^d 
nicht ärger irerstoisen kann als die von Förstenunm XV, 
169 £ gerllgten -am, -om, -om, ^tvl Soll unser Heggi- 
•stetrjn nicht wie Odderstat^ii aus Odder-stai-arja eridirt 
werden? Förstemann hat sich in seinon trefflichen buche 
über die deutschen Ortsnamen s. 184 bei Homsetehuson 
ein ganz gleiches Terfinhren erlaubt 

Auf ein enges hinterpförtchen möchten wir noch anfinerk- 
sam machen. Wem die dentung von Elcchenheimo marca 
(F. 11) ■» Ecchenheim-jd nu, genetiv eines subst. Ekn^en- 
heimi nicht zusagen will, der beruhigt sich vielleicht bei 
dem gedanken, dafs wir in diesen formen composita mit 
marca zu erkennen haben, die nur nach alter Schreibweise 
gesondert stehen : Ecchenheimomarca w&re wie tagostSmo, 
spilobüs, ftlter hovaman, grasaworm; selbst an kfirzung 
slter jan-8tämme liefse sich denken, wie in hanokr&t, ouga- 
Tsoo, aagadftiir6 gekürzte an-stämme vorliegeD. Auch die 
formen Gonsanheimnmarca, Wetarungumarca hätten an 
cotuw^ppi, auknzorbt ihre etfitze, vgl. Orimm, grammatik 
II, 414 ff. 

Leitmeritz, ostera 1867. I. Petters. 



Kuhn» 

Altnordiflches glostar. W5rteibuch su einer answahl altislindieoher and 
altnorwegischer prosatezte , von dr. Theodor Möbins, profeasor an 
der nniversität an Kiel. Leipzig 1866. XII, 682 es. 8. 

Obwohl das vorliegende glossar nach der eigenen er- 
klArung des verfasBers auf vergleichnng mit den verwand- 
ten sprachen so gut wie keine rQcksicht nimmt, dürfen 
wir doch auch in dieser Zeitschrift nicht unterlassen auf 
die bedeutung der arbeit hinzuweisen, denn wenn dasselbe 
auch keine eigenen vergleichungen gibt, so setzt es doch 
andere in ungleich höherem mafse als alle bisherigen Wör- 
terbücher in den stand, solche mit gröfserer Sicherheit und 
genauigkeit anzustellen. Während nämlich das Wörterbuch 
Sveinbjörn Egilssons ein trefflicher und sicherer leiter durch 
die poetische litteratur ist, sind die lexika von Björn Hal- 
dorson und Erik Jonsson dies doch in erheblich niederem 
mafse für die prosalitteratur, da sie, jenes in ausgedehn- 
terer weise als dieses, sich oft auf die einfache angäbe 
der bedeutung beschränken, und auch da, wo sie beläge 
fbr dieselben, redensarten u. s. w. beibringen, die stellen, 
denen sie entnommen sind, nicht angeben, so dals der le- 
ser darüber im unklaren bleibt, ob die bedeutung, rede- 
weise u. s. w., die angegeben werden, der älteren oder etwa 
jüngsten zeit angehören. Der Verfasser des vorliegenden 
glossars hat nun denselben weg wie Sv. Egilssons auch für 
die prosaische litteratur eingeschlagen, indem er den wort- 
vorrath, der in seinen Analecta norroena, in K. Maurer's 
Gullpöris saga, in Gudbr. Vigfässons Fornsögur und Eyr« 
byggja enthaltenen texte, in umfassendster weise lexicalisch 
verarbeitete, so dafs er auch andre werke derselben litte- 
ratur vielftltig zur bestätigung oder begründung herbeizog 
und dadurch den ersten grund zu einem umfassenderen 
Wörterbuch der altisländischen prosalitteratur legte. Ueber 
den nutzen einer solchen arbeit, sobald sie wie diese mit 
gewissenhaftigkeit und umsieht ausgeführt ward, bedarf es 
natürlich keiner weiteren auseinandersetzung und somit sei 
denn dieselbe allen mitforschern bestens empfohlen. 

A. Kuhn. 



I L thefl. 



r^Om «der die m» fwk^hfwt» rfirwkwihT der gnffcfnrhM ijrarhr Text. 
gyaiBBatik Bmi vortuim«^ Bearbeitet sad hezaBagegebcB.T«B Fried - 
rick Lvdwig Staatm, pa^tor zs Sc Ladgeri m HeliBatEtiK. Dritte 
ao/lagcv besorgt tos dr. Montx Heyne, d^xatceu sb der nniremlSt zu 
Halles Paderbon 18«S. XYI, 3«7. 8. 

Die brancbbare und bilfige ausgäbe der erhaltenen go- 
thkcben Sprachdenkmäler nebst grammatik und wörterboch 
▼<m Stamm erscheint hier in einer neuen aufläge^ in wel- 
eher der henuugeber dr. Heyne Torzüglich nur bemüht ge- 
wesen ist, die gothischen texte in einer nach den nene 
sten hfiUsmittehi beridhtigten gestalt herznstdlen. Die 
grammatik dagegen j sagt derselbe, habe es sich empfoh- 
len, Toriänfig noch in der gestalt, in der sie einmal er- 
schienen, beizubehalten; ne enthalte daher nur geringe 
sachliche abändernngen. Die letzteren hätten wohl hier 
und da schon jetzt, unbeschadet einer späteren Umarbei- 
tung, weiter ausgedehnt werden können. Das Wörterbuch 
ist um die neuentdeckten gothischen Wörter bereichert und 
in einem anhang sind diejenigen zusammengestellt, die aus 
demselben zu streichen sind, da sie auf falschen lesarten 
beruhen. Die so nicht unwesentlich geforderte neue auf- 
läge wird gewifs vielen willkommen sein. 

Ä. Kuhn. 



Hlliand. MU aiufllhrlldwiii i^oflsar heran^giegeben voo Morits Heyne. 
Padetboin 1S66. Ancfa unter dem titel: Altniederdeutsche denkmSler. 



Die Torliegende ausgäbe des Heliand, der noch ein 
zweiter, die kleineren altniederdeutschen denkmäler enthal- 
tender theil folgen soll, scblieist sich im äufseren an die 
ausgäbe des Ulfilas an, nur dals sie nicht eine kufze gram- 
matik wie jene enthält, dagegen abweichend von jener ein 
sehr ausführliches und sorgfältig gearbeitetes glossar, wo- 
bei ihm freilich Schmeller schon trefflich vorgearbeite. 
hatte. Der text ist nach der Münchener handschrift mit 
manchen Verbesserungen, die die geschichte der handschrifb 



anzeigen. 391 

augeDScheinlich ergibt (vergl. darüber die vorrede), herge- 
stellt; nur die lacken des Mon. sind darch den text des 
Cott. ausgefüllt, dieser aber durch gesperrteren druck von 
jenem geschieden. Das gedieht in metrischer hinsieht in 
reinerer gestalt herzustellen, hat sich der herausgeber noob 
vorbehalten. Das glossar läfst die langen vokale erst hin- 
ter den kurzen folgen, worin wir keinen wesentlichen vor- 
theil erblicken; ebenso erscheinen die mit partikeln zusam- 
mengesetzten verba nicht in der alphabetischen reihe, son- 
dern beim Stammwort; hier hätte wenigstens eine hinwei- 
sung auf dieses in der alphabetischen reihe gegeben wer- 
den sollen. Endlich ist den artikeln des glossar eine sehr 
reichliche vergleichung der althochdeutschen, angelsächsi- 
schen und friesischen dialekte beigegeben, eine solche mit 
dem gothischen und altnordischen dagegen, wenige aus- 
nahmen abgerechnet ( z. b. bed , got. badi u. s. w.), unter- 
lassen. So dankbar man nun auch für jenes sein mufs, 
so vermag rcf. doch die gründe, welche von dieser abge- 
halten haben, nicht recht zu erkennen, zumal das gothi- 
sche noch mehrfach dasselbe wort bietet, wo es die ande- 
ren sprachen nicht mehr oder nicht in dieser form besit- 
zen, und abgesehen davon die nachweisbar älteste form 
doch vor allem das recht der vergleichung in anspruch 
nehmen mufs. Dafs die grammatik fehlt, scheint uns, selbst 
wenn die ausgäbe auch nur für Vorlesungen bestimmt ist, 
doch ein wesentlicher mangel und möchte es gerathen sein, 
denselben beim erscheinen des zweiten theils zu ergänzen. 

A. Kuhn. 



Saggi dei dialetti greci deir Italia meridionale raccolti ed ilinstrati da 
Domenico Comparetti, prof. nella R. Universita di Pisa. Pisa, 1866. 

Die griechischen dialekte, von denen die vorliegende 
Schrift eine reihe von proben mittheilt, werden in den 
südlichsten provinzen Italiens, in Calabrien und der Terra 
d'Otranto, gesprochen und gehören den griechischen nie- 
derlassungen an, die sich dort finden. Sie verbreiten sich 




er beodit mik ftr cfaei 

kni den j^okigai »off 

»iiiäiiuuHBf.^ AnUscm. 
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g« wilL Er h^ krer 
aAd TOB prabeB jeMV ^«l Ao 
— B i f i rt «r — , «» ÜB jetzt di 




•ns«igeii. 393 

tere Veranlassung auf die ethnographische frage in betreff 
der griechischen niederlassungen Soditaliens hier näher ein- 
zugehen, aber er bemerkt, dals gleichwohl manches in der 
griechischen spräche jener niederlassungen sich findet, 
was der zeit vor der byzantinischen herrscbaft angehören 
könnte. 

In Deutschland war es hauptsächlich der aufsatz des 
prof. Pott: „Altgriechisch im heutigen Kalabrien?^ im „phi- 
lologus^, elfter jahrg. (1856), s. 245—269, der die Sprach- 
forscher etwas näher und ausführlicher mit den griechisch 
redenden bewohnem des südlichen Italiens und mit ihrem 
dialekte bekannt machte, denn was man etwa früher dar- 
über wufste, konnte vielleicht ein Interesse anregen, aber 
es konnte das schon vorhandene nicht befriedigen. Auch 
der herausgeber kennt jenen aufsatz des deutschen Sprach- 
forschers (wie er denn überhaupt mit deutscher zeitschrif- 
tenliteratur und der sonstigen deutschen Wissenschaft über 
den betreffenden gegenständ wohl vertraut ist), und er 
lälst nicht nur ihm und seinen eingehenden forschungen 
volle anerkennung widerfahren, sondern er benutzt auch 
manche ergebnisse seiner Studien auf dem gebiete der dia- 
lekte jener griechischen colonien und manche lösung der 
^ etymologischen räthsel, die diese dialekte im einzelnen dar- 

^ bieten. Pott theilte bekanntlich a. a. o. unter anderm auch 

' drei volksgesänge aus Bova in Calabrien mit, die er dann 

mit linguistischen bemerkungen begleitete und wozu er 
^ noch eine gröfsere zahl von andern in Bova selbst gesam- 

* melter Wörter hinzuftigte. Für diejenigen,, die im allge- 

^ meinen mit der neugriechischen vulgarsprache und mit ih- 

ren einzelnen dialekten etwas genauer bekannt sind, konnte 
es sofort nicht zweifelhaft sein, dafs es sich hierbei eben 
^ nur um einen anderweiten, in jenen griechischen colonien 

^ gebräuchlichen und so wenig, wie diese selbst, bisher be- 

^ kannt gewesenen dialekt der neugriechischen vulgarsprache 

handele, und dafs die frage: „Altgriechisch im beutigen 
^ Ealabrien?^ nur insoweit eine beschränkende lösung finden 

^ konnte, als die neugriechische Volkssprache, an und f&r 

f sich und im allgemeinen, so wie in ihren einzelnen dia- 





lAtenj nach ihrem gaucn wesco nur auf der ahgiicdii- 
sdieo spradie ruht, und wesentlich nichts anderes ist, als 
die TieUach ▼erderbte, mit fkemden dementen zersetzte 
■nd beral^ekomniene ahgriecUscbe spiache. IKes zeigt 
sich aoch an dem dialekte der griechischen niedcrlassDD- 
gen im südlichen Italien, der sdbst in seiner ärgsten Ter- 
stOmmelnng and ansartnng rein altgriediische worte and 
fiMrmen bewahrt hat» 

Der heraosgeber der irorliegenden schritt reizeichnet 
in der vorrede (p. IX — XIII) die wenigen proben der 
in rede stdienden griechischen dialekte, die beröts Ton 
deatschen, griechischen and italienischen gelehrten Teröf- 
fentlich worden, and in diesem Tiwammi*nhTi^y erwähnt 
er auch den Pott'schen anfitatr^ Cmnparetli sdbst hat 
aas jenen rerofficntlichangen manches benatzt, was er ge- 
'nau angiebt, aber meist ist es angedracktes, was er hier 
in sdne sammlang aa%^iommen haL Im ganzen sind es 
43 dialekt* proben aas jenen griechischen niederlassnngeb, 
and zwar 43 in rersen and zwei briefe. Die dichtangen 
ktenen meist far Volkslieder gelten, die jedoch hier der 
geringsten zahl nach ein ästhetisches, ebenso wenig ein 
besonderes naticmales oder caltarhistorisches , sondern nur 
rein lingaistisches interesse haben. Meist sind es liebes- 
heder, einige sind kirchlich^i inhalts, and zam theil ha- 
ben diese letzteren durch den firommen religiösen sinn in 
ihnen etwas wahrhaft rflhrendes. Die meisten sind nur 
achtzeilig, andere aach kürzer, wenige sind länger and 
bestehen aus zwanzig and mehr zeilen, eines (das aber 
vielleicht am wenigsten als Volkslied angesehen werden 
kann) hat sogar 112 zeilen. Meist sind sie auch mit reim- 
ähnUch^i endangen. Solcher lieder sind im ganzen 38 
aas Bova, 3 ans Corigliano, and je eines aas Martano 
und Calimera. Das aus letzterem orte ist eine fireie über- 
eetzuDg des kirchenliedes : Stabat mater, und es war, wie 
C. ebenCcills erwäint, aus der griechischen Zeitschrift: Nia 
IlapdciQaj nebst anderen dialektproben und einer anzahl 
griechischer Wörter ans der Ortschaft Calimera, bereits 
früher im ^archiv f&r das Studium der neueren sprachen^ 



anzeigen. 395 

(1858, ö. 135 f.) mitgetbeilt worden. Die beiden briefe 
sind gleichfalls aus Calimera. Was bisher ungedruckt ge- 
wesen, ist auf den wünsch und mit wissen des herausge- 
bers von befreundeten personen an ort und stelle selbst 
.gesammelt worden, und auch darüber giebt er im einzelnen 
gewissenhaft auskunft. DemgemäTs theilt er nun zunächst 
den text aller dialektproben, wie jene ihn von den eingebo- 
renen erhalten, mit lateinischen buchstaben (da jene selbst, 
auch wenn sie überhaupt schreiben können, doch wohl 
am allerwenigsten mit griechischen buchstaben zu schreiben 
▼erstehen) unverändert mit, eben so auch eine italienische 
Übersetzung, von der er ausdrücklich bemerkt (p. XIX), dafs 
er sie „so gäbe, wie sie ihm von den Sammlern zugegangen, 
und dafs sie auf den erklärungen derer beruhe, von denen 
diese selbst den text erhalten^. Wo er hieran im einzel- 
nen etwas verändert, hat er es auch (wie er sagt) aus- 
drücklich angegeben. Aufserdem giebt C. zu dem urtext 
noch eine transscription desselben mit griechischen buch- 
staben und in griechischer form, wobei er jedoch in an- 
sehung einzelner verderbter Wörter nicht an die ursprüng- 
liche ausspräche sich gehalten, sondern sie durch andere 
gewöhnliche und verständlichere ausdrücke der Volkssprache 
ersetzt hat. Er spricht sich darüber in der vorrede p. XX f. 
aus. Mufs^man ihm nun auch hierbei dem grundsatze nach 
insoweit recht geben, als er gewisse dialektformen der ge- 
meinen Volkssprache beibehalten (z. b. zero, |ä()co, xpiQw, 
fQr ^svQO}^ v^BVQw)^ dagegen z. b. den ausdruck juro (d. i. 
xvQio) durch xvQiog oder xvgiov, sowie die form ettutte, 
die aus äSM&s verderbt ist, durch dieses selbst ersetzt, 
und als er sich überhaupt innerhalb der gränzen der ge- 
wöhnlichen ausdrucksweise des volks gehalten und nur 
solche änderungen hat vornehmen wollen, welche durch 
den allgemeinen gebrauch bedingt sind (p. XXI), so kann 
man ihm gleichwohl in gewissen einzelnen fällen nicht recht 
geben, indem er mit einzelnen änderungen die dialekti- 
schen eigenthümlichkeiten geradezu verwischt hat. Auch 
finden sich in der griechischen transscription griechische 
Wörter, die der herausgeber nicht sowohl oder nicht blos 



396 Kind 

zur Verständigung, sondern zugleich als etymologische er- 
klärung des textworts ohne weiteres aufgenommen hat, 
obgleich die erklärung ihre bedenken hat. Ich komme 
jedoch auf diesen punkt bei der näheren besprechung der 
dialektproben zurück. 

Ueber einzelne dialektformen in dem griechisch jener 
Ortschaften des südlichen Italiens und über gewisse, dem 
dialekte grundsätzlich eigene verfahrungsweisen spricht 
sich C. in der vorrede aus (p. XXIf.), und er bringt da- 
bei manches lehrreiche über den dialekt bei, was die 
Sprachforscher weiter benutzen und zu tieferen etymolo- 
gischen Studien dieses dialekts fruchtbar verwerthen kön- 
nen. Ein irrthum ist es fireilich, wenn er manche dieser 
formen aus dem italienischen erklärt (z. b. das abwerfen 
des g und v am Schlüsse der Wörter), denn dies ist schon 
im allgemeinen der griechischen vulgarsprache eigen, auch 
wenn namentlich die aphäresis des g in jenem dialekt be- 
sonders häufig ist. Im ganzen ist allerdings die beson- 
dere ein Wirkung des italienischen unläugbar, aber sie ist 
auch selbstverständlich, und zwar hat sie hier zum theil in 
einem grade stattgefunden, dafs einzelne Wörter in ihrer 
entstellung den griechischen Ursprung kaum erkennen 
lassen. Manche Wörter sind ganz oder halb italienisch, 
manche, namentlich Zeitwörter, haben nur eine griechische 
endung. Ein einziges lied (no. XXXVI, s. 38) ist durch- 
aus frei von italienischen ausdrücken, und merkwürdiger 
weise ist dieses lied auch in Griechenland, wennschon 
zum theil mit änderungen, heimisch. Von interesse ist es 
übrigens^ zu bemerken, wie der dialekt in manchen der 
proben sich weit reiner und freier von fremden einflüssen 
erhalten hat. Dafs C. in ansehnng einzelner Wörter zwei- 
felbaft geblieben, wie er p. XXIV f. bemerkt, ist sehr er- 
klärlich. Ebenso ist es in der hauptsache klar, dals die- 
ser dialekt immer mehr verschwindet Die erinnerung ih- 
rer griechischen abstammung geht den eingebornen in der 
Umgebung italienisch redender mit der zeit verloren, ihr 
gedächtnifs hält weder Wörter noch formen fest, und wo 
etwa Schulunterricht stattfindet, wird er doch dem vollen 



ftueigen. 397 

einflufs und Übergewicht des italieniacben -idioms auf die 
länge nicht widerstehen können. Jener dialekt hat offen- 
bar keine zukunfb, aber er hat, auch in seiner offenbaren 
ausartung der griechischen vulgarspracbe, wobei er die 
Vernachlässigung der regeln der grammatik und syntax oft 
aufs äufserste treibt, und selbst als ein absterbendes zweig- 
lein des grofsen Stammes des hellenismus eine Vergangen- 
heit. Hiemach hat er auch sein linguistisches, wie ein 
ethnographisches interesse. 

Jedenfalls sind daher die Sprachforscher dem heraas- 
geber fbr die vorliegenden ^Saggi^ besonderen dank schul- 
dig. Freilich kommt fOr den urtext alles auf die treue 
und gewissenhaftigkeit, auch wohl auf die verständnifsft- 
higkeit der eingebornen an, von denen der text herstammt. 
Nach dem, was C. selbst p. XXIV bemerkt, in Verbin- 
dung mit p. 97 und 98, ist er von zweifeln in jener hin- 
sieht nicht ganz frei, und selbst die italienische Obersetzung 
hält er nicht immer för ganz zuverlässig, indem er gera- 
dezu in einem besonderen falle sagt, dafs der, von dem 
der text herrührt, „einzelne Wörter nicht habe Obersetzen 
können^. Ref. hat ähnliche bemerkungen und ausstdlun- 
gen zu machen, wofbr er nur Ein beispiel hier anführt. 
Der brief p. 79 f. (no. XLV) ist nicht ohne werth für kennt- 
nifs des fraglichen dialekts, aber man ahnt diesen werth 
mehr und macht sich mehr rechnung darauf, als dafs man 
ihn ganz und voll hätte. Sein inhalt hat offenbaren bezug 
auf den dialekt selbst, indem dem briefe eine aufforderung 
in der absieht vorausgegangen ist, dadurch eine dialekt- 
probe aus Calimera zu erlangen. Aber theils nach der 
griechischen transscription, theils nach der italienischen 
Übersetzung bleibt man Ober manches in ungewifsheit. Viel- 
leicht liegt die erklärung für dies alles nur darin, dafs der 
Schreiber des briefs von keiner besonderen bildung gewe- 
sen, es also hier an der genügenden verständnifsf&bigkeit, 
am rechten können und wirklichen vermögen gefehlt hat. 

Von p. 85 bis 103 hat der herausgeber sprachliche 
anmerkungen zu den dialektproben gegeben. Schon nach 
dem geringen äufseren umfange dieser anmerkungen dürfte 



398 Kind 

dadurch dem inneren bedfirfnisse um aufschlufs nicht die 
genügende abhülfe gewährt werden können, und dieses be- 
denken ist allerdings gerechtfertigt. Während vielleicht 
manches keiner besonderen erklärung bedurfte, bleibt vie* 
les dunkel und unerklärt, anderes ist ohne genügende er- 
klärung gelassen, manches zweifelhaft und nicht unbedenk- 
lich. Vielleicht ist hierbei zum theil und wenigstens in 
gewisser hinsieht besonders auch der mangel neugriechi- 
scher Schriften von einflufs gewesen, worüber der heraus- 
geber sehr klagt (p. XXV f.) imd welchen er in bezug auf 
die kenntnifs der griechischen vulgarsprache und deren 
dialekte schmerzlich empfunden. Sein hauptsächlichstes 
hülfsmiitel sind daher für ihn seine eigenen und unmittel- 
baren erfahrungen gewesen, die er in jahrelangem umgange 
mit Griechen aller classen aus vielen theilen Griechenlands 
gemacht hat. 

Nur einige wenige zweifei und bedenken erlaube ich 
mir in den vorgedachten beziehungen auszusprechen, da zu 
mehreren der räum fehlt. In no. XXVIII v. 6 (p. 30) trans- 
scribirt C. das wort peratou(n) des textes in TtBgivQwyow^ 
ohne etwas zu erklären. Jedenfalls soll in letzterem worte 
keine etymol. deutung des ersteren liegen, wohl aber möchte 
ich meinen, dafs sich jenes peratou etymologisch nicht un- 
schwer mit Ttsgäw in Verbindung bringen liefse. — In no. 
XXXIX V. 3 p. 45 ist i pradi(s) einfach zu erklären durch 
neQTiaTBig (i ist ohne alle bedeutung, wie dort auch in v. 1). 
Der dialekt von Corigliano, den dies lied vertritt, ist, wie 
auch der von Martano, besonders verdorben und verstüm- 
melt; aber doch begreift man nicht, wie C. jenes i pra- 
di(s) durch ISx^i(js) n^gnaxü glaubt erklären zu müssen 
(vgl. p. 98). — Der sinn des wertes birusinnu (p. 51 v. 4) 
in einem anderen gesange von Corigliano kann durch dicu- 
Qiapikva der griechischen transscription nicht wiedergege- 
ben sein, da in der italienischen Übersetzung steht: a di- 
rittura. Irgend eine etymologie des birusinnu hat der 
herausgeber nicht versucht. — Das lied no. XLII p. 55 f. 
aus Martano von 112 zeilen (die beschreibung eines erdbebens 
enthaltend), dessen dialekt ebenfalls vielfach verdorben ist 



anzeigen. 399 

und das selbst etwas verworrenes in sich bat, da sein Ver- 
fasser offenbar auf einer sehr niederen stufe geistiger ent- 
Wicklung steht, läfst in den anmerkuugen des herausge- 
bers den nöthigen aufschlufs häufig vermissen. In v. 1 
dieses lieds transscribirt der herausgeber das wort plon- 
nonta des urtexts in vnvovovTBg^ indefs ist die hierbei an- 
genommene etymologie von vnvow (p. 99) wohl nicht rich- 
tig. Vielmehr bat jener dialekt das zeitwort ploso (siehe 
p. 76. z. 3), das offenbar aus nkayid^w (sich niederlegen, 
schlafen) entstanden ist, und davon bildet*' der dialekt wei- 
ter die formen : nkdwaa (fiQr nkdyiaaa) und t6 nlwai (der 
schlaf). Damit hinge dann wohl auch plonnonta zusam- 
men. In demselben liede (v. 32 p. 58) ist: arte ampi dem 
sinne, beziehentlich auch der etymologie nach, jedenfalls 
ccQTi oniata (vgl. p. 59 v. 3G und 38, so wie p. 78. z. 15) 
obgleich freilich ampi (aus oniaw?) dunkel bleibt. Aber 
was C. njit 6()&6g in der griechischen transscription will 
(da sich arte durch ägri ohne weiteres erklärt, auch wenn 
es keinen besonderen sinn hat), ist nicht einzusehen. — In 
no. XLIII p. 71 V. 3 kann der urtext: Pu crematza(n) to 
pedi die transscription: Uov XQe^dff&f] xo naiöi nicht 
rechtfertigen, vielmehr mufs es dafQr heifsen: IIov xqb^ 
^dx^av T. n. Ebenso steht in demselben liede v. 1 4 p. 73 
filr donda(s) des urtexts in der transscription fälschlicher- 
weise &a)QwvTag^ es mufs heifsen: Sovrag (löovxag — 
donda). Hier verwischt offenbar die transscription das 
eigenthümliche des dialekts im urtext. — Ob in no. XLIV 
z. 15 p. 78 der herausgeber recht gehabt, das wort des 
Urtextes: ghizi etymologisch durch yvgi^ei zu erklären 
(vergl. p. 103) und dies letztere in seine transscription auf- 
zunehmen, kann unentschieden bleiben; noch mehr möchte 
ich es dahingestellt sein lassen, ob man bei ghizi an xei- 
xai denken — dürfe. — In no. XLV z. 8 p. 80 wird das 
wort: ndiazzutte des urtexts, nicht nur dem sinne nach, 
sondern auch etymologisch durch: kvbtid^ovxai (in der 
transscription) erklärt. Der herausgeber bemerkt dazu et- 
was weiteres nicht. Jedenfalls wäre das allein kein grund 
gegen diese etymologie, dafs das wort ivdsid^ouai (brau- 



400 Kind, anselgen. 

eben, bedürfen) sieb bis jetzt in den griecbiscben wörter- 
bücbern nicbt findet; wobl aber würde die bildung dieses 
Zeitworts aus dem altgriechiscfaen ivStia (entsprechend 
dem der vulgarspraefae eigenen XQ^'^^Cof^ai aus XQ^^^) ^° 
dem dialekte jener griechischen niederiassangen im südli- 
chen Italien immerhin etwas auffallendes haben. 

Wie der herausgeber im Vorworte p. XVII bemerkt, 
will er der vorliegenden noch eine zweite Sammlung sol* 
eher yySaggi'' folgen lassen, und in dieser sollen dann 
auch vollständige Wörterverzeichnisse aus dem dialekte je- 
ner niederlassungen nicht fehlen. Eben so verspricht er 
dann eine Zusammenstellung der besonderen eigenthümlich- 
keiten des fraglichen dialekts, da ihm dazu ergiebigerer 
Stoff zu geböte stehen werde. Warten wir denn dies ab, 
um dann im einzelnen nochmals auf den gegenständ selbst 
ausführlicher zurückzukommen. 

Theod. Kind. 



Saveisberg, Uotwandel von in x. 401 

Lautwandel van a in x. 

II. Im inlaut. 

(Fortsetzung.) 

Nachdem wir nun. den zur vermitteloiig des laatwao* 
dele von a ixkx ganz geeigneten übergangszischlaut ax (soh). 
in mehreren f&llen noch überliefert vorgefunden haben, ist 
anhält genug da, um den lautlichen Vorgang Oberhaupt 
genauer bestimmen zu können. Die nächste modifioation 
des reinen Zischlautes s war seh, darauf erst folg^ ch, wie 
wir es in sichel und mich aussprechen, welches dem k 
ntiier liegt ak dem im tiefem gaumen gesprochenen ch 
wie in sache*) und schliefslich in k übergieng, wie wir 
die sucoessive wandelung der laute im griechischen gefun- 
den haben: 6 — ax x — ^^ Unter den verwandten spra- 
chen liaben am lautwandel des Sibilanten in den guttun^ 
len, was den inlaut betrifft, die slawischen den meisten an- 
theil, indem s zwischen vocalen oft zu ch wird, wie m 
sL snocha, skr. snudä für snusä, griech. wog Üa aw^ 
aog^ lat« nurus f&r snusus, altd. snur — sl. mucha, lit. 
müsse, griech* fivia für /Avaiu^ lat. musca f&r musja — 
im loeativ plmral sl. novechu, skr. nävedu für nav^su 
(in novis), vioiat^ und was wir hier besonders hervorheben,, 
im slaw. aorist dachu 1. sing, „ich gab^, skr. adfisam""*)^ 
wogegen in da-s-tu 2. und 3. sing, und überhaupt vor 
einem consonanten das s bleibt. Damit speziell zu ver- 
gleichen sind: 

4) Die drei griechischen aoriste: j^dwxa i&ijxa ^xer, 
in welchen der guttural durch die drei personen im sing, 
und plur. des indicativs hindurchgeht, der dual aber fehlt. 
Die modi obliqui sind durchaus mit a flectiert; sie sind 
zwar nicht in häufigem gebrauch, aber es kommen doch 
weit mehr formen davon vor, als man nach der ersten an* 
reguDg von Fischer, Animadvv. ad Velleri gram. Gr. 1799. 



*) R. V. Banmeis gesammelte sprachwissenschaftliche Schriften s« 378. 
**) Schleicher, compendinm §. 182, 6. 
Zeitschr. f. vgl. sprachf. XVI. 6. 26 



402 Sarelsberi; 

n, p. 481 (ovv^opg) und Matthift, ausf. griech. gramm. 1807 
8. 271 beachtet hat. Viele beispiele hat sodann Lobeck 
znm Pbrynichus p. 721, doch meist aus der spätem grä- 
cit&t gesammelt, die wir mit einigen berichtigungen*) hier 
wiedergeben: ädv ßäkfjg — ^r^ötiq Geop. X, 54, orav Saiai] 
Tzetzes ad Lycophr. ▼. 447. Moschio de äff. mul. p. 20. 
Anecd. Bekk. p. 472, tva nQoaß-riöfig Sehol. Aristoph. Lys. 
445 (Dindorf Schol. Arist. Adnott p. 501), &v imO^ay 
Eumath. Hysm. IQ, 86, tva anoxaraCTi^öT) xai anoSaiey 
Harmenop. Proch. 11, 11, 157, aap ph] — ngocß-titst) — 
kniß-T^öff ib. II, 4, 144, omag nagcAkd^fj xal ixdway Aesop. 
Fab. 44. Diese hat jfingst herr Ä. Nauck in s. euripidei- 
schen Studien (Petersburg 1862) II, 2 anm. 1 noch um ei- 
nige vermehrt: fAe&^aai Etym. m. p. 575, 18, a^^ayg Pro- 
elus in Hesiodi Op. 748, tov &ijaavTa Vita Aesop. ed. 
Westerm. p. 32, 29, daiari Etym. m. p. 790, 46, intSmötjg 
Aristaenetus I, 5 p. 26 ed. Boiss. und hält sie sämmtlich, 
gleioh Lobeck, Ar mifsbildungen der gesunkenen gräcität. 
Dieser meinnng und Lobecks behauptung, dafs solche ao- 
riste und deren participia &riaavTBg Constant. Porph. Adm. 
L. III, 148 C. fiS&Tjaag Coluth. 125 keinem der alten be- 
kannt gewesen seien, wird es genügen, participien, die kei- 
nem kritischen bedenken unterliegen, aus inschriften vor- 
römischer zeit: anoSoaavTtav bei Bangabe Antiq. hellen, 
n. 869, 17 und ava&saavrag cw rm Xaßguti daselbst n. 
875 , 5 entgegenzustellen. Femer gehört weder der von 
Lobeck oben citierte Moschion (arzt unter kaiser Hadrian), 
noch ' Josephos und Strabon der gesunkenen gräcität (der 
byzantinischen periode) an, von denen ersterer Antiqq. VII, 
1, 366 den oonjunctiv napaSday (ohne dafs die heransge- 



*) D«8 eiste heikel bei Lobeck: Mi; — iv&tjaijq — vipi^ijq — ^Cfjc 
ist aus einem epigramm auf Crispinns, rom. admiral von Pontns' und freund 
des Libanios (welcber letztere 814 — 891 n.t!hr. lebte), in der Antbol. Pal. 
Append. 204, 6 — 8 ; da aber das auf einem steine zu Gyaicus anfgeftindene 
original C. I. 6. n. 8694 obige formen als futura nach später Schreibweise 
hO-fiitK; — vq>ihq — 6iä(ti<i für iv&'tifffiq — vq)iUi'(: (welches vollends den 
ausschlag gibt, da es keinen aorist vtpi^fiq cpibt) — äwatiq aufweist, so ge. 
hdren sie nicht hierher. Das zweite beispiel, welches nun oben zuerst steht, 
ist nicht, wie man bei Lo^eck (und Hies. ling. Graec. ed. Dind. 11, p. 1428) 
geschrieben findet: idp ßoiXtjq — d»<TTjq^ sondern ^i/ai}?. 



lantwand«! von o* in «. 403 

ber der nachsichtigen entschuldigung Lobecks zu Phryn. 
p. 722 bedürften), letzterer Qeogr. I, 2 p. 2 Gas. onwg yvoiti 
xai nagetSwaei rolg vattgov iöOfiivo^ den optatiy TUtga- 
ÖMfu (wovon später), nicht den von Lobeck p. 720 ver- 
dächtigten conjunctiv, bietet. Noch niemand hat bis jetzt 
anf die hierher gehörenden glossen des Hesychios aufmerk- 
sam gemacht, welche zwar die autoren nicht nennen, aber 
nicht so spat, wie manche der von Lobeck und A. Nauck 
gesammelten beispiele, sondern spätestens, wie Hesychios 
selbst, bis 642 n. Chr. hinabreicfaen. S« Hesych. ed. Schmidt 
vol. IV pars L p. CLXXXVIII. Es ßndea sich nun bei 
ihm vom aor. 1 von ififii die participia i^av^i-aaau 
iTuargi'ifßaaa „darauf hin richtend^ und xa&^i^ödf^Bvog 
Xaläcag „herunter lassend^ — vom aor. 1 von ri&iqut der 
conj. avv&ijay avpra^y^ der imper. &ijaäa&ia xoifin' 
^rcu, der inf. &ioa^ ä'ticavgiaai^ das partic. ano'^rjoa" 
fAivfj änoüiüQ^vaaöa „abhebend'* und sogar der indic. ^ä- 
aaxo kvtSvaato und &iaisavto* kCv'^tjcav^ kxd'd'iaav, ixä- 
tivaav, iviSvaavvo. Die letzte glosse enthält, wie sonst 
manche bei Hesychios^), zwei verschiedene werter: das 
eine, &iaaavro aus Pind. Nem. V, 10 von wz. Q^a i, ver- 
langen, fleh^i^, ist erklärt durch i^rßtiaav ixd&iaav ix^ 
zevactVj da auch xa&i^uv von den hülfeflehenden oft ge- 
braucht wird Thuc. I, 126. 136; III, 75. Eur. Herc. für. 48, 
wie xadrio&ai ib. 54. Heracl. 123. Soph. Oed. Col. 1158, 
das in der unmittelbar darauf folgenden glosse t^iaaea&ixi 
(inf. praes.) alreiv xa&^aäat ixsv^vBiv zur erklärung dient; 
— das andere gleichlautende wort ist äiüoavto iv^dvaavvo 
mit verdoppeltem a von wz. 6s, dasselbe wie die firflhere 
glosse &iaaTo kveSvactro. Diese beiden ungewöhnlichen 
aoristformen will man sofort durch Verdächtigung, als seien 
sie aus iiöaato und 'iatfavto verderbt, wegerklären, doch ist 
dies sehr gewaltsam und grundlos. Denn fbr ri&^ö&ai hat 
die bedeutung „sich anlegen^ im sinne von „sich anklei- 
den^ nichts unwahrscheinliches: sie kommt vor 11.11,382 
€v S' dcnida &eö&(a^ wo sie sowohl vom Schol. Yen. dvti 



26* 



404 Sftvehberg 

rov n€^&66&i^ als durch den synonymen aosdruck ^cr^ra- 
a&ai äcniSaq XIV, 371 unzweifelhaft sicher gestellt wird. 
Daher sehen wir hier den indicativ des t.aoristes von W- 
ß-rifjLi in ältester normaler Bildung mit a in ä^ioaro und 
ä'i^fisavTo noch eihiüten, wie im sanskrit die 3. pers. plur« 
act dh&sus (ebenfalls ohne angment)*) im Rigv.VII,97,&. 
Zur vollständigeren susammenstellong der aoristfonn^ aus 
den modi und partioipien bemerken wir^ dafs bei Hesy- 
chius Gvv&'iiaecg und ^goSoiaag zur erklärung von ^ 
vagfAOöag und ngoifABvog sieh gebraucht findet, wie ScboL 
Aesoh* Prom. 863 ßatpaca mit &7iöaöa erklärt. So sehreibt 
I^banios vol. IV, p. 53, 5: kni&fjaag toig ifexgotg zag 
avv^tlg nvQocg^ schoL Od. XIII, 267 tva avtov nagijaiov'^ 
tiJti oi f,ivi](fT^g8g {whs Dindorf voreilig in ngoammctk än- 
derte), schol. Thuc. I, 28 extr. ttag «v Sixag äoiawifi^ und 
ein beispiel der ältesten interpreten ist ans der Übersetzung 
der LXX Begg. III, 2$ 3 tva (TvvTJüfjg (cod. Vatic). 

Indem wir nun zu den alten uns wenden, haben wir 
auch hier ganz entsprechende formen zu erwähnen, zu- 
nächst ein best^verbücgtes particip om-^i'^ag aus einem frag'- 
ment des Callimachos tip dniüavu nag JU (fr. 82 Be&tL) 
bei Steph. Byz. s. v. !A7Uoag^ und daneben die weit^bil^ 
dnng 'Anmavnog bei demselben und Pausan. II, 15, 3 und 
sonst noch !A^>iüiog Paus. I, 44, 13. Etym. m. p. 176, 32, 
alle drei in gleichem sinne beinamen des Zeus, insofern er 
den in seinem gewölke eingeschlossenen regen losläfst (£. 
Curtius Pelop. II, 506). Dann bieten inschriften einige for- 
men, in denen der hiatus zwischen wurzel und flezion we- 
nigstens ausgefallenes a aufser zweifei setzte £ine im Bnl- 
letino deir Inst, di corrisp. arch. 1860 p. 35 f., auch im 
arch. anzmger no. 136 [april 1860] s. 52^ beschriebene, 
jüngst in die (Wagnerschen) Sammlungen der Würzburger 
Universität übergegangene schale, deren hohes alter man 
theils aus den rothen figuren, theils aus der Schreibung 
der namen Ilegixl^ideg und Evxgätsg (ohne tj) erkennt, wo 



*) Die endung ns erklärt Bopp krit. gramm. der skr. spr. §. 27S anm. 3 
aas ant, also adhäsus aus adh8saD(t). 



Iftotwaad«! von ü in u, 465 

vier jOnglioge und ein greis an einem opfer theU nehmen, 
endiftlt links neben dem einen jflngUng, der aus dem kan« 
tharos eine libation aof den altar giefst, ocpt&eov beige» 
sehrieben*) und rechts xai 3evQ[o]j also offenbar avd'eov 
flir äv&fjaov (imp. aor. 1) ^opfere auch hierher**. Ferner 
bietet die 1859 aufgefundene, in äolischer mundart ge» 
schriebene, tegeatische inschrift, welche wahrscheinlich dem 
ende des 3. Jahrhunderts v. Chr. angehört**), z. 13 anv^ 
doag dar; wie nun die participia aor. 1 aevag^ X^ctg, 
älivccg anf öwaag, x^^^y aksvaag zurückweisen (Etym. m. 
p. 710,4—8), so das tegeatisch-äolische anv96ag auf das 
wirkUch in einer attischen inschrift bei Rangabe Antiq, 
hell. n. 869, 17 vorhandene anodoaavxwv. Dieselbe te- 
geatische inschrift bietet auÜBerdem zum ersten mal ein 
analogen zum subst. -^xi?, nämlich laSoxa z. 42. 53, ftolisch 
für l)cd6xa {kg äolisch eas ix, i|, Ahrens dial. Aeol. p. 213) 
and gleichbedeutend mit iaSoaig (ÜxäoGig) daselbst z. 16 
^das ausgeben oder verdingen der arbeite. Dadurch scheint 
die scharfsinnige vermuthung Buttmanns gr. spr. §. 119 
anm. 14, &i]xri sei eine mit dem Charakter des aor. 1 H&tjtux 
gebildete form des subst. auf 17, womit zu vergleichen das 
mit dem 6 des aorists aus So^ai gebildete öo^a^ voUkom- 
men bestätigt zu werden, indem ja iadoxa gleichfalls zum 
aor. 1 k^iSatxa stimmt. Nur glauben wir den Vorgang an- 
ders auffassen zu müssen, nämlich so, dais der im aor. 1 
i&ijxa idtaxa geläufig gewordene laotwandel des ursprüng- 
lichen <T in X audi auf die substantiva O^xtj haSoxa^ die 
ursprünglich nicht vom aor. 1, sondern mit dem sufBx -aa 
(<Ti;) wie do^a und qw-aa gebildet waren, sich erstreckt 
hat, womit wiederum das slawische parallel geht in sno* 
cha (für snosa), skr. snuää (fbr snusä), wog (fär (svv66g\ 
lat. nurus (f. snusus), ahd. snur. 



♦) In AMQEON kann M vor & nur verschrieben «ein statt JV, wie 
auf einer vase von Vulci zweimal richtig JV^I, das dritte mal aber MAlXl 
statt NAIXI geschrieben steht. Annali delV Inst. vol. III p. 254. C. I. Gr. 
n. 7920. ' ■ 

**) Bergk Ind. schol. hib. Halae 1860 p. XII. Mich««Us in n. jafarb. f. 
class. philol. bd. 84 s. 586. 



41)6 Savelsberg 

Die auf inscbriften eben nachgewiesenen beiden bei- 
spiele des partic. aor. 1 anvSoag und anoSoüavraiv wider- 
legen die behauptung Lobecks und anderer, dafs die hier 
in rede stehenden aoristformen, die am öftesten wohl bei 
den Byzantinern sich finden mögen, keinem der alten be- 
kannt gewesen seien. Dals sie gerade auf alter tradition 
beruhen, sehen wir besonders daran, dafs participien von 
SiSoifu noch mit kurzem wurzelvocal Soaag bei Jo. Mala* 
las p. 26, 4 kx86(fag p. 328, 14 erhalten sind, was bei neu- 
bildangen gewils nicht zu erwarten sein würde, wie denn 
auch derselbe von ri&ijfMi das particip auf gewöhnliche 
weise &ij(fag p. 264,9 und inUhjttag p.247,3. 276,3 schreibt. 
Nun haben wir freilich auch &fjxdfiBVog zu erwähnen von 
Theognis 1150 und Piodar OK VI, 39. Pyth. IV, 29. 113*) 
und Philetas bei Athenaeos XV, 678 a. Aber da die mit 
a gebildeten beispiele aller drei verba nicht nur bei wei- 
tem die mehrzahl ausmachen, sondern auch allein durch 
inschriflen — ccnodo(tavttov und ava&B(favTeg — bestätigt 
sind, und überdies im einklang mit den modi obliqui ste- 
hen, welche ganz regelmäfsig mit er flectiert erscheinen, so 
darf man wohl den verdacht aussprechen , dafs die weni- 
gen beispiele von &tixdfisvog bei Theokrit und Pindar in 
späten Jahrhunderten von abschreibern gefUscht seien, zu 
einer zeit, wo man sogar einen conjunctiv anodcixiaaiv neu 
modelte Fab. Aesopi 78 p. 35 ed. Fusia. 

Die regelmäfsige bildnng der modi obliqui mit er ist, 
wenn auch nicht häufig bei den alten, doch mit der gröfs- 
ten evidenz bei Homer nachzuweisen. IL XIV, 208ff. gibt 
Here vor, sie wolle Okeanos und Tethys mit einander aus- 
söhnen : 



♦) Pyth. IX, 62, wo die Codices theils ^xa/icfai, theita &iieafU9tiu 
bieten, ist jetzt von Bergk Poet lyr. Gr. ed. 2 nach einer andentong der 
scholien (^&avfiouraaai) der vers so hergestellt: t»» S' intyovvldiov ^«17- 
isafit¥iu ß^tipot: avToiq, welcher trefflichen emeudation T. Mommsen in s. 
ausgäbe Pindars beistimmt. Die glosse ngoatindfitvoi nqoitXaßofitvoi bei 
Hesjchios ist eine mifsverstandene wiederholang oder ändening von nQoitn~ 
*afitv9h^ TtgoffhxßofÄtvoi, wie xa9-il^6fitvov na&axffdfievop von xa^ei$o/i«iror 
Ma&a\ftofiiPOP. Wie dieses zu Ha&^Hvioficu mit c* ftlr » (auch in na&ttinm 
kurz vorher), so gehört jenes zn ngoaMvioficu als aor. 1, welcher in Sjcaro 
Üafitto bei HeiTychios vorliegt. 



Untwandel tob m u, 407 

ei XHPio jTBTiiaaüi nagainam&ovaa <pikov xijg 
ü^ %vv^v aviCa^fA^ ofAio&^vat q>tl6r^Ti, 
aUi xe a(pi q>ikri re xai aidoifj xaXeotfAijv. 
Hier darf ävicaifAi nicht mit einigen neuern granuifatikern 
vom aor. ävü<sa (avi^va) abgeleitet werden; denn es be- 
deutet nicht ^hinaufisetzen^ wie II. XIII, 657, oder ^hin- 
auiitüiren, hinaufbringen^, äuTserlich gefa&t, sondern „an- 
treiben, veranlassen^, was offenbar der zweck der Überre- 
dung ist (^aniiif(f& nagameni&ovca)^ gehört also zu avijxa. 
So allein fa&t es die alte Überlieferung, indem ApoUonius 
Sophista dieses avitsaifAt durch avanBifTaifii, hnoxQvvaifAt^ 
TiQOtgBipaiiAijv erklärt und dabei ähnliche beispiele Homers 
von ävifipLi, bespricht, und nicht blos Hesychius, der seine 
erklärung von Apollonius entnommen hat, sondern auch 
der paraphrast es mit ävaTuicaifAi wiedergibt. Erst Eu- 
stathios bat neben dieser alten noch eine neue erklärung 
versucht: ro Si bIq stnnjv avi(fcu ävti tov avanBldfu 17 
avaßißdifat^ ava&Bivai^ xcerd t6 „^^ SiifQov S dvicavveg 
ayov^ (II. XIII, 657), indem er. die zwei aoriste aveiffa 
und avrjxa verwechselt, und Thiersch verbreitete die neue- 
rung; dagegen folgten, wie Damm, so auch Buttmann und 
Matthiä mit recht den alten. 

Ein zweites sicheres homerisches beispiel ist Od.XVIQ, 
265, wo Penelope erzählt, was ihr Odysseus vor seinem 
zuge nach Troja gesagt hatte: 

t^ ov folS' et xiv fi aviüei &66g ij xsp dkaiw, 
wo aviüBi, dem sinne nach deutlich von dpirjfn stammt: 
„ob die gottheitmich frei lassen werde oder ich gefangen 
werde^. Bei der bestimmung der form dvitfei aber ist wohl 
zu beachten, dafs der kurze wurzelvocal nur im aorist, wie 
oben in dnoäoffdvTcov dva'&eCtxvTeg änicaq^ dvktiaifu 
und sonst }i(Sta<iav Od. III, 182, ingtae Hesiod. Theog. 
856 (für }ingfiiSB)^ sieh findet, niemals im futur. Das ist 
entscheidend: aviaei kann also nur conj. aor. 1 sein (wel- 
cher zugleich kurzen modusvocal im ausgang •tsit hat, wo- 
für gewöhnlich -o^ steht), so dafs der bei bi xbv gebrauch^ 
liehe modus in beiden verben, avitfBi und dXiiu), wie sich 
auch von selbst versteht, übereinstimmt. Es f&Ut mithin 



406 SATeUbeig 

jeder anlafs zu dner Änderung fort; etwa die in avifftj liefse 
sich zum behuf leichterer Unterscheidung empfehlen, wof&r 
es auch nicht an ähnlichen vergangen fehlt. So schreibt 
der scboliast zu Pindar Ol. IX, 115 die verse Homers II. 
XVI, 89-90 : 

Tgm&i €piXomoUfAO$inv^ axifiotiQOV 36 fiB &n<'yg' 
wodurch das richtige yerständnifs allerdings leichter ge- 
macht wird, als dnrph das sonst überlieferte &fjcaig. Fer- 
ner schreibt die Clarke-Emestisohe ausgäbe den yers 
Od.Xin,376: 

tpQa^tv^ ontag pivrfivriQ(kv avaidi(fi xiiQag kq>viftfig. 
In solcher Schreibung ist, wie man sieht, der mit a gebil- 
dete conjunctiv von Ü&tjxa und ^xa sogar bei Homer schon 
längst anerkannt gewesen, und aufserdem auch der con- 
junctiv med. 6q>Qa . . • vno&i^(f^ai Od. IV, 163 mit kurzem 
modusvocal von Thiersch griech. gramm. §• 342, 1 (S. aufl.). 
Es bleibt aber noch zu untersuchen, ob nicht dar kurze 
modusvocal in obigem unbestreitbaren conjunctiv avicu 
gleich vielen andern, wie Od. XV, 524 d x< . . . TBX^vTf)<tUj 
ib. XVI, 261 ti x«v . . . . . ägyiitfii^ bei ebenso einstimmiger 
Überlieferung beibehalten werden solle, sodann in dem öf- 
ter wiederkehrenden xti/i^crei II. II, 147. 395. XVI, 264 298, 
was sowohl die meisten Codices haben, als auch Enstathios 
und der paraphrast an allen diesen stellen lasen, neuere 
herausgeber aber mit der sonst beim conjunctiv üblichen 
Schreibung xivf^ffri bezeichnen, und in iitfu D. XV, 359, 
wobei dieselben momente der Variante ^oi gegenüberste- 
hen. Bei genauer Untersuchung lassen sich sogar mehr 
gründe f&r beihehaltung von conjunctivformen auf -«i$ und 
e», zumal wenn sie handschriftlich gut verbürgt sind, als 
fbr die gewöhnliche Schreibweise 'fjg und -i; geltend ma- 
chen, nämlich erstens der kurze modusvocal in conjun- 
otiven wie iofjiBPy worin scfaol. Ven. zu II. XII, 216. 328 
wie auch zu dSofAW I, 363 die Verkürzung einfach an- 
merkt, desgleichen «if^re VIH, 18, alitai XI, 192, die er 
beide mit mehrfachen andern beispielen bel^t; zweitens 
die Übereinstimmung der entspriBchenden vedisehen con- 



lantwMtdel von « in x. 409 

janctive, deren 2. und 3. person oft einen kurzen vocal hat, 
wie TöKati Rigv. I, 105^ 4, vergl. griecb. ^ut/ nori r^g 
^9i9$fjat II. XXII, 106, yedas Rigv. I, 43, 9, griech. iva 
^iid^g Od. II, 111, d&sati Naigh. 2, 30 dg 6 xc * . . . 
ano^dfaüBi Od. VIII, 318. Der dritte und wichtigste 
grund ist, dals conjunctive auf Bi in inscbriften, sowol atp* 
tischen als dorischen, noch Jahrhunderte nach EukUd häufig 
vorkommen, wofär wir auf die sorgfiUtige Zusammenstel- 
lung von Ahrens d. Dor. p. 294. 295 verweisen und nur 
ein paar belege aus später bekannt gewordenen inscbriften 
beifißgen: og 3i xa fitj tpvTBVtfet inscr. Cret. Drer. IV, 
31 — 32, xai äv ri äklo niaei . . , , xal [o\ri> av bi koi- 
nov inscr. Messen, y. 50, xaraxQi&el ib. v. 61. Sogar 
die 3. pers. plur. des conjnnctivs erscheint in dorischen in- 
ächriften mit kurzem o: so in der kretischeu inschrift von 
Dreros off<ta xa ixrj ngd^ovri III, 32 — 33, ort 8k xa Ttgä- 
^ovti ib. 37 zugleich mit ä^o^xi^iovri III, 12 und ovqbv^ 
eivn ib. 41; in einer corcyräischen C. I. Gr. n. 1845 atp' oi 
xa äg^ovvat v. 17, o xa nagaXdßovti t. 70. 99, nagadovri 
V« 76. 100, nagayivovtai v. 133 zugleich mit yivwvrat 12. 
76 u. a. Daher dürfte auch ot xi fis Tifirjcovai II. I, 175 
ein solcher conjunctiv sein, welcher ursprfinglicb tifiTJaovvi 
lautete; denn dafs der Termeintliche indicativ nie recht 
befiriedigte, zeigen die deutung^i der neueren und der alten 
erklärer, wie schol. Ven. ävtl tov rifxrifiBuxv^ so wie die 
änderung schol. Lips. oi xal TifirjCaiCi^ sonst auch der pa- 
raphrast, welcher oX xb . • nfxiqtsovfSi an 2 parallelstellen als 
conjunctir, einmal II. IX, 1 55 mit tifirjffiaffi und das andre 
mal ib. 297 mit (pikotifzii<kovTai übersetzt, wo Aristarch 
tifAiqamVTai las*). Da wir nun die Schreibung des con- 
jnnctivs aviaBt^ einerseits handschriftlich ganz gesichert (weil 

*) Für ovq %tv . . SijDiffotai IL XII , 227 ist nach Heyne t. YI, p. 815 . 
mehr handschriftliche gewähr als fOr diimaovat. Schon Thiersch §. 822, 8 
sprach von solchen conjanctiven „i^Ach nngenatier Orthographie", wie er sie 
bezeichnet, utq ovt , . . ixnoifavtai XL XIX, 857 n. a.; doch ist dort kein 
so klares beispiel, wie §. 846, 5, wo die fallsetzung in relativen Sätzen den 
conjunctiv, nicht das fntumm erwarten läfst, wie ^ gd te . , awavxriaor- 
ra» II. XVII, 184, ol' ti . . x^6'oi'Teu "Aqfil XVIII, 209, wozu wir noch bei- 
fügen II. Vn, 298 TqÜoi^ iVifqavkiA xtf» iLqwadou; ... a'C %k /loi evxofitvai 
&tiov dvaopT'ai dy^va. 



410 S^velsberg 

ohne alle Variante geblieben), andererseits durch die^^ in 
epischen conjunctiven weitgehende analogie des kurzen 
modus vocals, durch Übereinstimmung mit den vedischen 
conjunctiven im sanskrit und durch bestätigung von in- 
schriften begründet sehen, so ist ein fester anhaltspunkt 
für alle ähnliche f&lle gewonnen. Nunmehr ist cug ots tc^ 
vti(f€i in den gleichnissen II. II, 147. 395. XVI, 298 nicht 
mehr futur, und bedarf, weil der erforderliche conjunctiv 
in der handschriftlichen Überlieferung wirklich erkannt ist, 
nicht mehr der änderung; eben so wenig ist eine ände- 
rung filr önnors . . . ^Vc« gerechtfertigt U. XV, 359: 

yecfVQwdBV Si xikev&ov 
fAaxQfjv 7]S' BVQÜav, ocov T ini äovQog kguiij 
yiyvBrai, oTtnov ävi^Q (fd-iviog 7taigoif4€vog lycxee. 
Hier ist ^<r6i alte Überlieferung, denn so haben die meisten 
und besten Codices, auch der zu den ältesten gehörende 
codex palimpsestus (ed. Cureton 1851), und wie Eust^hios 
nur ijifei las, so auch der paraphrast, da er es durch ni/i/^' 
yfsi> wiedergibt. Die Varianten in schol. Ven. A (Herodian) 
und B ^(Tti/, cod. Harlei. und fragm. Moscov. tjcij Vrat. d 
^(Tt (wohl blos verschrieben für ytfi) sind offenbar spätere 
änderungen. Ohne zweifei hielt man das überlieferte tjifH 
fikr das futur, fand dann aber statt dessen den conj. aor. 
mit recht fOr nöthig, denn nicht eine zukünftige handlung 
wird bezeichnet, sondern ein fall von unbestimmter zeit 
gesetzt. Da nun aber ijtfei nicht blos futur, sondern audi 
conj. aor. 1 sein kann, so leistet es als solcher der forde- 
rung genüge und mufs als echt geschützt bleiben. Nicht 
minder unantastbar sind folgende conjunctive: &ij<fsi nach 
oTcnoTB xa» Od. XVI, 282 (vgl. den nachtrag am Schlüsse 
des hefts): 

önnors xev noXvßovkog ivl (pQBOi &i](Tbi ji&tjvrj^ 
VBVtfu) fjiiv rot kyd XBCpaXrj* 
anoSdifTBi nach Big ö xb Od. VIII, 318: 

aXld ütpoüB Sokog xal dstffiog i^^Bi, 
Big o xi fioi fAaka ndvra natrig anoSdüBi HjrBSpcc, 
imo&ij(fBai nach ocpga Od. IV, 163: 

ifiXÖBTo ytig (fs jriSi(f&ai, 
otpga ^ot ij ti ^inog vno&ij(f6at ^^ ti ^iQyov, 



laatwattdcl yod o in x. 411 

&i]mg nach ^17 IL XVI, 89 und 90: 

TQwai fpiKonroXifiOiiUv, aripioTßgov di fjie &fj(rBig. 

wie der paraphrast die mahnuDg des Achilleus richtig ver- 
standen hat: fAfjdafÄwg oi) x^Q^S ^p^ov ngoß-vfiov nolsfAslv 
Tolg (piXo7io?r.efioig TgoxrlVf aufjioTBQov de fie Ttou^atjg^ 
Dagegen folgen die neueren erklärer meist der ansieht des 
schol. Ven. xeirat 6 Si ävri rov ydg^ wobei &rj(fHg als 
iutur, also nicht abhängig von firj gilt, so dafs der satz 
äxifioxBQov Si (At d-jjtfBig ein eingeschalteter gedanke sein 
würde. Dann aber mfifste Achilleus, wenn er das so be- 
stimmt voraussagte, gegen seinen freund mifstrauen äus- 
sern, wovon die rede nicht die mindeste andeutung ent- 
hält. Achilleus mahnt den Patroklos, blos die feinde von 
den schiffen zu vertreiben und dann zurückzukehren. 
„Wenn dir aber, fährt er fort, Zeus rühm verleiht, so 
verlange nicht, ohne mich zu kämpfen und verursache mir 
nicht (wenn du unterliegst) gröfsere unehre (als ich schon 
von Agamemnon erfahren habe v. 59); auch ziehe nicht 
in der siegesfreude (fitjS' inayaXXofÄevog etc.) gen Ilios, 
damit nicht ein gott dazwischen trete: sondern kehre zu- 
rück und lafs die Achäer und Troer in der ebene strei- 
ten^. Für die nchtigkeit der hier befolgten construction, 
dafs von fjii^ erst der infinitiv, dann der conjunctiv (mit 
kurzem modusvocal) abhängt, spricht ein schlagendes bei- 
spiel II. X, 237 und 238: 

fifjSi av y* alSofiivog (tytttv (pQZCl rov (ihv ageiw 
xaXXeinuVf av Si x^igov onddfftai alSol jreUvuv. 

wo in der abmahnung auf gleiche weise die zwei modi 
wechseln. Wie der paraphrast, so verbindet auch Eusta- 
thios lAti . • -di^aug^ desgleichen gibt der scholiast zu Find. 
OL IX, 115, da er (fiii) drifiorsgov öi fit &fj(fyg schreibt, 
wie codex Townleianns in der kühnen änderung &eifjg^ das 
rechte verständnifs, jedoch können wir nicht einmal der 
sonst beim conjunctiv üblichen Schreibung ^viffig^ ge- 
schweige der überflüssigen conjectur &6iyg^ vor der über- 
lieferten wohlbegründeten Orthographie ih^tsug bei Homer 



412 Savelsberg 

eine höhere berechtigung zugestehen. Nicht minder bleibt 
also Od. Xni,376: 

wenn wir auch nicht mit Clarke-Ernesti kcpijtfyg schreiben, 
wie auch schol. vulg. ^(pii(fr}g kTtißdhjg hat *), doch i(pj]<feig 
ebenso wohl conjunctiv wie ä(pfj(ScD Od. XX, 39: 

OTtnwg 8fi fAVtjtfr^gaiv dvaiSeCt X^^Q^^ iq>ij(f(a^ 
jywie ich band anlegen soU^, ganz entsprechend dem con- 
junctiv II. III, 1 10. XXIII, 324. An mehreren stellen mö- 
gen conjunctivformen des 1. aorists verdrängt worden sein, 
indem zu Od. I, 89 ocpga . . ,j:oi ^ivog hv ffgaal &eiui noch 
schol. Yen. berichtet: rivig yg. &fjaa) (schol. Harl. yg. &ij(ra)) 
und für Od. XVI, 184 ivcc tot xexagtiyfjtha Swofiev igd die 
Clarke-Emestische ausgäbe die Variante dwaoyLtv erhalten 
und als conjunctiv (nicht etwa fut.) übersetzt hat: ut tibi 
grata demus sacra. Uebrigens constatiren wir den conj, 
ävij(fofi6v noch an zwei stellen: II. XIY, 131, da dieser 
vers zu 129: 

ipi}a ä' iTiBiT avToi fikv kxdf^Bd'a SfyCoziJTog 
den gegensatz {äXXovg zu avxoi) bildet: 

äXXovg ö' oxQVVovTEg äpfjoofiev 
und vom paraphrasten mit nagogfifj<yo}fA>6V übersetzt, von 
Eustathios mit ifißälMfiav T(p noUfiip erklärt wird; dann 
Od. Xn, 293, wo gleicher weise auf v. 291: 

dkX' ij TOI vvv fikv TtH&cius&a vvxtI fiteXaivfj^ 
'der gegensatz {r^wd-ev zu vvv fihv . . vvxtl) folgt: 

i^äd'BV S* dvaßdvTtg kvTJaofxev tvQi'C novrq), 
wie der conjunctiv von Clarke in der Übersetzung „intre* 
mus latum pontum^ richtig au%efafiMi ist'"'") und durch 
vergleichung mit Od. I, 372: i^&ev ö* dyogTJväa xad'B^fii^ 
fisa&a xiovteg bestätigt wird. 



*) Femer codex Harleianns am rande qtQcü^tv onwq /jtvfiffT^gatv dvat- 

**) Derselbe unterscheidet also diesen fall deutlich vom wirklichen Ai-. 
tunim Od. n, 296 äxa S* fqtonXürffavziq ivffaofAtv IVQ& not^vt^t statirnque 
instructam dedacemas in latum mare, auf welche stelle sich des Hesychius 
glosse: iv^aofif» xfn&rioofitp, xa&ikxvffOfiiVf ifißakov'fit» besieht 



lantwandel von a in x. 413 

Es bleibt uns noch übrig, i<fi](r€i an xwei stellen ge- 
naa zn bestimmen; denn diese form ist weder conjunctiv, 
wie nach Clarke*Emesti in der note zu Od. XX, 29 ,,Äl. 
hfpi^tfri^ einige meinten, noch der indicativ des faturs, ftkr 
welchen Thiersch §. 323, 7 an der andern stelle Od. XX, 
386 die Variante htptiri aus einer breslauer handschrift auf- 
nehmen zu mflssen glaubte. An letztgenannter stelle 
äXV anifop nariga ngoiXBdiQxsTo, SiyfiHvog ahl, 

ist nur der optativ gerechtfertigt, wie denn onor^ bei Sky- 
fievog nach einem praeteritum viermal mit dem optativ 
constrnirt ist 11.11,794. Vif, 415. IX, 191. XVni, 524, 
und damit auch in gleichem sinne U« IV, 334 fAivovrtg 

%(fTaitav onnotB ogpifjtfBU übereinstimmt, daher ist 

die Variante iq>iir] und ifpt](toi cod. Vindob. 5 (Act. Monac. 
I, 192) mit den Sprachgesetzen allerdings im einklang. 
Ebenso mnfs Od. XX, 29: 

onntag 9t] fivtjr^riJQCfiv avaiSitfi XBlgag ktpiiasi* 
nach einem historischen tempns, wie es gerade nach einem 
solchen von iiBQfiriQi^fa der fall ist D. XIV, 160. Od. IX, 
.554. XV, 170, der optativ folgen. Und ktpijifBi ist beide 
male wirklich nichts anderes als optativ. Eine solche op- 
tativform auf -0*61 statt 'tfsiB ist II. II, 4, wo nach fiBQfirj' 
gi^B genau entsprechend wg !dxiXi}a tifiiiüBi folgt, vom 
schol. Ven. ausdrücklich bezeugt: rifAriari* AXXot ygacpowri 
tifAi^<fBi' TovTO BifXTixov {t6 S^ oXitffj vnotaxTixov)* 
wg ro yiX^^^'^ TBXii^Bt 'AyafikfAViüV^ (II. IV, 178). Noch 
viele andere beispiele derselben endung kommen bei Ho^ 
mer vor: w)8i xä tig fioi fii&ov urifji'qtfBi^ ovSi etc. II. IX, 
62, ov3i XBV wg . . . nBitfBi jiyafiifAvatv ib. 386, f^f} nwg 
Sbiübi ivl &vf4^ XXIV, 672, st nsg . . . lABvobvrjiSBt hvl dvfi^ 
Oi. n, 248, und alle, um dies schon hier zu bemerken, 
ohne apostroph, den nur schol. Ven. einmal II. XXIII, 191 
ifxrjXBi äfAffiUBgi XQ^^ bezeichnet, wo cod. Townl. (SxtjXbi 
bietet. Dafs es sich nicht um eine blofs vor vocalen gil- 
tige elision handelt, zeigt die von Od. XI, 585 oaadxi yäg 
xinpBi 6 yigwv niiBiv (ABVBaivwv in einigen Codices und bei 



414 Savelsberg 

Sextos Empir. adv. math. IX, 69 verschiedene Wortstellung 
oftdam yag xviffu miuv 6 yiQwv pt^vtaivwv. Auch kann 
vom apostroph am .ende des verses z. b. axovdu doch 
wohl nicht die rede sein, und wenn auch II. XIX, 81 bei 
Apoll. Soph. 8. V. vßßäklsiv geschrieben ist: avögäv 3* kv 
noX},(p ofiäSq) nüq xiv rig cckovcbuv, so hat doch Porphy- 
rius sicher die allein in den vers passende form movou 
gelesen, welche er in seiner Umschreibung (s. schol. Yen. 
bei Bekker ad II. T v. 79): xai mig yäg äv xtg kp nokkfp 
ofiäSqf axovtfsi rov imoßaXkovrog, rj 6 axovCag ünoi\ bei- 
behält Indem femer Döderleins (hom. gloss« §.618) und 
I. Bekkers treffliche emendation der vulgata ngongt^pü 
Tvipag in der stelle Od. XXH, 96-98: 

Ttegi yag 8U, fitj ng 'Jlxctiiiv 
iyxog aptXxofjLBVOv SoXixofSxiov rj ikdtfeuv 
(paaydvqf ai^ag r^k ngongTjvia rvipai 
einen optativ wieder herstellt, hätte sie doch, weil auf die 
Varianten Ttnprj (cod. Harl. und schol.), rvxputv (schol.), 
xvxf)Bi (s. Ameis zu d. stelle) gestützt, die rechte aus wähl 
aus der Qberlieferung tre£Pen und statt rv^cu vielmehr 
Tvifjsi herstellen müssen. Die richtige aufiassung solcher 
formen zeigt am öftesten der paraphrast: II. XVII, 515 ra 
di xBv Ju ndvta fAeXi]ffei , wo schol. Yen« gar vorsichtig 
bemerkt : fieXijffet avri evxtMov rov ^^Ai^croi, übersetzt jener 
als opt. durch (pQovna&eiti , wie t^Ucbi IL IV, 178, wo 
Eustathius z&Xiaoi liest, durch ixTiktigtiffeisv und Tteiaei 
IX, 386 durch xaraTieiaBiev. Aber auch schol. Yen. braucht 
selbst solche optativform zu 11.1,417: Uyerai triv Oixiv 
Ttagd Jiog fia&$iv rd nagi !äxiXXiwg, oxi ü fjiiv fieivei 
(so der codex, wie Bast ad Greg. Cor. ed. Schaefer p. 
576 not. o) berichtet) iv vy <P&i(^ ....,.., nokX^ fiiv 
Marai avtiß ^ ^«oij, aSo^og 3i ' bI 3b (fvvavil&oi avtolg cet. 
Hierzu fQgen wir nunmehr den nachweis aus inschriften, 
zuerst aus der alten inschrift von Teos, welche Kirchhoff*) 
in die zeit von Ol. 76—77 (476—472 v. Chr.) setzt, C. L G. 

*) Stadien zur geschichte des griech. alphabets in den abhandlungen 
der philos. hist. classe der akademie der Wissenschaften zu Berlin 1S68. 
8. 129. 



Utttwftndel Ton c in x. 415 

n. 3044: OZTIZ : (v. 8) A[nOK]TENEI : (v. 11) 

H KIHAAAAZ : YPOAEXOITO : H AHIIOITO : (y. 19. 20). 
AochBöokb erkannte, dafs A[POK]TENEI nicht dasfutur, 
sondern wegen der folgenden optative der optativ aor. 1 ist, 
in welchem dann das E der vorletzten silbe ebenso f&r h 
geschrieben ist, wie t. 39 nnd 45 KENON : für xbZpov, t. 28 
und 46 FENOZ : TO KENO : für yivog ro xaivov; nur hat 
Böckh die sonst sichere ergänzung bei der Übertragung 
in vulgäre schrift a[no7c]TBivn[B noch um den zusatz e 
vermehrt, welchen die in doppelpunkten bestehende inter- 
punktion der inschrift gar nicht zuläfst. Es bleibt also 
nur änoxTsivBi übrig, eine nebenform von anoxxBivBiB und 
durch apokope daraus hervorgegangen. Jüngsthin hat so- 
dann Michaelis (n. jahrb. f. philol. und päd. LXXXI V, 595) 
den opt. aor. 1. act. diaxtoXvaBi in der 1859 gefundenen 
ä<dischen ioschrift von Tegea v. 6 erkannt: bI Si nolsfiog 
8vax(aXvGBi ri . . . . rj räv rjQyaöpiivfov xi q>&BQaij womit 
die entsprechende construction v. 12 und 13 zu verglei» 
eben ist: bi 3i n ^Qyoaviqöag ptri lyxBxrigi^xoi rolg 'igyotg^ 6 
8i nokBuog Siaxiokvoi. Nunmehr sehen wir ferner bei 
Isäos I, 32: nQoatjnBiXfjaBv ort dri'AcicfBi not äv ToVT(p den 
Optativ SrjXwGBi der bandschriften gegen die änderung Sti" 
hoaoi der neueren ausgaben völlig gesichert, ebenso bei 
Strabo I, 2 onwg yvoiri xai nagaöfaüBt rdig vüxbqov kao-- 
f*ivo$g grammatisch wie handschriftlich — nagaSoiasi Par. 3. 
Med. 1. Mose, nagadwaoi Par. 1 — geschützt. Nach al- 
lem dem erklären wir nun ktprjtfBt Od. XX, 29 und 386 
für den optativ, welcher durch apokope aus ä(p7JtfBiB enU 
standen ist. So ist der diessalische genetiv auf oi in ^a- 
rvQoi rBwdoi u. a. aus »oio verkürzt (Ahrens d. Aeol. 
p. 222. Dor. p. 534) und Choeroboscus führt Anecd. Bekk. 

p. 1231 und 1362 an, dafs vtj Jia xax* änoxonrjv 

vfj Ji geworden sei, was Dindorf (PoMae scen. Gr. praef. 
p. VI) bei Aristoph. Eccl. 779 i^f*äg fiovov SbZ vr^ Ji' xa\ 
yäg Ol &Boi nach cod. Bav. vi] Si* wieder herstellt. Da- 
hin gehört bei Homer die apokope nag Jiog II. IE, 787 
aus nagd, äv vixvag X, 298 aus avof, (fwXoig II, 363 aus 
(fvXottsi^ ^Biny I, 230 aus jrBinriau Wahrscheinlich haben 



416 SaT«Uberg 

die altepisehen, noch den Attikern besonder^ gel&a6gen 
optativformen tv^ffnag Tvtf>€ie rv^juav ein a eingebfl&t, so 
dafs früheres tv^aiae und lat. nupsisset, ano-Siiaei^ 
bei Theodor* Stud. p. 237, E (sp&t, aber regelrecht gebil- 
det) öder früheres Siiaue und der sanskrit-preoativ med. 
däsiäta mit voraasznsetzendem activ dasiäat einer und 
derselben optativbildnng des aorist angehörten. 

Zu den drei bekanntesten aoristen auf -xa mufs noch 
i(pQ7jxa hinzugefügt werden, der aorist eines angeblidien 
verbums 9(>4ai, dessen eigentliche grundform und flexion 
aber kürzlich herr A. Nauck in den M^langes Greco^Ko* 
mains der petersb. akademie tome U, s. öl9 — 548 vom 
23. sept. 1863 zuerst ins reine gebracht hat. Indem er in 
dem oft erwähnten imperativ aor. 2 ipQig (Herodian. n. fiov, 
Ib^. p. 24, 24 und xa&oX. ngodt^S. p. 196, 10 ed. Schmidt. 
Etym. M. p. 740, 12), welcher, wie überhaupt das ganze 
verbum, nur in Zusammensetzungen, 'ixfpgeg Aristoph. Vesp. 
162, €l(fqi^6g Herodian 1, c. vorkommt, ebenso im entspre- 
chenden particip i7i6ia(f>Qaig Eurip. Phaeth^ fr. 781, 46 
(Nauck) und conj. öidoiita fAf^ fis . . . ovx kx^pg^Ci (Phot. 
lex. p. 359, 8: ovx äxfpgdfoiv ovx i^a^tScii) Eurip. Phoen. 
264 und ganz besonders im aor. 1 hiB$0i(pQijxe Eurip. El. 
1033, ücficpgtjxBV bei Diog. Laert. 1, 102 und Hesychius,' 
wo üßitpQiiXBV für üakff'QixBv zu lesen ist und auTserdem 
i^SfpgtjXBP aqnjxBv sich findet, eine durcfagreifeude Shnlich- 
keit und Verwandtschaft mit irifAi, erkannte, wozu auch die 
bedeutung stimmt, z. b. von der Zusammensetzung mit üg 
„hineinlassen, mit kx „herauslassen^, erklärte er das ver* 
bum för ein mit der präposition nQO gebildetes composir 
tum eben des ttnit^ wie es auch schon Etym,M. p. 271,43 
zu öiatpgto aufstellt, auf die analoge aspiration in €pQoifjiiov 
för nQooifAiov und (pgovQog für ngoovgog hinweisend. Und 
gewifs, die entschiedene Übereinstimmung von etaq^Bg mit 
ü^TiQoig^ inHiSq>g%ig mit kneKSngotig uqd des aor. 1 inuak- 
(pgtiXB (mit vorgetretenem augmeot wie in kxd&iOa*)^ rff»,' 



*) und noch genauer in abermaliger znsaknmensetzung nag t xa&-f(Taro 
Demosth. 88^ 14. nQoexd&iaav Polyb. II» 24, 6. 



Uutwandel von o in v. 417 

fpUaa, in iavptjXB und i^vf^xe aus Alcaeus imd Anacreon 
bei Etym. m. p. 385, 9) mit kTisiango^xB n. s. w. berechtigt 
vollständig zur Voraussetzung der ursprünglichen regelrech« 
ten präsensform q^giijfMt ss n^oifipti^ DaTs hr. Nauck die* 
ses reduplicirte prftsens richtig erschlossen hat, dafllr ist 
beleg genug das imperfect Aristoph. Vesp. 125 hvtBv&Bv 
ovxit avTov k^B(pQiofiBVy die lesart der besten band- 
Schriften Rav. und Yen«, welche in i^eifgiefxev zu ändern, 
wie hr. Nauck s. 541 will, unnöthig und daher unzulässig 
ist. Denn bekanntlich sanken schon früh die verba auf 
f*i immer mehr zur conjugation auf -oi herab, so fABiim* 
fiivog bei Herodot VI, 1. VII, 229 wie von fUTiat (inB&ia) 
statt fiB&it]fu^ rl&oito Buttm. §. 107 a. 35, loiro a<fiotvTo 
§. 108 a. 3 und acfBiofiBV in einer inschrift von Anapa 
C. I. Gr. t. II, p. 1008 n. 2131 b. 15 aus des kaisers Tiberius 
zeit (wo 6i filr langes i steht wie daselbst p. 1005 n. 
2114bb. 6 in a<pBifjfii), Ebenso bleibt auch k^Bqigovfi^v 
Eurip. Tro. 652 durch hinreichende analogie geschützt, wie 
Sm an die steile der altern flexion diSfjfAi trat, von wel« 
eher noch pf. SiÖBxa und SiÖB^ai nebst aor. pass. äSi&tjv 
sich in beständigem gebrauch erhielten, und wie nQo0&6f- 
oixo Herod. I, 53 und vno&ioiro VII, 237 ein präsens d-icn 
statt zi&rjfAt voraussetzen lassen; es kann uns also das prä* 
sens selbst, k7iBitsq)QBl bei Eustathius (s. M^langes p. 546) 
nicht befremden. Nicht im mindesten ist ferner der aor. 1 
act. auf 'iSa zu verdächtigen, als sei dieser aorist in der 
blütezeit der griechischen litteratur nur auf -xa ausgegan- 
gen. Von alten beispielen steht auf der einen seite inBio^ 
iipQfjxB Eur. El. 1033 zwar gesichert, aber vereinzelt, auf 
der andern hingegen yiBitsitfQriüB Eur. Herc. fiir. 1267 nebst 
ani(pQf3(fccv aqjijxav Kgavlvog 0g(^a(faig Hesych. (aTtitpQtj* 
(fav ä(pB2<fav Bekker An. p. 423, 22 und Suidas) aus der 
komödie Qgqfftfai^ welche im jähre 445 oder 446 v. Chr. 
aufgeführt ward*). Auch von ti&rjfAi läfst sich der aorist 
auf cTtf, i&Böa^ im böotischen aus folgenden momenten sir 
eher nachweisen. Die in einer inschrift von Lebadea C. I. 



*) Ueineke Hist. crit. com. Gr. p. 46. 
Zeitschr. f. vergl. aprachf. XVI. 6. 27 



418 Sayelsberg 

n. 1588 (und in einer zweiten von Acraephia in Ulrichs 
reisen p. 247) yorkommende form ovid-iav erklärt Ahrens 
de dial. Aeol. p. 179 »pro aviS'eav i. e. av6&7]xav*^, weil 
nach vielen Zeugnissen der grammatiker ib. p. 210 not. 6 
die Aeoler, namentlich die Böotier die 3. pers. plur. der 
aoriste, deren particip auf g ausgeht, nicht mit «cav, son- 
dern mit -V bilden, z. b. kx6(S(AYi&tv ^ Hßav etc. Ahrens 
meint nun p. 211, ävk&iav sei aus böotischem ävk&eixav 
(C. I. n. 1579. 1593) durch auswerfung des x entstanden. 
Viel wahrscheinlicher ist avi&iav aus ävi&eaav (aor. 1, 
der den wurzelvocal kurz hat wie ava&iüavrsg u. s. w.) 
mit Verlust des er, wie der conj. itavö-i (von ei^i) C. I. n. 
1596 (a. ni) v; 46 aus urspr. ^(fwvvi und ^irut ibid. v. 37 
aus urspr. ^ärccra, hervorgegangen. Einen aorist 1 i&saa 
aber sind wir anzunehmen genöthigt bei Pindar in &iif0av 
Ol. I, 64 und »iaav Pyth. II, 39. III. 38. Nem. I, 59, weil 
bei ihm gar keine periphrastische bildung der 3. pers. pl. 
mit 'üav weder im aorist, noch auch im imperfect sich 
findet, sondern stets nur iifrav na^itfrav ißav ifpvv, tiyvov 
und Eyvwv, cpdv und rld-ev^ hv, ebenso in den passivischen 
aoristen fily^v, xqi&bv, sfnx&BP^ nhäiSd'Bv. Da nun hier- 
mit obige von den grammatikern oft erwähnte regel vom 
böotischen dialekt übereinstimmt,- so müssen wir &iaav 
und &i(S<Sav bei Pindar dem aor. 1 id-^üa zuerkennen, um 
so mehr, als beiden activformen auch mediale bei Hesy- 
chius, d-idctro kvhSvaaro und d'iaaavTo mit derselben dort 
zuletzt gegebenen erklärung hvM(Savto^ gegenüberstehen. 
An die wenigen formen dieser aoriste auf ^aa reihen sich 
nun ani(pQfjtfav und ineitfifpgfjCe an, welche in ungetrüb- 
ter Überlieferung uns vorliegen. Beiderlei Überreste erhiel- 
ten sich, wenn auch in spärlichem gebrauch und wohl län- 
ger nur in dialekten, doch seit Urzeiten neben den gang- 
baren modificierten formen iö-rixav^ i7i6i(fi(pQfjX€ ähnlich wie 
vom althochdeutschen verbum wesan im präteritum der 
Singular (ich oder er) was neben pl. warun warut wa- 
run der lautwandelung in war nicht auf einmal gänzlich 
wich und nicht überall, sondern sich im niederländischen 
stets noch so (er was) erhielt. In späterer periode nach 



Uatwandel von a> in x. 419 

Alexander dem grofsen ist der indicativ regelmäßig ^- z.b. 
bei Polybius 22, 10 ü(Ti(pQi]aav — und die modi obliqui 
ausschliefslich mit a gebildet: conj. ütSq>^Ciaüiy inf. ütscf^- 
aaiy und so auch partic. üatpQYiaag (M^Ianges p. 544 — 548). 
Hiermit stimmen die modi obliqui von ^xa gleichwie von 
H&i]xa und HStoxa Qberein, welche wir bei Homer und 
sonst immer nur mit c gebildet gesehen haben, und dar- 
aus können wir den indicativ auf ca, wenn auch Überreste 
davon nicht vorlägen, sicher voraussetzen, woftkr das un- 
getrübte verhältnifs der entsprechenden aoristformen im 
sanskrit nur zur bestätigung dienen kann. Dort ist z. b. 
von der wurzel da „geben^ nicht blos der ganz gebräuch- 
liche prccativ (s. vollständig bei Schleicher compendium 
s. 546), welcher dem griech. opt. aor. 1 med. entspricht, 
sing, däsija Scotfaifitjv^ pl. däsim&hi öataaifiei^a^ mit 8 
gebildet, sondern auch der seltene indicativ aor. act. 3. sg. 
däsat (ohne augment)^) HSatxe (von dhä 3. pl. dhäsus*"^) 
(ohne augm.) i&7]xav) gleichwie der conjunctiv 3. sg. dä- 
sati***) d(üCt){<ii\ 2. du. däsathas****) StaitrjTov. Nach 
all dem ist in den drei griechischen aoristen der Über- 
gang der ursprünglichen endung aa in xa, welcher durch 
alle personen im sing, und plur. des indicativs durchge- 
f&hrt ist, als völlig erwiesen zu betrachten. 

5) Eine wichtige bestätigung ist ferner ein vierter 
aorist auf xa, der von iffttjfii aus einem dialekt sich bei 
Hesychius erhalten hat: Htaxav iattiitav „sie stellten^. 
Die glosse ist dorisch, vielleicht lakonisch, wofür Ahrens 
d* Dor. p. 103 die assimilation rr aus dt nachweist, übri- 
gens nach den eben geführten erörterungen fbr vollständig 
echt zu halten, auch -in der endung -xav aus -aav (also 

^) vom compositum ati-dä im Rigveda VIII, 1, 38: adha pläjogir 
ati das ad anjan asangö, agne, da^abhi: sahasrai: „da überbot Asanga, 
Plajoga's söhn, o Agnil andere mit zehntausend <* (näml. geschenkter ktthe 
oder dergl.). , 

•*) Rigv. Vn, 97, 6. üeber die endung -us aas -ant s. Bopp sanskrit- 
gramm. §.272 anm. 8. Vergl. lat. feceruns (statt fecemut) bei Oruter 
p. 884 n. 8. 

**♦) Naigh. II, 80. 

**^) Petersb. skr. wtb. III, 566. Von wz. dhä „steUen^ findet sich 2. du. 
conj. aor. dbäsathas Rigveda I, 160, 5 == ^tiatp-ov und 2. pl. dhäsathS 
ib. 111, 2 = ^ijcTj^rf. 

27* 



420 Savelfiberg, Uutwaadel von <r in x. 

nicht mit Ahrens in htaüav za ändern). Während das 
mit 5i8(afn ri&fjfii ifjiAi gleichmäßig durchflectirte tifrtifxi 
den normalen aorist %(nri(ta^ dor. Haraca aufrecht hielt und 
hrayia nur vereinzelte dialectform blieb, sind 'iöwxa H&ijxa 
fj'Aa frOh gemeingut aller Griechen geworden. 

6) Wir haben noch einen fünften bisher verkannten 
aorist auf xa hinzuzufügen. Von 12 bei Teos in Klein- 
asien gefundenen kretischen inschriften C. I. G. t. II n. 
3047 — 3058 vom jähre 194 v. Chr. haben wir folgenden 
gleichlautenden eingang. 

N. 3048, V. 2—5 und 3052, 4—7 : 'EnuS'n T^ioi 

ipacpifSfia xal TtQetfßevTag anifftalxav, 

n. 3058, 2—4: ^ETtsiStj Tijioi xjmcfiaua 

xal TtQHysvrävg*) anidtaXxav. 
Dieses anicTaXxav ist nicht perfect, wie Ahrens d. Dor. 
p. 287 und 328 behauptet, sondern aor. 1, wie die endung 
und ganz besonders der vulgäre aorist in 

n. 3050 V. 3 — 5 ausweist: ^Emidri Tri'Coi «jrä- 

öTtiXav xpdqjiüfia xal ngeiyevtdvg**). 
Von aTtiatBiXav war die grondform ccTtiöTslüav^ welche 
längst aus der vergleichung mit IhcBkaa und aus dem äoli- 
schen äniar^Xkav (C. I. G. n. 3640, 10), wo a sich dem 
vorhergehenden X assimilirt hat (Ahrens d. Aeol. p. 50. 
G. Curtius temp. und modi s. 287), erschlossen und über- 
dies von Hesychius überliefert ist: iartXaBv Haretlev. In 
der ältesten gestalt hatte die grundform den urspr. wur- 
zelvocal a, wie icrdltiv^ äardlö-fjv^ äffrakfiai, iaraXxa perf. 
und arakrioQ^ hiefs also äniaraXca, und dieser steht nun 
offenbar das speziell kretische dniitvaXxav am nächsten. 

* ) So hat Böckh die frühere Schreibung nQnytVTaq hier und n. 8050, 5 
auf Ahrens erinnerung nachtrttglich C. I. 6. II, 851|a verbessert. 

*♦) Eine fttnfte inschrift n. 8047, 2 — 4 weicht etwas ab durch eine 

anakoluthie der participiaiconstmction : 'Enuifi Tiiioh rf/wpiffftu tc 

xal uQtaßtvtdq dnfüToXxavxtq Ttag* dfi^^ wie solche dort abermals v. 24 

vorkommt: St6j& dte^dyovztq' Jenes particip aor. 1, nach Sherard's 

abschrift sogar antaTukirarrtq mit der endung -aavTiq, ist mit anomalem 
augment versehen, wie xavtartjadfievot in der grofsen messenischen inachrift 
V. 62 (arch&ol. anz. n. 120), iladfiivo.q von tlca und ianofitvoq aor. 2 von 
i^'ffO/ua*. 

Aachen, 13. Januar 1867. Dr. J. Savelsberg. 



Birlinger, zur dialeetforschong. 421 

Zur dialektforschung. 
I. 

1) Im jähre 1857 erschien zu Heidelberg (Julias Groos) 
^das Groüsherzogthum Baden, historisch -geographisch -sta- 
tistisch -topographisch beschrieben von A. J. V. Hennisch 
mit beigaben von dr. J. Bader'^. Wie es sich gehört, ist 
auch hier etwas über die volks&prache gesagt und man mufs 
um so mehr eich dafür intercssiren , weil Bader bei seinen 
etudien im Karlsruher reicbsarohlT, wie Moue, nach und 
nach aui die mund arten hingeführt wurde und zweitens, 
weil Baden eine so bunte sprach karte liefert, S. 287 sagt 
Bader: ^was von den Wasserscheiden des unteren und mitt- 
leren Schwarzwaldes, sodann von der Wutach, vom Kau- 
den und Bodensee nach Schwaben zuliegt^ gebort entschie- 
den dem schwäbiachen fiprachstamme an, wo dag ü und i 
die vorlaute o und e erhalten {z. b. Jout statt lAt, weil 
statt wil); was dagegen zwischen dieser linie und dem 
Rheine liegt, gehurt dem alemannischen stamme au, wel- 
cher das d und i ohne vorlaute ausspricht Im untern 
Breisgau und io der Orten au herrscht der hauptbetonuug 
nach dieselbe muudart wie jenseits im ElsaJ's; nur macht 
die gegend am Kaiserstuhl darin eine ausnähme, dais dor- 
tea das halb wie Ü klingende ü des Breisgauers in ein 
helles oi verwandelt wird z, b. hois statt hüs. Im obe- 
ren Breisgau oder Markgratenlande, im Hauenöteiuischeu 
und im Kletgau aber hat das Alemannische die schweizeri- 
sche betonung mit dem einfachen ü und i und den rau- 
hen kehlenlaüten*'. 

Zwischeu Murg und Kraich bis sjur Elsenz haben wir 
ein buntes durcheinander von fränkischem) schwäbischem 
und alemannischem. Von da ab geht das ächte fränkische 
an, das rhein fränkische, Bader theilt nun proben mit; 
wertheimisch, Odenwald iscli, pfälzisch, bruchrainisoh, karls- 
ruhiBcb, ortenauiseh, breisgauisch, markgräfisch, schwarz- 
waJdisch, hauensteinisch , baariech, koustunzisch. Wenn 
ich auch mit Baders abgränzung zwischen alemannisch 
und schwäbisch nicht einverstanden bin, so halte ich es doch 



422 Birlinger 

für pflicht den Sprachforscher auf die wenigen blätter des 
Heunisch'schen baches aufmerksam zu machen. 

2) Auffallend umfangreich ist in der Bavaria, landes- 
und Volkskunde des königreichs Baiem III. bd. 1. abth. 
die abhandlung über die mundart der drei Franken von 
dr. Haupt. Von s. 191 — 266. Der Verfasser sagt: ^es 
bleibe ihm wegen engen raumes nichts übrig, als sogleich 
in die wirklich bestehenden idiome unterzutauchen, 
um mit diesem Sprung uns aller philosophierenden und 
sprachuntersuchenden methode zu entziehen^. Althoch- 
deutsch und mittelhochdeutsch hereinziehen „gelehrtes 
beiwerk^ will er auch nicht. Daf&r haben wir einen gu- 
ten ersatz; Haupt macht uns die frankensprache klar und 
anschaulich mit vergleichung des baierischen und ober- 
pfälzischen; er scheidet scharf und klar den bamberger 
, Hochstiftsfranken von dem Würzburger Hochstifisfranken; 
endlich stellt er zu seiner darstellung, wo es nothwendig, 
das gränznachbarliche schwäbische. Hieran hat der Ver- 
fasser sehr gut gethan, dafs er die alten sprengelgränzen 
beachtete; denn diese sind fQr mundartliche Studien von 
höchstem werthe; sie wurden frühestens nui: nach nationa- 
litäten gezogen. Selbst reichsstiflte von kleinem umfang 
bilden oft gränzen. Der hochstift-Bamberger ist nach sei- 
ner lautlehre praktisch abgemacht; sodann der hochstifl- 
Würzburger; hierauf kommt es an die Hinterrhön, die ne- 
ben überwiegend fränkischem auch niedersäcbsisches und 
alemannisches haben soll. Interessant was s. 20Q ff. über 
die dialektgränzen gesagt ist; so buntfarbiges, wie in Fran- 
ken die karte früher bei reichszeiten aussah, läfst sich 
kaum wiederfinden: und in folge der vielen geistlichen und 
weltlichen herrenländer ist, wie schon gesagt, die Volks- 
sprache vielfach verschieden. Dazu kommt die den Fran- 
ken,, seit sie bairisch sind, zugesendete beamtenweit, die 
vielen aufserdeutschen elemente in Bamberg. All das be- 
einträchtigte die ächte mundart bedeutend. Zu der Ver- 
schiedenheit kommen endlich die idiome der aschaffenbur- 
ger, Würzburger Schiffer, der berühmten bamberger gärtner 
u. s. w. Die Zusammenstellung acht fränkischer ausdrücke 



zur dialektlbnchiing. 423 

(hauptwörter) 8. 224 bietet leider weniges. Die hälfte des* 
sen ist ebenso oberdeutsch überhaupt. Dagegen fehlt ein 
uralt germ. wort ädl = mistjauche, das der hochstift-Bam- 
berger merkwürdig noch bewahrt hat wie der Baier. Der 
Schwabe kennt es nicht; wol der Lechschwabe aus Baiern 
herüber. Den Franken erkennt man augenblicklich an sei- 
ner intonation, am strengen „gewesen'^; am abwerfen der 
infinitivendung; am vereinfachen der alten doppellaute etc. 
Die alte gränze Frankens gegen Alemannien fällt mit der 
der Burgunden zusammen — bis Hall, bis an den Kocher. 

3. Eine andere arbeit über die schwäbische mundart 
enthält bd. II, 2. abth. der Bavaria von Magnus Jocham. 
8. 812 ff. Der Verfasser ist ein AUgäuer und sieht alles mit 
ungemein gesunden blicken und so haben wir denn hier 
eine reihe von bemerkungen über die mundarten der bai* 
rischen provinz Schwaben und Neuburg: oder der alten 
zwei Rhätien und Vindelicien, ebenfalls ohne gelehrtes bei- 
werk. Das gebiet geht dem Verfasser vom Lech bis an 
die Hier; vom Riefs bis an die Alpen. Diese strecke ist 
ebenso buntscheckig in ihrer sprachkarte wie Baden und 
Wirtemberg. Sollte nicht der aufsatz für die Bavaria volks- 
thümlich gehalten werden, so möchte man fast dem ver* 
fasser ob seiner alten von Grimm längst verworfenen Schmel* 
ler'schen methode des dialektzusammenwerfens zürnen. Das 
AUgäu mufs eigens , das eigentliche Schwaben — das alte 
ächte (juthungische) Schwaben, — ebenso das Riefs besonders 
behandelt werden. Der Lech ist ferner nicht die gränze 
gegen Baiern; Schwaben ging so weit, als das alte bistum 
Augsburg ging — d. h. bis zum Hohenstaufen und Ell<» 
wangen und bis zum Starnberger und Ammersee; freilich 
jetzt nur mehr spurenweise sprachlich verfolgbar. Vom 
See bis Hindelang erkennt der Verfasser den schweizer- 
dialekt. Wir hätten bei seiner grofsen kenntnifs des hei- 
matlandes eine strengere abgränzung des AUgäus geboBEt, 
denn es lälst sich nationalokonomisch und sprachlich ge- 
nau eine solche aufstellen. Sodann darf achtes aleman- 
nisch nicht da als abgegränzt angesehen werden, wo ü in 
ou und i in ei übergeht. — Schon im bauernkriege weifs 



424 Biilaii0er 

man (nrkimdlicb) nicht recht anzogeben, wie weit das 
AUgäa gehe. Das ächte schwäbisch geht von der aleman- 
nisdien gräoze Sonthofen, Immenstadt bis an die pfalz- 
neubnrgische gränze, bis Laoingen, Dilingen. Angsbnrg 
ist der mittelpankt Schwabens und hat biswalen bairi- 
sche demente in seine spräche aufgenommen. Das Biefs 
ist nicht mehr rein schwäbisch wegen seiner fränkischen 
und pfillzischen einmischyngen. Die Schlagwörter bomm, 
doddabomm fbr sarg im alemannischen gebiete Baierns; 
lei als beliebtes einschiebsei „gleich^ im Riefs und spu- 
renweise am Lech; hobel im pfalznenburgischen (Lanin- 
gen) fbr sarg sind nicht zu umgehende dinge bei darstd- 
Inng dieser mnndart. Ebenso charakteristisch ist filr das 
Riels^ Nördlingen die einschiebnng des unorganischen n 
in die adj. und adv. endungen ^ig^ und die ans ag ab- 
geschwächten ig: Snnnting, Feirding u. s.w. 

4. Eine kleine fleifsige abhandlung „beitrage zum schwä- 
bischen Sprachschatz vom ord. lehrer Franz Beiser an 
der k. höhern bürgerschule zu Hechingen^ ist in dem Jah- 
resbericht von dort 1864 — 65 enthalten. Es ist vorliegendes 
ein kleiner theil „einer gröfsem sich über alle buchstaben 
erstreckenden Sammlung der in HohenzoUem vorkommen- 
den schwäbischen ausdröcke anzusehen, welche der Schrift- 
sprache nicht angehören^. Der Verfasser bringt manche 
interessante belege und zieht mitunter ältere werke herein 
z. b. Besoldi Thesaurus, Tb. Murner, Sachsenspiegel, mhd. 
olassiker, Seb. Sailer, alte Ordnungen vpn Hechingen u. s. w. 
Das alte balmont will Beiser auch noch volköblich ge- 
hört haben(?). Dnser hochd. „zu paaren treiben^ soll 
zu barn, barren abd. parno „krippe^ steheol S. 5a. 
Ueber bereu s= hervorbringen ist zu viel' gesagt, es ist 
allgemein älter deutsch. Unter bäum finden wir aus Ostrach 
die bedeutung todtensarg; ich mufs hier bemerken, dafs 
dieses nicht schwäbisch, sondern alemannisch ist; der Ver- 
fasser wird uns hoffentlich auch über die zoUerischen sprach- 
gränzen aufschlufs ertheilen. Ostrach gehört wie die dor- 
tige gegend noch dem streng alemannischen gebiete an. 
Interessant sind die zwei belege aus „schimpf und emst^ 



■Af^-'-m 



zur dialektforschang. 425 

und aas dem schweizerischen Manuel. Ich verweise auf 
unsere sseitschr. bd. XV, s. 193 ff. Belege znbeiten, beit 
8. 8a sind za gehäuft, bisen s. Ha ist ebenfalls nur noch 
dem alemannischen eigen ; ahd. pison, mhd. bisen. Desgl. 
bflrling, häufen heu s. 18 b,« wozu eine stelle aus Besold 
,,bierling oder henschochen, ein schober heu^ angefahrt 
ist. Es gehört zu bSren tragen = ein häufen heu, den 
ein mann zu tragen vermag; im obern Innthal heifst darum 
der pfähl mit qderhölzem zum heutrocknen „hoanzel- 
birling^. Burre = erhöhung a. a. o. ist acht schwä- 
bisch. Ein um Zollerisches volksthum sich viel interessi- 
render mann in Sigmaringen zog in einem localblatte die 
grftnzen also: 1) Allgäuer dialekt in Achberg (enklave), 
2) der oberschwäb. dialekt inOstrach, Ablach, die sog.Göge 
mit Habsthal; 3) der seedialekt in Hohenfels und theil weise 
in Wald; 4) der heuberger dialekt im Bärathal und ßeu- 
ron; 5) der breite Albdialekt, Hechingen; 6) der dialekt 
von Haigerloch und Glatt; 7) endlich der Wälder dialekt; 
in Wilflingen der rotweil-heubergische. — Mit ausnähme 
von 5) sind alle gegenden alemannisch. 

5) Gelegenheit bairisches und schwäbisches zu verglei- 
chen, gibt das sorgfältig ausgearbeitete Wörterbuch Lexers 
zu den Städtechroniken bd. lY, s. 358 ff. — Lexer 
hat fbr seinen Standpunkt genug gethan: denn es sollen 
die formen und werte der im 4. band enthaltenen Chroni- 
ken auch dem nichtkenner der sprachl. Übergangszeit vom 
14. — 16. jahrh. vorgelegt und zusammengestellt werden, 
weil doch einmal unsere zeit register Ober alles haben 
will; ein buch, ohne inhaltsverzeichnifs, sachlich und gram- 
matisch-lexicalisch, wird gerne bei seite gelegt. Allein bei 
dem gegenwärtigen stände der Sprachforschung, wo die 
dialekte der deutschen Sprachdenkmäler so genau erforscht 
werden, dürfte nicht unterlassen werden, so andere, denn 
schwäbische merkmale — besonders bairische vorkommen, 
sie zu kennzeichnen mit einem wort oder stemchen. Denn 
die bairischen Urkunden, die chronik (s. 177. 199 ff.) von 
Wahraus u. s. w. müssen doch einem Sprachregister eine 
doppelförbung geben und mancher meint augsburgisches 



426 Birlinger 

deutsch zu haben, w&hrend es streng bairisch ist. Nun 
zum einzelnen. Aftermentag (359) ist acht augsb. schwä- 
bisch: zetstig, deistig zeigt alemannische spuren. Es scheint 
der zinkult hier viel früher aus der erinnernng geschwun- 
den zu sein; bei den hartnäd^igen nacbbarn der Jutungen, 
den näehstverwandten Alemannen, erhielt sich der alte gott 
im dritten Wochentage bis heute. Affen6ald ist schon bai- 
rische form: b für tr. So schreibt kein Schwabe. Der 
cgm. 344 f. 135b: dö pran ain fewr am äffen wald; noch 
im 10. und ll.jahrh. soll die stelle Waldesgrund gewesen 
sein. Haid, bist, nachweise, Augsb. 1833. Antlafstag 
(360a) ist wieder dem augsb. Schwaben fremd; es ist acht 
bairisch. S. 361 ist der Wechsel des b und to in der laut- 
lehre erwähnt und aus Wahraus belegt: also nicht schwä- 
bisch. Der schon mehrfach erwähnte auch noch im 16. Jahr- 
hundert in kellermeistereien genannte passauerwein hat 
seinen namen wirklich von Passau; das stift hatte die be- 
sten meraner weine als zehenten und Ton Passau aus ging 
er nach dem übrigen Süddeutschland hinaus. ( J. V. Zin- 
gerle). Derreifsen (367a) ist nur bairisch; Schwaben 
kennt das praefix der nicht; wo in den nibelungenhand- 
schriften der Torkommt, ist kein schwäbischer oder ale- 
mannischer Schreiber im spiele. Bei geschiesz wäre mein 
augsb. wb. zu benutzen sehr nahe gelegen, weil ich dort ei- 
nen sehr alten beleg beibrachte, oder das mhd. wörterb* 
Bei der compositionssilbe -leich (384 a) mufs noth wendig 
bairisches lautgesetz hervorgehoben werden. Zu rais will 
ich das rotweilische stabrais = ausmarsch innerhalb des 
gaues, des reichsstädtischen bezirkes, nennen, schlems 
= schief erscheint hier auffallend als schwäbisch. Ich fand 
es aufser der alemannischen rotweilischen heimat in Schwa- 
ben nicht. Ich habe im zweiten beitrag zum rotweiler 
stadtrecht (Herrig s archiv bd. 38, s. 351) beispiele beige- 
bracht. Ebenso ist zu Wortzeichen (399a) das dort 
s. 359 gesagte zu vergleichen. 

6. Bei dieser gelegenheit füge ich noch bei, dafs Bene- 
dikt Greiff in dem gymn. programme (1864 — 65) von St. 
Anna in Augsburg, dem Bertholt von Regensburg 



znr dialektfonchung. 427 

zomathet, er hätte die meisten seiner predigten im Dom 
2SU Augsburg gehalten; nach dem ganz verfehlten unkun- 
digen beweise mit den heiligen, stellt Greiff s. 9 ff. einige 
ausdrücke auf, die „ihn als Schwaben verraten sollen^. 
Das wort kar = irdenes gefäfs, kachel ist acht augsbur- 
gisch und kommt vor, soweit das alte bisthum ging, bis 
an den Ämmersee. unfuore ist allgemein; wie es kar 
früher sicherlich auch war. waehe ist allgemein mittel- 
hochdeutsch, heute noch alemannisch, taetelin (macula) 
ist wieder allgemein süddeutsch. Heimgarten läfst sich 
kaum mehr localisieren. belangen ist schwäbisch, be- 
▼orab alemannisch. Bruder Berthold war reiseprediger 
und war in seinen predigten auf gleicher stufe mit den 
guten dichtem der höfischen zeit, was die spräche anlangt. 
Er kann darum weder in Regensburg, noch in Aleman- 
nien, noch in Schwaben localisiert werden : er ist vollkom- 
men der allgemein über den dialekten stehenden höfischen 
spräche meister. 

7) A. F. C. y ilmar's interessantes literarhistorisches 
schriflchen „zur literatur Johann Fischarts^ hat 
die zweite aufläge erlebt. Frankfurt, Völker 1865. S^ 
50 ff. bespricht Yilmar Fischart's Orthographie, die 
in drei perioden zerfällt. Wir erfahren hier, dafs Fischart 
nie wo, sondern wa geschrieben; k hat er wie seine lands- 
leute 1 — 2 jahrh. früher durchaus, hie und da mit ö gege- 
ben. Altes ai (mhd. ei) bleibt haften; wechselt aber in 
den von 1578 — 81 herausgegebenen Schriften mit ey. Pi- 
ctorius gebraucht ey stets für i; ei ßXr ai. i ist längst 
zu ei geworden bei F. Merkwürdigerweise haben wir auch 
bei ihm das schon in elsässischen denkmälem seit 200 jäh- 
ren vorbereitete i der reduplicierenden verba hilt, ging, 
stifs u. s. w. die predigtmärlein, der cgm. 6 (1362) haben 
schon 1. Dehnungs-h wirft Fischart aus. Im anlaute aber 
stets th: thail, thuch, thun u. s. w. Fischart schreibt 
noch durchgängig me statt des spätem mehr. 

8. Einen interessanten beitrag zur künde des alemanni- 
schen gibt W. Wackernagel „sechs bruchstücke einer 
nibelungenhandschrift etc. Basel 1866 (Georgs ver- 



428 Birlinger 

lag). 4. Wackernagel nimmt an, dafs der abschreiber ein 
gutes mittelhochdeutsch des 13. jahrh. vor sich gehabt 
habe; die Umschreibung in die eigene mundart überwog 
doch bei weitem. — Abgesehen von der feststellung einer 
wichtigen lesart haben die bruchstficke manchen interes- 
santen beitrag zur alemannischen grammatik geliefert, a 
geht nie in 6, wohl aber in au über: es ist das ein laut- 
Wandel, der noch seiner physiologischen und historischen 
erklärung harrt; er erscheint als die mittelstufe, Ober welche 
das ä noch tiefer hinab in jenes dumpfere 6 sinkt. W. 
setzt das au = ä als ausartung hin, die nicht vor der 
mitte des 14. jahrh. nachgewiesen werden kann. — Auf 
der andern seite finden wir hier eine reihe der alterthüm- 
liebsten laute, laute wie noch im elften jahrh. festgehalten 
recht nach der eigenheit aller mundarten mit dem einen 
fuls noch über die Schriftsprache hinaus in Verarmung und 
verderbnifs fortzuschreiten und zugleich mit dem andern 
weit jenseits auf einem Standpunkte zu verharren, den 
diese längst schon überwunden hat. — Wir begegnen hier 
jenen vollem vocalen statt der stummen e, die noch vor 
dem höfischen deutsch üblich waren: ein hauptmerkmal 
der alemannischen mundart. Das alem. dort lebt heute 
noch, uns, unser desgleichen als is, iser, weil das All- 
gäu keinen nasal will. — sw ist hier noch in der alten 
reinheit; dagegen wieder sohl, sehn; schm kommt zu- 
fällig nicht vor. cht für ht ist fast überall gesetzt, g 
für j kehrt ebenfalls acht alemannisch wieder, ir als be* 
sitzwort wird decliniert. 

Einer entdeokung dürfen wir nicht vergessen. S. 38 
sagt W. bei erwähnung des Überganges betonter kürzen 
zu gedehnter ausspräche: „es steht aber, um einen dieser 
Yoeale besonders hervorzuheben, die Verlängerung des ur- 
sprünglich kurzen a in einem organischen wechselbezug zu 
der diphthongierung des ursprünglich langen, die wir gleich 
werden kennen lernen: die eine tritt in Verbindung mit der 
andern und wie um derentwillen ein, ganz entsprechend ' 
dem jetzigen verhltnifs zwischen alemannischem ä und 6: 
wo ip der Schweiz es noch kurze a nach alter art gibt. 



zur dialektfonchung. 429 

behauptet ebenso das lange die alte reinbeit des lautes; 
wo aber das letztere zu ö geworden, ist jedesmal das er- 
stere ged^nt^. Die Schwarzwaldalemannen haben für 
ä — ao (Baar) und sprechen doch die alten kürzen. Die 
Verdoppelung des consonanten (s. 38) ist sicher einer an- 
dern erscheinung zuzuschreiben : es sollen die alten kürzen 
damit angedeutet werden (gesattelot, Tatter, pitten, mitte, 
▼ermitten u. s. w.). An position im alten sinne dachte hier 
niemand mehr. 

9. Seit Schmellers arbeiten über die sogenannte cimbri- 
sche spräche ist mir nichts von bedeutung mehr bekannt 
geworden. Da erscheint in der Zeitschrift des Ferdinan- 
deums IQ. folge, 12. heft s. 90 ein aufsatz: „Die deut- 
schen colonien im gebirge zwischen Trient Has- 
sane und Verona von Fr. von Attlmayr**. Der Ver- 
fasser ging nicht zum behufe Sprachstudien zu machen 
dorthin (1862), ist aber alsbald auf dieses gebiet von selbst 
gekommen. Sprachlich sind wir im gründe genommen 
nicht viel weiter gelangt denn Schmeller; geographische 
notizen erhalten wir hier sehr viele neben culturhistorischen 
nachweisen, was Schmellern bei dem kurzen aufenthalte 
nicht am herzen zu liegen schien. Dieses und des kun- 
digen Verfassers hinweisung auf die ähnlichkeit der soge- 
nannten cimbrischen spräche mit der des Pusterthaies und 
Etschlandes ist von greiser bedeutung. Da ist er über 
Schmeller hinausgegangen. Andere notizen bestätigen 
Schmellers vermuthungen wieder, v. A. bespricht sodann die 
verschiedenen hypothesen über abstammung der deutschen 
gemeinden. Er kommt zu dem resultat: hat die Verbin- 
dung mit dem deutschen gesammtkörper in der vorzeit 
wirklich bestanden (Schmeller) und ist sie im 12. 13. Jahr- 
hundert unterbrochen worden — wenn die ähnlichkeit der 
spräche mit Deutschtirol erhellt und sich insbesondere nach 
500 Jahren heute noch aü die dialekte des Pusterthaies 
und Etschlandes anlehnt — so drängt sich wohl von selbst 
der gedanke auf, dafs die bojoarischen einwanderer zur 
zeit als sie von norden her bis Salurn und Lavis vorrück- 
ten und die romanischen einwohner theils nach Enneberg, 



430 Schmidt 

Gröden und Fassa, theils über das rechte Etschufer unter 
Deutschmetz zurückdrängten, — wie man gewöhnlich an- 
nimmt, um die hälfte des 6. jahrh. als diese gegenden durch 
die 18jährigen mit dem Verluste von millionen menschen- 
leben so unglücklich geführten kriege der Ostgothen wider 
Belisar und Narses ohnedies völlig entblöfst und entvöl- 
kert waren — dafs, sagen wir, die bojoarischen einwan- 
derer wohl auch noch einen schritt weiter über Salum 
und Lavis hinausgemacht und die südlichen ausläufer des 
gebirges an der ostseite der Etsch besetzt haben dürften« 
München« Dr. Birlinger. 



üeber einige numeralia multiplicativa. 

Unser deutsches multiplicatives -falt, got. -falth-s, 
welches nur in Zusammensetzungen wie ain-falth-s und 
manag-falth-s erscheint, wird in der regel mit ahd. falt 
m. plica, nhd. falte identificiert. Dies thut auch Grimm 
wörterb. III, 1297. Und allerdings mag der schein ver- 
locken ihm beizustimmen. Es finden sich ja für diese er- 
klärung mehrfache analogien, so gleich im deutdchen das 
erst später neben ein-falt u. s. w. auftauchende ein- 
-fach, welches Grimm zu mhd. vach plica zieht (wörterb. 
ni, 1221), ferner lat. -plic- neben plicare (Curtius gr. 
et.' s. 351), griech. Si-nXa^ doppelt neben ^rAäxetr (Curtius 
s. 151), endlich Si-Ttrvxog. 

Untersuchen wir jedoch die lateinischen und griechi- 
schen bildungen auf -plio-, -Ttlax- einmal genauer. Sim- 
plec-s, du-plec-s, tri-plec-s, quadru*plec-s u.s.w. 
sind deutlich abgeleitet aus den gleichbedeutenden sim- 
-plu-s, du-plu-s, tri-plu-s, quadru-plu-s u. s. w. 
An das suffix -plo- trat das erweiternde c wie in caud- 
-ec-s aus cauda, sen-ec-s aus seni- (vgl. gen. sSnis) 
oder seno- (vergl. lit. senas alt, senäre, senätus, Se- 
nium), *üm-ec- (erschlossen aus ümec-to) aus ümo* 
(zu gründe liegend in üm-or, üm^-idu-s, üm-ßre), 



ttber einige numeralia multiplicativa. 431 

dent-ec-s aus dent-, cul-ec-s aus cüla- (verf. die 
Wurzel Ak, s. 52). Ganz ebenso verhält es sich mit den 
griechischen Si-nXax^ und rgi-nlax- zweifach, dreifach. 
Sie sind von den gleichbedeutenden formen Si-nlo-g und 
^TQ&^nXo'g (letzteres unbelegt, dagegen erscheint noch 
a^nlo^g) mittels des secundärsufBxes -ax- abgeleitet, wie 
ßwl-aX' erdschoUe vom gleichbedeutenden ßwXo-y Uy^-^aX" 
steinig, hart von Uö-o-^ ßcSfi-ax- kleiner altar von /9(?/io-, 
SitpQ'ax' sitz^ stuhl von SiffQO^ u. a. (s. L. Meyer gr. II, 
513). Die gebräuchlicheren anXovg^ Smkovg u. s. w. sind 
aus den zu gründe liegenden ankog, SinXog durch anhän- 
gung des sufiSxes -ja- hergeleitet, dessen j zwischen den 
beiden vocalen schwand wie in den verben auf -ä(u, -aio, 
-001 = skr. -ajämi, im gen. sg. der männlichen a-stämme 
innov aus tnnoo^ innoio u. a. Erhalten hat sich das j, 
durch den beliebten Vorschlag von 8 gestützt (Curtius gr. 
et.* 556 ff.), in Si^nld-Sio-g, ion, di^nli^-dLo^g , welche frei- 
lich wie die äolischen patronymica auf ^aSiog von dem 
femininum entsprungen zu sein scheinen. Das suffix -^to- 
scheint aber Oberhaupt den vocal a vor sich zu lieben, 
vgl. z. b. 8ix&aSio-g ^ xaTako<pd-Siay XQVTtrd-dio-g, (aivvV" 
r^d-Sio-g^ xaroDfid^SiO'g , ivioTtd-äio-g. Warum L. Meyer 
(zeitschr. VII, 212) Sfi-TtXofog schreibt, sehe ich nicht ein. 
Femer sind auf das einfache di-nlo-gj *rQi'nX6'g zurück- 
zuführen Si^nld-aio-gy rgi^nkd^aio^g, ion. öi-ffilrj-aio^g, tqi^ 
-nXri^öi^'g^ welche das suffix skr. -tja- (Bopp vergl.gr. 
in, s. 431) enthalten; wie kv^d-aio^g Hes. saxf 'iv&a^ ^I&a" 
xri-aio-g auf 'Iß-dxrt^ '^fABirt^-Gio-g (Aesch. Ag. 22) auf w^QV^ 
so weisen diese bildungen mit -nkd-aio^gy 'TtlTj-aio-g zurück 
auf die substantivierten feminina St-nXri^ tgi-nlrj, Yergl. 
auch unten Si^ffd^aio-g, rgi-cfd-ato-g. 

Wir haben also -plo-, -nlo' als bildungselement der 
mnltiplication im lateinischen und griechischen gewonnen, 
das selbe findet sich auch in einer, freilich ganz vereinzel- 
ten spur auf germanischem gebiete in got. tvei-fla-, wel- 
ches nur Skeir. II, c vorkommt in tveifl atdrau8,ob 
daher der nom. als tveifl-s m. oder tveifl n. anzusetzen 
sei, ist nicht zu entscheiden, vgl. ahd. zwi-fal m. n. zwei- 



432 Schmidt 

feL Diese entBprechen laut für laut den eben behandel- 
ten du-plu-s für *dvi-plu-8, griech. di-nXo-g für *J>rt- 
7iX6-g. Der zweifel ist also, wie in ahd. zweo, zweifei = 
altbulg. dvoj, dvoje = öoiog = skr. dvaj4 adj. zwei- 
fach, subst. n. doppeltes wesen, falschheit, als die unent- 
schiedene doppelheit bezeichnet. Genau dieselbe Torstel- 
long liegt, wie sich unten ergeben wird, dem lat. dubios 
zu gründe. Das Ton tveifla- abgeleitete adj. ^tveifl-i, 
ahd. zwi-fal-i alts. tvt-fl-i dubius, zweifelhaft wäre also 
formell mit *8j:i'nXo'jo'g identisch. Beiden nahe steht das 
in den XII, tab. vorkommende dupliön- m. das doppelte, 
welches aus duplo- entstanden ist wie seniön- die zahl 
sechs aus seno- (s6ni); dupliön- : duplo- = lu- 
diön- : ludo- =s sanniön- : sanna s= got. fiskjan- : 
fiska- u. a. 

Sehen wir uns nun im sanskrit nach einem anhalte 
fbr lat., gr. -plo-, got. -fla- um, so kann zunächst nicht 
in frage kommen vära-, welches den sinn von „mal^ hat 
z. b. in eka-vära-m adv. nur einmal, auf einmal, weil 
wir eine Verhärtung von v zu p, welche Christ gr. lautl. 
236 annimmt, indem er -per in paullis-per = vära 
setzt, nicht zu geben dürfen. Eher zulässig wäre eine Ver- 
bindung mit pära entfernter, jenseitig, welches auch be- 
deutet „mit einem Überschüsse versehen^ z. b. p&rä 9a- 
täm Bämaj. 2, 70, 29 mehr als hundert. Den lat. sim- 
-plo-, du-plo- entspräche dann (abgesehen von der dif- 
ferenz zwischen sim- sss sama- und €ka) ved. eka-para, 
Rv. X, 34, 2 aksasja ekaparäsja eines würfeis, bei wel- 
chem ein äuge den ausschlag gibt, und dvä-para der 
Würfel oder die Würfelseite, welche mit zwei äugen be- 
zeichnet ist (s. petersb. wörterb.). Letzterem geben auch 
Amaraköäa u. a. die im petersb. wörterb. nicht belegte be- 
deutung zweifel, so dafs dann ein enger Zusammenhang 
mit got. tveifla- hergestellt wäre. Die Verkürzung von 
para- zupra-, plo- am ende von compositen würde keine 
Schwierigkeit machen, allein die bedeutungen von dvä- 
para und duplo- sind nicht so leicht zu vereinigen. Ich 
ziehe daher vor skr. kälÄ zu vergleichen, welches am ende 



aber einige numentUa moltiplicativa. 433 

von compositis erscheint^ as. b. 6ka-k&la-m adv. nur ein- 
mal am tage, eka-k&l-ika (vgl. sim-pli-c-) nur einmal 
stattfindend, tri-kfila*m dreimal. Das wort erscheint 
auch mit kurzem a in tri*kalä nom. pr. einer göttin, die 
aus der Verbindung dreier götter hervorgeht, ferner in sa- 
-kala, welches das ganze bezeichnet als das eiotheilige 
(sasssam, lat sim-, sem- a^griecLer), d.h. ungetheilte^ 
einfache. Man wird also käla die theilbare zeit mit kälfi 
kleiner theil eines ganzen verbinden dürfen, wie. ja auch 
vftra, welches- sonst im sanskrit unserem „mal^ entspricht, 
ursprOnglich nur „zeit'' bedeutet. loh setze nun sa-kala- 
=ss sim-p(u)lo-, tri-kala =s tri->p(u)lo-* was im fol- 
genden zu begründen ist. käI4 wird nämlich im gotischen 
hveila; über die mischung der a- und i-reihe vgl. Schlei- 
cher zeitschr. VII, 221 ff«, ich füge hier den von Schleicher 
gesammelten beispielen nur noch einige hinzu: ahd. feil, 
feili venalis neben nord. fal venalis, fala feilschen, 
handeln, Graff III, 495 bietet auch im althochdeutschen 
einen nom. plur. fall venales, diese worte gehören zu 
nig-w^-fAi u. s.w.; femer got. *aika, erhalten in af-aika 
a^voi}fia^ = skr. äha dixit, lat. a(g)jo, ad-äg-ium; ahd. 
sweif := aoßri för *afoßi]; got. us-ki-j-an, kein-an sä 
skr. ^ä*ja*tä, WZ. ga, gan; ags. thrtst, thrtste, nhd. 
dreist = skr. dhrdta, wz. dharä. Das v, welches sich 
in hveila entwickelte, verband sich mit dem gutt. in be- 
kannter weise zu p, got f. So ward kala- zu lat. *-pülo- 
und dies zu -plo- wie mänipülus bei dichtem zu mä- 
ntplus, das alte discipulina Plaut. Most. 154 zu di- 
sciplina u. a. lieber lat; p sss urspr. k vgl. Corssen krit. 
nachtr. 29. Entsprechend ward griech. »TtoXo' zu -;eAo-, 
got. -fala- zu -fla-; in ahd. zwtfal ist das a wohl kaum 
als aus der urzeit bewahrt zu betrachten^ verdankt viel- 
mehr dem häufigen vocaleinschube seine existenz; vergl. 
ahd. bittar, got. baitrs, nord. bitr*). Sim-plu*s, du- 



*) Der labial in altbaktr. bi-fra zwiefach, zweifelhaft (belegt ist nur 
a>bi-fra gewifs), welches ich früher Übersehen hatte, bestimmt mich jetzt 
(jull 1867) die erste erklärung von -plo- =s skr. para für wahrscheinli« 
eher zu halten. 

Zeitschr; f. vgl. sprachf. XVI. 6. 28 



434 Schmidt 

-plu-s u. 8. w. bedeuten also ursprünglich eintheilig, zwei- 
theilig. 

Mit den analogien für die eingangs erwähnte erklä- 
rung von got. -falth*s ist es also ziemlich schlecht be- 
stellt, denn auch die noch übrigen zwei sind unsicher. 
Öi-TiTv^o-g bedeutet bei Homer nur doppelt gefaltet, tgi- 
-TiTvxo-Q aus drei schichten oder lagen bestehend, und erst 
die tragiker gebrauchen sie im sinne von zwiefach, drei- 
fach. Ferner unser -vach erscheint erst im mittelhoch- 
deutschen, und zwar zum theil noch vom zahlworte ge- 
trennt als selbständiges Substantiv: da3 verraten ist drier 
vacher Ls. I,*435 (s. Grimm wtb. III, 1221), ist also eine 
ganz junge bildung, von welcher durchaus kein zwingender 
schlufs auf jene alten formen gilt. 

Gehen wir nun an die Untersuchung des got. -falth-s 
selbst. L. Meyer zeitschr. VIII, 130 stellt -;ra| in a-;ra|, 
lat. -plec- (richtiger doch -plic-) deutsch -fach, -falt 
und got. falthan alle zu skr. park, praes. prnäkti, con- 
jungere. Falt hau soll also aus *falhthan entstanden 
sein. Als beleg für den ausfall des h fahrt L. Meyer wei- 
ter nichts an — als lat. ultus aus ulctusl Man mufs 
aber ganz entschieden die möglichkeit dieser erklärung 
verneinen. Skr. park hätte allerdings got. falh zu lau- 
ten, und in dieser form hat sich die wurs^el im kärntischen 
falcbe falte (s. Lexer kämt, wörterb.) erhalten. Tritt nun 
irgend ein dental, gleich viel ob t, d, th, sei es als wur- 
zeldeterminativ, sei es als anlaut eines Suffixes hinzu, so 
muls nach allgemein anerkanntem gesetze h+ dental zu 
ht werden, also würde falht oder mit der häufigen Um- 
stellung flaht entstehen, und so liegt uns die wurzel al- 
lerdings vor in flahtöm dat. pl. nXiyfiaau Aber falthan 
beweist eben durch sein th unumstöfslich, dafs es kein h 
verloren hat, in welchem falle es *faltan lauten müfste 
(wenn man die möglichkeit, dafs h im gotischen so aus- 
fallen kann, überhaupt einräumen wollte). Aufserdem aber 
sind für erklärung deutscher worte stets die nächst ver- 
wandten sprachen, slawisch und litauisch, zu berücksich- 
tigen^ welche hier in den meisten fallen von gröfserem wer- 



ttber einige numeralia multiplicatiira. 435 

the fflr die wortdeutaog sind als irgend eine leicht herbei- 
zuziehende sanskritische wnrzel. Das slawische bietet nun 
plet^, inf. ples-ti pleotere laut f&r laut entsprechend dem 
got falthan. Auch flir das slawische ist bis jetzt der 
ausfall eines k vor t noch nicht nachgewiesen. Will man 
also got. falthan und altbulg. plet^ durchaus mit plec- 
tere zusammenbringen, so mufs man den verlust des k 
in die slawo- deutsche grundsprache verlegen. Doch ver- 
lieren wir uns nicht in unnütze hypothesen und kehren 
wir zurQck zu got. falth-s, fbr welches wir also, ebenso 
wie f&r falthan, den verlust eines h vor th leugnen 
mQfsen. 

Auch hier bieten die nordischen sprachen uns hilf- 
reiche band. Im litauischen wird „maP bei zahlen durch 
karta-8 ausgedrückt, ven^ kärt^ einmal, du kartü 
zweimal, tris kartüs dreimal u. s. w. (Schleicher lit. gr. 
s. 154). Ihm entspricht bis auf den stammauslaut genau 
altbulg. kr atü in däva kraty bis, tri kraty ter u.8.w., 
poln. krod, welche Bopp (vergl. gr. U, s. 100) mit dem 
vedischen krtu in pänKa kftvas f&nfmal u.a., und krt 
in sa-krt einmal verbunden und auf wurzel kar facere 
zurückgefQhrt hat. Zu diesen gesellt sich nun got. falth-s, 
welches mit Vertretung von urspr. k durch f, wie in fimf, 
fidv6r, vulfs u. a., aus urspr. karta entstanden ist. 
Curtius (zeitschr. f. d. alterthumsw. 1847, p. 491 -und 1849, 
p. 344 und n. jahrb. f. philol. und päd. 1854, s. 93 f.) setzt 
das oskische pert, welches zahladverbia bildet, mit kär- 
tas, kratü, krtu gleich; ist dies richtig, so läge hier auf 
italischem boden derselbe labialismus vor wie im goti- 
schen; vgl, indes zeitschr. V, 107; XIV, 420 ff. Was nun 
den stammauslaut von got. -falth- betriffi;, so erscheinen 
die damit zusammengesetzten ain-, fidur-, taihuntai- 
hund-, manag-falth meist in dem ebenso lautenden 
acc. sg. neutr., auiserdem nur ainfaltha-ba Skeir. III, c 
und s6 managfalthö handugei guths Eph. 3,10, der 
stamm ist also deutlich -faltba- und schliefst sich mithin 
eng an lit. kärtas an. Das deutsche unterscheidet sich 
von den verwandten sprachen dadurch, dais es zusammen- 

28* 



436 Schmidt 

uetzung eintreten liefs, wo diese beiden Worten ihre Selb- 
ständigkeit wahrten. Einen anlauf hierzu macht schon das 
Sanskrit in seinem sa-kft. Aach ein lit* ""ven-karti-s 
wäre ganz dem Sprachgeiste gemäfs. Der Übergang der 
bedeutung von ein-, zwei- a. s. w. -malig in einfach, zwie- 
fach, d. h. eintheilig, zweitheilig darf nicht befremden, um- 
gekehrt liegt er vor im altnordischen, welches skipti theil 
zur bezeichnung von „mal^ verwendet, z. b. hit fyrsta 
skipti das erste mal. 

Eine andere noch nicht genügend betrachtete reihe 
von numeralableitungen schliefst sich an die sanskritischen 
zahladverbia auf -dhä dvi-dhä, tri-dhä u. s. w. Dafs 
diese mit griech. 5/-;^«, rgi-xci^ ^^^X^i ^P^-;^^) identisch seien, 
ist längst allgemein anerkannt (s. Bopp vergl. gr. II, 101). 
Eine auffällige Übereinstimmung zeigen noch skr. katidh& 
an wie vielen orten und das gleichbedeutende noaa^x^ 
(grundform katja-ghä). Da gutturale oft in dentale 
übergehen, das umgekehrte aber wohl nur durch folgende 
consonanten bedingt stattfindet, so hat man als grundform 
des Suffixes -ghä anzusetzen, welches wohl ein instr. sg. 
eines Stammes auf -gha ist. Wir nehmen also die stamme 
urspr. dva^gha, tri-gha u. s. w., griech. 5t-;^o-, tgi^x^ 
an, auf welche auch die adverbia dix^g, Tgi^o^g u. s« w. 
führen, und suchen ihre Verwandtschaft in den anderen 
sprachen auf. Im altbaktrischen wird urspr. gh unter an- 
derem durch z vertreten (vgl. Schleicher compend.^ s. 191), 
und so finde ich denn in thri-z-at n. drittel und thri- 
-z-vat dreimal das fragliche suffix. Beide worte sind aus 
einer zu gründe liegenden form *thri-2a-, jenes durch 
anhängung von urspr. -ant, neutr. -at, dieses von -vant, 
neutr. -vat, hervorgegangen. Justi (handb. der zendspr., 
grammatik §. 321) führt unter den secundärsuffixen auch 
-ant auf mit der bemerkung: „aus vant entstanden^, ich 
habe aber nicht die kühnheit ihm beizustimmen. Wie 
thri-z-vat zu dem vorausgesetzten thri-2a, so verhält 
sich thri-vaiit dreifach, dreimalig zu tbri. Das zend 
bestätigt also unsere annähme eines ursprünglich guttura- 



ttber einige namenüia multiplicativa. 4-57 

len elementes im Buffixe, eine fernere stütze wird ihr wei- 
ter unten aus dem litauischen erwachsen. 

UrsprOngliches gh wird aber im griechischen auch zu 
(p (Schleicher comp., Curtius gr. et.^, s. 423 f.), und so 
sehe ich in 8i-(fd*Gio^q, rgi^rpa-aio-g abermals unser suffix 
*gha. Wie nämlich iv^d-aio-g Hes. Ton h&a^ äi-nld- 
-^uo^g von SmXo- oder Si-nlrr, ngv^vr-aio-g von Ttgvfivfj 
mittels suff. -(Tio- ass skr. -tja- gebildet sind, so J^(jpa- 
-iT*o-g, TQi'(fä'Oio-g von *Si'(pa, *TQi-(fa. Sie drangen 
dann auch in das lateinische ein, wo sie mit Wandlung 
von 8 zu r als bifarius, trifarius so geschickt roma- 
nisiert wurden, dafs man ihren fremden Ursprung völlig 
vergals und nach ihrer analogie auch ein multifarius 
bildete. «Das suffix "ötu ss tja trat an den instr. sg. öi-rpa 
s3 Si-'X^x = dvi-dhä, wie in skr. amä-tja- bausgenosse 
von amd daheim, iv&d-aw'g von h&a, skr. ihä*tja- von 
ihÄ, tatra-tja von tatra, in welchen sicher auch er- 
storbene casus vorliegen ; vgl. ferner tadÄ-nim, idi-nlm 
u. a., die Benfey ausf. skr. gramm. s. 238 als weibliche no- 
minalaccusative erklärt, welche von tadÄ, idä abgeleitet 
sind. 

Andererseits finden sich aber ableitungen aus urspr. 
dva-gha-, tri-gha- u. s. w., wie wir jetzt sehen werden, 
in allen indogermanischen sprachkreisen. Im griechischen 
trat an die stamme Si^o-^ Tgi^o- das suffix urspr. -ja-, 
und *SixJo^ *TQixJo wurden mit wandelung von yj in aa 
oder TT (worüber Curtius g. e.* 596 ff. zu vergleichen) zu 
dufffog, diTTog, rgiaaogy TQiTVog, Diese formen erklären 
Benfey (zeitschr. II, 220) und Curtius (g. e.^215) aus *dfi- 
-rfo-g == skr. dvi-tfja-s und *rpf-T/o-g = skr. tr-tfja-s. 
Lautlich steht dieser aufifassung nichts im wege, denn rj 
wird bekanntlich ebenfalls zu aa^ tr^ wie aber lassen sich 
die bedeutungen „der zweite, dritte^ mit „zwiefach, drei- 
fach** vermitteln? Ferner weisen die ionischen formen öi- 
|d^', TQi^og wohl auf unsere ansieht hin. Das | liefse sich 
zwar auch aus ursprünglichem dental -j-cr erklären, wie in 
dkaTtd^a^ nolBiti^iOy nai^ov^icci von dXotnd^fa^ nokefAi^w, 
nai^o). Indessen wird man auch vom rein lautlichen ge- 



438 Schmidt 

sichtspunkte die erklärung Torziehen mfissen, welche am 
wenigsten unursprünglicbe lautwandlongen voraussetzt. Da- 
her hat denn früher Benfey (im griech. wz. lex. 11, 219, 260) 
und nach ihm Grafsmann (zeitschr. XI, 25) mit Tollem 
rechte *8ixJog, *TQtxJog als grundformen angesetzt. Wie 
der stamm gham in altbaktr. zem, lat. humus, griech^ 
Xcef^ai^ lit. 2em^, altbulg. zemlja durch ein parasitisches 
j zu *ghjam wurde, welches im griechischen durch ;^i9a;r, 
stamm x^ov- (aus *xSjofi^ ^X^^f^y *X^^f^) vertreten i«t, im 
Sanskrit aber durch assibilation und dadurch bedingte Ver- 
härtung und hauchentziehung der aspirata sich in kdam 
verwandelte (vgl. Kuhn zeitschr. XI, 310, Grafsmann XII, 
94; für kä aus kj bringt auch Weber zeitschr. X, 463 
anm. zwei beispiele), so mOfsen wir annehmen, dafs dva- 
-ghja-s sich zu *dvaksas umgestaltete, welches dann 
durch das ionische Si^og repräsentiert wird. Aber auch 
die andere nach x beliebte Vertretung des j durch & fin- 
det sich in Stx^cc, rgixO'd^ Tsvgax&cc, welche sich, wie 
Curtius (g. e.* s. 604) bemerkt, zu Sixa^ TQixfx, tiTgaxot 
verhalten wie vardriog zu varatog^ Xoia&iog zu loia&og. 
Wir haben also die reihe *dva-ghja-, A^o-, Six^o^ ge- 
nau entsprechend der obigen reihe *ghjam, ksam, x^ov-. 
Unsere erklärung wird aber noch durch die verwandten 
sprachen gestützt. Im lateinischen entspricht dem diaaog 
laut flir laut du-biu-s för *dvi-b-iu-s (vgl. du-plu-s 
aus dvi-plu-s). Es ist freilich nicht mehr zu ersehen, 
ob dvi-dha- oder dvi-gha dem worte zu gründe liegt, 
denn im lateinischen wird bekanntlich sowohl gh als dh 
durch f, inlautend durch b, vertreten. Ich denke diese 
erklärung bedarf gegenüber der von Curtius (zeitschr. XIII, 
397) gegebenen von du-bi-u-s als zwiegehend (dva-H 
WZ. ba = ga gehen) keiner weiteren empfeblung. Ferner 
entspricht dem lat. dubius u. s. w. ganz genau altbaktr. 
dvaidi acc. sing, neutr. zweifelhaftes, welches nach Justi 
nur in dieser form an einer einzigen stelle belegt ist. Hier 
liegt, wie in skr. dvi-dha, die dentale aspirata vor. Was 
den Stammauslaut betrifft, so hält Justi das i für ursprüng- 
lich, denn er führt die form bei der declination der i- 



ttber einige numeralia multiplicativa. .^39 

Stämme (gramm. §. 536) an. Der mangel des m könnte 
allerdings hierfür sprechen, befremden mufs aber die deh- 
nung des l. Die beiden anderen bei Justi a. a. o. aufge- 
fahrten beispiele uäi und büiri-Ka zeigen den regelrecht 
zu erwartenden kurzen Tocal. Langes i ist aber sehr oft 
aus ja entstanden (vgl. Justi §. 23, 9) und so könnte dvai- 
-d-l aus ursprOnglichem dva-dh-ja-m entstanden sein 
(vgl däitim acc. sg. neutr. von d&itja gesetzlich, s. Justi 
§. 533 und wörterb. s. ▼.), indem das auslautende m wie 
in bva 1. sg. aor. von wz. ba sein und im suffix des dat. 
abl. instr. dualis -bja neben bjäm (vergl. Justi §. 103, 9) 
abfiel. Es verhielte sich also dvaidi ftir ^dvadhja zu 
skr. dvidhä wie Staao» zu Sixa. Wegen der bedeutung 
von dubius und dvaidi vgl. oben tveifla-, ahd. zweo. 

An die obigen worte schliefsen sich ganz genau an 
altbulgarisch dvazdy, auch dvai^di geschrieben, bis, 
trizdy, trizdi ter. Das suffix zeigt, wie im arischeo,* die 
Wandlung von gh in dh, welches im altbulgarischen, wie 
im altbaktrischen seine aspiration verlieren mufs. Nach 
ebenfalls bekannten lautgesetzen wird dj zu zd, so dafs 
also dva-dh-ja zudva-£dü werden muste, dem stamme, 
welcher obigen erstarrten casus zu gründe liegt. Bemer- 
kenswerth ist die einmal belegte nebenform tri^da ter 
(s. Miklosich lex.), weil sie laut fflr laut mit Toix^d iden- 
tisch ist. 

Das litauische trennt sich hier vom slavischen, indem 
es den gutturalen beibehält. Ich stelle nämlich hierher die 
bildungen auf -g^s, -gis, welche die zahl der\altersjahre 
bezeichnen: dvei-g^-s, trei-g;^-s, ketver-gi-s, pen- 
ker-gi-s, szesz6r-gi-s zweijährig u. s. w. In dvei, 
trei hat man wohl nicht skr. dva-ja, tra-ja zu suchen, 
sondern dva wurde zunächst in die i- reihe hinüber ge- 
drängt, dvi, tri dann zu dvei, trei gesteigert. Dafs 
dies der hergang war, beweisen skr. trö-dhä adv. drei- 
fach, träi-dha adj. dreifach, dve-dhä adv., dväi-dha 
adj. zwiefach, altir. tr^de trinitas, gdf. träi-dh-ja-m. 
In ketver-gi-8 rockt das -gi-s unmittelbar an den al- 
ten stamm ketver- = skr. Katvar, dessen analogie pen- 



440 Schmidt 

kär-gi-8, szesz6r-gi-8 ihr er verdanken, wie ja gerade 
bei den Zahlwörtern oft eine bildung andere in ihre ana- 
logie zieht; vgl. z. b. ital. quinter-no nach quater-nns 
gebildet. Das -*gi-s, -g^-s ist nach bekannten lautge- 
setzen aus -gh-ja-s hervorgegangen, dveig]^s, treig;f8 
entsprechen also, von der Steigerung der grnndzahl abge- 
sehen, genau den griechischen Siaaog^ TQiaaog^ auch in der 
accentuation merkwürdig mit ihnen und skr. dvidh^, 
tridhä übereinstimmend. Es liegt demnach in ihnen ur- 
sprünglich gar keine bezeichnung des Jahres vor, sondern 
sie bedeuten nur zwiefach, dreifach u. s. w. und wurden 
erst durch den usus auf die altersjahre beschränkt. Ganz ähn- 
lich bedeuten sexagenarius, septuagenarius u.a. ur- 
sprünglich nur sechzig, siebzig enthaltend, z. b. bei Frontin. 
aquaed. 54 fistula sexagenaria eine sechzig zoll lange röhre, 
ib. 56 iistula septuagenaria eine siebzig zoll breite röhre, 
später wurden sie nur vom lebensalter gebraucht. Ebenso 
ist es mit unserem „sechziger, siebziger^ u. s.w. Althoch- 
deutsch ist dvi-gha als zwig (der den stamm verdop- 
pelnde) erhalten. 

Wir haben also im griech., ahd. und litauischen stamme 
auf urspr. -gha, im sanskrit und slawischen auf -dha, im 
altbaktrischen auf -gha und -dha; im lateinischen ist 
nicht mehr zu erkennen, ob -gha oder -dha zu gründe 
liegt. Gegen unsere oben aufgestellte annähme, dafs gha 
das ursprüngliche sei, spricht also nichts, für sie viel. 
Dies -gha ist wahrscheinlich mit dem gleichlautenden pro- 
nominalstamme skr. gha, ha, griech. ys^ got. -k (in mi-k, 
thu-k) identisch. 

Schliefslich sei hier noch auf eine uralte multiplicativ- 
bildung hingewiesen, von welcher, so viel ich sehe, nur 
das sanskrit und litauische schwache spuren bewahrt ha- 
ben. Das litauische bildet nämlich neben den gewöhn- 
lichen dvi-linka-s, tri-linka-s zwiefach, dreifach noch 
dvi-guba-s, tri-guba-s (nur diese zwei formen sind 
erhalten). Diese sind augenscheinlich verwandt mit vedi- 
schen numeralbildungen auf -gva, von denen folgende vor- 
kommen: näva-gva'- neunffltig, aus neun bestehend. 



aber einige nnmenlia mnltiplicatiya. 441 

d&^a-gva- zebnfältig, vergl. auch Atithi-gva nom. pr., 
ferner da9a-gv-in zehnfach (Rv. VIII, 1, 9: ji te santi 
da^agvina: ^atinö j^ sahasrina: | ä9yä8ö) und 9a- 
ta-gv-in hundertfältig welche aus dÄ9a-gva und voraus- 
zusetzendem *9ata-gva hervorgegangen sind wie ^at-in, 
sahasr-in aus 9ata, sahasra. Im litauischen findet sich 
ein suffiz -ba zur bildung denominativer adjectiva öfter 
verwandt (s. Schleicher lit. gramm. §. 54, s. 128); aller- 
dings wird meist der auslautende stammvocal des zu gründe 
liegenden wortes beibehalten und zu i geschwächt^ welches 
durch den accent (diese bildungen sind paroxytona) zu y 
gelängt wird, z. b. valy-ba-s willfährig (val^' wille), 
anksty-ba-s firtthzeitig (anksti früh), v6l^-ba-s spät 
(ve'Iai spät). Ich nehme nun an, dafs dvi-gu-ba-s 
entstanden ist aus *dva-gva-ba-s, indem obiges -ba- 
an eine den belegten sanskritformen analoge form dva- 
-gva trat, deren auslautendes a nicht zu i geschwächt, 
sondern mit dem voraufgehenden v zu u contrahiert wurde, 
gva : gu s=s ved. dvä zwei : du. Die beiden formen auf 
-gu-ba-s sind Überreste einer jedes falles sehr alten bil- 
dnngsweise, wie aufser ihrer geringen anzahl und ihrem 
seltneren gebrauche der umstand beweist, dafs nur das ve- 
dische sanskrit noch verwandte besitzt, welche schon in 
der klassischen spräche verschwunden sind*). Sie stammen 
aus einer zeit, in welcher sich wohl vor dem secundärsuf- 
fix -ba- noch andere laute als das später allein herr- 
schende ,y fanden, wie ja das primärsuffix -ba durchaus 
nicht an diesen Vordermann gebunden ist. 



*) Auch das altbulgarische hat ganz genau entsprechende worte in 
dvo-gnbi dnplo major, tri-gubi triplex. 

Berlin, nov. 1866. Johannes Schmidt. 



442 Ascoli 

Die entstehung der skr. tenuis palatal- 
aspirata*). 

Bopp vgl« gramm. §. 14 (2. ausg.) sagt einfach: „Die 
aspirirte tenuis dieser klasse, nämlich kh, erweist sich 
durch die verwandten europaischen sprachen überall als 
entartung der lautgruppe sk, sc^. Näheres über die ent- 
stehungsgeschichte dieses lautes wird bei ihm vermifst. 
Der erste lauthistorische versuch gehört wohl Lassen, der 
sich ind. bibliotb. III, 50 f. auf folgende art ausdrückt: 
^Wir sollen, heifst es, das kh durch k verdoppeln, weil 
es Position macht. Woher kommt aber einem einzelnen 
consonanten vorzugsweise vor allen seinen brüdem dieses 
gewicht zu? Wenn ich nicht irre, so ist im anlaute vor 
dem k ein 9 ausgestofsen, dessen prosodische krafb blieb, 
auch nachdem es in der ausspräche und schrift verschwun- 
den war. Hierauf fährt die vergleichnng von khid mit 
scindo, öxi^f»i^ skaidan; khäjä mit C7ad\ khad mit 
dem gothischen skadus, skadvjan. Die indische erste 
aspirata entspricht am häufigsten der tenuis der altclassi- 
schen sprachen. Ein beispiel von der Verdrängung eines 
anlautenden 9 ist im sanskrit selbst vorhanden: kjut = 
9kjut«. 

Benfey wurzellex. I, 166 wollte Lassens schlufs (urspr. 
^kh fdr kh wegen der europ. reflexe; die Seitenzahl ist 
dabei verdruckt) nicht gutheifsen, hat jedoch seither seine 
eigene ansieht über die entstehung unserer aspirata modi- 
licirt, vgl. diese zeitschr. VIII, 82. Die genauere art und 
weise, wie jetzt dieselbe von diesem forscher erklärt wird, 
ist mir aber leider nicht bekannt. Allerdings ersieht man 
aus der eben citirten stelle, dals er keineswegs auf alle 
übrigen falle das von ihm (kurze skr. gramm. ss. 32, 79 f.) 
in betreff des zur bildung von präsensthemen antretenden 
-kha behauptete, d. i. ks (kä) als ursprüngliche lautgestalt, 
erstreckt wissen will. 



*) Dieser aufsatz gehörte seinem hauptinhalt nach eigentlich in die 
beitrage, doch schien es mit riicksicht auf die voranstehende arbeit Savels- 
bergs zweckmäfsiger ilim hier seinen platz anzuweisen. anm. d. red. 



die entstehnng der skr. tenuis palatalaspirata. 443 

Pott f&hrt Zigeuner II, 210 folgende hypoihese auf: 
,,Da im sanskrit (aufser Khuri) auch kduri, a knife, 
käura, a razor, und khura, a horse-hoof; da ferner das 
Shaksp. dict. den Übergang anlautender skr. kä auf der 
einen seite in ]0i, auf der anderen in kh, z. b. bind, l^här 
(ashes) und khär, alkali, vgK mit skr. kdära, zur genüge 
rechtfertigt, steigt in einem leicht die vermuthung auf, ob 
nicht die Vertretung des Ith durch a^t ox in anderen spra- 
chen, et. forsch. I, 88, darin ihren grund habe, dafs dem 
Kh eigentlich ks vorausging, wovon ax^ ex die transposition 
bildeten^. Diese hypothese wird wohl auch deren Urheber 
wenigstens in so weit aufgegeben haben, als dabei k§ (ks) 
als die beständige älteste lautgestalt gegen das einstimmige 
zeugnifs der europäischen schwestersprachen und auch ge- 
gen speciell indische Zeugnisse angenommen wurde. In 
ihrem zurückbleibenden^ theile (Kh aus ks; folglich die 
lautabstufiing : sk, kä, Mh) berühre ich sie unten, neben 
der Lassenschen erklärung, wieder. 

Kuhns ansieht über die uns beschäftigende lauterschei- 
nung läfst sich kurz aus dessen tief eingehenden erörte- 
rungen (im dritten bände dieser Zeitschrift) folgendermafsen 
darstellen: urspr. sk ist zu sK, sich {fß. 9]üi), endlich durch 
Schwund (assimilation) des Zischlautes zu kh geworden 
(326); das nach vocalen dem Kh vorgesetzte It ist nichts 
anderes als das dem kh assimilirte 8(9), und so reiht sich 
Mh aus sk, abgesehen von der palatalisirung des guttu- 
rals, der präkritischen erscheinung genau an, wonach z. b. 
aus skr. asti (est) präkr. atthi wird (ebend. und p. 328. 
329). Skr. sp st u. s. w. wird also nach Kuhn durch sph 
sth u. s.w. im freien anlaut ( Schwund von s) zu ph th; 
im inlaut aber zu pph tth, indem sich „die vorangehende 
Spirans s assimilirt hat, ein Vorgang, der sich physiologisch 
kaum anders erklären läfst, als so, dafs dies s erst in das 
stark gehauchte h überging und sich erst dann der fol- 
genden aspirata assimilirte^*). Folglich: st sth hth tth 

*) Es stimmt somit Kuhn in betreff des hier besprochenen präkjritischen 
lantwandels mit A. Höfer vollkommen Uberein, der sich in seinem übrigens 
wohl zu sehr vernachlässigten buche ^zur lautlehre ** (s. 426) folgender- 



444 Ascoli 

u. s. w. bei allen übrigen. Ich gestehe, dafs mir diese laut- 
entwickelung an und för sich sehr bedenklich erseheint. 
Wir müssen dabei für das präkrit einen durchgreifenden 
aspirirenden einflufs des selbst zu h hinneigenden und be- 
ständig im anlaut schwindenden s, und die im inlaute durch- 
greifend anhaltende (endlich durch Verdoppelung veränderte) 
so unpräkritische Zwischenstufe hth hph u.8. w. (für den 
uns nächst liegenden fall: hkh), ferner bereits in der älte- 
sten skr. literaturperiode eine alterirung vierten grades 
flQr das urspr. sk (pK pKh hkh Mh, oder skh ^Ith hlth 
Mh) annehmen. Kuhn hat sich selbst eingewendet (330), 
dafs im präkrit aus sk nicht (M:)kh, sondern (k)kh (skanda 
k hau da) wird; „aber eben der umstand (heifst es weiter 
bei ihm), dals sk im sanskrit überhaupt eine seltene Ver- 
bindung ist, erscheint hierbei von gröfsestem gewicht [es 
kommen aber auch die falle von skr. £k, pr. *sk kh hinzu. 
A.], und es. ist kaum mehr als zufall, dafs der guttural 
nun nicht in den palatal überging, da in den zahbeichen 
fällen, wo k mit folgendem s zu kd verbunden erscheint, 
die regel für das präkrit allerdings auch der Übergang zu 
kkh ist, daneben sich aber zahlreiche beispiele auch des 
Überganges zu kh (kkh) zeigen'^. Einerseits erscheint mir 
aber unser verehrter herausgeber durch einen solchen ein- 
wand gegen sich selbst zu streng, da es sich um keine 
eigentliche prakritisirung sondern um einen altärischen Über- 
gang von k zu k handeln wird; und andererseits überzeugt 
mich die erledigung des selbsteinwandes nicht, da über- 
haupt präkr. k kh aus skr. k kh nicht vorhanden ist*), 
folglich auch nicht z. b. präkr. akhi akkhi (skr. aksi) 
aus ^akhi ^akkhi, sondern wohl direkt aus akäi, somit 



m&fsen ausspricht (desselben präkrit. gramm. ist mir nicht zur hand): „Eine 
der wichtigsten entdeckungen, die sich mir in betreff des präkrit ergaben, 
war die bemerkong, dafs s eine bedeutende aspirationskraft besitze, vermöge 
deren es jede ihm verbundene tenuis im anlaute, wo es dann verschwindet, 
zur aspirate umlautet, im inlaute hingegen auf dem wege der assimilation 
mit der ihr entsprechenden, nach einem allgemeineren gesetze nachfolgenden 
aspirate verbindet«. — üeber skr. Kh schien Höfer zu keinem bestimmten 
Schlüsse gekommen zu sein; s. ebendas. s. 807. 

*) Als einzige ausnähme im anlaute vor i der volksname Kiläda = 
kiräta, Lassen inst, pracr. §. 83.. 1. 



die entotehnng der skr. tenuis palatalaspirata. 445 

ttkb als zerquetschtes kä, wie auch Mh als zerquetschtes 
ts und ps vorkommt*), zu erklären ist. Es ist also auch 
folgender präkritischer lautwandel: sk skh ^kh Kkh, der 
übrigens ftr Kuhn selbst weder nothwendig noch am be- 
sten passend war, nicht einzuräumen. 

Schleicher sagt im compendium (§. 123): „kh und kh 
treten flür ursprüngliches k nach s (im sanskrit) ein, dies 
s fällt dann öfters hinweg ''. Der ausdrock ist hier viel- 
leicht ausnahmsweise nicht ganz glücklich ausgefallen, denn 
es könnte scheinen als ob auch skh (9kh) neben kh be- 
stünde, was bekanntlich nicht der fall ist. üebrigens 
schliefst sich Schleicher der Euhnschen ansieht wesent- 
lich an. ' 

Stöfst aber diese schon an und für sich auf die oben 
angedeuteten bedenklichkeiten, welche auch gegen die im 
gründe auf eins hinauslaufende Lassenscbe auffassung ihre 
geltung haben, und mufs bei Potts freilich alter vermu- 
thung fortwährend neben einander skr. metathesis und 
präkr. zerquetschung (die allerdings bei käuri khuri vor- 
liegen mögen) bereits in der ältesten skr. literaturperiode 
angenommen und durchweg die eränische wahlstimme ver- 
nachlässigt werden, so glaube ich hingegen schon längst 
(vgl. z. b. die it. zeitschr. „Politecnico^ XXI. bd. s. 87, 1), 
dafs sich skr. kh aus urspr. sk und zugleich die prä- 
kritische behandlung der skr. lautgruppen sk sp 
u. s. w., d. i. ein sehr bedeutender theil des prä- 
kritischen lautwandels, auf sehr einfache und befirie- 
digende weise folgendermafsen erklären läfst: 

Aus urspr. sk ist oft, bereits in der arischen 
(indo-eränischen) periode, durch den gewöhnli- 
chen Übergang von k zu k, 9k ehtstanden. Diese 
lautstufe dauert im altbaktrischen fort: urspr. 



*) Präkr. Kh aus altem ts ps, das Lassen mit recht ziemlich befrem- 
dend schien (ib. s. 266 n.), dürfte durch Päuskarasädi's andeutung (Benfey 
vollst, skr. gramm. §. 15) erklärlicher werden, wonach k K ( t p vor einem 
Zischlaut in ihre aspirata übergehen können. Somit z. b.: vatsara *vath- 
sara *vathsara (vgl. skr. ks aus ks) vaKKhara. Auch zwischen skr. ks 
und präkr. Kh wäre '*'khs anzusetzen. Aus der f^sion von ks (ks) ts ps 
ergibt sich unschwer die palatalis, schwerlich aber zugleich die aspiration 
der letzteren. 



446 Ascoli 

skid^ altb. gkid^ skr. khid; urspr. $kad^ altb. gkadj 
skr. khad. 

In Indien ist die arische gruppe 9k, ihrer 
besonderen beschaffenheit wegen, am frühesten 
jener alterirung unterworfen worden, die all- 
mählich in indischer zunge sämmtliche echt 
consonantische combinationen erfahren haben, 
deren erstes glied ein zischlaut war, und die 
darin besteht, dafs letzterer als zweites glied 
und zwar in der gestalt von h erscheint. Es ist 
folglich z. b. k-h'id weiter nichts als die präkri- 
tische ausspräche von *i}k'%d\ gerade so wie 
a-m-h-i (mhi) »t-w-A-ti k^h-andha die präkriti* 
sehe ausspräche füra-«m-t vi-in^u sk-andha ist. 

Wird dem skr. Kh, ähnlich so wie dem inlau- 
tenden präkr. aus st u. s. w. entstandenen th 
u. s. w., hinter vocalen die entsprechende tenuis 
vorgesetzt {gak'khati u. s. w.), so hat dies meiner 
ansieht nach blos darin seinen grund, dafs kh, 
ebenso wie präkr. th u. s. w. aus st u. s. w., keine 
einfache aspirata war, sondern als wirkliche 
(folglich auch positionswirkende) consonanten- 
gruppe mit entschiedener absonderung der bei- 
den demente (K-Hh; vgl.mh mbh = sm) ausgespro- 
chen'werden mufste*). Einen schlagenden beweis 
für die richtigkeit meiner ansieht finde ich 
darin, dafs die Versetzung der tenuis auch dort 
stattfindet, wo jedermann die einfache Umstel- 
lung zugeben mufs^ wie bei präkr. bbh aus hv 
d.i. hb, b-hh = bbh, der fall ist. Auch vergleich« 
man : präkr. ]B£h =^ ts, ps. 

Ganz überflüssig ist es nun vielleicht nicht, das oben 
für das präkrit aufgesteUte generelle lautgesetz hier so- 
gleich noch etwas näher in's äuge zu fassen. Neigt sich 
also der zischer (einziger präkritischer zischer: s) als er- 



**) Vgl. dagegen die abweichende ansieht Savelsberg's oben s. 868. 

anm. d. red. 



die entstehnng der skr. tenuis palatalaspirata. 447 

stes glied einer consonantengruppe zu b, so entsteht noth- 
wendig^ und wie auf einmal, jene Umstellung, die eben 
auch bei altem in ähnlicher läge sich befindenden h erfol- 
gen mufs. Asmi z. b. wird zu *ahmi, jedoch weiter so- 
gleich zu amhi, ebenso wie skr. brähmana zu präkr. 
bamhana wird (vgl. oben präkr. bh = früherem hb hv). 
Dafs auf solche art aus altem ^n an am sn sm (die sämmt- 
lich sich zuerst zu prakr. sn sm nivelliren), präkr. nh mh 
entsteht, ist längst schon erkannt (Lassen inst. pr. §§. 76,3; 
77,2; 79,4,5). Wenn aber Lassen sagt (ib. 76, 1): As- 
similatur 9 consonantibus ordinatis S: et kh; alias ne san- 
scritice quidem antecedit. In junctura M, quae e 9k ori- 
tur, adspirandum est posterius k propter inclinationem si- 
bili präkritici versus h. Propter eandem rationem sanscri- 
tice dicitur takkhästram pro takkästram, — so kommt 
dieser forscher, wie ich glaube, der Wahrheit kaum auf hal- 
bem wege entgegen (vgl. ebend. s. 232), denn es bandelt 
sich bei der präkritischen erscheinung blos um kh aus 
hk*); bei der sanskritischen hingegen (takkhästram) 
verhält sich k-h zu früherem k-9 wohl ähnlich so wie 
präkr. k-h zu früherem k-ä. Wegen der in beiden fällen 
vorgesetzten tenuis s. oben. — Weiter ist auch bei Las- 
sen immer assimilation im spiele, bei (k)kh = äk Skh sk 
skh; (p)ph = äp äph sp sph; (t)th = st äth,- (t)th = st 
sth ; wogegen f&r uns immer nachgesetztes h (= s) einfach 
vorliegt, das bei schon dagewesener aspirata (z. b.: -pphur 
SS sphur) mit deren zweitem elemente scheinbar zusam- 
menfliefst, rechtmäfsig jedoch durch die vorgesetzte tenuis 
hervorgehoben wird. Ist also bei der von Kuhn reichlich 
nachgewiesenen aspirationskraft des s auch irgend ein bei- 
spiel von skr. kh aus pkh immer denkbar (vgl. (T;^td*-), so 
wird dadurch unser gesetz, nach dem zuletzt bemerkten, 
nicht im mindesten gestört. Uebrigens bedürfen vielleicht 

*) Dieser für die entstehung von skr. Kh schlagendst analoge präkriti- 
sche fall erklärt sich also nach meinem gmndsatze durch folgende pro* 
portion: 

skr. pa9kät : pr. pal-hä = skr. pra9na : pr. pa^i-ha, 
während nach Kuhn folgende lautentwickelung anzusetzen wäre: 
pa9kät *pa9khä *pahkhä pakkhä. 



448 AbcoH 

die einzelnen skr. f&lle, wof&r Kuhn aspirirenden einfluis 
und späteren seh wund von s behauptet, einer neuen prö- 
fung, um diejenigen davon möglichst zu scheiden, die eher 
durch Umstellung des zu h gewordenen s, d. i. auf rein 
pr&kritischem weg, werden entstanden sein. 

Hat ferner Benfey, wie ich glaube, recht skr. k in ei- 
nigen fällen aus altem 9K zu deuten (vgl. oben das bereits 
von Lassen hervorgehobene beispiel), so verhält sich die 
um das s gekommene lautgestalt zu der anderen (-Mh) 
genau so wie z. b. skr. tära (*stära) zu prfikr. -tthar 
(star). Eine verschiedene Vereinfachung von 9k hat in 
Eränien stattgefunden, indem die beiden elemente zu einem 
einzigen, besonders inlautend, zusammenschrumpften. Neben 
altb. (kid C'skid) haben wir demnach altb. ^a-pa (*ga-ska, 
skr. gaMha, griech. ßdaxs) u. s. w.; im armenischen, mit 
kräftigerem palatallaute: ar^-a-<5-el, bitten, d. i. an-ge- 
heu, vgl. skr. ar-kh (ar-sk), ^()-;^o-jMat (*ar-8ka-) u. s. w.*). 
Im sanskrit ist, wie ich glaube, altes 9k auf ähnliche weise 
auch durch s vertreten; in bhä-ä {<päGX(a\ la-ä (lasc- 
•ivus) und ähnlichen, und zwar entschiedener als in praä* 
-tar u. s. w. (vgl. pra9-na u. s. w.). Im neupersisohen ge- 
langen wir nach und nach zum einfachen dentalzischer, 
z. b. äinä-s-am (gno-sco; im infin. aber: dinäkh-tan, 
wegen der alten palatalis; vgl. z. b. sükh-tan, altbaktr. 
9uk, brennen); — und das nämliche bildungselement, d.i. 
lat. -SCO*""), ist durch verschiedene und spätere palatali- 
sirung in romanischen mundarten ebenfalls zum blofsen 
dentalzischer herabgesunken; z. b. venezian. cresse == 
krese mit scharfem s (tosk. cresce = kreSe, lat. crescit) ''''*). 

*) S. Friedr. Müllers fruchtbare Zusammenstellungen , wien. Sitzungsbe- 
richte, XXXVIII, 680*, der jedoch fllr ar'-a-d-el die indischgriechische 
parallele übersehen hat und lat. oro (os oris) aus versehen beibringt. 

♦* ) L at. g 1 i - s c und skr. h ri - M h ( eigentlich erröthen , . daraus : sich 
schämen) stimmen, so wie ßatrxe gaKKha, in ihren beiden theilen überein; 
das g in gUsco ist aber weder die um ihr zweites element gekommene in- 
dogermanische media aspirata, noch die „lantv^rschiebung** eines voritali- 
scljien oder gar sanskritischen h, sondern die regelmäfsig aus urlateinischem 
h entstehende media, wie ich ausführlich in „latein. und roman. III^ nach- 
zuweisen versuche. 

***) Auch in der ersten person: cresso, obwohl kein palataler vocal 
auf sc folgte (cresco), durch anähnlichung an die Übrigen; vergl. venezian. 
pianzo =s piango, wegen pianze = piangi, piange; u. s. w. 



die entBtehnng der skr. tenais piilatalaspirata. 449 

In Erfinien hat sich aber wohl aoch die älteste laat- 
gestalt des saffixes -ska, und zwar guten rechtes beim 
nomen (vgl. z. b. im sanskrit: juga, sarga, päka, jjfxe- 
gha, karna neben jug, sarg, pak, mih, ipf-nu), er- 
halten. Wenn n&mlich Justi altbaktr. ar-a-pka, neid, 
pere-^ka, preis, durch Umstellung aus den hypothetischen 
formen *arekhö (s= ared) *parei (*parekhd) erklärt (band* 
buch 364b), so möchte ich ihm darin nicht folgen. Ar- 
-a-9ka (neid) „das feindliche entgegentreten^ ist schwer- 
lich von *ar-ska im skr. ar*kkha-ti zu trennen; und es 
verhielte sich ar-a-pka zu ar-Kkh-, vom bindevocal ab- 
gesehen, genau so wie pere-^ka (kaufpreis als forderung 
wie es übrigens wohl auch Justi auffafst) zu pra-kl£h-. 
Hingegen hat Justi wohl das richtige getroffen, wenn er 
mit altbaktr. ar-a^^ka das gleichbedeutende skr. iräjä 
vergleicht; da die skr. verba Irij, beneiden, irasj „zQr- 
nen, übelgesinnt sein gegen^ (s. Boehtling-Both) ebenfalls 
auf ""ar-sk *ar-a-sk zurückgehen dürften. Es dürfte näm* 
lieh dies ableitende «-sj = -sk (irascit-ur »= irasj ati, obr 
gleich die beiden verba verschiedenen alters sind), d. i, 
als eine von dem oben berührten skr. ä = sk etwas verr 
schiedene lautgestalt, angesetzt werden, die in skr. sj and 
xsz skand, sjona = goth. skauns (Kuhn diese zeitschr. 
111,433), und vielleicht auch — wenn es mir erlaubt ist 
eine stark angefochtene Zusammenstellung hier zu erneuern 
^ in ""asjanti = lat. escunt u. s. w. wieder vorkäme. 
Ein weiterer beleg far arisch sj =7= sk steckt vielleicht auch 
in dem namen f&r die linke band: skr. savja, altb. havja, 
griech. oxaio^;, lat. scaevus, sl. äuj, dessen verschiedene 
formen ich auf folgende weise in historischem zusammen- 
hange zu bringen suche. Vom urspr. ska v ja, das in der 
gräkoital. form fast ungetrübt (skaiva) fortlebt, kam ma» 
zu "^sjavj.a, das regelmäfsig durch sl. äuj vertreten ist; 
daraus endlich, in der indo-eränischen periode, durch dis- 
similation (sjavjb): savja, havja, wobei sich z. b. roma- 
nisch cavic'la statt clavic'la vergleicht, und auch die 
ind.-griech. oxytonirung (folglich: *8javja) zu erwägen ist, 
Mailand, 27. febr. 1867. G. J. Ascoli. 

Zeitechr. f. vgl. sprachf. XVI. 6. 29 



450 S. Kuba, anzeige. 

Botanik der sp&teren Griechen rom dritten bis dreisebnten Jabrhnntette (!), 
von dr. Bernhard Langkavel. Berlin 1866. 8. 

Vorliegendes buch versucht die in den Schriften der 
späteren griechischen botaniker und ärzte uns überlieferten 
pflanzennamen nach den oft sehr aUgemeinen angaben wis* 
senschaftlich zu bestimmen und unter die heutige botanische 
nomenclatur einzuordnen, um dieses weite gebiet weiteren 
forschungen zugänglicher zu machen. Die betreffenden ru- 
briken sind mit den nöthigen literarischen nachweisen über 
die alten autoren und die neueren untersuchunged reichlich 
▼ersehen, wobei namentlich auch auf die philologische be- 
handlung gebührende rücksicht genommen wird — von ein- 
schlagenden arbeiten letzterer art scheinen dem umsichtigen 
verf. nur Pott's abhandlungen in der zeitschr. für die künde 
des tnorgenh V, 57 ff. und VII, 91 ff. entgangen zu sein, 
woselbst eine groAe menge der orientalischen namen auf 
ihre richtige form zurückgeführt und in ihrer weiteren Ver- 
breitung nachgewiesen werden. Die namen sind meist in 
einer höchst wüsten, durch die ^ätere griechische aus- 
spräche beeinflußten gestalt Überliefert und der Verfasser 
hat wohl so unrecht nicht gethan, wenn er sich vorläufig 
auf emendationen nicht eingelassen hat. Eine sorgfältige 
behandlung düifte aber zu vielem und vielseitigem nutzen 
gereichen. Die namen erstrecken sich ja über fast alle 
den Griechen bekannten Völker, über Gallier, Dacier u. s.w., 
am meisten sdieinen* freilich die Orientalen vertreten zu 
^in. Aber auch für das beschränktere gebiet des grie- 
dnschen wird manches von werth sein; namentlich finden 
wir vielfache religiöse beziehungen, die sich den von Pott 
(diese zeitschr. IV, 172) besprochenen zur Seite stellen: so 
(dixa *ä&ijvägj Üä^^og^ Kqovov] !d(pQoSiTtjg XovtqoVj (Sti- 
^avog u. s. w. Möge daher die sorgftitige arbeit auch in 
den kreisen der Sprachforscher die ihr gebührende beach- 
tubg finden. 

Berlin, aug. 1867. E. Kuhn. 



Kern, miseellen. 451 

Eine imperativfonn im gothischen. 

lo dea gramoiatiken des gothischen wird, so viel ich 
weifs, allgemein atigenommen, daTs es eine passivform des 
verbum gebe und daneben ein medioni« Der indicativ die- 
ses medium, heifst es, „fällt noch dazu mit dem passiv 
zusammen, und nur der conjunctiv zeigt geringen unter- 
schied^ (Ulfilas, von Stamm, 3. aufl., bes. von dr, M. Heyne, 
8.253). Dafs medium und passiv susammenfallen, darf 
uns nicht wundern; im gegentheil, es versteht sich so 
ziemlich von selbst; das wunder wfire, da& sich nur im 
conjuoctiv ein unterschied zeigte. Noch wunderbarer ist 
es, dais dieser conjunctiv (ursprünglich optativ) in keiner 
einzigen beziehung sich als solcher kund giebt, weder in der 
form noch in der bedeutung. In den drei einzigen bei- 
q[>ielen dieses angeblichen conjunctiv, nl. atsteigadau, 
lansjadau und liugandau, fehlt gerade das nothwen- 
dige bildungselement des modus, nl.das i. Dazu kommt, 
dafs alle drei verba activ sind. So lesen wir z. b. 
Marcus XV, 30: „nasei thuk silban jah atsteig af thamma 
galgin^. Man sieht, atsteig ist 2. ps. sg. imperativi activ. 
In vs. 32 finden wir: „sa Christus, sa thiudans Israelis, 
atsteigadau nu af thamma galgin ^. Ist es nicht deutlich 
genug, dafs atsteigadau die 3. ps. sg. imperativ, activ. 
ist, dasselbe was das griechische wort des textes, nl. 
xaraßarw? Das zweite beispiel lausjadau üb^setzt ^v- 
ad0O'oj, also wiederum ^ne 3. ps. imperativ. Allerdings 
hat das griechische wort medialform, doch natürlich stim- 
men nicht alle gr. media zu gothischen. Dafs im gothi- 
schen lausjan immer activ verwendet wird, davon kann 
man sich überzeugen, wenn man die stellen aufschlagen 
will. Wer kennt nicht das »lausei uns af thamma ubilin^ 
u. a. Das dritte beispiel, welches wenn möglich noch stär- 
ker spricht, ist liugandau in Cor. I, 7. 9. Das verbum 
liugan hat immer eine medialform (passiv) — auch da- 
von überzeuge man sich selbst — , wenn ein weih das sub- 
ject ist; dagegen wird für männer unveränderlich die active 
form verwendet. Kurz in diesem falle stimmt der gothi- 

29* 



452 Kern 

sehe Sprachgebrauch aus leicht erklärlichen gründen völlig 
zum griechischen; liugaith = yapiei, liugada = ya- 
fiBiTai. Nun in Cor. I, 7. 9 übersetzt liugandau das gr. 
yafiTjadtiixfav, d. h. es ist die 3. plur. imperativ! activ. 

Es ist der mflbe werth zu vergleichen, was in Gab. 
und Lobe gramm. d. goth. spr. §. 178 über diese angebli- 
chen conjunctive des medium gesagt wird. Ich will hier 
nur diese werte anfiihren: „Es könnte zweifelhaft sein, ob 
liugada und liuganda von weibern Mc. X, 12. Xu, 25. 
Luc. XVII, 27. XX, 34. 35. Cor. I, 7, 28 passivum (ver- 
heiratet werden) oder medium (sich verheirathen) ist, in^^ 
defs durch liugandau Cor. I, 7, 9 wird für das medium 
entschieden^. Wie wenig stichhaltig diese behauptung sei, 
wird klar sein, wenn wir dieselben werte wiederholen, und 
nur fär gothisches griechisches substituiren. Also: „es könnte 
zweifelhaft sein, ob yafjiBivai und yauovvrai von weibern 
passivum (verheirathet werden) oder medium (sich verhei- 
rathen) ist, indefs durch ycefitjadTWönv wird für das me- 
dium entschieden^. Folglich, weil von männern gesagt 
wird YauYiGarwaav^ dadurch wird entschieden, dafs yafiü" 
tat und yccfiovvTai von weibern nicht passiva, sondern 
media sindl 

Es braucht kaum bemerkt zu werden, dafs die endung 
^au (st. thau, wie 3. sg. ind. da st. tha, und 3. pl ind, 
tida St. ntba, und 3. pl. act. nd st. nth u. s. w.) zum 
griechischen tco, dem lateinischen to stimmt, und ndau 
zu VTMv und nto. Das au steht hier statt o, d. h. in 
älterer periode ä, wie auch in der 1. ps. sing. conj. Der 
Wechsel zwischen au und o kommt öfter vor, z. b. taui, 
tojis; fullatojis st. ""taujis; Trauadai st. Troadai (Tgo)' 
dSi); stojan, stavida. 

Nicht nur der speciellen gothischen, sondern auch der 
vergleichenden grammatik glaube ich einen dienst geleistet 
zu haben, wenn ich solche ungeheuer, wie atsteigadau, 
lausjadau und liugandau als conjunctive des mediums 
sein würden, aus dem wege geschafft habe. 

Leyden. H. Kern. 



^ 



miscelUn. 4&3 

Nachschrift. 

Nachdem der geehrte herr herausgeber dieser Zeit- 
schrift mich benachrichtigt, Uppström sei schon früher zu 
demselben resultat gclapgt, bleibt mir nichts öbrig als den 
leser um entschuldigung zu bitten, dafs ich mit einer ver- 
meintlich neuen erklärung auftrat. Ich gestehe, dafs ich 
nicht alles auf den gegenständ bezügliche vorher gehörig 
gelesen. Zu gleicher zeit glaube ich aber die schuld gröfs- 
tentheils von mir abwälzen zu dürfen auf die Schulter der 
grummatiker, welche dergleichen resultate nicht einmal 
erwähnen. Wenn der herausgeber, den jetzt in keinem 
fall der geringste tadel treffen kann, sich entschliefsen 
konnte meinen aufsatz aufzunehmen, wäre der gewinn, 
dünkt mich, ein doppelter. Erstens wird die sache in 
weiteren kreisen bekannt, da die Zeitschrift von vielen 
gelesen wird, denen die übrigen obige gothische impera- 
tivformen behandelnden werke unzugänglich sind. Zweitens 
kann eiu jeder an meinem beispiel die nicht sehr erquick- 
liche erfahrung machen, wie wenig man sich auf gram- 
matiken verlassen kann. 

Leyden, 1. mai 1867. H. Kern. 



Barbara und ßoQßagog. 

Ein richtiges verständnifs des wahren Verhältnisses des 
sanskritischen barbara zum griechischen ßäQßaQoq ist von 
so grofser Wichtigkeit, dafs jeder, auch der kleinste bei- 
trag zu diesem swecke willkommen sein wird. Die frage 
ist schon so oft, auch in dieser Zeitschrift, behandelt wor- 
den, dafs ich, auf früheres hinweisend, mich kurz fassen 
kann. Wäre dad sanskritwort aus dem griechischen ent- 
lehnt, so würde entweder das alter der Prätigäkhja sehr 
herabgedrückt, oder die zeit des ersten historischen Ver- 
kehrs der Indier mit den Griechen weit hinaufgerückt 
werden. Hätten die Griechen das wort von den Indiem 
geborgt, so müfste dies vor der zeit Homers geschehen 
sein, und dann würden alle unsere b^gebrachten vorstel- 



454 Mttller 

Inngen über die älteete völkergeschicbte Aber den häufen 
geworfen. Ist endlich' das wort ein zum gemeingut der 
arischen sprachen gehöriges, so fragt es sich, was war 
seine ursprüngliche bedeutung. Auch hier sind die con- 
sequenzen sehr bedeutend. Drückte es ursprünglich die 
Verworrenheit der spräche nicht -arischer Völker aus, so 
setzt die beibehaltung dieses wertes in derselben form und 
bedeutung ein sehr weit fortgeschrittenes nationales selbst- 
bewufstsein bei den arischen Völkern vor ihrer trennung 
voraus. Bedeutete barbara die Verworrenheit und kraus- 
heit des baares, so f&hrt auch dieses zu eigenthümlichen 
ethnologischen folgerungen. 

Ich habe mich früher (zeitschr. V, 141) ftkr wollig 
oder struppig als die ursprüngliche bedeutung von bar- 
bara erklärt, und f&r die richtigkeit dieser auffassung wird 
vielleicht die folgende bemerkung einen kleinen beitrag lie- 
fern, unter den fehlem der ausspräche der üsman wird im 
Rigv.-Präti^äkhja, Sütra 777 (XIV, 6), lomapjam angeführt. 
M. Regnier übersetzt es durch delicatesse, mollesse, 
ich übersetze es durch rauhheit, da nämlich die drei be- 
sten mss. asaukumäijam statt saukumäijam lesen. Lo- 
ma^ja würde also, auf ausspräche angewendet, dasselbe 
bedeuten als das griechische öaavTrjg^ denn auch dieses 
bedeutet ursprünglich haarig, struppig, dann rauh. In Sütra 
782 (XIV, 8} kommt nun das wort barbaratä vor. (Warum 
fehlt es im petersburger lexicon, da doch die Schreibart 
mit b durch alle mss. gesichert ist?) Als zwei fehler in 
der ausspräche des r werden an dieser stelle des Präti^ä- 
kl\ja, atispar^a und barbaratft angefbhrt. Atispar^a be- 
deutet einen zu hohen grad des contacts, denn als an- 
taisihä sollte r geringen contact (du:spräta) oder wenig 
contact (idatspröta) haben. Zu viel contact würde ein 
schnarrendes r hervorrufen. Barbaratä, der zweite fehler, 
wird nun ganz wie lomapja, durch asaukumäija erklärt; 
und es steht also nichts der annähme entgegen, dafs bar- 
baratä, wie loma9Ja, ursprünglich die haarige, struppige, 
rauhe ausspräche des r bedeutete. 

Oxford, 10. mai 1867. Max Müller. 



misoellen. 455 

Nachtrag zu s. 410. 

lo der oben besprochenen, zwar interpolirten, aber f&r 
uns wichtigen stelle Od. XVI, 282: 

vnn6f€ xev nokvßovlog ivi (fQtci (hiau ui&tjvtj^ 

vBvaof fiiv TOI kyia x€(paly. 
findet auch dir. Classen (jahrb. f. class. phil. 1859 s. 304) 
das angebliche futur &7J(rei mit recht höchst befremdlich, 
wobei er bemerkt, dafs Oberhaupt eine modalsyntaz für 
Homer selbst nach den trefilichen vorarbeiten von Bänm- 
lein (und doch auch Thiersch) ein bedürfnifs sei, jedoch 
neigt er sich zur annähme einer Änderung wie &^6ij die 
nunmehr ganz unnöthig ist, denn {hjaei ist nach obiger 
aoseinandersetzung conj. aor. 1, gleichwie auch IL V, 260: 

ai xiv fioc noXvßovXoQ *^&ijvi} xvSog ogi^rj^ 
worin Ameis, anhang III zu Honu Od. s. 67 den fbr jene 
interpolirte stelle benutzten vers erkannt hat, solcher conj. 
aor. steht. Es ist zwar noch eine entgegenstehende stelle 
übrig, II. XX, 333: otb xzv avfißl^aeai. avTtp, wo avfjißlrj'' 
a€ai nicht aorist sein kann, da es keinen mit a gebildeten 
aorist von ßdXXw gibt, und deshalb allgemein f&r futurum 
gilt Aber es kommt sonst nirgendwo ein futur ßXt^Cfa 
ßktjaouai vor als an dieser einzigen stelle, dazu noch als 
einziger fall einer regelwidrigen Verbindung von otb x£v mit 
dem futur. Daher nennt Dindorf im Thes. ling. Gr. T. II 
p. 90 D mit vollem recht dieses avfißXi]aeat ein „oertissi- 
mnm librariorum commentum ^ und stellt den conj. aor. 2. 
ovfAßXijeai wieder her mit hinweisung auf den gleichen conj. 
ßXiq%tai Od. XVII, 472: onnot ävriQ .... ßXriitai^ wo die 
erdichtete futurform ßXrjaBrai wieder erscheint, freilich nur 
als Variante, aber wohl noch bei keinem herausgeber auf- 
nähme in den text gefunden hat. 

dr. J. Savelsberg. 



!• Sachregister. 



Aceent auf der ersten silbe die endung 
abschwächend im rom. 200. 

Adjectiva auf u im lat. 240. aaf ba 
im lit. 441. 

Adyerbia. ahd. ortsadrerbia auf -snn 
f 8. t in lihd. adverb. am ende mehr- 
fach zugesetzt 79. lat adv. auf tim 
1S3, 2^8. adv. auf ÖCtiv, dti», dlv 
138. acc. pl. n. und acc. sg. f. in 
ädvcrbialformen nel>eneinander 289. 
skr. zeitadr. auf änim 208, 487. lit. 
ortsadverbia auf ur 880. 

Aorist, aoriste auf aov^ aoftijv bei 
Homer 81 ff. aor. auf blofses a von 
vocalisch oder mit muten endenden 
wurzeln theils alte perfecta, theils 
durch ausfall des «r zu erklären 84 f. 
äorfste auf xa 401, 416 ff. sigma- 
tische nebenformen im ind. 4 17 f. 
in den modis 402 ff., namentlich 
bfei Homer 407—413. 

Aspiration, von t vor r altbaktr. noth- 
wendig, griech. und ital. arbiträr 
19 8 j aspir. anlautender vokale im 
griech. 288. mediae aspiratae, cf. 
physiologisches.! 

Auslautsgesetze d^s gothischen 350 — 
357 (passim). j 

Casus. Nominativ 1 altlat. nom. pl. auf 
a (von der ersten deöl.) tlnd e 296 ; 
auf es von o-st^mmen 296. langes 
ä des nom. pl. n. auch lat. zuweilen 
erhalten 297. — Genitiv bei verbis 
des horens, rühmens u. s. w. griech. 
und skr. 216. gen. auf um von lat. 
i-stämmen 290. altl. gen. auf erum 
300. — gen. sg. im deutschen: 
gesch. desselben in den altdeutschen 
Ortsnamen 321 — 343. — Dativ: 
dat. pl. der starken decl. im deut- 



schen: dessen geschichte in den 

altd. Ortsnamen 81 — 100. dat. sg. 

der dritten lat. decl. auf e 139. 

umbr. dat. abl. plur. auf us 305. 

bildung des lat. dat. abl. pl. 807. 
Composition. stufenweise annäherung 

der blofsen zusammenrttckung an 

die eigentl. composition 115 f. an- 
. Stämme im deutschen in der com- 

pos. verkürzt 888. 
Conjunätiv mit kurzem modusvokal 

im griech. 408 f. 
Consonanten. 

Guttural«: k aus s siehe unter Si- 
bilanten. lAti qti = gr. 71 mit 
c wechselnd 2 77 f. lat. c zu g 
erweicht 278. skr. ks ans kj (aus 
gh -f- parasitischem j), $ ans ghj 
(welches anderseits zu ^^ wird) 
438. yQ aus x^ geschwächt 860. 
Übergang von gr in gh im skr. 
232. abfall von / vor « 170. 
von lat. h vor i 168. neup. h 
= altem f 214. 

Palatale: skr. kh, seine entstehung, 
bedeutung und Vertretung in den 
verwandten sprachen 442 — 449 
(cf. 60, 367 ff.). 

Dentale: t neuumbr. hinter nasal zu 
d erweicht 191.. dor. it aus «rx 
419. dentalaspirata th neu^rän. 
zii h, selbst bis zum vocal ver- 
flüchtigt 199. neu^rän. d = alt- 
baktr. z (= skr. h, g)214. Verhält- 
nis von d zu t, 1 in der indo- 
genui Ursprache 219. skr. dh die 
aspiration verlierend 287i lat. n 
vor t ausfallend 198. Wechsel 
von nd und nn in deutschen dia- 
lekten 253. Übergang von nd in 



Mi 



Sachregistet. 



457 



hg in deat8ch<in dialekten 260. Qenindiatn. berttbrt sich mit. dem 



261. 
Labiale: alte« bh ss umbr. f, nie 
T 194. inneres tn griech. in f 
Übergehend 8. nntersttttzung eines 
auslautenden m durch angefüg- 
tes a im romanischeh 128. mi 
(mj) in romanischen mundarten, 
in gn (ss nj) übergehend 124. 
lat. m vor r in n flbergehend 
197. mr 284. auslaut. m im 
send abfallend 489. 
Halbvocale: r hinter labialen im 
skr. öfters wegfallend 168. osk. 
rr ans rs 175. umbr. r hinter 
consonanten abfallend 191. rom. 
t aus br, tr 200. umbr. 1 vor t 
sich völlig auflösend und durch 
langnng der silbe ersetat 181. 
abergang Von v hinter consonan- 
teti in die labiale muta und seine 
gesetae; lat. sp aus sv 210. 
Sibilanten t lautwandel von s in k, 
namentlich im griech., und sein 
verhiltnis zu den lauten sj, <r0-, 
«r», 5, 8, kh 54_73. 856 — 
871. 401—420 (cf. 487 f. 442 
— 449). — abfall von s vor 
andehi consonanten 57ff.) 181, 
806, 819,448. toskan. s zwi- 
schen vocalen 9 ausgesprochen 
deutet auf altes ns 204. lat. sp 
aus altem sv 210. an (und lat. 
sc), <rx aus dj Sj nJ jj 864 f. 
ifa aus xj, V *87. 
Declination der starken subst. im go- 
tischen 844 — 856: die vorhistori- 
sehen formen 845 — 849. vorlie- 
gende formen regelrecht nach dem 
auslautsgesetz gebildet 850, 851. 
unregelmILfsige formen 851 — 56. 
Deminutiva. ai für al in b5hm. und 

kämt, deminntivbildnngen 76. 
Desiderativa der indogerm. sprachen 
und deren Zusammenhang mit son- 
stigen bildungen 862 — 869, cf. 
447 ff. 
Deutsche dialekte. grenzen zwischen 
Schwab., alem., fränk. in Baden 
421. fränkische mundarten in Baiem 
42*2, alem. und schwäb. mundarten 
428. 424. grenzen der mundarten 
im hohenzollemschen 425 » nrsprung 
des sog. clmbrischen dialekts 429 
vgl. noch mitteldeutsch. 



part. praes. vielfach in den germ. 
und rom. sprachen 242. verschie- 
dene iinaichten über die entstehung 
des lat. gernndiums 243 ff.; seine 
bald active, bald passive bedeutong 
erklärbar durch die indifferenz der 
part., Inf. uod gemnd. zwischen 
activ und passiv 245 ff. gerundium 
im deutschen 250 ff. ; Im engl. 254 ff», 
daselbst sich mit dem part. berüh- 
rend: formell 255 ff., syntaktisch 
262 f. 
Infinitiv, bt ini'lati dativ 189. im 
umbr. u. osk. acc. von einem o-stamm 
189. schwanken des inf. zwischen 
act. und pass. bedentung, nament- 
lich im deutschen 245. 246. 
Imperativ. 3. sing, und plur. imperat. 
auf -dau, -ndau im gotischen, 
fälschlich flir medialformen gehalten 
451 f. 
Italische völken religiöse unterschiede 
innerhalb derselben 101 f. griech. 
einflttfs auf die religionsanschaunn- 
gen der lat.-osk. gmppe 108 — 107. 
lateinische durch suf&ce gebildete 
göttemamen 108 — 114, componierte 
oder zusammengerückte 114 ff; mit 
Buff. gebildete osk. 117. aus der 
indogerm. zeit herübergenommene 
göttemamen: lat». osk» 161 — 182; 
umbr. 182—195. 
Marutsi Deren mythologische beden- 

tuHg 162 f. 
Metathese im romanischen 201. 
Metrik des Rigveda. besetze derselben 
165, 178. ergebnisse dei selben fllr 
die ausspräche gewisser flexionsfor- 
men: fem. auf i 169. 170; pl. en- 
dung äsas 184; suff. tama 185. 
Mitteldeutsch, mitteldeutsche lautver- 
hältnisse in der spräche des sog. 
kleinen kaiserrechts : vokale 39 — 43. 
consonanten 43 — 44. 
Neugriech. dialekte in Italien 891 — 

400. 
Nomen und verbum. beider Verhält- 
nis in den indogerm. sprachen 152. 
Nominalstämme, stamme auf -e im 
lat. und deren Verhältnis zu den 
consonantischen 120, 211, 293. 
Stämme auf -0 als letztes glied ei- 



458 



Sachregister. 



ner zHsammensetsnng in solche anf 
-tff übergehend 287. 

Optativ, apokopierte optativformen 
auf «rcft für <rit§ 418 — 415. (rtiaq, 
ütu stehen für VfMra?, VfMr« 
416. 

Ortsnamen, deutsche ortabeseichnang 
-ono marca 365 ff. -o marca 887 f. 
vgl. noch nnter Casus. 

Palatalisiemng von g (sowie von di) 
zu z und stufen derselben 238, 284. 

Participium praes. beziehung dessel- 
ben zur dritten ps. pl. 152. er- 
klämng der form desselben im engL 
254 ff. 

Perfect im lat hat langes I 138. reste 
einer kürzeren bildung desselben in 
altlat inschr. 188. 

Personennamen, die sog. verkürzten, 
schwach declinierten personennamen 
im deutschen und ihr verhiUtnis zu 
den volleren formen 341 f. 

Physiologisches 227-.236. bei jedem 
vollständig gebildeten spracUaut 
drei momente zu unterscheiden 227. 
vocale 228—230. consonanten 281 
— 235. mediae aspiratae 282. zu- 
sammengesetzte consonanten 284. 

Praeposltionen. italisdie auf d 871ff.: 
lat 872 — 379. umbr. 382. sind 
grSfstenthells ablative 872 — 876. 
Weiterbildungen von lat. und umbr. 
praepos. mit nj$ 875. 

Pronominalstämme, im lat. durch i 
erweitert 299. gen. sg. dieser er- 
weiterten Stämme auf ins ebd. 

Suffiza. schwanken der suffixa zwi- 
schen activer und passiver Bedeu- 
tung 247. 248. Snf&xa der itali- 
schen gottemamen: lat 108 — 115, 
osk. 117 — 119. — Einzelne suf- 
fixa: 

1) deutsche: 

-Jan nom. ag. bildend 159. 
-8-ti, s-tra 197. 

2) griechische: 
-ikduo^ -^to 481. 
-a&o 24. 

-ax erweiternd 431. 
~a^*'o 80. 
-a^o primär 2, 66. 
-a^o (-17^) secundär 2. 
-a(»T 56. 

-Ö-tfiO, I^HTiO 431. 

-«kro 16. 



-a;fo 16, 19. 
-^o 19. 

.d*o 133, 431. 
^mno 142. 

--Imv zur ableitung tadelnder be- 
zeichnungen 61. 
-leo« 80. 
-«ib, o»o 15. 
-otriro 15. 
*^o 56. 

.«TM SS skr. -^a an casusformen 
(ortsadv. n. s. w.) antretend 48 7. 

-filO, o'»0, MO 15. 

8) italische: 
-ario, -ari 188. 
-bo 189. 
-bro, -bulo 182. 
-clo, -culo 182. 

-dio, -lio in lat -eigennamen 133. 
-ec erweiternd 480 f. 
-emo, -umo 80, 111, 182. 
-ido , altlat -Mo geht auf altes 
-Sto zurück, was umbr. erhalten 
194, cf. 383. 
-ie 292. 
-iön 432. 
-is 800. 
-issimo 300. 

rom. -ista deminutiv 201. 
-lento 134. 
-men, -mento 112. 
-5n secundär 161. 
-ono, -ona 103, 111. 
-OSO 134. 

umbr. lat -ovio, -uvio 19^. 
-t nur Verstümmelung vollerer saf- 
fixe 298, cf. 289. 
-tat an comparat tretend, aano- 
mina auf -os 308. 
-uo, vo 118, 177. 
nsco, usto 278. 

4) sanskritische: 

-as nom.. ag. bildend 159. 
-ivant, -ivan, -Iva 12. 
-tga 481, 487. 
-man, -mSna 112, 118. 
-ja nom. ag. bildend 159. 
-SU 870. 

5) zendische: 
-fka 449. 

6) U^uische: 

-ba acy. büdend 441. 
-iszke 319. 
npinum des lat. auf -tu aus dativ und 
abl. zusammengeflossen 807, cf: 132. 



Stebregiater. 



4»9 



Tempora, vergl. aorist, perfect, ver- 

bnm. 
Tenuis im anslant im dentschen aspi- 
riert gesprochen 231. 
Yerbum, verbalstämme (cf. wurzeln), 
flbertritt der stftmme der fllnften 
dasse (nn) in die erste (nva) 186. 
stimme auf na, nn in ihrem zu- 
sammenbang mit nominalbildnngen 
140. stftmme anf ak und ihr rer- 
hftltnis zn sonstigen secandftrwnr- 
zeln 142, cf. 867 f. 448. na im 
griech. perf. 148. rerba anf nroi 
145. rerfaftltnis der binderokali- 
sehen nnd bindevokallosen conj. za 
einander 147. znsammensetznng mit 
WZ. as filr aor. nnd ftit. bezweifelt 
148. entstehnng der indogerm. ver- 
balklassen 147 — 151. verba anf 
aam, lat. esso 862 ff. 
Vocale. vocalverhftltnisse des ftltesten 
aiiacfaen lantbestaodes nach Ascoli 
158. miacfaang der a- nnd i-reihe 
im deutschen 483, im skr. nnd lit. 
439. 

a. schwftchnng von ä zn i (skr. 
griech. lat.) 65. nrspr. a im lat 
▼or gntt bewahrt 207. schwft- 
chnng von a zn i 211. mab- 
ratt. ä nnorgan. verlftngemng von 
skr. a 219. dor. ä nicht anf t 
znrttckznftohren 281. a und f 
vor volleren endnngen zu »i ver- 
stftrkt 284. ahd. a erhalten ge- 
genttber got. i oder u 358. deh- 
nung des kurzen a nnd Übergang 
des 4 zu d im alem. in wechsel- 
besag stehend 426. 
e. ioB. att «f gegenüber dor. aeol. 
ä als nnnrsprfinglich 279 ff. — 
e fttr i im auslant und vor schwach 
ans!, consonanten im lat. 298. e 



zwischen zwei r ausfallend lat 
und osk. 802. 
i. ft fttr f 58. schwinden von i 
vor folgenden vocal nach einem 
consonanten im lateinischen 295, 
298. 
u. fi skr. und lat. aus va 120. 
skr. n Air a nach r 189, nr ne- 
ben ar 288. mm. nn si lat in, 
gemeinrom. en 200. aeol. v sa 
gemeingr. o as altem a 214, cf. 
65. 
diphthonge. got. an fttr d sa ftlte- 
rem i 452. verfaftltnis von ei, 
e, I im lat. 188. tt> zu i con- 
trahiert schon im llteren griech. 
160. 
Vocaleinschnb nach r vor consonanten 

127; im ahd. 433. 
Volksetjmologie in der griech. form 

persisdier eigennamen 58. 
Wurzeln (cf. verbum). entstehnng der 
wurzeln anf i, u 141, cf. 218, 216, 
318. — neutrale und active bedeu- 
tnng in ^iner wnrzel anzunehmen 
148. 
Wurzelerweiterung: Überhaupt 140 ~ 
153. einzelne erweiterungen 22, 
24, 26, 80, 84, 104, 215, 287. 
Zahlwörter erscheinen vielfftltig fle- 
xionslos 296. multiplicative «ahl» 
w0rter, zahladv. u. ft. bildungen 
480 ff.: nhd. -fach 480, 484. Ut 
plic, plo 480 ff. nXof nkax; nXa^ 
^M>, nX^Sto; nlfi<r*o, nX^to 481. 
got fla- 481 ff. got faltfaa- 484 f. 
»•lit kkrta, altbnlg. kratu, skr. 
krt kftn, viell. sas osk. pert 485. 
skr. dhi 486 ff. griech. j^a x>l X^^ 
486. altb. ia, iva| 436. qaato 
SB lat fario 487. altbulg. zdn 439. 
lit.g^-s, gi-8 439 f. litlinka 440. 
gu-ba =s altbulg. gubi 441. 



460 



Wortregister. 



IL Wortregister. 
A. Deutsche sprachen« 



1 ) Gotisch. 

afaika 488. 
ainfalths 430. 
allis 288 f. 
asts 28. 
falthan 484. 
flahtöm 484. 
ga- 69, 222. 
gabei 222. 
gabigs 222. 
ganahan 222. 
ganisan 222. 
gataajan 222. 
gaveihan 222. 
gaumjan 225. 
gazds 131. 
baknls 858. 
banm 217. 
bausjan 271. 
blatban 228. 
blutra 187. 
hulistr 197. 
bveila 488. 
ibuks 353. 
in mit gen. 240. 
ina 358. 
keinan 483. 
kintus 220. 
-lif 219. 
Instns 174. 
managfaltbs 480. 
maurgins 858. 
muka- 223. 
milds 181. 
raihtis 288 f. 
raibts 288. 
razda 222. 
sama 69. 
samana 69. 
samath 69. 
siajan 225. 
skaans 449. 
smalists 228. 
stana 215. 
stau tan 59. 
stibna 215. 
flvaibra 54. 



tnntbas 858. 
tveifla- 431. 
nngatass 222. 
nskijan 438. 
vairtban 221. 



2) Althochdeutsch. 

abab 353. 
agalastra 48. 
anu, ano 853. 
brinwan 130. 
bajaw. carmola 220. 
fali 488. 
-falt 430. 
fedara 55. 
feil, feili 438. 
gi-, ge- 69. 
bacbal 358. 
halte 223. 
altfränk. ham 69. 
brind 217. 
hmob 217. 
bmorjan 272. 
büt 319. 
ilki, ilgi 221. 
inwartson 79. 
ka-, ki- 69. 
kart 131. 
kartja 181. 
metu 384. 
milti 131. 
morkan 353. 
obaz 224. 
perabt 128. 
sabs 207. 
8&mi- 63. 
sarf 857. 
scarf 857. 
scarto 224. 
scilaf 860. 
siola, süla 225. 
slaff, slapb 225. 
sn6o 60. 
snur 60. 
steccbo 96. 
StecbeboroD 96. 



stich 59. 
stozu 59. 
sträla 220. 
stind 58. 
sundröni 58. 
sweif 488. 
wabs 220. 
weter 266. 
zand 353. 
ziga 319. 
zwifal 431. 
zwig 440. 



3) Mittelhochdeutsch, 

nenhochdevtsch und 

neuere oherdentsche 

dialekte. 

Schweiz, libed, &big 261. 



I bair. abreispen 74. 
alein. agalster, agelster 

49. 
Schweiz, ägerste u. s. w. 

48. 
Schweiz, almets 79. 
ampfer 13. 
bSbm. anraum 77. 
ant- 289. 
tir. atolmats 79. 
mhd. berebt 128. 
mbd. berbtennaht 127. 
bescbreien 75. 
binse 221. 
Schweiz, bort 221* 
brauen 180. 
mbd. dinster 196 f. 
dreist 433. 
dttster 199. 
einfach 430. 
ent- 289. 
tir. cnz'n 78. 
kämt, falcbe 484. 
faust 288. 
finster 196. 
före 221. 
mbdk galander 51. 



Wortregister. 



461 



MLük, gesB'n 78. 

gewitter 266. 

b5hiii. gidal 76. 

tir. sattele 76. 

glocke 18. 

bohm. graslitzbeere 77. 

tir. grfttig 77. 

grindel 222. 

grob 222. 

Schweiz. halB(l)ig 261. 

hamster 226. 

mhd. helsing 261. 

fränk. hess'n 78. 

hinken 819. 

holz 223. 

cimbr. indarzalt 79. 

cimbr. innmrEent'79. 

tir. intolmat 79. 

alem. kägersch 48. 

karmin 226. 

kermes 226. 

klor8 223. 

klotz 228. 

nOmb. kmt 76. 

b5hm. kmz 76. 

bair. Schweiz, knlm 825. 

lebendig 260. 

Inst 174. 

henneb. mangelkem 2M» 

henneb. mannel 260. 

minder 268. 

murren 237. 

oberschwäb. nagelhex 48. 

b5hm. nira 76. 

peitsche 221. 

Pfennig 260. 

zips. nordbShm. pottom 

80. 
aachen. pottflhm 80. 
quader 207. 
rebhün 224. 
recken 288, 240. 
reichen 288» 240. 
oberbair. rennet 262. 
mhd. rtse 224. 



frKnk. rispe 76^ 
fränk. rispel 76. 
mhd. roum (Parz. 1, 21) 

77. 
mhd. rtteren 272. 
sanl, senle 226. 
schale 224. 
oberd. schart 224. 
schief 62. 
schlank 825. 
Schnee 60. 
schwank (adj.) 226. 
seichen 66. 
seihen 66. 
senden 268. 
mhd. sinnen 268. 
mhd. smiegen 226. 
sUb 226. 
stamm 216. 
strecken 288, 240. 
streichen 288, 240. 
Schweiz, sttttig 261. 
mhd. täber 225. 
cimbr. telele 77. 
b5hm. teile 77. 
überwinden ä63. * 
böhm. nitai 76. 
kämt, uräss 76. 
Ssterr. nrassi 76. 
5sterr. nrschen 76. 
verwinden 268. 
wachsen 220. 
weben 194. 
wetter 266 ff. 
mhd. Wide 221. 
wirtel, Wirten 221. 
zeige 228. 

4) Ütsächsiscli, mit- 
tel- XLui neunieder- 
dentsch. 

mnl. bellen 74. 
mnl. berispen 74. 



mnl. denneghen 76. 
hlnst 197. 
ndd. hoiken 319. 
ndd. höhen 319. 
holm 226. 
hr6rian 272. 
ndd. slank 226. 
ndd. telge 228. 
wedar 266. 



5) Angelsäelusisoh. 
Inglisch, 

engl, hark 221. 
beorcan 221. 
hrSran 272. 
hrim 77. 
meodn 384. 
ofät 224. 
scacan 318. 
sceam 64. 
smügan 226. - 
spit 212. 

thrist, thrtste 433. 
väfer 194. 
yefan 194. 

6) Altnordisch, 

ama 13. 
ami 13. 
brot 221. 
fal 433. 
fala 433. 
holmr 226. 
hroera 272. 
hv&sa 210. 
laeri 173. 
sam- 69. 
skaka 818. 
skoekja 319. 
smiüga 225. 
vetSr 266 f. 
vefa 194. 



1) Ütgriechisoh. 

ayxiffTQOv 196. 
deivitpi^ 67. 
aioq 26. 



B. (phriechisch. 

a^^oo^ 23. 
Ai&oq, -ai^oq 67. 
at&w 130. 
ainoXoq 179. 
alaxoq 366. 



*AHakavSQoq 64. 
dxf'aTQa 196. 
dxoveiv 271. 
dUUii' 34* 
dlaoq 38. 



462 

aknq 98. 
a^a 62, 65. 
dfiaXSvitm 818. 
*j4/jialtaioq 68. 
dor. a^a^ 56. 
*Afin^iOv 66. 
aftfii^o^ 66. 
df».q>urßfivim 281. 
ai;. 118. 
draltoq 86. 
ayai'»o? 12. 
drarra 289. 
fXF/a n. s. w. 1 ff. 
dvty^to!; 8. 
dvja 289« 
'^^i'Tai'iJ^io? 64. 
HTt^v 289. 
'^^rTiyi'Ä^i 64. 
Ol«!/ 289. 
dvToiioi 289. 
«0^0« 26. 
(•o(r<rivTi7^ 2 5 f. 
ajiifi'i;^ 286. 
(BTlAof 481* 
nnXovq 481. 
dqaßoq 19. 
o^ado? 19. 
a(>et^Mrxtti 66, 366. 
(»^äo<rc<y 19. 
dfiyvQoq 240. 
ci(>^<rxa* 866. 
a^Tifc^fti 861. 
a^Trail^oc 862. 
a^Tiij 857. 
'AffMlfinioq 106. 
oirxo? 144. 
doTiiP 279. 
aiTT^o^ 279. 
fXTa^Tij^of 24. 
aTQifiaq 62. 
/^a/v«) 210. 
ßdxxQov 869. 
ßdQßaqoq 459. 
/?curxw 448, 868. 
ßtlxiXov, ßelxtlor 869. 
ßißqdtrxw 869. 
lak. /?/«^ 870. 
dor. ßoQ&o^ 80. 
/9^</«w 218. 
/9^vjcw 869. 
^aA«s 180. 
yaftßQoq 197. 
^^ 807, 440. 
fivia&cu 271. 
^^»«r^'oy 870. 



Wortregister. 

yviipoq 57. 
;^^<»oi 271. 
^^ino< 860. 
Y^htfoq 360. 
iaßtl6(; 288. 
^acAoc 288* 
^a^cc* 288, 868. 
dor. JdXoz 282. 
^a/ia^ 197. 
6idlexo/iai 869. 
Mlwofiai 369. 
i^^cioc 283. 
äoL ^c^xo? 57. 
^ci'Ti}^) 280. 
SifHf 280. 
^ii^f»!' 84. 280. 
Siw (binden) 283. 
S^Htq 280. 
d^Xoq 282 ff. 
Jnfifltfl^ 161. 
a^ao? 279 f. 
dfifio^ 280. 
a^fo; 368. 
Ji}« 161. 
duUm» 280. 
<l*ajeoi'0( 26. 
^laAoc 288. 
if/aito? 288. 
Jidtrta 820. 
a«<la<rxHr 288,868, 
didax^ 868. 
a*f»iifTij; 820. 
^iCiT^cfil? 320. 
duntTiiq 160, 820. 
dMt^<7^C 820. 
Jiovv^q 60, 71. 
J§o<rdoToq 820* 
JioifqtoQOQ 820. 
^i^o? 70, 486 ff. 
diffla<lio« n. e. w« 431. 
d^siUxS 430. 
iijtXdffioi: 431. 
a*nA6c 480. 
a»9rAoii(; 480. 
itnrvxoq 480,434. 
durtrof; 70, 436 ff. 
(iUiitoq 365. 
d*9CMr»oc 437. 
dlx» 70, 486 ff. 
^»jt^a 70, 436 ff. 
Jidiffi 161. 
Jhdvvmo^ 60. 
^vo^of 57. 
Sofioq 279. 
ao&s 405. 



aof II 80. 
^ot'lo; 27. 
A^vq 30. 
diWiiji'O? 279. 
iyX*ffffiMQn(: 284 f. 
MMNtt 401 ff. 
fl^f}«<» 401 ff. 
i&üiv 313. 
jr^i'o; 30. 
«?«floc 871. 
(Ixdf 371. 
fJi'acTC? 59. 
eivdxiQti; 8. 
<&aToc 59. 
cÜlirayia 289. 
i(axM 869 f. 
ixid^atö 73. 
iktytiop 275. 
^y 118. 
I^yarza 289. 
/yr/a 59. 
roMa 369 f. 
iofffffitriQ 25. 
kirdfiur 26. 
inixoaat 72. 
6rif&fIoc 8^9. 
iitCuovQOi 24. 
inlifgoß-oq 23. 
/AiTa^o^«« 23 f. 
innocüiuq 72. 
ingdi^tain 287. 
?ffw 179. 
if^itYm 22- 
igiySovTtoi 56. 
j^^j'o« 30. 
/^rjcft» 369. 
f^jt«^a* 868, 448. 
rirovra 289. 
tegeaL lir^oira 405. 
^'iTTifxa 215. 
lifffi^i' 215. 
;<rria 180, 172. 
'£<rK<ee 171 ff. 
iaridm 173. 
iax^Qt 224. 
dor. fTTaxav 419. 
n- 288. 
«varioq 289. 
tvdt(tkoq 288. 
Biliffo? 288. 
tvxofiot* 368. 
fUf* 172, 271. 
iqtimtoq 173. 
r^ ^ipa cett. 416f. 
r/K 109. 



tiXoc 281. 
Zaio« 281. 
(#/«Tai 281. 
^ifffta 281 
U'^ 271. 
t^Aos 281. 
Zijiac 281. 
(ijr^w 281. 
iCi%a$ 281. 
Zofri'^oc 60, 71. 
l^öfpoq 67. 
(mo? 281. 
(w^o? 281. 
i7Ka40lff. 
lyKaco? 61. 
Vfili« 88. 
'^ju^a56. 
«/«i<ri' 870. 
ilfu- 68. 
i^vAs 289. 
ijfWor 288. 
'HpMnfvq 288. 
i|f7rc(^ 55. 
ij^fjua« 62. 
^c/icriloC 160. 
^firo« 159. 
/^tio^ 159. 
^«oc 187, 158 f. 
&i(fanur 26* 
04qfit%o 289. 
^/<rxaoi; 159. 
&i<rn4ifhoq 159. 
^i«Fn»s 159. 
ef<r;r^wTo^ 159. 
^ttfijpaTOC 159. 
&^xfl 406. 
^^<; 27. 
kret. ^co<; 159. 
t9vaft<r«itf 866. 
^o£i'/?o? 19. 

^^r/io? 19. 

XxcA«« 371. 

ilaXn 70. 

i|o? 78. 

^o^rc^^; 67. 

iöfiwfjoq 284 f. 

(«roc, 2(roc 870. 

UrfffXa 70. 

7<yr/i/ 171 f. 

XaxXa (gemsenfell) 78. 

Xaxiiou (banttsckwimme) 

78. 
dor. xa 154. 
xa/ii» 271. 
xfluKii 66. 



Wortregister. 

xalcii' 16, 184, 216. 
dor. xdv 154. 
xarayif 16. 

XOTTfrOC 819. 

xanroq 66. 
xo^nol«^^« 192, 862. 
xa^nCa 858. 
xo^ffK 858. 
xoe^no? 857. 
xnaaa 819. 
Xa<r4rayJ^ 64. 
xdtarra 289. 
xaraTT^iji'O«» 287. 
xat'«c||orTa 62. 
xati^oq 62. 
x/ 154 
xtaiw 74. 
xia{/vor 80. 
xtdaa^dmq 78. 
x«/itf 74. 
xMadoc 14. 
xflaftvoc 60. 
xfAo^r^wr 14. 
xAfo^cM 15. 
xüXt*^ 16. 
x^ 154. 
xe^af^uv 24. 
xf(io? 217. 
KifM(nl»v 68. 
KlfimXnq 67. 
X/^ft»y 67. 
l&ra/^a 67. 
tkAPoqa 66. 
xftfav^ov 62. 
l&rkt? 67. 
xiy^t'roc 67. 
KivtiUq 68. 
x»Sai;ii7C 70. 
xi^tfo? 70. 
xuKtaXfiq 70. 
xAa;^;^! 217. 
xXdioq 228. 
siciL xAal 72. 
KXfidfiiAOti 160. 
£Lf itr^if^C 160. 
xXio? 216. 
xXxfW 216. 
x^iAc^^ov 60. 
xritpaq 67. 
xi'/^o? 67. 
xi'ft)!^ 57. 
xofri'o; 66. 
xoila(f»r 16. 
xoAaS 15. 
xoAa ;fT»y 16. 



463 



xoAa<^o? 16. 
xolfo; 16. 
xolfr^ar 16. 
xnXoßoq 16. 
»ol«i«of 15. 
xnXnxvfta 14. 
«olor 16. 
xolo? 16. 
xoXoffauz 15. 
xoXotfP^rdf 14f. 
xoAoi'ar 15. 
xoilowci' 15, 16. 
xoXov ftßatf 15. 

XOilo^MI' 15. 

xoilDirf; 15. 
xnXMoq 15. 
Koftcu&oq 67. 
xo/i:ro; 17. 
KofiMV 67. 
xoraßoq 17. 
xoro^oc 66. 
xov*o^ ro(; 14. 
£^oi'ooi'^CK 86. 
Korwr 67. 
xooi 16. 
xon^oc 66. 
x/(»a( 217. 
XOQIQ 24. 
lac. xo^o« 24. 
Kovf^itq 24. 
xov(Jiji:tq 24. 
x^aiTiaAi} 862. 
x^a»ni'oc 199, 862. 
x^ijTr/? 869. 
xifi^oq 70. 
x^«<r<ro? 70. 
xQovt» 271 f. 
x^i'/?(fa 289. 
XQt'ßSfjr 289. 
xQVfJoq 77. 
xpwTEior 857. 
xTt'ffo^ 56. 
xia&oq 16. 
xvßfQtfi 80. 
xr/9i7 16, 80. 
xvlffxw 866. 
xvAi^ 16. 
TUVfinyj^'H 62, 65. 
Kifftaf&a 67. 
KvfjiogtlSfiq 67. 
xvfißaxoq 16. 
xvfißfi 16. 
xrmy/ij 62, 65, 68. 
JRCt'fai^i» 67. 
Xv^ai^oq 67. 



464 

Kvmla 68. 
KvvoQTaq 68. 
Kvvov^ia 62. 
xvTttXXov 16. 
xvnij 16. 
xi'Toq 319. 
xvi^^ilij 16. 
xukov 16. 
jiC(tf)'a(^oq 6ß. 
x<uc 16. 
Xalo» 361. 
Aaio? 219. 
Xafi6q 228. 
Aoc^i'^oy 361. 
i«/a 361. 
Atißtivoq 107. 
A«^j9ai 107, 

X^axn 36^- 
AfW 361. 

Jl4a*o^aft 178. 

XlvQa 119, 198. 

Avw 182. 

fiada()oq 29. 

/ia<l6? 29. 

fiatioq 29. 

Maia 170. 

fiaCvoficu 818. 

fAütfAfAll 29. 

fAaqfialQtii 163. 
ftaqfiagoq 164. 
(AaQfAnqvyti 16^. 
fia<raa&cu 29. 
^oMTro? 29. 
^*'^w 384. 
/uiAa^^oy 60. 
|U^Aa5 60. 
ftiXdofJcu 818. 
^/A* 884. 
|ua«t 313. 
^ii-oq 177. 
M^T«<i 111. 
|U<W 313. 
lUf^^t» 312. 
fAiqhfiva 318. 
lAtQfifiqC^ia 312p 
^^o<; 812. 
/iflQvtaO^ou 281. 
firi^fig 29. 
^^Tif 131. 

fii/ivaiaxia 366. 
/itfiv^axa 813. 
/iOQfivQUi 237. 
fioaxoq 29. 
^i5, ^0 237. 
ftvdoq 238. 



Wortregister. 




^i/M» 365. 


ovgiaxoq 19. 


/iijxo« 362. 


71«^«** 19, 284. 


^/rc 865. 


naga 373. 


fivaxoq 362. 


na^a^ 373. 


^i^ffo? 862. 


Ttägavia 289. 


^u<ro; 238, 362. 


Tra^i^ii-oq 29. 


^ij« 237. 


7ra()oc 373. 


^i'on^ 365. 


naq 289. 


NiavSgta 64. 


naax*»» 864. 


r*oc 60. 


naTa^^o; 19. 


fVs 57f., 167. 


llaTQOxXijq 104. 


v^j^w 66. 


HartioxAo? 104, 


y^Cw 58. 


Tifrxoq 864. 


•»ft./a 68. 


n/xxo? 364. 


li^cii; 68. 


Tttgttaiifj 68. 


Novoq 68. 


niQfft(p6vti 106. 


fi)i* 60. 


naaxos 364. 


vvöq 60. 


;iiT(>a 205. 


fi/,fO? 72, 


y-liT^O« 205. 


^Uoi» 30. 


nfjday 281. 


Ivp 70 f. 


Tl/l'« 119. 


Swo? 70. 


nlavgeq 206. 


oSnUt»' 34. 


TiAix«*!' 430. 


6^0? 26. 


;rA;/*05 120. 


oCo? 28 f. 


rioXvdfvxtiq 106. 


otal 31 


no^TK 80. 


o2^»oy 81. 


noaaxfi 436. 


Oi/ioq 81. 


^lOTafr/^ 287. 


or<re<r^ai 81. 


noTa^oc 66. 


oJcaAfii' 16. 


ngaviiq 287. 


oXixat 869. 


n^arbv 287. 
Ti^ip^C 286. 
ngo 289. 


oAir<r»a> 367. 


OfiaXoq 67. 


o/uafc? 65, 66. 
'O/iaqtop 66. 


TT^offavi;; 287. 
Ti(}o<rii¥rtq 286. 


o^^^o? 66. 


7i(>o<rf}i'öcaYO? 287 


o^o»o$ 65. 


Ä^OT< 289. 


'O/Aolfi 68. 
'0/£oAiuÜo? 68. 


ngwQa 375. 


n^wTO? 376. 


ofioq 62, 66. 


nraUiv 19. 


äoL öi'v^a 214. 


TETC^or 55. 


onawif 26. 


7iT/<r<yw 366. 


o^/;;^oi 288. 


TITO^^Oq 29. 


o^*o? 80. 


nwi; 170. 


0(7»; 857. 


QiÜTtavoq 360. 


ognti^ 358. 


^«ä/c 358. 


6a<niTtiQ 26. 


^anv? 360. 


ooTcov 28, 131. 


Qdf>avoq 360. 


offxfoq 29. 


^'ot^ii? 360. 


off/i, 29. 


gi&oq 22. 


o<r;to? 29, 288. 


lac. ^»ni^ 869. 


ovoßoq 19. 


glnoq 359. 


OTOiV;^« 19. 


^^<^ 359. 
^o^»o? 22. 


sicU. OvXi^ov 78. 


ov^o/ö^ 19. 


^0^0« 22. 



^oißdiw 22. 
goJtfioq 82. 
Qotiof; 22. 
4o<pfTv 22. 
gox^^lv 22. 
Qv&fioq 28. 
^vantv 869. 
^^ 858. 
iralro^ 61. 
«rmo/, <rcMOi 61. 
tfojr« 55. 
aaura 55. 
^a/117 64. 
Saifuv&oq 64. 
Sdftixoq 65. 
JSafilmv 65. 
.Souco^^ari; 64. 
SafAoq 68. 
Sctfioq 68. 
SafAvXoq 65. 
Sdfiwp 65, 67. 
SobfAVtnw (ntdtov) 64. 
trafuLaji ^'* 
^ai'cini; 68. 
J^ariy 64. 
aap&ilq 62. 
crai*!; 224. 
o-ovoe^o; 20. 
iTavviop 20. 
<ravQfi 20. 
aavQoßqi&ffq 20. 
tfatr^o^ 20. 
ffav^avTi;^ 19. 
.Tfi^/xicK 159. 
.^»^17^« 159. 
Stlnofinoq 160. 
StlTbfioq 160. 
aÜno9 860. 
.7«/io$ 68. 
J?7//i»i'68. 

1«C. flTM» 1597 

o-ZA^cov 860. 
Si/idyytXoq 62, 68. 
JSiftcu&a >67. 
S^fiaQiov 66. 
^»/ia^ürro? 62, 68. 
Sifittqoq 66. 
aifAtov 65. 
JShfibxiictti 65. 
S^fijfifaq 65. 
Shfiottq 64. 
<r»jUOC 64. 
J?i^oc 65. 
StftvXo^ 65. 
JS'^^ctfy 65, 67. 



Wortregister. 

j Stv€u&oq 67. 
I <rcra/«tt^oc 285. 
' SivarSi^q 68. 
<rif 0^0 if$ 68. 
, .7/yi0y 67. 
! SiPmnii 68. 
i dor. <rM)c 159. 
{«riraC« 819. 
' ffxcMO« 61, 449. 
SitafiavSgoq 68. 
axa/jißoq 62. 

Sndfimv 68. 
«rxänffToc 819. 
(rninaQvov 80. 
<rxffi;axac 62. 
(TMifAßoq 62. 
äol. ifxl<poq 78. 
<rxr*^of 59. 
axviipoq 58 f. 
Oxoo;k/o( 357. 
axvpctXop 55. 
«rxifTO? 819. 
<rxa»^ 54. 

fffiiXQUti 81. 
(jrftf(fdaUoq 19. 
aoßa^q %0. 
Soft^OQoq 66. 
oofoQOP 86. 
bSot <row 65. 
onaTlXfi 56. 
enia&at 55. 

(Tff/^C 211. 
o-^r^diteK 811. 
itni&dfifi 212. 
<rT/(x^ 215. 
ajelvea&ai 285. 
<rTiyo« 215, 285. 
(TT^w 215, 285. 
arevficu 214, 285. 
(nr/^oi 59. 
OTOfta 214. 
äol. (TTv/ia 214. 
(rrvffa(» 56, 59. 
(TTvnea 56. 
arvqt^v 56. 
<rTtitfjUi'ilo« 214. 
JSv/jtaC&a 67. 
Svfiou&oq 67. 
Sv/idf^ffq 66. 
ffvy 54, 62, 65. 
ffvpd^ga 66. 
01/^17^17$ 66. 
<rt/ir^v|o> 72. 



465 



Zeitschr. f. vgl. gprachf. XVI. 6. 



avyoi^oi/c ^8. 
avottp 15. 
ToJot^^rtt^o« 284. 
Tala3v</^»o9 284. 
T/Xtroy 278 f. 
ti^tTQOp 119, 198. 
t/i^jt« 809, 811. 
TfT^a^tt 869. 
rer^gfialvm 869. 
T^^/M 158. 

Ti&aißmmf» 868. 

T»^a<ro$ 868. 

T»T^«»<rx«» 866. 

Toy^^vc 19« 

T^a;ifi7li€Mi 218. 
iT^iu 271. 
' Tfi^o'« 70, 72. 
T^/3v;ia{ 481. 
T^iffiro« 70, 72. 
T^«9n<r«oc 487. 
xqlx$vt 70. 
T^Wxw 866. 

Ti;?rcft 57. 
äol. vfAoioq 65. 
vntiPfi ^86. 
vtpalpm 194. 
<]pa<rx«» 867, 448. 
WE. 9^a^ 141. 
7>o^/?i7 192. 
9>^^C 416. 
9P<w 416 f. 
9)^Uor 29, 181. 
9>r'aa 405. 
9>i;<raa) 211. 
XapS- 181. 
jlfcx^a^^^o^'Slf. 
t^i^oq 59. 
dfioq 18. 



2) lengrleohifloh. 

dxofta 128. 
axöjui; 123. 
axO|u» 128. 
ampi 899. 
ßakroq 221. 
ghizi 899. 
ndiazzntte 899. 
itdu»yxaq 224. 
peraton 398. 
plozmonta 899. 
To nXüat 399. 
plo0o 399. 



30 



• 




466 


Wortregister. 


aavia 224. 
aavlSi 224. 


aovßXa 226. 
aovßU 225. 



I aovyXl 225. 
I ;|f^«»a£o^a» 400. 



C. ItaMsohe sprachen. 



1) Utetnisch. 

acnpedius 249^ 
ad 876 f. 
adaginm 273. 
adsecla 27?. 
aedes ISO. 
aeger 112. 
aegrotns 112. 
AescnlanuB Hl* 
AesculapiuB 10(. 
Aiax 72. 
Alemona 189. 
amarns 18. 
amb-, ambi- 9^0. 
ancilla 114. 
Anculae 114. 
Ancus 114. 
anfractus 881. 
Angerona 11^. 
Angitia 1Q9l 
ango 111. 
angnis 109. 
Angnitia 109. 
ante 289, 872i, 
ape 879. 
apor 879. 
apnd 879. 
ar- 876 ff. 
arbiter 189» 97d. 
arbor 121. 
arcesso 862. 
ardnos 121. 
argentmn 240. - 
argUla 240. 
argso 187, 24^. 
anmdo 876. 
aUGtamnna 119>^168. 
angere 182. 
antem 298. 
anxilinm 184* 
bacnlnm 869. 
bifarins 487*. 
bUis 882. 
bis 210. 
bos 210. 
Bubona lU. 
bubnlcus 111. 



bubulns 111. 

Cacus 17«. 

calare 184, 218. 

calcens 16. 

calcitrare 16. 

calx 16. 

Camena, Camoena 176. 

canere 18. 

Caproüna 112. 

Carmen 18. 

Carmena 178. 

carpere 857. 

Gasmena 18, 178. 

cantes 181. 

Cerealie 175, 802. 

Geres 175, 802. 

Gerritns 802. 

Geras 174, 189. 

cespes 199. 

Ginxia 109». 

citra 372. 

clamo 218. 

clangor 217. 

ditellae 112. 

Glitnmnns HS, 168. 

clivns 112. 

dno 216. 

oolere 122. 

collis 15. 

compedio 864 f. 

compesca 8A4f. 

concilium 184. 

congrao 141. 

Gonsus 1(K9^ 

contio 188. 

contra 872. 

coqno 277. 

comu 217. 

corvus 217. 

crepida 859. 

cms 141, 91&. 

cucnmis 800. 

cni 808. 

cnUna 277. 

cnimen 15, 325. 

cum, com- 54 > 62» 65^ 

69. 
cnpa 16. 



cuspis 212. 

altlat. deda 188. 

defractnm 180. 

defrutom 180. 

delica 277. 

delicns 277. 

delinqno 277. 

Dia 161. 

Diana 161. 

Diespiter 114ff.,298, 820. 

Diovis 161. 

Dispiter 114 ff., 161. 

dinmns 298, 820. 

Dios Fidius 161. 

divido 370. 

dolinm 222. 

domi 808. 

domni 803. 

dormio 142. 

dubins 488. 

dnplex 430 f. 

duplns 480 f. 

alüat. eeis 807. 

egestas 807. 

eloginm 275 ff. 

eloqnens 278« 

eloquinm 278l 

Empanda lt8t. 

enim 298. 

altlat. enos 801. 

erga 240. 

ergo 289. 

erroneus 208. 

esca 364. 

escit 868 f. 

escunt a63£, 449. 

altlat. exfitract 872. 

fames 298. 

farcio 104. 

Faronia HO. 

Fatna 118. 

Fatnns 118. 

fei 224, 88^. 

WZ. fer 192. 

Feronia HO. 

fernere 180. 

Flora 117. 

fluo 187. 



Wortregister. 



4«7 



focns 188. 

foUnm 89, 181. 

altUt. forctnm 104. 

fordufl 192. 

fore 189. 

WZ. fhmg 168. 

firemo 218. 

fireqnenB 104. 

WZ. frag 168. 

AuTiu 118. 

A18C11S-II8. 

GaraniiB 175. 

gaadere 222. 

gmer 197. 

Genita 118. 

gliBco 448. 

gracilis 15. 

gradtu 207, ^ 

gressns 207. 

gnla 218. 

gnstare 271. 

guttur 181. 

hasta 180. 

hendo 181. 

Herclea 108 ff. 

Hercoles a. s. w. 108 ff. 

herctnm 104. 

Herein 110, 118. 

Herie ILO, 118. 

hie 807. 

hispidns 212. 

hodiemua 298, 820. 

alüat horctnm 104. 

hordns 192. 

Jana 161. 

JanuB 161. 

alüat. ibna 807. 

identidem 289. 

idoneus 202. 

imbno 187. 

in- 118. 

in 118. 

infra 872. 

Inivos 118. 

instigare 59. 

inter 118. 

interdina 298, 820. 

intra 372. 

Innus 118. 

irasci 449. 

ita 289. 

itidem 289. 

Jnno 161. 

Jupiter ll4ff. 161. 

Jntama 182. 



labrum 125. 
lac 180. 
lactozia 109. 
Lactnrda 109. 
Lactnmns 111. 
laevuB 219. 
lama 228. 
lamberare 125. 
lantema 198. 
Lanuvinm 192. 
Lar 118, 178. 
Lara 174. 
Larea 118, 178. 
Lamnda 174. 
Larva 118, 174. 
laaciviia 142. 
laser 860. 
laserpitinm 860. 
Laaes 118, 178. 
Utema 198. 
latnih 119. 
latus 121. 
Lavema 181, 861. 
Lemures 181. 
liber 119. 
Liber 107. 
Libera 107. 
libo 107. 
Ubra 119, 198. 
Uceor 277. 
licet 277. 
licinus 277. 
limoa 277. 
linquo 277. 
Unter 182. 
locusta 278. 
longns 122. 
Luceres 175, 296. 
Lncereses 175, 296. 
lucmm 182. 
lunter 182.' 
luo 182. 
Maja 168ff. 
MajesU 171. 
majestas 171, 807. 
Majtts 171. 
Mämnrins 110. 
mane 117, 804. 
Mantuma 111. 
(Geras) Manns 174. 
Marica 164. 
Marmar 161 £ 
Marmor 161 ff. 
Mars 161 ff. 
Marspiter 114 ff. 



masculas 288. 
Matuta 110, 117. 
Mavors 161 ff. 
altlat. mehe 807. 
mel 884. 

Menenra 118, 177. 
ment- 289. 
Mercurius 110. 
metus 182. 
Minerva 177. 
mirimodis 806. 
mitis 181. 
altlat. mins 183. 
mddS 122. 
morbus 189b 
mort- 289. 
mu facere 287. 
multifarins 487. 
multimodis 808. 
mnrmurare 287. 
mnrta 109. 
Murtia 109. 
mus 865. 
mnsca 865. 
nam 298. 
nebula 167. 
nempe 298. 
Neptomnus 112, 167. 
Neptunns 167. 
Neria 177. 
Nerio 177. 
altlat. nis 807. 
nix 58. 
nnbes 167. 
nnces 278. 
nugae 278. 
nums 60. 
obliqnus 277. 
omnimodis 806. 
ops 120. 
opus 120. 
ordo 132. 
orea 288» 
oro 448. 
OS, oris 448. 
08, OBsis 28, 181. 
ossua 131. 
Pacuvius 192. 
Palatua 181. 
palea 181. 
Pales 179 ff. 
PaUci 181. 
PalUia 179. 
palpebra 198. 
palpetra 198, 200. 

30* 



Woxtfegister. 



PaadA 108. 
pandere 108« 
papilio 202. 
Parcae 108. 
PariÜA 179. 
Patella 108, 117. 
patella 108. 
PateUana 117. 
patere 108. 
patina 108, 117. 
pavire 19, 284. 
pedet- 184. 
p«r 376. 
Peragenor IIB. 
perdagatos 876. 
altlat. perdeam 876. 
perdins 298, 820. 
petra 205 ff. 
petronea 206. 
pinso 366. 
piads 142. 
piua 119. 
plebea 120, 298. 
plebs 120, 298. 
plectere 486. 
plicare 480. 
plnzi 186. 
PoUu 106. 
por 380. 
postnlare 184. 
posni 188. 
post 872. 
Pota 108. 
poteataa 807. 
potiri 181. 
prae 872 ff. 
praedoptiont 878. 
praeatitea 116, 118. 
pridem 298, 874. 
primns 474. ^ 
prior 474. 
priscna 800, 874. 
pristiniia 800, 874. 
pro 874. 
prod- 874. 
prodigiiim 278. 
pronua 286. 
propitina 211. 
Proaerpina 106. 
proaper 211, 298. 
pnbea 800. 
qnadratarina 207. 
quattaor 296. 
qneror 209. 
qai (abL) 304. 



quicquid 115. 

quidam 298. 

qnidem 298. 

quoi 808. 

qaomodo 122 ff. 

qnondam 298. 

rapere 861. 

raaciia 22. 

rayia 22. 

re- 876. 

Recaranua 175. 

red- 876. 

rediyiyna 871. 

regere 288. 

relicnna, reliqQoa 277. 

rq;>o 861. 

rete 181. 

ruber 191, 882. 

mbidna 194. 

rudere 22. 

mdua 224. 

rufiia 191, 882. 

mgire 22. 

mitnma 189. 

ruma 109. 

Rumia 109. 

Ruminua 111. 

rumor 22. 

mmpere 861. 

mo 187. 

rupea 209. 

Rnpilins 861. 

mtns 189. 

aacer 179. 

Saetnmna 111, 189. 

aaevua 61. 

aagitta 208. 

aancire 179. 

aanctna 179. 

SancuB 178. 

aane 804. 

aarmen, aarmentum 858. 

sarpere 187, 867. 

Satnmua 111, 189, 182. 

aaxnm 207« 

acaeyus 61, 219, 449. 

acindere 207. 

acirpua 859. 

aoortom 180. 

acmpulum 209. 

acmpua 209. 

aecare 207. 

aecta 186, 277. 

aecundoa 277* 

aecuris 207. 



aecua 277. 

aSd 375. 

altlat. aed (aeditio u. a. w.) 

301, 875. 
aednm (^ aed) 876. 
aegea 208. 
Segeata 110. 
Seja 109, 111. 
altlat. aeine 802. 
aemen 109. 
aemi- 68. 
Semo 118, 178. 
aeptuaginta 181. 
aeqnor 179. 
aero 109. 
aerpe 860. 
aibilua 882. 
aic 802. 
aifllua 882. 
aimUia 65, 69. 
alüat aimitn 69. 
aimplez 430 f. 
aimplna 480 f. 
sirpare 869. 
airpea 859. 
airpicnli 859. 
airpua 869. 
airpe 860. 
almol 66, 69. 
aine 801, 875. 
aobrinua 292. 
aocer 64. 
aolvo 187, 182. 
apatinm 212. 
aperaro 293. 
aperea 211, 298. 
apea 211, 298. 
apiritoa 211. 
apiro 209 f. 
apiaaua 2 11 f. 
Stator 114. 
aterculinium 109. 
atereua 55, 109. 
Stercutiua 109. 
Stercutna 109. 
aterquilinium 109. 
aubula 226. 
auere 225. 
aueria 801. 
aupra 872. 
altlat. auprad 872. 
anrculna 858. 
aurpiculi 859. 
auB 801. 
taedet 198. 



Wortregister. 



talea 228. 

tom 298. 

tenebnie 196 ff. 

tenbra 119, 198. 

teter 198. 

torcnlnm 277. 

tormentum 277. 

torqaes 277. 

torreo 188. 

tremo 142. 

trifarins 487. 

tnndo 69. 

tnor 187. 

uber 208. 

Ulizes 72. 

ultra 872. 

ultroneiu 208. 

Unxia 109. 

-ao 224. 

nibe 120, 208. 

Qrere 172, 271. 

urina 120. 

Hti 289. 

-nviae 224. 

yabmm 194, 889f. 

Tafte 194, 889 f. 

▼ates 181. 

Yedina 161. 

YedioyiB 161. 

vegetna 29, 132. 

Yenilia, Yenelia 178. 

Yeinu 178. 

Terbena 122, 208. 

verber 208. 

▼ertere 221. 

Yesto 180, 171f. 

Yesovina 192. 

Yica 108. 

Victa 109. 

Ylctna 109. 

vigere 182. 

virga 208. 

▼is 800. 

viscnin 78. 

viscns 78. 

Vitraviua 192. 

vivere 186. 

viverra 221. 

volare 111. 

Yolcanufl, Yulcanud 164. 

voltur 111. 

Yoltnma 111. 

Yoltamas 111. 



2) Umbrbch. 

amprehtu n. b. w. 881. 

amipo 877. 

Apnane 193. 

verb. Bt. ben- 210. 

(Jerfo- Martio- 189. 

ebetrafe 191. 

FiBO-108, 109, 179,198. 

FiBOvio- 179, 198. 

hebetafe 191. 

WZ. her 110. 

Honde (Honte) 191. 

hoDdomo- 191. 

hondn- 191. 

HorBO- 191. 

hnntro-, hnndro- 191. 

Hnrio- 191. 

Jovio- 193. 

Jnpater, Jave n. s. w. 

193. 
Juvio 193. 
kalero 388. 

Krapnvio (Grabovio) 192. 
knmates 181. 
Mare 161. 
mehe 192. 
mata 131. 
nerf 177. 
neroB 177. 
Padella 108. 
peme 118. 
petar- 206. 
PreBtato 116, 118. 
Prestata (Jerfia 189. 
Pnemnno- 183, 188. 
Pnpriko- 183, 188. 
rofo- 191. 
mfro- 190, 191. 
Safio. 178. 
Sako- 178, 193. 
Saiifio- 179, 193. 
Sanko- 178, 198. 
Tefro- 198. 
Treba 198. 
Tnrsa 183. 
Tnrsa (Jerfia 189. 
verb. St. torse- 188. 
tursitu- 188. 
Vestina 178, 183. 
vtifeto- 194, 383. 
Vnfiano- 194, 383. 
vafro- 194, 388^ 



3) Oskiich. Sabel- 
lisch. Yolskisch. 

amfret 381. 

Amma- 117. 

amnud 382. 

an- 118. 

Anafiro- 117. 

anter- 118. 

Anteratata- 118. 

AntXXovifrii 108. 

voUk. arpatitn 377. 

volsk. atahuB 377. 

contrad 382. 

volsk. Declnne 195. 

Diumpa- 117. 

ehtrad 382. 

embrator 118. 

en- 118. 

Entra- 118, 173. 

mars. Erino- 183, 189. 

Evklo- 106. 

Fluusa- 117. 

Flansasio- 119. 

Fii(u)tri- 119. 

Geneta- 118. 

WZ. her 110, 118. 

Heredo n. s. w. 108 ff. 

Herentat- 118. 

Mm 298. 

yolak. Jovia- 161. 

Kerrf u. 8. w. 176, 802. 

lovfro 119. 

Maatofa 117. 

MaesioB 171. 

Mahio- 171. 

Maiio- 171. 

Mamers 161. 

meediküefs 108. 

nemm 177. 

sab. Novesede, Novensi- 

les, -sides 195- 
Patana- 108, 117. 
petora 206. 
piihio- 119. 
pifstfaf 108. 
sab. Poimunia- 183. 
pm 382. 
Pup(i)dii8 188. 
Regatnref 106, 118. 
sei 382. 
Yerehasio- 119. 
Versor 118. 
Vestia- 171, 173. 
Vezkef 117. 



470 



Wortregister. 



4) Romanisch. 

rum. acolö 123. 
nun. acüy acum 122, 124. 
friaul. acumö IS 2. 
gennes. a giabba 12(). 
yen. a jaba 126. 
mlat. amodo 128. 
mail. ancamö 128. 
friaul. andemö 128. 
it. ancora 123. 
mail. anmö 123. 
mm. baltä 221. 
it. briaco 126. 
it. bricea, bricco 208. 
it. briciolo 208. 
frz. briser 126. 
prov. brizar 126. 
ven. ca (quam) 124. 
rum. ca 124. 
mlat. calandrus 51. 
it. Carrara 207. 
frz. carrean 207. 
mlat. celga 223. 
Maul. 9emüt 125. 
ram. c^'tr§ 198. 
frianl. dap 209. 
friaal. dapadk 209. 
südram. diie 201. 
prov. ven. co 128, 124. 
mm. colö 128. 
prov. com 128. 
prov. coma 128. 
it. come 123. 



frz. comment 124. 
it. como 128. 
lognd. cömo 123. 
südit. cttgna, cttgnS 124. 
roman. cnlm 225. 
ram. culme 225. 
friaul. cumb 122. 
frz. d^abrer 125. 
f^. ^clat 209. 
neuprov. esbrigä 125. 
prov. esclater 209. 
friaul. fari 200. 
rum. faur 200. 
it. foUa 212. 
frz. foule 212. 
mlat. it. fortuna 225. 
ram. gi^ba 126. 
südit gnS 124. 
mm. gni 124. 
ram. hiUmu 225. 
mlat. humulus 225. 
sttdsard. immbi 123. 
rum. intnnerek 199« 
frz. ivrogne 126. 
span. jabardo 126. 
rum. kreeri 200. 
frz. lambeau 125« 
span. lambel 135. 
frz. lambriche 125. 
it. llkppare 201. 
it. läppole 201. 
ram. lucrare 121. 
friaul. modant 122. 
altfrz. orains 122. 



mm. paianginu 224. 
span. pirpado 201. 
ram. peatrf 199, 205. 
frz. pierre 205. 
it. pietra 205. 
it. pioppo 201. 
ram. pleopf 200. 
ram. plop 201. 
it. qua 128. 
it. quadrello 207. 
rom. rauba 224. 
it. roba 224. 
it. sauro 225. 
mlat. sanras 225. 
ven. sbreg^r 125. 
ven. sborgna 125. 
it. schiappare 209. 
it. schiattare 209. 
neap. scigna 124. 
friaul. sclap 209. 
friaul. sclapik 209. 
frz. siffler 882. 
friaul. slambrä 125. 
mlat. soras 225. 
rum. sul« 225. 
it. taglia 228. 
mlat telia, tiliä 228. 
span. t^trico 199. 
span. it. tetro 199. 
rum. unflik 200. 
prov. vianda 249. 
friaul. vreas 126. 
neap. vreecia 208. 



D. Arische sprachen. 



1) Sanskrit 

ähnrä 111. 
ähüra?^ 111. 
aksa 55. 
änka 196. 
aKlüia 142. 
aU 289, 879. 
ädman 193. 
admani 193. 
adhi 379. 
WZ. an If 286. 
an- 118. 
anamivä 11. 
aniga 1. 
anis^a 2. 



antar 118. 

anti 289. 

apäb 121. 

^pas 121. 

apnas 121. 

abbimäti 131. 

WZ. am u. 8. w. 12 f. 

imivä 8 ff., 12. 

amlä 13. 

ara^a 30. 

ara9i 30. 

ara^ä 189. 

arkä 188. 

WZ. arKKh 868, 448,449. 

WZ. ar^ 187, 238. 

ar^na 240. 



WZ. ardh 121. 
irdha 121. 
ardhd 121. 
avakara 54. 
avasakthikä 55. 
avaskara 54. 
asthi 28, 181. 
ahi 109. 
änd 286. 
äma 13. 
ära^a 189. 
ära^a^ 189. 
ärät 878. 
WZ. i 142. 
WZ. ilüLh 142, 367. 
iti 289. 



WortregUter. 



471 



idammaja 202. 

idänlm 208. 

invati 186. 

irasj 449. 

WZ. is 2, 367. 

WZ. iks 65. 

inj 449. 

irsjä 449. 

WZ. uk 174. 

upamQrjamw^a 288. 

WZ. OS 172, 271. 

Gdbas 208. 

Gr^aväbhi 194. 

urdhva 120. 

r^ 288. 

r^vati 186. 

ekakälam 488. 

Skapar^ 482. 

6ka8 174. 

kankap! 18. 

WZ. ka? 18. 

katidha 486. 

kam 154. 

WZ. kar (facere) 174. 

WZ. kar (rahmen) 216. 

karisa 54. 

kar^a 216 f. 

WZ. kar9 18. 

kiLlä 488. 

WZ. kars 275. 

kSra 174. 

kärava 217. 

kärd 174, 216. 

kärsman 274. 

käl£ 488. 

kinklDl 18. 

kirti 216. 

krmi 226. 

kr9a 15. 

krsl 175. 

köpa 18. 

WZ. krand 217. 

WZ. krtm 218. 

kräfä 175. 

kräadn 175. 

WZ. klam ^81. 

kva9 18. 

WZ. ksai^ 218. 

WZ. ksad 213. 

ksapä 59. 

WZ. ksam 218. 

ksä 218. 

WZ. ksi (herrscken) 218. 

WZ. ksi (zerstören) 21 SL 

WZ. ksi (wohnen) 218. 



ksira 180. 
khan^ 819. 
WZ. galüUi 867. 
WZ. gar (tönen) 218. 
WZ. gar (verschlingen) 

218. 
gara^a 218. 
garva 218. 
gala 218. . 
gnm 218. 
WZ. granth 282. 
WZ. gras 271. 
WZ. grah 218. 
griva 218. 
gha 440. 
WZ. ghus 216. 
ghösa 216. 
khatra 226. 

WZ. khff, khjämi 74, 207. 
khäga, khägä 319. 
WZ. khid 207. 
^itva 248. 
lämatar 197, 214. 
WZ. ^ 187. 
^ina 142. 
WZ. ^y 137. 
WZ. las 271. 
WZ. tan 197. 
tämisrä 196. 
WZ. tars 183. 
tarsa 188. 
t&rä ^9. 
WZ. ti^ 59. 
WZ. tnd 60. 
WZ. tup 57, 60. 
WZ. tras 271. 
trikalä 488. 
trikäiam 433. 
tridhi& 486 ff. 
trSdh^ 489. 
da94a 131. 
WZ. darh 228. 
davijas 219. 
dä9agva 195,. 441. 
WZ. da 219. 
WZ. diy 161. 
divaspati 117. 
divöduh 320. 
dirgha 218 f. 
dura 219. 
diavi 50. 
drayar^ 50. 
WZ. dragh 122. 
dräghijas 122,218. 
dväpara 482. 



dvi 870. 

dvidhi 486 ff. 

dyedhil 489. 

WZ. dhar 318. 

WZ. dhä 158. 

näpät, näptar 167. 

nabh 167. 

näbha 168. 

nabhand 167. 

nilbhas 57 ff., 167. 

nabhasi 168. 

nar 177. 

nirja 177. 

nava 60. 

nitvagya 195, 440. 

Näräjaaä, -91 177. 

nigha^^a 282. 

WZ. ni^ 58. 

nütana 60. 

nünam 60. 

näu 60. 

pa^ta 205. 

pattra 205. 

pajas 180. 

WZ. par (hinüberfuhren) 

289. 
para 144. 
parimür^i 238. 
WZ. park 434. 
pala, paläla 181. 
palakja, pala^ja 181. 
paläva 181. 
palä9a 181. 
palS9in 181. 
pali^ka 181. 
pallava 181. 
WZ. pa9 59. 
päiä 179. 
pävaka 184, 188. 
pü9kali 319. 
pur 120. 
pura 120. 
pnrds 373. 
WZ. pü 184 ff. 
pra 289. 
WZ. prakkh 449. 
prati 289, 378. 
prathama 375. 
prathas 121. 
prastumpati 57. 
WZ. phal 181. 
phäla 181. 
phuUa 181. 
babhru 194. 
barbara 453. 



41t 



Wmtn^atUr. 



4S4. 
wx, Wt SIS» 

2S#. 

«z. hhamd in. 

im. 

«x. bharr 192. 

«X. bhi0 142, a€7, 448. 

«X. bhi0 S«7. 

wx. bb^ lU. 

bbrp#in 104. 

wx. bbfMi 318. 

164. 

IM. 
augUku 1«8. 
WHAMiM, 142. 
wx. BMd SS4. 
nüdba 884. 
nüUIbift 190. 
wx. mn 182, 215. 
m^buMrai 177. 
wx. mar 287. 
m^flki 164. 
mMt6X 162. 
wz# fluird 813. 
W2. mat 288. 
mib 168. 
wx. nuh 164. 
m^UiM 164. 
nuhf 169 £ 
WZ. mi 215. 
niter (rerfertiger) 29. 
miiM 174. 
minji 174. 
WZ. mif 865. 
nrngdb* 287. 
rnndr» 287. 
nradbl 287. 
WZ. mnf 288, 865. 
mnslui 288. 
mnskAfa 288. 
mufti 288, 865. 
WZ. mnh 287. 
WZ. mfl 287. 
mfltra 288. 
mflrkha 287. 
WZ. mflrlQi 287. 
mflrta 287. 
mllM 865. 
Jakan 54. 
Jakft 54. 
WZ. Jam 218. 



wx. JM 271» 
jJMitir 8. 
n^MA 249. 
28. 

A 121. 
A 121. 
121. 

WZ. m 219. 

WZ. rif S68. 
■ wx. rii 867. 
: ndkim 199. 
i wx. lap 278. 

WZ. laa 142, 178,448. 

wx. lip 228. 

wx. 11 181, 861. 
;Ta^ 182. 

wx. radb 25, 270. 
'' wtOhk 25, 268, 270. 
i Ttfdbac 267 L 
{WX. raa 178. 

T^aaa 178. 

riiKaa 16411 

raitti 167. 

▼ardb 120, 208. 

wxl TB« rwobooi) 180, 
172. 

▼db 172. 

WZ. ras (lenditeD) 130, 
171 f. 

▼aaal^ 172. 

T^atn 172, 184. 

▼i^ 182. 

Tiiajami 182. 

WZ. Tialh 868. 

Ti9a 168. 

.yan 482. 

▼Sri 120. 

yS^ 168. 

▼dpa 144. 

▼asaiiä 188. 

▼iaaiA 172, 188. 

▼aatn 172. 

▼^btospdti 172. 

▼iyis^at 172. 

▼Wis^an 172. 

WZ. ▼!& 870. 

▼itn 870. 

▼irK^rat 167. 

WZ. ▼»9 168. 

WZ. ▼rafi 168. 

WZ. 9Ss, fas (singen, 
preisen) 178. 

WZ. fis, fas (med. sieh 
sehnen) 209. 

fakan, 9a]qrt 54. 



Wortregister. 



473 



wz.BnUi 68. 
WZ. mn 60. 
stmBÄ 60. 
WZ. 8plia( 181. 
spaf 59. 
sphira 212. 
sphito 212. 
WZ. tphut 181. 
WZ. Bjand 449. 
fljSna 449. 
WZ. han 191. 
ha 440. 

wz.har 104, 110. 
haridri 60. 
haridni 60. 
häridray^ 60. 
hiiKh 867, 448. 



2) Prakrit. Nevtai- 
disch. 



T. ändhala 219. 
mahr. 4äyS, d&va 219. 
mahr. dShi 219. 
piäkr. pai 210. 

3) AlUränisch. 

altp. adam 214. 
arafka 449. 
kaofa 214. 



gaosa 216. 

WZ. gas 216. 

gerepta 167. 

yerb. st ^afa 448. 

zafan 214. 

täthra 198. 

thrizat 436. 

thriiyat 486. 

daregha 218. 

WZ. dk 868. 

dAoman 868. 

d&nu 368. 

dAmi 368. 

altp. drafiga 122. 

dvaidi 438. 

napta 167. 

pere9ka 449. 

altp. baga 220. 

bitja 210. 

bifra 433. 

bifl 210. 

vareda 203. 

altp. yardana 120, 203. 

ftakbra 216. 

9taiDaii 213. 

WZ. 9tn 214. 

WZ. fni 68. 

9Däyare 197. 

WZ. 9niz 68. 

9rya 217. 

hayja 61, 449. 



4) NeairiniSGh. 

oss. ar- 378. 

kurd. är 199. 

arm. ar'adel 448. 

kurd. daf (day) 214. 

np. dahan 214. 

np. dSmäd 214. 

np. dirang 122. 

kurd. e9tey 214. 

kurd. estüm 214. 

np. gerd 120. 
jkurd. kew 214. 
jnp. kfih 214. 

np. khär 207. 

np. khyähie 211. 

np. khyästan 209. 

arm. q'ar 207. 

arm. q'ar 207. 

oss. mit, mud 384. 

np. muhr 237. 

oss. ra 376. 

kurd. stn 214. 

np. sfikhtan 448. 

np. siniKkhtan, sinffsam 
448. 

np. tSr 199. 

np. tärän 199. 

oss. thar 199. 

oss. tznppar 210. 

nenp. yerd 120. 



gall. are 378. 
gadh. cluas 216. 



E. CeltiBche sprachen. 



welsch saeth 208. 
ir. saib 61. 



ir. seachraith 64. 
ir. tr^de 439. 



F. Lettisch -slawische sprachen. 



221. 



alokati 221. 
Anüthinü 221. 
lit. arti 378. 
ateimi 378. 
lit. ^nksztas 319 
bi2i 221. 
blato u. s. w, 
bogn 220. 
bora 221. 
brechati 221. 
brodu 221. 
brüdo 221. 
brnnestra 221. 
cfta 220. 
chlumu 226. 



chm^ 226. 
chom^taru 226. 
chomjäkü 226. 
6ramma 226. 
inri 226. 
£rayinä 226. 
lett. debbes 67. 
lit. debesU 67. 
deluya, dlii 222. 
dlügu 219. 
bohm. dlnh- 219. 
mss. ill. dolg- 219. 
mss. drng- 219. 
ill. drhg- 219. 
altsl. drugu 223. 



b5hm. droh- 219. 
lit. dumbu 228. 
dupli 223. 
forutnna 226. 
lit. ganeti u. s. w. 222. 
lett. ganmft fiemt 226. 
gladüku 222. 
gobino 222. 
gobizu 222. 
goi 222. 
goneti 222. 
gonizn^ti 222. 
gonoziti n. s.w. 222. 
gorazdu 222. 
gotoyii 222.